Das Problem mit dem „carbon footprint“

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  • Auf deutsch wird das etwas holprig übersetzt als CO2-Fußabdruck bezeichnet.

    Eigentlich ist „carbon footprint“ mit einer Kampagne von BP in die Welt gesetzt worden.


    https://mashable.com/feature/c…otprint-pr-campaign-sham/


    Kurzfassung des Links:


    BP hat Anfang der 2000 Jahre eine Kampagne durchgeführt, mit der die Menschen dazu aufgefordert wurden, sich Gedanken über ihren „carbon footprint“ zu machen.

    Diese Kampagne hatte aber natürlich nicht das Ziel, dass Menschen weniger CO2 verursachen, sondern dass sie sich dafür individuell verantwortlich fühlen. Das Ziel war, dass die Leute „sehen“, dass alles CO2 produziert, was das Leben angenehm und interessant macht. Mit dem Effekt, dass sie von dem daraus entstehenden inneren Konflikt gelähmt werden. Und dass sie insbesondere nicht auf die Idee kommen, entschlossene Maßnahmen von der Politik einzufordern.


    Das hat auch super funktioniert und ist wohl ein Grund, wieso jetzt - wie in der Geschichte von „Kaisers neue Kleider“ die Kinder (von Fridays for Future) auftauchen müssen und laut sagen, dass es da ein Problem gibt.


    Ein paar Zitate aus dem Link:

    Zitat

    Of course, no one should be shamed for declaring an intention to “reduce their carbon footprint.” That’s because BP’s advertising campaign proved brilliant. The oil giant infused the term into our normal, everyday lexicon. (And the sentiment is not totally wrong — some personal efforts to strive for a cleaner world do matter.)

    Zitat

    Yet in a society largely powered by fossil fuels, even someone without a car, home, or job will still carry a sizable carbon footprint. A few years after BP began promoting the “carbon footprint,” MIT researchers calculated the carbon emissions for “a homeless person who ate in soup kitchens and slept in homeless shelters" in the U.S. That destitute individual will still indirectly emit some 8.5 tons of carbon dioxide each year.

    Zitat

    The genius of the “carbon footprint” is that it gives us something to ostensibly do about the climate problem. No ordinary person can slash 1 billion tons of carbon dioxide emissions. But we can toss a plastic bottle into a recycling bin, carpool to work, or eat fewer cheeseburgers.

    Zitat

    “The strategy is to put as much blame on the consumer as possible, knowing the consumer is not in a good place to control the situation,” said Franta. “It basically ensures that nothing changes.”

  • Danke, Xenia. Ich fand das eben augenöffnend und bin froh, dass ich reingeklickt habe. (Meine erste, innere Reaktion war nämlich ein beschämt-frustriert-schulterzuckendes "Ja, habe ich. Und nun?")

    Ich arbeite ausSCHLIESSlich mit meinem Gehirn!


    there´s nothing left in my right brain. there´s nothing right in my left brain.

    • Offizieller Beitrag

    Ich dachte auch erst es waere ein neuer Link zum Thema Berechnung des eigenen Carbon Footprints. ;)


    Ich hatte ein beruflich ein wenig mit BP nach dem grossen Oeldisaster zu tun und da passt der Artikel ziemlich genau dazu. Es ist irre wie sehr grosse Firmen ihr öffentliches Bild aufpolieren und mit Marketing Strategien Gesetze durchpauken und oeffenltiche Meinungen beeinflussen. ich weiss aber auch nicht, wie man sich davor gut schützen kann, ausser man hat eben Hintergrundwissen.

    "C'est ici que l'aventure se mêle au vent de la mer."

    Pierre Marc Orlan


    If something won't matter in 5 years, don't waste more than 5 minutes worrying about it now.

  • Teviona

    Hat den Titel des Themas von „Habt ihr schon mal über euren „carbon footprint“ nachgedacht?“ zu „Das Problem mit dem „carbon footprint““ geändert.
  • Danke Xenia. Exakt diesen Gedanken habe ich hier im Forum schon einige Male formuliert, insbesondere im "Heute schon das Klima gerettet?" Strang. Den Gedanken, dass es dem Klima mehr helfen würde, wenn mehr Menschen sich politisch für Klimaschutz engagieren, anstatt ihren privaten Konsum noch auf das letzte Gramm CO2 hin zu optimieren. Wer sich zermürbt fühlt vom Mental Load, den es mit sich bringt, wenn man jede einzelne Konsumentscheidung hinterfragt ("oh Mist, jetzt habe ich schon wieder Kichererbsen in der Dose gekauft, dabei wären die getrockneten doch klimafreundlicher gewesen") der hat vermutlich keine Energie mehr, um auch noch auf die Straße zu gehen und gegen RWE zu demonstrieren. Dabei würde letzteres vielleicht langfristig dem Klima mehr helfen, weil nun Mal Kohlestrom eine sehr viel größere Stellschraube ist als Kichererbsen...


    Ich hatte aber damals im Klimathread nicht wirklich das Gefühl, verstanden zu werden und habe das Diskutieren dann aufgegeben.

  • Spannendes Thema. Es kommt jetzt nicht total überraschend, wenn man wie ich diverse Folgen der Anstalt gesehen hat, aber es ist gut, sich öfters darüber Gedanken zu machen.

    Es ist irre wie sehr grosse Firmen ihr öffentliches Bild aufpolieren und mit Marketing Strategien Gesetze durchpauken und oeffenltiche Meinungen beeinflussen. ich weiss aber auch nicht, wie man sich davor gut schützen kann, ausser man hat eben Hintergrundwissen.

    Ich glaube, die einzige Möglichkeit sich dagegen zu schützen, liegt ebenfalls in der gesellschaftlichen, öffentlichen Ebene, nicht beim Individuum. Solche Infos müssten gleichzeitig mit irgendwelchen Anzeigen und Interviews in den Zeitungen* erscheinen. So als Pro und Kontra.



    *Ersetze durch beliebiges Medium.

    Gruß,
    Chrisss *pling*


    Hier werden nur Zähne geputzt, keine Fenster ... #zaehne


    "Wer die Freiheit für die Sicherheit aufgibt, wird am Ende beides verlieren." Benjamin Franklin

  • Teviona , danke fürs Umbenennen!

    Spannendes Thema. Es kommt jetzt nicht total überraschend, wenn man wie ich diverse Folgen der Anstalt gesehen hat, aber es ist gut, sich öfters darüber Gedanken zu machen.

    Ich glaube, ich habe keine Folge der Anstalt nicht geschaut und war trotzdem überrascht :D .

    Also dass Unternehmen Kampagnen machen, die ihren Zielen nutzen, und dass sie dafür nicht nur direkte Werbung benutzen sondern auch andere Kanäle, das war mir natürlich klar.


    Aber gerade am Punkt mit dem „carbon footprint“: Ich habe a) nicht mitgekriegt, dass der von BP in die Welt gesetzt wurde und b) mir von dem Konzept auch jahrelang den Kopf vernebeln lassen.


    Wir müssen die fossilen Energieträger im Boden lassen.


    Dagegen ist es vergleichsweise unerheblich, wieviel Holz wir aus dem Wald holen - denn der Kohlenstoff aus dem Holz im Wald ist schon im System. Aufforsten zieht zwar etwas CO2 aus der Atmosphäre, aber es ist nicht möglich nachhaltig dafür zu sorgen, dass es im Wald bleibt. Irgendwann wird jeder Baum - auch ganz ohne menschlichen Einfluss - vermodern oder abbrennen.


    Der „carbon footprint“ hat aber beides über einen Kamm geschoren.


    Zum Konzept „carbon footprint“ passt insofern auch die hilflose Idee, dass man das Klimaproblem über Aufforsten lösen könnte,

    • Offizieller Beitrag

    Ich kram das nochmal raus. Heute ist Earth Overshoot Day, und auch in diesem Artikel wird dabei vom Fußabdruck gesprochen. Es gibt sogar ein "Global Footprint Network". Sitzen die nun alle diesem Werbetrick auf, oder nehmen sie das nur als Vehikel, weils eben bekannt ist? #gruebel

  • Ich habe ein schönes Interview gefunden.

    ... Deshalb kommt es auch nicht so sehr auf die genauen jährlichen Emissionswerte an.


    Sondern worauf?


    Auf den Strukturwandel! Wir bauchen nicht weniger Emissionen, wir brauchen null Emissionen. Null! Das ist etwas anderes als Emissionen verringern. Etwas fundamental anderes, wenn sie mit Wirtschaftsvertretern sprechen. Verringern bedeutet, ich mache etwas weniger, und das wollen Wirtschaftsvertreter nicht. Null Emissionen heißt, ich mache etwas anders. Die Rolle der Politik ist, diesen Antrieb zu entfesseln.

    Und noch an einem anderen Punkt sagt er etwas, was ich auch immer sage ;) :

    Zitat

    Häufig sprechen Klimaaktivisten aber von einem "Systemwandel", der nötig sei. Viele Menschen sind sehr skeptisch, wenn sie das hören.


    Darum geht's auch nicht! Einen Systemwandel können Leute gern fordern, dafür gibt's auch legitime Gründe, aber das Klimaproblem müssen wir innerhalb der nächsten 30 Jahre lösen. In nur drei Jahrzehnten müssen wir die komplette Weltenergieversorgung umgebaut haben. Deshalb müssen wir sofort beginnen, wir können nicht auf den Systemwechsel warten.

  • Ich habe gerade auf Twitter von Katharine Hayhoe eine Studie zum Thema empfohlen gekriegt. Diese Strategie war mindestens so schlimm, wie man sich das gedacht hat:


    Externer Inhalt twitter.com
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    https://twitter.com/khayhoe/status/1309177329491546115?s=21


    https://journals.ametsoc.org/w…-Do-Resistance-to-Climate