Liebe Eltern von großen, kleinen und angehenden Schulkindern,
ich hoffe sehr auf Eure Erfahrungen. Nächstes Jahr kommt unsere Große in die Schule. Wir sind vor einiger Zeit nach Bayern gezogen und ich habe angefangen, hier als Lehrerin an einer weiterführenden Schule zu arbeiten. Seitdem mache ich mir Gedanken darum, ob das Regelschulsystem das richtige für uns ist.
(Zur Info für alle Nicht-Bayern, die hier querlesen: Das Schulsystem wird in der deutschlandweiten Presse oft gelebt wegen der sehr guten Pisa-Ergebnisse. Diese kommen nicht von ungefähr, weshalb das Schulsystem auch, allerdings vorwiegend von den regionalen Medien, in der Kritik steht. Es herrscht ein merkbarer Leistungsdruck, die Schüler wissen, dass es in der 4. Klasse um die Wurst geht, denn die Noten des sog. "Übertrittszeugnisses" entscheiden verpflichtend über den weiteren Werdegang: Besser als 2,33= Gymnasium, besser als 2,66 Realschule, unter 2,66= Hauptschule.)
Pro Regelschule sprechen aus meiner Sicht in unserem Fall z.B. die folgenden Punkte:
Schulweg zu Fuß möglich
Mit Kindern aus der Nachbarschaft in einer Klasse
Viel Wissensvermittlung (das G8 wurde ja nicht wirklich "entspeckt", also es wird viel hineingepaukt, s. auch Pisaergebnisse. Was ich nun nicht sicher weiss, ist wie nachaltig dieses Wissen ist, also wie viel wirkliche Erkenntnis am Ende der Schullaufbahn geblieben ist. Da kann ich nur miutmaßen.)
Contra die folgenden:
1.Hoher Leistungsdruck
2.Nur theoretisch hohe Durchlässigkeit des Schulsystems
3. Wenig Freizeit
Ad 1) Es kommt sehr auf die Kinder an. Fakt ist, dass hier schon sehr früh sehr stark auf den Leistungsgedanken getrimmt wird (die Kids in der Vierten sprechen eigentlich nur über die Schulaufgaben, die geschrieben werden und ihren Schnitt) und es viele Schüler gibt, die damit (noch - sie sind ja erst 9-10) überfordert sind.
Ich kenne mehrere (sicher nicht die Regel, dennoch alarmierend) Viertlässler, die wegen Burnoutsymptomen behandelt werden. In der entscheidenen Zeit werden an unserer Grundschule häufig bis zu 3 angekündigte Arbeiten pro Woche geschrieben plus Tests und Abfragen. Die Lehrer und auch die Schüler gehen mit der "Einsortierung" relativ unbarmherzig um, wers nicht "bringt" gehört halt hier nicht her-mäßig (und als Lerherin weis sich ja nun mal ganz gut, wie subjektiv Noten trotz aller Bemühungen immer sind, dass sie Momentanaufnahmen sind und weder Aussagen über Entwicklung noch Potential fällen - nicht dass ich prinzipiell gegen Noten wäre, nur hier entscheiden sie halt wirklich drastisch viel) und ich kenne auch viele Fälle, in denen dann mit den "Hauptschulkindern" aus der Klasse nicht mehr gesprochen wurde ;(
Wir an unserer Schule haben auf jeden Fall oft die Schüler, die vom Intellekt her gut und gerne auf Realschule und Gymi gehen könnten, die aber entweder in der 4. noch nicht so weit waren oder dem hohen Druck einfach noch nicht gewachsen waren und dürfen die dann wieder "aufpäppeln".
Ad 2) Theoretisch ist das bayerische Schulsystem ja sehr durchlässig, man kann theoretisch problemlos nach dem qualifizierenden Hauptschulabschluss die Mittlere Reife nachmachen und danach auf eine Fachoberschule oder eine Berufsoberschule gehen und dort eine Hochschulreife erwereben. In der Praxis gibts das natürlich auch, aber ganz so einfach wie es scheint ist es nicht. Ich kann nach meinen Erfahrungen nur sagen, dass es nach dem Umgang und der Arbeitshaltung, die an den meisten Hauptschulen hier im Münchener Raum herrschen, mit denen die meisten mehrere Jahre konfrontiert waren sehr sehr schwer für die Schüler ist. Wir hatten regelmäßig die Creme de la creme der Hauptschüler aus der Gegend (Leistungsmäßig) und ich kann mir beileibe nur bei wenigen vorstellen, dass sie in einem Studium oder auch nur mit dem Abitur klarkämen. Nicht, weil sie nicht klug dazu wären, sondern weil sie in vielen Fällen mit dem dort erwarteteten Sozial- und Arbeitsverhalten einfach riesige Probleme haben, weil sie jahrelang relativ geringe Anforderungen zu erfüllen hatten. Ich hatte schon Schüler die sagten mir, dass sie noch nie (!) für eine S chulaufgabe gelernt hätten, die kamen zu uns mit einem glatten 1er-Abschluss. Ebenso berichten viele über die Umgangsformen, die häufig doch wirklich erschreckend sind.
Versteht es nicht falsch, meine Kinder müssen nicht studieren, aber wenn sie aus welchen Gründen auch immer nach der 4. Klasse in die Hauptschule einsortiert wurden oder teilw. auch die Realschule, dann ist es sehr sehr schwer, sich da wieder rauszuarbeiten...
Ad 3) Über die Arbeitsbelastung im G8 wird ja schon viel öffentlich diskutiert. Die meisten Kinder die ich hier kenne machen im Vergleich zu mir früher sehr viele Hausaufgaben, in der 1-3 Klasse schon oft über eine Stunde (die Durchschnittlichen) plus Lernen plus Vokabeln extra. Das finde ich schon sehr viel. Mein Kind soll ja auch die Möglichkeit haben, Sport zu machen, ein Instrument zu spielen oder Freunde zu treffen. Ausserdem finde ich es im Gegensatz zu den meisten Eltern hier nicht ok oder normal, dass ich mich als Elternteil nachmittags ewig mit meinem Kind hisnetzen muss, weil es die Hausaufgaben alleine nicht lösen kann.
Ich hoffe das klingt jetzt nicht zu elitär, es sind einfach die Erfahrungen, die ich hier machen musste, privat und beruflich.
Ich habe früher nie an eine andere als die Regelschule gedacht. Nun gibt es hier eine Montessorischule, eine Waldorfschule und eine Freie Schule, die Auswahl wäre da.
Nactürlich habe ich an jeder etwas auszusetzen Am liebsten hätte ich halt eine Regelschule, aufd er es so läuft, wies bei mir oder meinen Freunden damals war. Wir haben auch was gelernt, aber wir hatten nicht studnenlang Hausaufgaben auf, wir konnten die alleine lösen und wir haben Noten bekommen, hatten aber keinen schrecklichen Druck.
So, nun bin ich auf Eure Erfahrungen gespannt, vielleicht habe ich bisher einfach nur die negativen Seiten kennegelernt?!
ich hoffe sehr auf einige Stimmen, die berichten, dass bei ihnen alles gut und problemlos läuft (die gibts ja auch)