Wie genau berechnet sich der Schulweg? Kennt jemand die genaue Rechtslage?

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  • Liebe Raben,

    ich bräuchte mal dringend euer Schwarmwissen, gerne auch von den JuristInnen unter euch.

    Die Fragestellung/Lage ist allerdings recht speziell...;)

    Unser Jüngster ist gestern auf Anraten des Kindergartens noch ein Jahr in einer Vorschulklasse der hiesigen Förderschule (er wird heute, am 2. Schultag 6, hätte also auch regulär eingeschult werden können). Er ist riesengroß, wirkt dadurch oft älter, aber sowohl Kindergarten, wir Eltern, Kinderarzt waren sich einig, dass er nicht in die Schule sollte (unter Coronabedingungen war das Thema dann eh klar...).

    Unser Kindergarten riet uns zur Vorschulklasse der Förderschule, sie schauten das Kind an, gaben uns den Platz und wir waren begeistert vom Konzept, den Lehrerinnen - alles toll, außer der Tatsache, dass der Weg ein sehr weiter ist. Man beruhigte uns, die Kinder würden mit dem Bus zuhause abgeholt und zur Schule gebracht. Schulbeginn ist um 8, hier sind noch drei ältere Geschwister, die auch zur Schule müssen, wir sind beide berufstätig und haben nur eingeschränkt ein Auto zur Verfügung. Schulweg nach unseren Berechnungen einfach 2,0 bis 2,3 km, einmal quer durch die Kleinstadt, am Ende ein langer, steiler Berg. Für einen 6-jährigen nicht alleine zu bewältigen, mit Begleitung ein schöner langer Spaziergang, mit Rad/Roller wegen Berg nicht machbar. Gehzeit bei unserem echt fitten Kind: mindestens 40 Minuten.


    Nachdem wir über der Grenze von 2 km lagen, ab der die Schulwegbeförderung kostenlos übernommen wird, machten wir uns keinen großen Gedanken, er war auf der Liste der Schule für das Busunternehmen drauf, wir wunderten uns nur, dass die uns nicht kontaktierten. Dann vor zwei Tagen hakte ich nach: Kind sei von der Liste gestrichen worden vom Zuständigen im Landratsamt weil er nicht berechtigt sei, Schulweg seien 1,9 km #haare


    Ich halte nach, bekam von dort die lapidare Antwort: bei verschiedenen Berechnungen kämen bei Ihnen immer 1,9 km raus, also kein Anspruch. Ich habe mir die Alternativen angesehen, zwei sind definitiv nicht gehbar im Winter (nicht geräumte Stufen am Hang hoch über 300m). Und der Knackpunkt: sie nehmen nicht den Eingang der Schule , durch den mein Kind aber reingehen muss! Das Schulgelände ist relativ weitläufig, aber die Vorschulkinder haben einen eigenen Trakt mit eigenem Eingang und dürfen auch nur diesen benutzen. Also Haupteingang und dann durch das Schulgebäude/Schulgelände ist wirklich streng verboten (hat mir die Schule zweimal auf Nachfrage bestätigt). Dieser Eingang, von dem wir immer ausgingen liegt nochmal 250 Meter weiter als der Haupteingang. Wir kommen also einfach immer über 2 km. Das schrieb ich dem Sachbearbeiter, lapidare Antwort: es sind 1,9 km, weil „maßgeblich ist der Beginn des Schulgeländes, das ist Gesetz so in Bayern“.

    Ich finde im Gesetzestext nur folgendes:

    (2) 1Die Beförderungspflicht besteht, soweit
    1.der Weg zu dem Ort, an dem regelmäßig Unterricht stattfindet, für Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 1 mit 4 länger als zwei Kilometer, für Schülerinnen und Schüler ab der Jahrgangsstufe 5 länger als drei Kilometer ist und den Schülerinnen und Schülern die Zurücklegung des Schulwegs auf andere Weise nach den örtlichen Gegebenheiten und nach allgemeiner Verkehrsauffassung nicht zumutbar ist ....


    Wie definiert sich also „der Ort, an dem regelmäßig Unterricht stattfindet“? Ist das tatsächlich der Beginn des Schulgeländes?

    Ich bin echt ratlos, wie wir das organisatorisch hinkriegen sollen im nächsten Jahr. Ich traue vor allem meinem Grundschüler einfach nicht zu, dass er hier alleine frühstückt und rechtzeitig losgeht zur Schule, weil ich den Kleinen bringen muss, mein Mann ist oft zu der Zeit schon aus dem Haus.


    Hat irgendwer einen ähnlichen Fall schon mal gehabt oder kann berichten?

    Ich wäre dankbar um jeden Input!

  • In der Schweiz werden die Höhenmeter zur Distanz hinzugerechnet. Hinzu kommt noch die Berücksichtigung der Gefährlichkeit eines Schulweges.


    Bei uns in der Schweiz gibt eine Beratungsstelle (bfu, Beratungsstelle für Unfallverhütung) die zumindest Empfehlungen bez. Schulweg/Länge/Gefährlichkeit herausgibt, und so eine ungefähre Orientierung bieten. Vielleicht gibt es das bei euch ja auch.

  • Danke für eure Hinweise neela das mit den Höhenmetern ist ein guter Hinweis, ein Teilstück von ca. 400m hat teilweise eine Steigung von 18%.

  • Werden denn zur Berechnung des Schulwegs nur öffentliche Straßen zugrunde gelegt ? unsere Gemeinden (NRW) gibt bestimmte Wege frei und rechnet danach den Schulweg. Z.b. dürfen hier Kinder nicht durch ein bestimmtes Waldgebiet laufen, somit ist dieser Weg nicht offizieller Schulweg. Selbst wenn diese Strecke kürzer wäre als über die normale Straße.

    LG paulina mit paula (11.05)
    + paul (04.08)

  • Hier bei uns gibt es einen Schulwegeplan der Stadt die für das Einzugsgebiet jeder Schule den sicheren Schulweg aufzeigt. Und dieser muss zur Berechnung herangezogen werden. Der sichere Schulweg lt. Schulwegeplan ist natürlich nicht unbedingt der kürzeste Weg, den z.B. ein auf Autoverkehr optimiertes Google-Maps berechnet.

    Hier bekommen Eltern, die gegen problematische Entscheidungen bezüglich der Schulwegberechnung klagen meist recht, wenn sie sich auf den offiziellen Schulwegeplan beziehen.

    Gibt es so etwas bei Euh evtl. auch?

  • Flocke, eine Bekannte von mir hatte das Problem, dass ihr autistisches (ist für die Begründung wichtig) Kind mit dem Bus fahren sollte. Der kürzeste Schulweg führt aber mit der Straßenbahn und Umsteigen über den zentralen Knotenpunkt. Deswegen ist der Junge bei einer Kontrolle ohne gültige Fahrkarte angetroffen worden - weil der Bus außerhalb des Rings, für den die Schülermonatskarte galt, fuhr.

    Beide waren wie vom Donner gerührt - meine Bekannte konnte aber nach vielen Telefonaten mit dem Schulamt (glaube ich) und der Vorlage eines ärztlichen Attestes eine Ausweitung auf den nächsten Ring erreichen. Allerdings nur ausnahmsweise.

    Ich hätte auch gerne, dass meine Kinder mit dem Bus fahren, wir haben aber nur einen Ring bekommen, der die Bushaltestelle nicht umfasst, weil der kürzere Weg auch mit einer anderen Verbindung wäre. Ob das für das Kind machbar und sinnvoll ist, ist hier nicht die Frage - und ich bekomme keine Erweiterung.

    Auch an unserer Grundschule sind Fahrkartenanträge abgelehnt worden, obwohl die Mutter der Auffassung war, der Weg sei deutlich über zwei Kilometer.


    Soll heißen: So selten ist das Problem wohl nicht. Ich würde es noch einmal hartnäckig probieren, mit Schreiben von der Schule, dass Wegstrecke und kürzeste Entfernung zum Schulgelände nicht übereinstimmen...

  • Das klingt genau wie bei uns damals.


    Nur sehr kleines Kind, gerade 6 Jahre geworden, 1,08m klein. Schulweg wie ich ihn ausgerechnet habe 2,1 km bergauf, durch ein Plattenbauviertel, dass inzwischen zu einem Ort mit Gefährlichkeit eingestuft wird. Wie viele Höhenmeter weiß ich nicht mehr. Die Bahn fährt diese Strecke 7min. Zu Fuß wäre er mindestens auch 30-40 min unterwegs gewesen.

    Tja, nur hat die Schulbehörde das inoffizielle Gässchen ohne Laternen zum Schulweg dazugezählt und kam auf 1,9km. Achso, der Eingang wurde auch nicht der offizielle hinterm Gebäude gezählt, sondern auch nur bis zum Schulgebäude Anfang, so wie es Google ausspuckt.

    Widerspruch wurde abgelehnt, die Körpergröße war denen egal und sie haben damit argumentiert, dass der kürzeste Weg gezählt wird ohne Einschränkung. Der ausgerechnete Weg sei aber nur für die Berechnung, es sei ihm aber freigestellt einen anderen längeren sichereren Weg zu nehmen.


    Will sagen, ich habe nicht mehr gekämpft und habe die Fahrkarte für die Bahn selbst gezahlt.


    Ich drücke die Daumen, dass ihr einen Widerspruch durchbekommt.

  • Elfie Ich bin mittlerweile sogar auch bereit, die Kosten zu tragen. Die Krux ist aber, das es kein ÖPNV Bus ist, sondern die Stadt ein Busunternehmen anheuert und die ihn - auch gegen Bezahlung - nicht mitnehmen dürfen #haare


    Ich hätte nicht mal so große Bedenken, dass er den Weg körperlich nicht schafft, aber er kann ihn (so wie die Streckenführung des kürzesten Weges wäre) einfach nicht alleine gehen. Im Winter ist es stockfinster auf einigen Abschnitten. Und mitlaufende Kinder gibt es leider weit und breit keine, weil hier im Wohngebiet alle in die Grundschule um die Ecke gehen.


    Zum Glück bin ich aktuell noch bis mindestens März in Kurzarbeit und kann viel im Homeoffice machen, sonst ginge es gar nicht. Es gibt wohl tatsächlich viele dieser Grenzfälle und aktuell hätten wir keine Ressourcen für einen Rechtsstreit oder so, insofern probiere ich vielleicht mal, einen persönlichen Termin zu kriegen beim zuständigen Menschen...

  • Das ist richtig ärgerlich. Das heißt, die gehen davon aus, dass Kinder bis zu 2km den Schulweg in eine Förderschule allein bewältigen? Und dann noch mit unzumutbaren Hindernissen für Grundschüler? Das kann ich mir fast nicht vorstellen, aber Ämter gehen da wohl wirklich nach Zahlen.

    Ja, sprich doch einfach mal persönlich vor. Kannst du vielleicht mit dem Förderbedarf eine Ausnahmeregelung bewirken?

  • In Niedersachsen wird ausdrücklich der Weg bis zum Eingang des Gebäudes gerechnet, in das das Kind muss. Ich würde auch Wiederspruch einlegen.

  • Meines Wissens (ich hatte mich vor einiger Zeit belesen) stimmt sowohl, dass es um 2km bis zum Schulgelände (und nicht zum Eingang) geht als auch dass Steigungen nicht als besonders beschwerlich gelten. Auch nicht relevant ist der Winterdienst. Wie ist denn der Schulweg? Gibt es gefährliche Kreuzungen? Unübersichtliche Situationen? Sehr schmale Fußwege?


    Ist natürlich auch super-ärgerlich, dass die Schule euch nicht informiert hat als ihr von der Liste geflogen seid und euch jetzt die Zeit fehlt Alternativen zu suchen. Gibt es eine weiterführende Schule in der Nähe? Vielleicht findet sich ein älteres Kind in der Nachbarschaft mit ähnlichem Schulweg, das euer Kind gegen ein Taschengeld begleitet?

  • Ich würde die Schule um den Wegeplan für den Schulweg bitten. Die gibt es hier bei uns. Daran wird der Schulweg gemessen. Dort ist der sicherste Weg eingezeichnet udn der ist auch bindend für die Ämter.

    Früher war es so, das alles unter 2km beim BuT nicht berücksichtigt wurde (Kostenübernahme Ticket).

  • Mit welcher Begründung ist dein Sohn zurück gestellt? Hat er einen I-Status? Welchen Förderschwerpunkt hat die Förderschule?

    Für Förderschulen und deren Schulvorbereitende Einrichtungen gelten oft besondere Bedingungen für die Schulwegbeförderung und deren Finanzierung. Vielleicht kommt ihr darüber weiter.

  • Danke, danke, danke für all eure Hinweise! Ich kümmere mich heute mal um den Schulwegplan.

    Peppersweet: Der Schule kann ich gar keinen Vorwurf machen, von der Busliste gestrichen hat uns der Zuständige bei der Stadt. Die Schule war total überrascht, dass wir ihn selber bringen... Aber ja, totaler Mist, dass die uns nicht informiert haben.

    Drahtesel Leider keine Rechtschutz, darum schließe ich rechtliche Schritte erstmal aus.


    So Sachen wie andere ältere Schulkinder in der Nachbarschaft an der Schule versuche ich auch gerade in Erfahrung zu bringen, zumindest für das letzte Teilstück. Das geht halt erst steil den Berg hoch (Altstadt und kein bzw. nur ganz schmaler Fußweg, dafür morgens viel Verkehr Berg runter...#angst ) dann ein Stück Fußweg durch ein Wald-/Wiesengrundstück unbeleuchtet, über eine große Straße immerhin mit Ampel und dort noch weiter entlang.

  • Ich würde auf jeden Fall prophylaktisch Widerspruch einlegen. Das muss innerhalb eines Monats nach Zugang der Ablehnung passieren. Falls ihr die Ablehnung nicht schriftlich habt, außerdem um Erteilung eines rechtsmittelfähigen Bescheiden bitten. Widerspruch ist komplett kostenfrei, kann auch erstmal ohne Begründung erfolgen.


    Falls Ihr Formulierungshilfebraucht, gerne PN an mich