Wie Blut abnehmen gegen den Willen einer rabiaten knapp 7jährigen?

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  • Ich finde zu allem Überfluss auch noch Spritzen aller Art selber echt furchtbar und habe ein schlimmes Erlebnis in der Kindheit gehabt mit festgehalten werden und einer Spritze - das könnte ich bei ihr also auf keinen Fall machen.

    Ich halte Festhalten und gegen den Willen des Kindes Blut abnehmen für ein echtes No-Go. Das mag eine gewaltvolle Lösung für gerade eben sein, schafft aber viele Probleme auf lange Sicht für Jahrzehnte.

    • Offizieller Beitrag

    Was würdest Du denn machen, Astarte?


    Es gibt einfach Situationen, in denen "Gewalt" nötig ist. Ich reisse auch am Arm des Kleinkindes, wenn es auf die Strasse läuft - obwohl ich das sonst immer vermeiden würde, ein Kind festhalten will ich sonst nie.


    Ich glaube wirklich, diese Situation kann man sich nicht vorstellen, wenn man sie nicht erlebt hat. Ich kenne mein Kind sehr gut, seit 9 Jahren. Und wenn es darum geht, eine potentiell lebensbedrohliche Krankheit zu diagnostizieren müsste ich ohne "Gewalt" noch einige Jahre warten. Dieses Kind fehlt aber im Moment fast jede Woche einen oder mehrere Tage in der Schule, weil ihr übel ist. Was soll ich da jetzt höher werten?


    Vielleicht um das Gegengewicht zu geben zu den "jetzt ist es noch schlimmer"-Stimmen. Ich war als Kind wohl sehr ähnlich. Bin heute regelmässige Blutspenderin und eine entspannte Patientin mit gutem Körperbewusstsein, die auch mal eine Behandlung ablehnt. Und auch sonst kann ich meine Grenzen, auch körperlich, sehr gut wahren.


    Einmal Blut abnehmen unter Zwang "versaut" nicht die restliche Er/Beziehung, wo das Kind sich spüren und abgrenzen darf.


    Liebe Grüsse


    Talpa

    • Offizieller Beitrag

    Ich finde zu allem Überfluss auch noch Spritzen aller Art selber echt furchtbar und habe ein schlimmes Erlebnis in der Kindheit gehabt mit festgehalten werden und einer Spritze - das könnte ich bei ihr also auf keinen Fall machen.

    Ich halte Festhalten und gegen den Willen des Kindes Blut abnehmen für ein echtes No-Go. Das mag eine gewaltvolle Lösung für gerade eben sein, schafft aber viele Probleme auf lange Sicht für Jahrzehnte.

    Andersrum kann es leider auch Probleme für Jahrzehnte schaffen. U.a. Angststörungsunterstützend, weil eben nie gelernt wurde, dass es in dem Moment blöd ist (das abzusprechen wäre ein No-Go), danach aber gut ist. Aus Angst etwas zu vermeiden führt halt zu mehr Angst und mehr Vermeidung. Das ist ein einfacher, psychischer Mechanismus und gibt der Angstsache immer mehr Macht.

    Wenn es vorher gut besprochen und nachher gut bearbeitet wird, die Erwachsenen in der Situation ganz klar haben, dass das jetzt sein muss und auch so stattfinden wird, kann das Kind auch lernen, dass man manchmal durch doofe SItuationen durch muss. Das kann ganz selten auch die körperliche Unversehrtheit betreffen. Notwendige gesundheitliche Untersuchungen aufgrund von Angst nicht zu machen, verstärkt die Angst nur. Das einzige, was Angst kleiner werden lässt ist zu erleben, dass Dinge weniger schlimm sind, als innere Filme dies einem vermitteln. Mit einer (idealerweise innerlich ruhigen) Bezugsperson an der Seite, sind solche Situationen besser aus- und durchlebbar. Wichtig ist, dass es OK ist, das nicht zu wollen, dass man versuchen kann sich zu beherschen und wenn das nicht geht auch das OK ist. Dann sucht man nach diversen Möglichkeiten (ohne das jetzt riesig "aufzubauschen") wie Bestechung, Emla, Ablenkung, sonstiges hilfreiches und in der Situaiton bekommt man den Halt, der nötig ist um die Situation zu meistern. Und danach kann eine Behandlung stattfinden, die dafür sorgt, dass es einem besser geht. Langfristig lohnt es sich also.

    Mittlerweile halte ich "zwanghafte Vermeidung" für durchaus auch schädlich. Nicht so sehr wie das früher übliche, bloße über den WIllen des Kindes hinweg gehen, beileibe nicht, aber ich halte Erwachsene, die die Führung übernehmen, dort wo nötig (!) durchaus auch gegen den Willen des Kindes, für sehr sehr wichtig. Gut abgewägt, immer ehrlich und offen für die Gefühle des Kindes und dabei als Fels in der Brandung die Situation gemeinsam durchstehend.

  • Ich habe meine Kinder immer sehr deutlich über die Alternativen aufgeklärt.


    Da fällt mir ein, wie mein Sohn mit schwerer Lungenentzündung drei Wochen im Krankenhaus war, mit entsprechenden auch schmerzhaften Untersuchungen.

    Fand er natürlich richtig doof. Er war 9 Jahre alt.


    Also habe ich mit ihm darüber gesprochen, wie gefährlich eine Lungenentzündung sein kann, dass da auch schon Menschen dran gestorben sind.

    Von da an fand er es immer noch nicht toll im Krankenhaus zu sein und sich u.a. Blut abnehmen zu lassen.

    Aber er hat akzeptiert, dass das jetzt nun mal nötig ist und ihn gerade vor schlimmerem bewahrt.

    It all started with the big BANG!


    (Big Bang Theory)

  • ich kann dich gut verstehen. Ich habe ein Kind was so ähnlich ist. Zahnarzt war über lange Zeit grauenhaft.

    Blutabnehmen habe ich ihr erst den Tag vor dem Termin gesagt. Ich habe ihr emla Salbe auf dem Arm geschmiert und mit Frischhaltefolie einwirken lassen. Danach sollte sie selber testen ob da noch was weh tut. Das hatte bei uns am besten geholfen. Sie hat sich gekniffen und gepiekt und nichts gespürt. Dadurch hat sie sich darauf eingelassen.

    Das sie nun beim impfen Schmerzen gespürt hat ist wahrscheinlich normal aber natürlich doof weil sie dir nicht mehr glaubt.

    "Mit einer Kindheit voller Liebe kann man ein halbes Leben hindurch die kalte Welt aushalten." Jean Paul


    Töchterchen (2006) und Klein-Töchterchen (2011)




  • Unser Hausarzt impft total sanft und nimmt sehr souverän Blut ab. Inzwischen gehen wir für alles mit Spritzen dort auch mit dem Kindern hin (das entspannt auch die Kinderarzt-Besuche ;) ). Eventuell hilft es, sich ein bisschen umzuhören, obwohl eine Variante hilft. Angefangen haben wir es nach einem panikauslösenden Blutabnahmeversuch, der letztlich geglückt ist, aber eben eine extreme Abwehr verursacht hat.

  • Ich halte Festhalten und gegen den Willen des Kindes Blut abnehmen für ein echtes No-Go. Das mag eine gewaltvolle Lösung für gerade eben sein, schafft aber viele Probleme auf lange Sicht für Jahrzehnte.

    Klar ist festhalten scheisse!

    Manchmal ist abwarten aber einfach keine Option. Ein echtes No-Go. #zwinker

    Wir hatten die Situation leider auch schon öfters und müssen weiterhin regelmäßig zum Blutabnehmen. Manchmal geht es freiwillig, manchmal nicht.

    Bei uns ist wichtig, dass das Kind gut vorbereitet ist. Weiß was passieren wird und dann alles zügig durchziehen ohne Diskussion. Und wenn es schlecht läuft heul ich mit. Das ist echt nicht schön.

  • Von einer willensstarken, unbestechlichen, in Bezug auf Spritzen ängstlichen Sebenjährigen kann man kaum erwarten, dass sie aus Vernunft einseht, dass das gemacht werden muss. Dazu ist sie einfach noch zu klein. Astarte: Was würdest du denn machen? Notwendige Behandlungen einfach sein lassen, weil das Kind da Angst vor hat? Ich würde eher versuchen, dem Kind das zutrauen, dass sie das schaffen kann, ohne eine Angststörung zu entwickeln. Und schließe mich Anaba an. Siebenjährige können sowas schaffen, je mehr Brimborium darum gemacht wrd mit ewigen Gesprächen, die fürs Kind auch anstrengend sein können, Bestechungen usw. würe ich auch versuchen zu vermitteln: das ist jetzt blöd, keine Frage, aber du schaffst das.

    Bei uns - ähnliches Verhalten beim Kind, und extrem viele solcher Behandlungen notwendig - lief das gut ab: ich hatte Kind auf dem Schoß, hatte ihre Beine zwischen meinen eingeklemmt, zwei Schwesternhelferinnen hielten an beiden Seiten fest - der Kinderarzt hat auch gesungen! Selbst wenn das im Gebrüll etwas unterging ... und alle waren einfach total lieb, niemand hat gemeckert oder so, die Angst des Kindes wurde wie etwas ganz Normales behandelt. Kind war danach nicht traumatisiert, sondern erleichtert, danach haben wir etwas Schönes gemacht ...

  • Bei meinem Sohn ist das auch so. Und alle Versuche, ihn dazu zu bringen, es freiwillig zuzulassen, haben alles noch viel schlimmer gemacht und seine Ängste haben sich dadurch eher noch verstärkt und auf andere Bereiche ausgeweitet.

    Irgendwann mussten wir diese Strategie aufgeben für eine notwendige Blutabnahme. Das war schrecklich, er wurde festgehalten und ist vor Streß ohnmächtig geworden. Und ich bin es mit Schuld, weil ich dieses Thema habe so groß werden lassen. Jetzt, drei Jahre später, ist es viel klarer, immer noch nicht schön, aber er sagt selber, dass es so gut ist. Letzte Woche erst war wieder eine Blutabnahme nötig. Ich habe es ihm erst kurz vor dem Termin gesagt, wir sind losgefahren, beim Arzt wissen sie bescheid, wir können sofort durch ins Labor, ich halte ihn fest, er weint, aber dann ist es auch schon vorbei und er ist erleichtert.

    Nur ein Mal habe ich ein Wunder erlebt. Er hatte den Zeh gebrochen, wir waren im Krankenhaus und die Schwester kam, um den Zugang zu legen. Ich war auf das Schlimmste gefasst, aber sie sagte nur "Wir haben Zeit", setzte sich neben ihn aufs Bett und sprach mit ihm. Wenn er soweit sei, solle er seinen Arm zu ihr aufs Bein legen. Und ich kann es nicht erklären, aber irgendwann hat er das gemacht, ich saß auf der anderen Seite und er hat geweint, seinen Kopf bei mir abgelegt und ihr den Arm hingehalten. Sie hat das dann ganz ruhig gemacht, ist danach noch bei ihm sitzen geblieben und es gab auch kein übertriebenes Lob.

  • Nebelung: Wenn ihr einen borreliose-spezialisten in der Nähe habt, könnt ihr euch das vielleicht sparen mit der Blutabnahme.

    Ansonsten würde ich es mit ihr besprechen, wie wichtig das ist. Ihr Möglichkeiten anbieten.

    Wenn Bestechung nicht geht, zumindest ablenken. Das mit der arzt-praxis abklären und dann mit Ankündigung machen. Festhalten und durch. Ablenken, trösten, Wut erlauben.

    "Ja, ich weiss, daß ist sch***, aber so wichtig war das." (Natürlich nur, wenn es das ist ...)


    Ob das lange folgen hat, wie von Astarte befürchtet, hängt, denke ich, sehr davon ab, wie man sonst mit dem Kind umgeht und wie man das macht.

    Eine wichtige Blutuntersuchung deshalb nicht zu machen, kann halt auch mal eben die nächsten Jahrzehnte versauen.

  • ich hab hier ein Kind, dass nie etwas schlimmes bei der sehr freundlichen, zugewandten KiÄ erlebt hat und sich dennoch weigert, auch nur zur normalen U ins Auto zu steigen. Wenn ich dem vorher von einer Blutabnahme erzähle, muss ich es nackt und schreiend ins Auto zerren. Dieses kind wird niemals den Punkt erreichen, an dem die Vernunft über den Kontrollverlust per Ratio siegt, obwohl kognitiv zu vielem anderen fähig. Nachdem das ältere Geschwister genau gegenteilig war- da hätte man mit Erklärung vorher alles machen können- ist das für mich schwer zu ertragen, dass ich hier das Kind zur Not verraten muss. Ich hoffe sehr auf Veränderung durch die Zeit.


  • Ich bin auch die Fraktion festhalten und durch. Natürlich mit Erklärung und Ankündigung und emla Creme.

    Bei meinen Kindern führt ein zu langes durchdenken und diskutieren auch dazu, dass das Thema riesig wird.

    Und ich denke auch, dass wie die Kinder darauf reagieren davon abhängt, ob man ansonsten einen übergriffigen Umgang hat oder das Kind sich darauf verlassen kann, dass die Erwachsenen im allgemeinen die richtigen Entscheidungen treffen, auch, wenn sie nicht immer angenehm sind.

    Hinterher darüber sprechen ist wichtig, genauso wie mit etwas schönem abzuschließen. Bei uns meistens Eis oder ein neues Buch/Comic kaufen.

    the nature of this flower is to bloom

    (alice walker)

  • Ich habe keinen vernünftigen Rat, aber liebe Grüße und im Vergleich zu zB Kopfschmerzen finde ich Blutabnehmen nicht so schlimm. Es piekst vielleicht etwas und fühlt sich ein bisschen komisch an, aber das war's doch auch schon.


    Und was ist so schlimm daran, wenn es mal kurz ein bisschen weh tut? Das wäre meine Frage an sie.

  • Naja, ich bin erwachsen und muss mich jedes Mal wieder überwinden. Der Schmerz ist mir meist egal (es sei denn es ist mal wieder ein Meister am Werk der 12 Anläufe und Rumstochern braucht, da ist mir auch schonmal fast der Kreislauf weggehüpft) es ist mehr eine Kopfsache, freiwillig irgendwas in den eigenen Körper stechen zu lassen, ich hab irgendwie eine Sperre. Genauso kann ich mich auch kaum überwinden mich selbst zu pieksen.

    Ich könnte mir vorstellen das das vielleicht auch eine instinktive Hemmschwelle ist.

  • Natürlich sind Nadeln im Körper etwas schreckliches. Das sehe ich auch so.

    Ich habe da echt Angst vor.


    Es geht nur manchmal nicht anders, es gibt eben doch noch schlimmeres.


    Dem Kind zu erzählen, dass das doch alles nicht so schlimm ist, wird rein gar nichts bringen, das kann ich euch aus Erfahrung sagen.

    Das glaube ich euch auch nicht.


    Es muss nur einfach manchmal sein, weil die Alternative einfach schlimmer ist, und darum würde ich meinem Kind deutlich schildern, was eine Borreliose bewirkt, weshalb jetzt die Nadel nun mal sein muss.

    It all started with the big BANG!


    (Big Bang Theory)

  • Beim Einstechen der Nadel schaue ich selber auch weg. Geht besser wenn man nicht genau weiss

    wann sie kommt, und sich dementsprechend nicht vorher verkrampft.


    Vielleicht kann der Vater oder die Mutter Blut spenden, und das Kind darf zuschauen ?

    Am besten bei einer Blutspendeaktion, da sieht man einen ganzen Raum voll von Spendern.

    Ich finde das eine ruhige, fast entspannte Atmosphäre. Natürlich vorher erklären, warum

    Blut gespendet wird, wie es abläuft usw.

  • Bei uns hat es in dem Alter am besten geholfen, wenn meine Tochter auf meinem Schoß saß mit dem Rücken an meinem Bauch.

    Emla Salbe unter Frischhaltefolie 1 Stunde vorher drauf war.

    Und dann ein riesengroßes Buch- Wimmelbuchgröße! Gern ein unbekanntes! so vor sie gehalten wurde, dass sie den betroffenen Arm nicht sehen konnte.

    Ich habe dann wie eine Irre auf sie eingeredet- "wo ist denn dies, und wieviele sind das und wieviele Schweinchen sind es insgesamt..!"


    Mit der Methode haben wir es hinbekommen, dass es mittlerweile auch ohne prima klappt, obwohl sie massiv traumatisiert war von zwei rabiaten gewalttätigen Versuchen bei einem Kinderarzt, als sie klein war (anderthalb).


    Und reden, reden, reden- sie darf es auch doof finden.

    Bei uns hilft oft auch, wenn ich auch sage, dass ich es auch doof finde, dass sie das machen muss, dass es aber wichtig ist etc.

    Wir haben auch viele Sachen an Kuscheltieren geübt zuhause (wir haben auch einen Stauschlauch und Spritzen und Co dafür angeschafft) und eine Zeitlang hat sie damit das alles bewältigt.


    Wir haben auch ein spezielles Kuscheltier gekauft, als klar war, dass sie regelmäßig zu Infusionen gehen muss- davor hatten wir beide noch deutlich mehr Angst anfangs.

    Das hat uns das erste Jahr begleitet, bis sie meinte, dass sie das nicht mehr braucht.


    Viel Erfolg!

    Ich hoffe für Euch, dass sie bald wieder gesund ist!