Helft mir mal bitte denken - Ausbildungsberuf

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  • Meine Tochter hat ja von Geburt an eine Hörverarbeitungsstörung. In der Grundschule war sie auf einer Förderschule Hören/Kommunikation.

    Dann wagten wir in der vierten Klasse den Sprung zur Regelschule und das klappte soweit gut.

    In der weiterführenden Schule hatten wir das thematisiert und vereinbart, dass wir sonderpädagogischen Bedarf anmelden, sollten wir merken, dass sie in den Knackfächern von so einer Hörstörung, nämlich Fremdsprachen und Mathe (fragt mich nicht wieso Mathe dazu gehört), zu sehr abfällt. Es sollte kein Knackpunkt werden, was die Quali für ein mögliches Abi wird.

    Genau so geschah es dann auch in diesen beiden Fächern. Aber sonderpädagogischen Förderbedarf bekam sie dann keinen mehr, weil "Achtung Ironie", sie ja bisher auch ohne klar kam, das würde nicht mehr genehmigt werden. Sie hat dann einen guten Realschulabschluss geschafft ohne Quali. Ist jetzt auch nicht weiter wichtig, denn für ein Abi kommt sie ohnehin nicht in Frage. Dafür muss sie sich beim Lernen perse zu sehr anstrengen.

    Sie hat sich dann für ein Fachabi entschieden.


    So, nun wird es immer mehr klar, dass sie auch das wegen dieser Fächer höchstwahrscheinlich nicht schaffen wird. Sie hat in beiden Fächern ein 5 und ist frustriert ohne Ende. Sie schafft übrigens seit gut einem Jahr auch die Führerscheintheorie nicht.


    Eigentlich möchte sie Krankenschwester werden, heute heißt es Pflegefachfrau. Durch die verschiedenen Praktikas, die sie schon in Krankenhäusern absolviert hat, ist auch klar, sie eignet sich gut dafür. Da ich aber bei ihrem Bruder das Lernpensum sehen kann, ist mir absolut klar, das wird sie nicht schaffen. Nicht, bei ihren Schwierigkeiten, Theorie in den Kopf zu bekommen. Sie würde gnadenlos noch in der Probezeit scheitern. Ich sehe das übrigens nicht pessimistisch, sondern weiß, wie schwer ihr Lernen fällt. Wir beobachten das ja seit Grundschule.


    So, was nun?

    Theorie gibt es nun mal in jedem Ausbildungsberuf. Wir wissen nicht, was man dem Kind raten soll.


    Gruß

  • Ich denke sie hat in der Pflege durchaus eine Chance, wenn die Schule klein genug ist. Dort könnte man evtl Rücksicht auf sie nehmen ( gibt es Hilfsmittel die ihr das mitkommen erleichtern? ).

    Viel wert wird in der Pflege ja auch auf die praxisblocks gelegt, wenn sie da gewissenhaft ist (da wird in manchen Prüfungen echt pingelig darauf geachtet dass der Prüfling es genauso macht wie gelehrt wird) könnte sie das gut schaffen.

    Schoko

    Schokojunkie mit Töchtern (5/07 und7/09)

  • Sie könnte erstmal mit der Ausbildung zur Krankenpflegehelferin anfangen. Die ist je nach Bundesland unterschiedlich geregelt und dauert nur 1 bis 2 Jahre. Das ist eine abgespeckte Version der Pflegeausbildung mit vor allem weniger Theorie und weniger Medizin, dafür mehr Grundpflege. Wenn sie das gut geschafft hat, könnte sie später noch das richtige Pflegeexamen draufsatteln.

  • Sie könnte erstmal mit der Ausbildung zur Krankenpflegehelferin anfangen. Die ist je nach Bundesland unterschiedlich geregelt und dauert nur 1 bis 2 Jahre. Das ist eine abgespeckte Version der Pflegeausbildung mit vor allem weniger Theorie und weniger Medizin, dafür mehr Grundpflege. Wenn sie das gut geschafft hat, könnte sie später noch das richtige Pflegeexamen draufsatteln.

    Das haben wir auch im Kopf.


    Denn kleinere Krankenhäuser mit entsprechend kleineren Schulen haben wir im Umkreis meines Wissens nicht.


    Ob sie weiter weg mit Schwesterwohnheim gut aufgehoben wäre, weiß ich nicht. Ich glaube aber, damit wäre sie noch überfordert.


    Mich würde interessieren, ob man sich irgend wo dazu beraten lassen kann, aber nicht Arge (#angst)

  • Hallo,

    nein nicht Jobcenter oder Arge, die kümmern sich ja nur um AlgII und Vermittlung in Arbeit. Berufsberatung der Agentur für Arbeit wäre möglich . Dort könnte sie auch mal zu einem Test beim Berufspsychologischen Service angemeldet werden. Dort könnte ihr euch nochmal eine Einschätzung einholen, ob sie mit den Anforderungen der Krankenpflegeausbildung nicht doch klar kommen könnte.

    Weil die Frage nach HIlfesmitteln gestellt wurde. Da wäre im FAll einer schulischen Ausbildung die Eingliederungshilfe Stadt/ Landratsamt zuständig.

    Als Alternativen fallen mir spontan ein: Altenpflegerin, Heilerziehungspflegerin, Medizinische Fachangestellte, Orthopädiemechanikerin, Alltagsbegleiterin.

    Schaut doch mal auf Planet Beruf https://berufsfeld-info.de/planet-beruf

    Ich würde es bei der Berufsberatung erwähnen, dass eine Hörverarbeitungsstörung vorliegt. Falls mehr Unterstützungsbedarf vorliegt, kann dann ein weiteres Gespräch beim Rehaberater stattfinden. Die haben viele Möglichkeiten, von Begleitung einer Ausbildung mit Nachhilfe bis zu Ausbildung in Berufsbildungswerken.

  • Hallo!

    Ich werfe mal die Heilerziehungspflege in den Topf. Je nach Schule kein Mathe und es ist was medizinisches/pflegerisches/soziales. Dazu ist es nicht so viel stures Lernen, sondern insbesondere in der dualen Ausbildung sehr praxisnah.

    Ich habe Kollegen, die stottern und welche die schwerhörig sind.

    Leider ist der Weg dahin mittlerweile sehr lang, er läuft entweder über die Sozialassistentin oder übers (Fach-)Abi mit Praktikum, aber es ist ein wundervolles Arbeitsfeld. Sie kann mit der Ausbildung in verschiedenen Bereichen arbeiten vom Wohnheim mit schwerstmehrfach behinderten Menschen, bis hin zur Psychiatrie oder im Kindergarten.


    LG Daniela

  • Die Podologin- Idee finde ich klasse, leider kostet die Ausbildung nicht wenig Geld. Aber Fuß- und Nagelprobleme sind häufig und gute Podologinnen gefragt. Viele Diabetiker bekommen Fußpflege auf Rezept, der Markt wird eher größer als kleiner. Man hat viel Kontakt mit Menschen und macht die Leute meistens glücklich.

  • Ich danke euch ganz herzlich. Viele Ideen und Anregungen. Müssen wir jetzt mal durchdenken und mit der jungen Dame besprechen.


    #blume

  • Schaut doch Mal bei den Berufsbildungswerken für Hörgeschädigte. Eine Übersicht findest du bei der Humboldt-Universität Berlin auf der Seite der Gebärdensprach- und Audiopädagogik. Die Idee mit der Teilzeitausbildung ist auch nicht schlecht - das müsste doch über einen Nachteilsausgleich möglich sein.

    Liebe Grüße

    Katrin

  • Das wollte ich auch gerade vorschlagen :)


    Bei uns ist das so geregelt:

    Mit mindestens Realschulabschluss kann man nach zwei Jahren Berufserfahrung in sozialen Bereich (da verdient man da ja auch schonmal was) sich direkt für die dreijährige Ausbildung anmelden. (HEP)

    Mit Hauptschulabschluss kann man zunächst nur die einjährige (HEPH), nach der Prüfung dann aber weiter machen.

    Mathe gibt es nicht. Deutsch ist extrem niedriges Niveau. Wir haben vier sehr schlecht Deutsch sprechende in der Klasse, und die haben wirklich gute Noten trotz der sprachlichen Probleme... Bei der einjährigen Englisch zusätzlich.


    Wir haben zwei Tage Schule pro Woche, der Rest ist Arbeit (man verdient also auch hier weiter, Schule kostet nix).

    Der größere Wert liegt definitiv auf der Praxis, und zumindest in unserer Schule wird schon sehr genau darauf geguckt, wie interessiert/fähig die Schülerinnen sind, und auch auf Handicaps Rücksicht genommen.,

  • Schaut doch Mal bei den Berufsbildungswerken für Hörgeschädigte. Eine Übersicht findest du bei der Humboldt-Universität Berlin auf der Seite der Gebärdensprach- und Audiopädagogik. Die Idee mit der Teilzeitausbildung ist auch nicht schlecht - das müsste doch über einen Nachteilsausgleich möglich sein.

    Liebe Grüße

    Katrin

    Findest Du auch hier, da kannst Du noch Hörbehinderung filtern: https://www.bagbbw.de/

  • Hallo ihrs,

    ich kram den Thread noch mal raus. Ihr hattet mir gedanklich sehr weiter geholfen, als ich ihn startete.

    Seit dem hat sich einiges getan. Wegen Corona hatten wir bisher noch kaum Gelegenheit, irgendwelche Stelle aufzusuchen zwecks Beratung.

    Aber ich habe mich mit ihren Lehrern am Berufskolleg kurzgeschlossen und sie erst mal über die Hörstörung unterrichtet. Natürlich mit Erlaubnis meiner inzwischen volljährigen Tochter#freu

    Ihr Klassenlehrer war sehr interessiert und fragte auch gleich nach ein paar Links, wo er sich kundig machen könnte. Die hab ich dann nachgeliefert.


    Bevor das alles mit Corona richtig begann hatte meine Tochter aus lauter Verzweiflung über ihre miesen Noten eine Bewerbung an ein Krankenhaus geschrieben. Überraschenderweise bekam sie vor zwei Wochen eine Zusage für eine Ausbildung. Bewerbungsgespräche würden momentan keine geführt und es genügte ihnen die aussagefähige Bewerbung. Daraufhin ist meine Tochter in Stillschweigen verfallen. Sie hat kaum darauf reagiert, zog sich erst mal zurück.

    Irgendwann war sie dann bereit mit mir darüber zu reden, was diese Zusage in ihr ausgelöst hatte. Sie möchten diesen Beruf unbedingt erlernen. Aber sie weiß durch ihren Bruder ja schon, dass es auch da eine Unmenge an Theorie zu lernen gibt. Das hat ihr große Sorgen bereitet. Sie konnte sich tagelang nicht zu einer Entscheidung durchringen, hatte aber nicht wirklich viel Zeit für eine Entscheidung. Denn das Krankenhaus wollte kurzfristig eine Rückmeldung zum Angebot.


    Wir haben dann ganz geduldig immer wieder darüber geredet, was sie denn eigentlich genau will. Irgendwann brach es dann aus ihr heraus, dass sie a) noch nicht bereit ist, das Schulleben gegen Arbeitsleben einzutauschen und b) hätte sie nicht ohne guten Grund das Fachabi gewählt. Sie argumentierte, dass sie die Ausbildung sicher machen wolle. Aber falls sie die Probezeit wegen der Theorie nicht schaffen würde, hätte sie dann lieber ein Fachabi als einen Realschulabschluss, um sich dann anderweitig zu orientieren.

    Ich nahm sie in den Arm und meinte dann nur, das wäre doch eine astreine Argumentation und gut durchdacht und fragte, warum sie sich dann mit der Entscheidung so schwer getan hätte. Sie druckste herum und sagte dann, dass es ja doch nun irgendwie doof aussehen würde, wenn sie dieses Angebot ablehnen müsste. So also ob sie nicht wüsste, was sie wollte. Da musste ich lachen. Sagte ihr dann, dass es aber doch in diesem Alter völlig normal sei, wenn man noch nicht so genau weiß, was man will. Und dass man dieses Angebot sicher auch sehr freundlich mit guten Argumenten ablehnen könnte. Das haben wir dann auch zusammen verfasst.


    Anschließend haben wir mit ihren Klassenlehrer telefoniert und ihm die ganze Geschichte erzählt. Er hat uns dann geraten, uns mit dem Schulleiter in Verbindung zu setzen und auch dazu, für K. nochmals sonderpädagogischen Förderbedarf zu beantragen. Dazu habe ich dann einen Tag später im Schulamt angerufen und nachgefragt, ob das auch für Klasse 11 noch möglich sei. Ja, absolut möglich und auch völlig normal. Nur sei das Schulamt dann dafür nicht zuständig, sondern die Bezirksregierung. All diese Infos habe ich dann in einer Mail an den Schulleiter zusammengefasst.

    Der rief einen Tag später an und machte mir ihr und mir einen Termin aus, zu dem auch Klassenlehrer und einige andere Lehrer kommen werden. Dann werde man zusammen schauen, wo die Probleme liegen, was man ohne sonderpädagogische Hilfe machen kann und ob es diese dann vielleicht doch brauchen wird. Man werde einen Weg finden, um der jungen Dame auf die Sprünge zu helfen, da sie ja unbedingt das Fachabi machen wolle. Der Mann klang sehr sympathisch und ich bin jetzt erst mal froh, dass wir so auf einem guten Weg sind.


    Tochter geht es seit dem wesentlich besser. Wir haben auch mit dem Klassenlehrer noch darüber gesprochen, dass wir hier festgestellt haben, dass Homeschooling ihr besser bekommt als Lernen in der Schule. Liegt sicher viel daran, dass sie hier mehr Zeit hat, in ihrem Tempo lernen kann und auch ihre Brüder wie mich um Hilfe bitten kann, es ihr noch mal auf anderen Wegen zu erklären.


    Und noch ein P.S. hinterher. Die junge Dame hat am Dienstag im vierten Anlauf endlich ihre Führerschein-Theorieprüfung bestanden. YEAH!


    Liebe Grüße

  • Wie schön das jetzt gelaufen ist! Ich bewundere dich, wie gut du deine "Bande" begleitest#herzen

    Glückwunsch zur Führerscheinprüfung und dass sie hartnäckig weitergemacht hat, das zeugt von unglaublichen Durchhaltevermögen#super

  • Wie schön das jetzt gelaufen ist! Ich bewundere dich, wie gut du deine "Bande" begleitest#herzen

    Glückwunsch zur Führerscheinprüfung und dass sie hartnäckig weitergemacht hat, das zeugt von unglaublichen Durchhaltevermögen#super

    Zum Thema Durchhaltevermögen. Ey, ich kann jetzt Gleichungssysteme mit 3 Variablen durch Additions- oder Substraktionsverfahren rechnen. Was man nicht alles tut, um seiner Tochter Mathe beizubringen. Tochter hat sich nicht mehr eingekriegt vor Lachen, weil ich mich tagelang darin verbissen hatte, bis ich es konnte, um es ihr dann Schritt für Schritt zu erklären.

    Aber ich hab keine Ahnung, wozu man das überhaupt braucht. :D:D:D:D:D

  • Dann ist ja klar, woher sie das Durchhaltevermögen hat, das hilft ungemein im Leben, egal wofür man Gleichungssystem mit 3 Variablen braucht:D.

    • Offizieller Beitrag

    Aber das wäre doch interessant zu wissen wozu das Zeug gut ist?!


    Glückwunsch zu bestandener Prüfung. Und cool, wie sie ihre Entscheidung fand und argumentiert hat. Weiterhin viel Erfolg und Glück