Hallo Ihr Lieben,
ihr wisst doch immer so viel, und auch so viel über respektvollen Umgang miteinander. Ich brauche deshalb mal eure Hilfe.
Es geht um meine Große. Sie ist mittlerweile 19 Jahre alt und ihrer Meinung schon erwachsen.
Ich war mit ihr lange Jahre alleinerziehend und unser Verhältnis war sehr eng, beruhte auf Respekt, Vertrauen und einer ewig tiefen Liebe zueinander.
Von Ihrem 16. bis zum 18. Lebensjahr war hier "Krieg", zumindest Land unter. Sie ist von daheim ausgerissen, hat Schule geschwänzt, die Ausbildung geschmissen, sich mit mehr als zwielichtigen Gestalten rumgetrieben, ihr Freund war vorbestraft wegen Körperverletzung, Diebstahl und gehörte zur rechten Szene.
Über ein Jahr herrschte absolute Funkstille zwischen uns. Obwohl sie nur knapp 10 min von uns entfernt wohnte, sahen und hörten wir nichts voneinander. Ich habe sie "laufen gelassen", bin nicht mehr zu ihr hin, hatte nicht mehr die Kraft, immer zu betteln und zu flehen.
In dem Jahr habe ich mir zwar sehr viele Gedanken gemacht, was nur aus dem Mädchen werden sollte, aber andererseits - es ging mir trotzdem gut. Ich musste nicht mehr vermitteln, keine Anrufe von der Schule erhalten, nirgendwo mehr antanzen, beschwichtigen, beschwören, einreden, verhandeln, flehen.
Liest sich jetzt ziemlich herzlos, oder? War aber auch reiner Selbstschutz.
Aber in der Zeit bin ich grau geworden, Leute. Soviel geweint wie damals habe ich lange nicht mehr.
So, das nur ganz kurz.
Naja, kurz vor Weihnachten 2011 kam mein Mädchen wieder zu uns nach Hause und fragte, ob sie wieder heimdarf. Natürlich haben wir sie wieder aufgenommen.
Wir sind dann im Januar von Brandenburg zurück nach NRW gezogen. Eine Ausbildungsstelle hat sie nach wie vor nicht, aber sie hat einen Job am Kölner Flughafen. So kommt sie wenigstens wieder in die Regelmäßigkeit des Lebens hinein, verdient ihr eigenes Geld, hat Sozialversicherungsansprüche, Krankenversicherung etc. Wir sind - vorläufig - zufrieden.
Und da kommt jetzt so langsam mein "Problem":
Ich muss das Mädchen permanent "treten", damit sie was tut, sei es Bewerbungen schreiben, sich schlau machen, Jobangebote studieren etc. pp.
Und da ertappe ich mich in schöner Regelmäßigkeit dabei, wie ich anklagend werde.
Ich finde einfach den passenden Ton nicht.
Und unser Verhältnis ist noch immer so fragil, ich fürchte fast, diese tiefe Liebe ist weg Und das tut mir richtig weh.
Ich kann nicht mehr so unbefangen mit ihr umgehen.
In schöner Regelmäßigkeit nehme ich mir vor: "Jetzt redest du ruhig und sachlich mit ihr, bleib in der Ich-Form, sende Botschaften, spiegel sie positiv."
Und was ist? Nix.....
"Ich hab hier noch ein Inserat mit ner Ausbildungsstelle."
"Ja, ich kann mal schauen."
Und dann ich wieder: "Wann möchtest du denn mal anfangen? Mach doch mal die Bewerbungen fertig" Blablabla... sie hört kaum noch zu
Und da könnte ich nur noch in den Tisch beißen. Spätestens wenn dieses scheinbar gelangweilte "ich kann mal schauen" kommt, würde ich sie am liebsten an den Haaren zur entsprechenden Stelle schleifen. Aber ich kann ihr doch nicht mehr alles abnehmen! Mein Gott, ich war mit 19 voll berufstätig, hatte meine eigene Wohnung und wusste halbwegs, wie der Hase läuft.
Was ich eigentlich von Euch möchte? Ach, ich weiß auch nicht. Vielleicht wollte ich nur mal meine Gedanken und Nöte runterschreiben. Hier zu Hause habe ich nicht so das nötige Gehör. Beschwere ich mich bei meinem Mann, kommt meistens ein lapidares "tja, ich weiß auch nicht", beschwere ich mich bei meiner Großen, kommt nicht viel anderes.
Und ich sitze dann - wieder mal hilflos und ziemlich frustriert - und mache mir Sorgen, was mit dem Mädel werden soll.
Any Tipps? Wie finde ich wieder meinen gelassenen, heiteren Umgangston? Lohnt sich noch das Kloetern bei ner 19- fast 20-jährigen???
Naja, ich schick mal ab.....
Wer durchgehalten hat, Danke fürs Zulesen.