Wer entscheidet, welche Jobs gut bezahlt sind?

Liebe interessierte Neu-Rabeneltern,

wenn Ihr Euch für das Forum registrieren möchtet, schickt uns bitte eine Mail an kontakt@rabeneltern.org mit eurem Wunschnickname.
Auch bei Fragen erreicht ihr uns unter der obigen Mail-Adresse.

Herzliche Grüße
das Team von Rabeneltern.org
  • Das ist natürlich eine nicht ganz ernst gemeinte Frage. Offensichtlich entscheidet das niemand direkt.


    Aber ich lese öfters mal die Forderung, dass man zum Beispiel Pflegekräfte besser bezahlen müsste. Aber das betonen alle immer wieder, und es klappt nicht. Offensichtlich ist das inzwischen eine Frage geworden, die man nicht einfach so beschließen kann. Wenn man privatwirtschaflich organisierten Pflegeheimen oder Krankenhäusern mehr Geld gibt, dann vergrößert sich die Verwaltung und der Gewinn der „Investoren“, aber bei den Pflegekräften kommt nur minimal mehr an.


    Gut bezahlt sind vor allem Jobs, die peinlich sind. Es sind vor allem Jobs gut bezahlt, die global gesehen schädlich sind.


    Ingenieur:in sein beim Rüstungskonzern oder beim Ölkonzern, Jurist:in für gewissenlose Konzerne, Kommunikationsfachkraft bei der INSM.


    Dagegen sind die Jobs, die wir jetzt in letzter Zeit als „systemrelevant“ erkannt haben, im Vergleich zu ähnlich qualifizierten Jobs alle nicht gut bezahlt.


    Was ist das für ein Mechanismus? „Du darfst was schönes arbeiten, dir muss ich nicht so viel Geld geben für deine Arbeit“ versus „Du musst dich auf Partys schämen für deinen Job, aber dafür kannst du den dicken Max raushängen lassen“?

  • Keine Ahnung. Was ich mich nur im Kleinen gewundert habe

    Ich wäre durchaus bereit mehr zu bezahlen bei Kinderbetreuung, Mensaessen... interessiert niemanden. Alle jammern immer nur wie teuer das ist.

    Insofern mein Fazit, die Leute priorisieren anders. Ist ja ihr gutes Recht.

    Grüße von Claraluna


    Shoot for the moon. Even if you miss you will land among the stars.

  • Ja, Xenia alles richtig, aber was möchtest Du mit diesem Thread?

    Lösungsstrategien? Auf die Ungerechtigkeit aufmerksam machen? Kriterien für "leistungsgerechte" (was auch immer das ist)/Bezahlung ermitteln? Feststellen, dass der Arbeits"markt" nur in eine Richtung als Markt funktioniert (zum Lohne drücken)?

  • Ich frage mich das ehrlich gesagt auch öfter mal ...


    Gut bezahlt sind vor allem Jobs, die peinlich sind. Es sind vor allem Jobs gut bezahlt, die global gesehen schädlich sind.

    Die erste Aussage finde ich seltsam und verstehe sie auch nicht.


    Meinem Eindruck wird vor allem vieles überbezahlt, was z.B. mit Finanzen, Werbung, Recht zu tun hat. Also z.B. in einer Ingenieurfirma Vertrieb und Marketing eher mehr als die Ingenieure, die den eigentlichen Job machen.


    Alles, was mit Menschen zu tun hat oder was typische Frauenberufe sind, wird dagegen eher unterbezahlt und scheint wahnsinnig schwer, das aufzubrechen.

  • Keine Ahnung. Was ich mich nur im Kleinen gewundert habe

    Ich wäre durchaus bereit mehr zu bezahlen bei Kinderbetreuung, Mensaessen... interessiert niemanden. Alle jammern immer nur wie teuer das ist.

    Insofern mein Fazit, die Leute priorisieren anders. Ist ja ihr gutes Recht.

    Das geht aber nur, wenn du es bezahlen kannst. Was bedeutet, das dein Job gut bezahlt wird.

    -------------------------------------------------------
    Liebe Grüße von Michaela


    Jungsklamotten, selbstgenähtes, Bücher, Spielzeug und noch mehr im
    ♥ Rabenflohmarkt ♥

    • Offizieller Beitrag

    Peinlich? Nicht in deren Welt, definitiv nicht... Sorry, ich kenne genügend Menschen mit solchen Jobs, denen ist das garantiert nicht peinlich.


    Die gute Bezahlung organisiert sich dieses Netzwerk/System schön selbst.


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • in meiner Branche ist das ein recht undurchsichtiges Geflecht.


    frühkindliche Bildung wird organisiert sowohl vom Staat (also steuerfinanziert, Staatsbetriebe ) als auch von freien Trägern oder auch von privaten Trägern.

    es gibt ja die Regelung dass beschäftigte im öffentlichen Dienst nicht schlechter gestellt sein dürfen, als beschäftigte bei freien Trägern.


    also selbst wenn ein freier Träger seine beschäftigten besser bezahlen möchte kann er das nicht:

    1. finanziert der freie träger sich über Zuschüsse vom Staat

    2. sollen die Leute im öffentlichen dienst nicht schlechter gestellt werden.



    jetzt gab es vor einiger Zeit Tarifverhandlungen.... die freien Träger in der frühkindlichen Bildung vergüten außertariflich, was bedeutet, dass die beschäftigten die Tarifverhandlungen nicht mitgestalten können. gleichzeitig sind die Tariflöhne im öD entscheidend, weil darauf die Finanzierung für die freien Träger berechnet wird.


    also alles so verworren und verwoben.

    Und ich denke, es ist bei der Pflege ähnlich

    "Wenn Dein Leben schwerer geworden ist, bist Du vielleicht ein Level aufgestiegen?!"

  • Gut bezahlt sind vor allem Jobs, die peinlich sind. Es sind vor allem Jobs gut bezahlt, die global gesehen schädlich sind.

    Die erste Aussage finde ich seltsam und verstehe sie auch nicht.

    Ich finde, das ist ein sehr interessanter Gedanke, so habe ich das noch nie gesehen.

    Das beschreibt den Mechanismus wohl nicht ganz richtig, es gibt ja viele "peinliche" , schlecht bezahlte Jobs.

    Aber was ist es dann?

    Eine bestimmte Form der Skrupellosigkeit, die sich oft auszahlt?

    Auch das lässt sich wohl nicht so ganz verallgemeinern. Trotzdem haben die meisten von uns dann aber die gleichen Bilder und Beispiele im Kopf, wette ich.

  • Was ist das für ein Mechanismus? „Du darfst was schönes arbeiten, dir muss ich nicht so viel Geld geben für deine Arbeit“ versus „Du musst dich auf Partys schämen für deinen Job, aber dafür kannst du den dicken Max raushängen lassen“?

    ich denke schon, dass das eine Rolle spielt.


    Also nicht unbedingt, dass die peinlichen gut bezahlt werden (schon alleine deswegen nicht, weil die Jobs den Leuten ja gar nicht peinlich sind. Die Person im Management des Rüstungskonzerns wird es schon ganz ok finden, was sie da tut und sie wird sich für den Job da auch aktiv entschieden haben).


    Sondern eher dass man den Eifer und den Enthusiasmus junger Leute ausnutzt, eine Ausbildung zu machen für einen Job, der ihnen sinnvoll erscheint, mit dem sie in ihrem jugendlichen Elan denken, die Welt verbessern zu können oder zumindest „was sinnvolles“ zu machen, „was schönes arbeiten“, wie du schreibst


    Warum sonst sollte jemand für vergleichsweise wenig Geld einen so anstrengenden und verantwortungsvollen Beruf zB in der Pflege ergreifen wollen?

  • erstmal denke ich, dass viele der schlechtbezahlten Jobs früher so jobs waren, die frauen gemacht haben, die mit dem Job keine Familie ernähren mussten. das hieß, die waren schlecht bezahlt, und die beschäftigten hatte das nicht gestört.

    entweder waren sie unverheiratet und hatten eh vor, nach der Heirat den Job aufzugeben oder sie haben zusätzlich zum ehemann ein kleines bisschen verdient.


    gerade der Beruf der Erzieherin ist ja in den letzten Jahrzehnten enorm aufgewertet worden (allerdings auch anspruchsvoller)

    so ist es aber auch bei diversen "Frauenberufen"


    also es fehlt auch noch an gleichberechtigung



    duracellmädchen erzählt von einer Peer, deren Elternteil bei der Schufa arbeitet. und duracellmädchen erzählt, dass das durchaus wohl schambehaftet ist.

    ebenso kannte ich Leute, die bei der Bundeswehr oder bei Versicherungen arbeiten und auch da Scham zu spüren war

    "Wenn Dein Leben schwerer geworden ist, bist Du vielleicht ein Level aufgestiegen?!"

  • Das waren zwei unterschiedliche Punkte, peinlich und schädlich ist nicht in jedem Fall deckungsgleich.


    Ja, mir ist es auch klar, dass es den Leuten größtenteils selber nicht peinlich ist, wenn sie sich in ihrem Job damit beschäftigen, die Welt kaputt zu machen.


    Das hängt auch damit zusammen, dass man gewisse Grundvoraussetzungen braucht, um überhaupt etwas als „peinlich“ empfinden zu können.

  • erstmal denke ich, dass viele der schlechtbezahlten Jobs früher so jobs waren, die frauen gemacht haben, die mit dem Job keine Familie ernähren mussten. das hieß, die waren schlecht bezahlt, und die beschäftigten hatte das nicht gestört.

    Ja, das ist ungefähr das, was man auch bei Marx und in der Emma nachlesen kann, aber es ist wahrscheinlich nicht die ganze Geschichte.


    Es gibt auch traditionelle Frauenjobs, die gut bezahlt sind. Aber die sind dann halt nicht mit gesellschaftlicher Anerkennung verbunden.

  • Gut bezahlt sind vor allem Jobs, die peinlich sind. Es sind vor allem Jobs gut bezahlt, die global gesehen schädlich sind.




    Was ist das für ein Mechanismus? „Du darfst was schönes arbeiten, dir muss ich nicht so viel Geld geben für deine Arbeit“ versus „Du musst dich auf Partys schämen für deinen Job, aber dafür kannst du den dicken Max raushängen lassen“?

    Über was schreiben wir hier, wenn wir über "gut bezahlt" schreiben?


    Also ich kenne einige Jobs, die gut bezahlt sind, zumindest von meinem Standpunkt aus, die weit weg davon sind "peinlich" oder "unangenehm" zu sein.

    Okay, das sind jetzt auch nicht unbedingt Jobs, die ich als systemrelevant einstufen würde.


    Ich denke viel liegt auch am Außenbild.

    Was haben wir denn alle für Bilder im Kopf, wenn wir an eine Erzieherin, eine Krankenpflegerin oder eine Verkäuferin denken?

    Was wissen wir über die Ausbildungen?


    Und dann was haben wir für Erwartungen an diese Personen.


    Ich erinnere mich auch im Forum über Diskussionen zu Streik für bessere Arbeitsbedingungen, Gebühren für Kinderbetreuung, Öffnungszeiten von Geschäften, Impflicht für bestimmte Berufe, Ansprüche an Kinderbetreuung usw.


    Da bleibt bei mir oft das Gefühl, als seien das persönliche Bedienstete jedes Einzelnen, der selbstverständlich zu tun hat, was man selber erwartet und zwar wenn möglich aus Nächstenliebe und Sofort.


    Außerdem ist das Verhältnis zu dem wofür wir viel Geld und wenig Geld ausgeben verschoben.


    Kinderbetreuung und Lebensmittel sind in Deutschland etwas wofür im Verhältnis vom Lohn sehr wenig ausgegeben wird. Das ist in anderen Ländern anders.

    Klar ist die Wertschätzung für Berufe, die damit zu tun haben auch nicht so groß.


    Das System, dass Kinderbetreuung nach dem Einkommen bezahlt wird, finde ich gut.

    Aber warum kommt bei einem bestimmten Jahresgehalt ein Cut und ab da zahlen alle gleich?


    Usw.

  • In meinem Bereich (große Kanzleien) werden ja völlig überkandidelte Gehälter gezahlt, die aber natürlich hinter den Gewinnen der Kanzlei-Teilhaber:innen in der Regel noch deutlich zurückbleiben. Die Einstiegsgehälter für Anwältinnen und Anwälte in dem Bereich sind sehr transparent, man kann sie hier nachlesen: https://www.azur-online.de/gehalt/

    Die Kanzleien stehen in Konkurrenz zum Staat, der auf den gleichen Pool an Arbeitskräften zugreift. Die Bruttogehälter beim Staat sind absolut gesehen sehr viel niedriger, der Nettolohn pro Stunde ist aber gar nicht so viel niedriger, insbesondere bei Beamten und Richter:innen. Dafür sind die Arbeitszeiten in der Regel viel berechenbarer und "ziviler". Die Antwort der Kanzleien ist immer noch hauptsächlich "mehr Geld", weil unsere spontane Verfügbarkeit und Bereitschaft zu Nachtschichten Teil des Geschäftsmodells sind.


    Bezahlt werden kann das natürlich nur, weil Unternehmen bereit sind, entsprechende Stundensätze für die Arbeitszeit zu zahlen.


    Ich habe den Eindruck, dass es auch mit Verfügbarkeit und Masse zusammenhängt. Wenn ich von einer Berufsgruppe viele Leute permanent benötige, ist es "schlimmer", die Gehälter zu erhöhen, weil auch eine kleine Erhöung massiv und dauerhaft die Kosten erhöht. Einmalige Projektkosten oder einzelne Stellen sind dagegen nicht so schmerzhaft.


    Kinderbetreuung und Lebensmittel sind in Deutschland etwas wofür im Verhältnis vom Lohn sehr wenig ausgegeben wird. Das ist in anderen Ländern anders.

    Klar ist die Wertschätzung für Berufe, die damit zu tun haben auch nicht so groß.


    Kleidung auch. Ich bin in Polen fast hintenüber gekippt, als ich die Preise für Kleidung dort in einem Einkaufszentrum gesehen habe. Die waren so hoch wie die deutschen Preise, obwohl die Löhne ja sehr viel niedriger sind (bzw. noch niedriger waren, das war 2013).


    Herzliche Grüße aus dem Büro :)

  • PS: noch 2 Punkte:


    1. Pflege ist beschissen organisiert. Die eigene Lobbyarbeit ist MISERABEL.


    2. Gerade viele Frauen setzen sich kaum für ihre eigene bessere Bezahlung ein. Mein persönliches highlight ist immer noch eine Assistentin, die meinte, ihre Chefin könnte ihr ja auch mal eine Gehalterhöhung anbieten.


    Ich habe meinen hochbezahlten Job auch, weil ich die Bezahlung zur Priorität gemacht habe. Gesucht habe ich mir natürlich in erster Linie ein nettes Team. #ja Aber in die Suche einbezogen habe ich von vorneherein nur Jobs in einer bestimmten Gehaltsspanne.

  • PS: noch 2 Punkte:


    1. Pflege ist beschissen organisiert. Die eigene Lobbyarbeit ist MISERABEL.

    Die großen „pflegekonzerne“ Caritas und diakonie haben gerade eine Anpassung der Gehälter verhindert. Und die Kommunen rangeln um halbe Prozentpunkte alle paar Jahre.


    Es ist halt ein Bereich, in dem Streiks und Dienst nach Vorschrift nicht möglich sind, ähnlich wie bei ErzieherInnen.

  • Es gibt schon Handlungsmöglichkeiten, aber die meisten Pflegekräfte sind nicht mal in der Gewerkschaft.


    Da wäre viel mehr möglich, sowohl was die Verteilung der Mittel angeht als auch was die Beschaffung zusätzlicher Mittel angeht.


    Zum Beispiel war ein Argument der Caritas ja, dass sie den Tarifvertrag nicht wollen, weil sie Angst haben, dass dann die Krankenkassen ihre höheren Gehälter nicht mehr erstatten. Das heißt, es ist offenbar möglich, überdurchschnittliche Gehälter zu zahlen und das auch entsprechend refinanziert zu bekommen, aber nicht alle machen das. Warum?

  • erstmal denke ich, dass viele der schlechtbezahlten Jobs früher so jobs waren, die frauen gemacht haben, die mit dem Job keine Familie ernähren mussten. das hieß, die waren schlecht bezahlt, und die beschäftigten hatte das nicht gestört.

    entweder waren sie unverheiratet und hatten eh vor, nach der Heirat den Job aufzugeben oder sie haben zusätzlich zum ehemann ein kleines bisschen verdient.

    Es gint aber auch Berufe, die früher eher männlich dominiert und sehr gut angesehen waren und wo sich die Bedingungen mit steigendem Frauenanteil deutlich verschlechtert haben. Lehrer und Bibliothekare gehörden da z.B. dazu.