Wieviel Kindesunterhalt ist "verhältnismässig"?

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  • Liebe Frau Simon,


    ich würde hier gerne einen professionellen und objektiven Ratschlag einholen, da ich selber sehr schwer einschätzen kann, was an Kindesunterhalt gerecht oder angemessen ist ...


    Geburtsjahr: 1982

    Staatsangehörigkeit: deutsch

    Ausgeübte Tätigkeit/Arbeitsumfang: Angestellte, 32 Std. pro Woche

    Nettoeinkommen monatlich: 2.350 €


    Geburtsjahr des Kindes/der Kinder: 2012, 2014

    Sind beide Elternteile sorgeberechtigt? Ja.


    Bei getrennt lebenden Eltern:

    Das Kind/Die Kinder leben bei: mir (Mutter)

    Das Umgangsrecht ist geklärt/nicht geklärt: Nur per Absprache zwischen dem Vater und mir, da wir noch nicht geschieden sind. Die Kinder sind jedes zweite Wochenende von Freitag Nachmittag bis Sonntag Nachmittag sowie jeden Dienstag auf Mittwoch früh beim Vater.

    Das Sorgerecht sollen beide ausüben oder nur eine Partei? Beide.

    Unterhaltszahlungen von wem, in welcher Höhe? Vom Vater an mich: 480 €


    Eheschließung im Jahr: 2009

    Trennung im Jahr: 2018

    Ehevertrag: Nein.


    Meine Frage:

    Kurz zum Zustandekommen unserer Vereinbarung der Unterhaltshöhe: Da beim Vater der Kinder zunächst nach der Trennung keine Bereitschaft bestand, sich mit einem regelmäßigen monatlichen Betrag an den Kosten für die Kinder zu beteiligen und er schockiert war über die Höhe der Empfehlungen der Düsseldorfer Tabelle, hatte ich - zur Entspannung der Situation - vorgeschlagen, dass er sich zunächst "nur" mit 400 € beteiligt, bis sich seine Situation entspannt. Sein Nettoeinkommen liegt seitdem bei etwa 2.300/2.400 €, jedoch hatte er die Tätigkeit erst zum Zeitpunkt der Trennung aufgenommen (vorher Studium), verfügte also über keinerlei Reserven und musste sich nach der Trennung ja auch neu einrichten etc. Außerdem gehe ich davon aus, dass er begonnen hat, sein Bafög zurückzuzahlen (vielleicht mit 100 € monatlich?).

    Der Betrag hat sich dann im Laufe der Zeit auf 480€ erhöht, da eins der Kinder in eine private Kita gewechselt hat und er zugestimmt hat, sich an den Mehrkosten zu beteiligen.


    Da die Kinder ja recht viel (2 von 7 Tagen) bei ihm sind, hatte ich mich mit dem Betrag abgefunden. Außerdem war er bei plötzlich auftretenden Mehrkosten eher großzügig, hat sich z.B. einmal an einer recht hohen Nachzahlung von Betreuungskosten auf eigene Initiative hin beteiligt, was er nach meinem Verständnis nicht hätte tun müssen, da ich ja eigentlich alle Kosten trage. Auch finde ich es extrem doof, wegen Geld zu streiten, und unser Verhältnis ist ohnehin schon sehr schwierig.


    Jetzt ist es aber so, dass das Thema Geld doch immer wieder von seiner Seite auf den Tisch gebracht wird, so fordert er z.B. aktuelle seine o.g. Beteiligung an der Nachzahlung von Betreuungskosten von mir zurück, da er es im Nachhinein nicht als gerecht empfindet, sich daran beteiligt zu haben, da er "mich" ja schon monatlich mit dem Kindesunterhalt "unterstützt". (Die Zahlung ist ein gutes Jahr her.)


    Da ich selber kein Gefühl dafür habe, was an Kindesunterhalt angemessen ist, die Düsseldorfer Tabellle auch nicht richtig verstehe, und auch die Perspektive des Zahlenden sehr gut nachvollziehen kann, bin ich eigentlich immer geneigt, den Vorschlägen des Vaters zuzustimmen. Andererseits muss ich davon ausgehen, dass er gerade keinen wohlwollenden Blick auf mich und meine Situation hat, und hätte jetzt deshalb doch gerne mal eine objektive Einschätzung der Situation und dessen, was so allgemein üblich ist.


    Meine Fragen wären also folgende:


    - Gilt der Betrag der Düsseldorfer Tabelle für unsere Konstellation, obwohl die Kinder relativ viel auch beim Vater sind? Oder spielt das keine Rolle, da ich ja dennoch die Hauptkosten trage? Oder sollte man den Betrag dadurch reduzieren, und wenn ja, wie sehr?

    - Wie ist es mit den Betreuungskosten (Kita und OGS)? Nach meinem Verständnis trage ich diese alleine. Ich habe jedoch auch schon mal gehört, dass die reinen Betreuungskosten ohne Mittagessen nicht durch den Kindesunterhalt abgedeckt werden. Wie verhält sich das?


    Vielen Dank!

  • Liebe Fragestellerin,


    Sie können ja zunächst versuchen, dem Vater die rechtlichen Grundlagen zu erklären, wenn dann aber keine Ruhe einkehrt, rate ich an über das Jugendamt einen Unterhaltstitel zu erwirken, das ist kostenfrei und sie haben Anspruch auf einen Titel.


    Ausgehend davon, dass eines der Kinder in die Altergruppe 0-5 und das andere in die Altersgruppe 6-11 fällt:


    Einkommen schon unter berücksichtigung etwaiger Darlehensraten: Stufe 2 der Düsseldorfer Tabelle (die ist maßgeblich und angemessen, Sie sind gar nicht berechtigt, auf Ansprüche Ihrer Kinder zu verzichten) = 1.901 - 2.300 €


    Kind 1: 388€ abzgl. 1/2 Kindergeld = 286€

    Kind 2: 446€ abzgl. 1/2 Kindergeld = 344€


    Kindesunterhalt gesamt: 630€ (sobald das jüngere Kind 6 Jahre alt ist 688€)


    Bei einem Umgang des Unterhaltspflichtigen mit den Kindern von mehr als 10 Tagen/ Monat (konkret: ab 11 Tagen) KANN dieser Unterhaltsbetrag anteilig reduziert werden.


    Zählt man die Übernachtung von Dienstag auf Mittwoch als vollen Tag, liegen Sie mit 12 Tagen über dieser Grenze, wenn man sie als halben Tag zählt, dann liegen Sie darunter. Sie müssten dazu noch berücksichtigen, ob die Ferien 50/50 geteilt werden oder ob über das mehr an Umgang ein Ausgleich für kürzere Ferienbetreuung geschaffen wird.


    Aber auch bei einer Absenkung des Unterhalts erfolgt diese keinesfalls auf einen geringeren Betrag als den derzeit bezahlten 480€. Da die Grenze wenn überhaupt nur leicht überschritten wird, würde ich von einer Absenkung um eine Einkommenstufe ausgehen, je nach Geburtstag des jüngeren Kindes wären das dann gesamt 589€ oder 644€.


    Eine weitere Absenkung kommt nur dann in Betracht, wenn der Barunterhaltspflichtige in seinen Umgangszeiten regelmäßig überobligatorische Kosten übernimmt, wie z.B. notwendige Kleidung und Schulmaterial, diese Dinge müssen den Kindern dann aber auch immer zur Verfügung stehen und nicht nur in den Umgangszeiten.


    Dazu kommen noch die anteiligen Betreuungskosten, siehe nächster Absatz.


    Die Betreuungskosten Kita/ Kiga/ Hort (einschließlich Nachzahlungen, allerdings immer ohne Essensgeld) werden als Mehrbedarf zwischen den Eltern geteilt und zwar in dem Verhältnis in dem die Höhe ihres Einkommen zueinander steht. In diesem Punkt bestand also keine Großzügigkeit des Vaters, sondern er ist lediglich seiner Zahlungsverpflichtung nachgekommen.


    Ich gehe also davon aus, dass der Vater derzeit deutlich unter seinen Verpflichtungen Kindesunterhalt bezahlt.


    Beste Grüße


    Bettina Simon

  • Liebe Frau Simon,


    vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort und Einschätzung der Situation!


    Eine Nachfrage habe ich noch: Zählt das Wochenende, an dem die Kinder beim Vater sind tatsächlich als 3 Tage Umgang? Sie sind für circa 48 Stunden bei ihm, Freitag Nachmittag bis Sonntag Nachmittag. Ich war intuitiv davon ausgegangen, dass man die Nächte zählt, so dass wir in unserem Fall bei 8 Nächten (oder Tagen wären). Sie sind ja nur jedes zweite Wochenende bei ihm ...


    Viele Grüße,

    Alias

  • Liebe Fragestellerin,


    nein, das Wochenende zählt nur mit zwei Tagen! Ich habe mich verlesen und bin von jedem Wochenende plus einem Tag unter der Woche ausgegangen.


    Bei 14tägigem Wochenendumgang plus einem Tag unter der Woche kommt eine Kürzung nicht in Betracht!


    Bitte entschuldigen Sie das Versehen, ich habe da wohl durch die Brille des "relativ viel beim Vater sind" gelesen.


    Beste Grüße

    Bettina Simon