Die Betreuungsgeld-Betreuungsplatz-Debatte

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  • Wenn man den Gedanken "Betreuungsgeld" mal wieder aufgreift #augen , was wäre denn dann fair(er)? Mehr Geld? Ich meine, es sind sicherlich ganz viele tolle Eltern da draußen, aber was ist mit denen, die nicht gut zu ihren Kindern sind? Bekommen die dann weniger? Woran möchte man das festmachen und vor allem; WER möchte das beurteilen? Wenn der Staat nach mehr Kindern schreit, möchte er doch spätere Rentenzahler. Muss man den Eltern, die keinen Rentenzahler produziert haben, das Geld wieder aberkennen? (das ist natürlich absichtlich sarkastisch 8) )


    Wie soll man denn Elternschaft gerecht honorieren? Da will mir einfach keine Idee kommen #weissnicht


    Ich bin mir nicht sicher, ob man mit diesem Gedankengang weiterkommt. Instinktiv würde ich sagen:


    Elternschaft an sich gehört nicht bezahlt. Ich finde den Grundgedanken einer Art Ausgleichszahlung richtig (wie beim Elterngeld). Man ist verhindert, sein Geld durch Lohnarbeit zu verdienen, weil man sich um jemanden kümmert, der es gerade dringend braucht, also springt die Solidargemeinschaft ein und ersetzt für einen begrenzten Zeitraum einen Teil des Gehalts. Ob das nun ein Baby ist oder ein schwer kranker Partner sollte meines Erachtens egal sein. Beim Elterngeld ist dieser Zeitraum ja ein Jahr und ich finde diesen Zeitraum auch gut gewählt. Wenn man plant, länger auf ein Gehalt zu verzichten, kann man etwas ansparen und das Elterngeld auf zwei Jahre splitten.


    Ich finde allerdings, dass Betreuungsangebote kostenlos sein sollten, zumindest für erwerbstätige Eltern und solche mit wenig Geld. In meiner (völlig naiven und wenig durchdachten ;)) Milchmädchenrechnung könnten Eltern für ihre Arbeitsstunden kostenlose Betreuung buchen und darüber hinaus gegen Bezahlung. Wenn ich also 20 Stunden arbeite, wären vielleicht 25 Stunden kostenlos. Wenn ich aber sage "Na ja, ich würde aber gerne zum Sport gehen oder mich freitags nachmittags mit meiner Freundin treffen, dann buche ich 32 Stunden und bezahle davon 7 selber. Für alle Kinder (unabhängig davon, ob die Eltern arbeiten gehen) könnten zwei oder drei Jahre ein Kita-Vormittag frei sein.


    Zahlungen an die vermeindliche Qualität der Elternschaft zu koppeln, finde ich eine ganz gefährliche Angelegenheit.

    Das B in Pegida steht für Bildung.

  • Das , liebe Georg, finde ich eine gelungene Idee. Wenn man gleichzeitig die Qualität der Kitas steigern könnte... Super!

  • Safira, du wolltest nochmal was raussuchen zur NICHD-Studie? Ich wäre interessiert :)


    ob jemand wirklich neu oder nur "neu" ist, kann man mittlerweile ja schwerer erkennen ;) , und ich guck nicht immer aufs anmeldedatum.



    sorry, aber sei doch wenigstens ehrlich und sage, dass die mehrzahl der mütter sich nicht so verhält, wie du es gerne sehen würdest und richtig findest, und schieb nicht irgend so ein "natürlich" vor. "natürliches muttersein" gibts nämlich schlichtweg nicht. muttersein ist immer schon kulturell determiniert. vor 180 jahren hat mancher mutter bauchgefühl zum schnapsnuckel tendiert. oder zur amme. ich könnte noch 1000 solche beispiele aufzählen. heute tendiert das bauchgefühl mancher eben zu kiwa oder flasche. denn bauchgefühl ist geprägt von der kultur, in der man aufwächst und lebt.


    Mich würde mehr solche Beispiele interessieren - hast du welche?


    Mir will nicht so ganz in den Kopf, was ein Schnapsnuckel nun mit dem Bauchgefühl der Mütter von früher und heute zu tun hat. Wusste man vor 180 Jahren schon um die Gefahren durch Alkohol bei Kindern? Das wäre doch die Voraussetzung für dieses Argument. Denn andernfalls wurde vielleicht nur der Tipp von einer Mutter zur anderen weitergereicht, dass ein Schnapsnuckel das Kind beruhigt, so wie wir uns heute gegenseitig das Pucken oder Tragen empfehlen. Was man dazu in einigen Jahren sagt, wissen wir heute auch noch nicht. Heute würde keine Mutter mehr "aus dem Bauch heraus" dem Kind einen Schnapsnuckel geben - es sei denn, sie hat selbst starke Probleme und ist derart überfordert, dass sie sich nicht anders zu helfen weiß. (Was natürlich schlimm ist und das auch nicht rechtfertigt.)


    Ich habe Andersartigs Post so verstanden, dass ihrer Meinung nach viele Mütter nicht nach ihrer Intuition handeln. Etwa so, dass ein weinendes Kind oft nicht hochgenommen wird aus Angst, es zu verwöhnen - und das vielleicht, obwohl die Mutter eigentlich das Bedüfnis danach verspürt, sich aber nicht auf dieses "Bauchgefühl", sondern die Ratschläge der eigenen Mutter/Schwiegermutter/diverser Erziehungsratgeber verlässt. Kann sein, dass ich falsch liege. #schäm

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    There is no foot too small, that it cannot leave an imprint on this world.

  • Ich denke, es gibt eine große Anzahl Tätigkeiten, in denen (Teilzeit-)Homeoffice oder Jobsharing möglich wäre.
    Alle diejenigen, die größtenteils im Büro vor einem Rechner oder Papieren sitzen (v.a. auch in den Verwaltungen), könnten das auch zu Hause. Sicher gibt es auch Bedarf am Austausch mit Kollegen, aber dafür gibt es genügend Möglichkeiten vieles per Chat oder Webkonferenzen zu regeln.
    Da gibt es noch eine Schranke in den Köpfen vieler Arbeitgeber, die sich ihre Kontrollmöglichkeiten nicht nehmen lassen wollen.


    Jobsharing geht bei allen Arbeiten gut, die keinen großen Übergabeaufwand haben, z.B. Verkäufer, Handwerker ...


    Und warum sollte eine Friseurin nicht jeden Abend 2 h oder am Samstag arbeiten?


    Es ist ja meist ein durchaus überschaubarer Zeitraum.


    Ich habe ja bei allen drei Kindern Option 3/4 (Homeoffice zu den Schlafenszeiten oder wenn der Partner sich um die Kinder kümmert) genutzt. Allerdings nur im ersten Lebensjahr.
    Vollzeit geht da natürlich nicht, da gäbe es sicher wirklich eine hohe Burnout-Gefahr. Aber Teilzeit ist das durchaus eine Option, die sich mit den richtigen Prioritäten (z.B. Hausarbeit konsequent mit wachem Kind oder Haushaltshilfe) organisieren lässt. Und natürlich ist die Aufgabenteilung unter den Partnern wichtig.

  • @ Georg: Schöne Ideen #ja , aber volkswirtschaftlich wahrscheinlich nicht machbar #weissnicht Zumindest nicht das mehrjährige Elterngeld. Aber was die Betreuung angeht bin ich voll bei Dir und ich finde außerdem, dass man seine Stunden wirklich täglich flexibel gestalten können müsste.


    In meinem Bekannten- und Freundeskreis könnten die wenigsten von zu Hause arbeiten. Dazu kommt ja noch, dass viele gar nicht in der Lage sind, sich zu Hause aufs Arbeiten zu fokussieren. Gerade Frauen sind doch leider so gestrickt, dass sie sich für alles zu Hause zuständig fühlen und sich gar nicht richtig konzentrieren können, weil noch so viel Hausarbeit anstünde.

    "Erziehen heißt Vorleben, alles andere ist höchstens Dressur."

  • ainu: warum wird eigentlich alles so negativ interpretiert? Das hat doch nix mit längst überholten Ammenmärchen von früher zu tun...Staubschaefchen hat es schon richtig verstanden, und das Wort natürlich benutze ich sehr gerne, man kann es aber auch durch artgerecht öder bedürfnisorientiert ersetzen, wenn das besser gefällt :)

  • Reisetomate: Wie Nena so schön sagen würde - "Ich bin ganz bei dir."


    Danke, dass du meine Gedanken in so tolle Worte fasst. #kuss Meine eine, noch verbliebene, übermüdete Hirnzelle schafft das nicht mehr so gekonnt. #zaehne


    Und eigentlich isses doch wie immer: Wie mans macht, machts man verkehrt. Nech. #weissnicht #warte #nägel

    Alles, was einmal war, ist immer noch. Nur in einer anderen Form. (Hopi-Weisheit)



  • Freda, ich habe einen Job, den ich rein theoretisch im Home Office machen kann, rein praktisch aber nur, wenn keine 3 Kinder um mich herumturnen und auf mich einreden.
    Ich muß mich nämlich konzentrieren, beispielsweise bei Remote-Fernwartungen in Firmennetzwerken. Da kann ich nicht einfach aus der Session gehen, wenn ein Kind etwas von mir möchte.
    Home Office geht nur, wenn die Kinder von einer anderen Person betreut werden, alles andere ist Augenwischerei.

    "Und hast du die Ausrufezeichen bemerkt? Es sind fünf. Ein sicheres Zeichen dafür, daß jemand die Unterhose auf dem Kopf trägt."

  • Ein Home-Office macht die Arbeit flexibler, was die Betreuung angeht. Betreuung braucht man trotzdem. Aber man hat eben den ganzen Fahrtzeit-Krempel nicht, die Back-Ups, die man braucht, falls man im Stau steht. Mein Mann wird nächstes Jahr auch einen Tele-Arbeitsplatz beantragen, das wird für uns schon einfacher, und fürs Kind auch - statt um 7 bis halb 8 muss es dann eben erst um 8 bis halb 9 in der Kita sein, und statt um 15:15 die Arbeit zu beenden, kann mann eben bis 16 Uhr weiterarbeiten. Das macht schon einen Unterschied.


    Aber es ist ganz klar, dass derjenige, der Telearbeit macht, eben dann arbeitet, und nicht gleichzeitig das Kind bespaßt.

  • Esche: Das habe ich doch geschrieben: Homeoffice, wenn das Kind schläft oder der Partner (wahlweise jemand anderes) sich um das Kind kümmert. Mit herumwuselnden Kindern kann ich auch nicht arbeiten.
    Aber man hat keinen Arbeitsweg und man ist im Notfall verfügbar oder kann leichter Stillpausen machen (zum Stillen nach Bedarf). Man kann sich die Zeit meist freier einteilen (was natürlich auch ein Nachteil sein kann).

  • Anders_Artig: Ich finde ja immer, man bürdet mit der ganzen Natürlichkeitsdebatte in Punkto Betreuung den Vätern ziemlich viel auf. Ich persönlich kenne so viele Männer, die wirklich darunter leiden, die alleinige Verantwortung für die finanzielle Situation der Familie zu haben, mal ganz abgesehen von dem noch viel dringenderem Wunsch, mehr für die Familie da sein zu können. Sie haben das Gefühl, viel zu verpassen, und das stimmt ja auch.


    Ich weiß, die Betroffenen sagen dann immer, bei uns ist das ganz anders, auch der Vater ist damit glücklich etc. Ja, das mag sein. Aber ich glaube, viele Väter trauen sich auch gar nicht, sich und anderen das Bedürfnis nach mehr Familienzeit einzugestehen.


  • So ähnlich sah das hier auch aus: Da meine Tochter ein paar Wochen früher kam als geplant und ich meine letzten Projekte noch nicht abgeschlossen hatte, habe ich anfangs sogar mit dem Laptop auf dem Schoß vom KKH-Bett aus weiter gearbeitet. In den ersten Wochen zuhause habe ich während der Schlafenszeiten meiner Tochter dann ebenfalls noch ein paar Arbeiten fertig gestellt und danach dann für ca. 6 Monate vollständig pausiert. Der Wiedereinstieg gestaltete sich dann zunächst ähnlich, also arbeiten während der Schlafenszeiten oder wenn der Papa zuhause war. Und da Tochter leider immer weniger geschlafen hat, habe ich ein bis zwei mal pro Woche einen Babysitter ins Haus geholt. Zusätzlich hat mein Mann mir eine Haushaltshilfe spendiert, denn Putzen mit Kind war irgendwie nicht möglich. Die Kleine klebte ständig an mir dran. Ich hab da Bilder in Erinnerung, wo ich mit Baby in der Manduca vor die Brust geschnallt kniend durch den Garten gerobbt bin um Unkraut zu jäten, oder dass ich sage und schreibe 8 (!) Anläufe gebraucht habe, um eine Spülmaschine auszuräumen, weil meine Tochter ständig nach mir gerufen hat (und ich sie natürlich auf keinen Fall weinen lassen wollte). Diese vermeintliche "Flexibilität", dass ich immer nur mal für 5 Minuten ganz spontan was arbeiten oder aufräumen konnte, hat mir stressmäßig ganz schön zugesetzt und das würde ich auch wirklich nicht als "optimal" bezeichnen.


    Ich gebe zu, dass sich meine Ansichten bezüglich Betreuung in den vergangenen Jahren ein paar mal drastisch geändert hat, je nach Situation. Zu Beginn der Kinderwunschphase war ich noch ein Verfechter der Vollzeitbetreuung und tatsächlich der Meinung, dass qualifizierte Erzieher das sowieso besser können als die Eltern selbst und dass es förderlich für die Selbständigkeit des Kindes ist, wenn man dieses so früh wie möglich abnabelt. Ich hatte mich gerade erst selbständig gemacht und war der Überzeugung, dass ich meine Tochter 8 Wochen nach der Geburt in Betreuung geben würde, damit ich nicht riskiere, meine Kunden zu verlieren. Ich bin ja schließlich der Nabel der Welt und auf dem Arbeitsmarkt absolut unentbehrlich, und zu einem abstrakten weil noch nicht mal gezeugten Kind hatte ich sowieso noch keine Beziehung. #augen


    Aus verschiedenen Gründen (Zögern meines Mannes, lange nicht schwanger geworden, zwei Fehlgeburten) habe ich das geplante und mittlerweile schmerzlich herbeigesehnte Kind dann letztlich erst vier Jahre später in den Armen halten dürfen. Ich gebe zu, ich habe ein paar Wochen gebraucht, um im Muttersein anzukommen und eine intensive Bindung zu meiner Tochter aufzubauen. Aber dann wurde ich zu einer echten "Rabenmutter", für die die bedürfnisorientierte Versorgung ihrer Tochter an allererster Stelle stand. Plötzlich verstand ich, was es heißt, für das eigene Kind zur Löwin zu werden. Und ich WOLLTE sie mit niemandem mehr teilen. Ich habe plötzlich allen anderen Betreuungspersonen misstraut und geglaubt, die würden mein Kind vielleicht weinen lassen, es nicht hochnehmen und tragen, nach Bedarf stillen können die ja eh nicht und Flasche will mein Baby nicht (habe ich auch nicht wirklich ernsthaft versucht), und die kennen mein Baby ja nicht so gut wie ich und übersehen vielleicht ihre Signale, etwa bei Reizüberflutung, mein Papa - ein zauberhafter, ganz toller Opa - will sie z.B. permanent bespaßen und merkt nicht, wenn es eigentlich genug ist und sie ihre Ruhe braucht. Je mehr sie anfängt zu weinen, desto mehr versucht er sie zu besaßen. Mit einer der Gründe, warum ich ihm mein Kind (damals) nie ohne mein Beisein anvertrauen wollte. Kurz: Ich wurde zur Glucke und konnte plötzlich überhaupt nicht mehr verstehen, weshalb andere Mütter ihre Kinder abgeben.


    Ich hätte für meine Tochter einen Kita-Platz ab 11 Monate haben können, die Zusage kam, als sie 8 Monate war. Ich habe abgelehnt, weil es mir zu früh erschien. Zu diesem Zeitpunkt glaubte ich sogar, es wäre das beste fürs Kind, wenn es die ersten 3 Jahre zuhause betreut wird. Mit zwei Jahren kann man zwei mal pro Woche zum Vorkindi gehen, das reicht dann auch noch. Eine starke Bindung und ein gesundes Urvertrauen schienen mir wichtiger als ein vermeintlicher "Bildungsvorsprung" durch eine frühe Betreuung und Förderung. Meine Schwester war der Meinung, dass ich meiner Tochter wichtige soziale Erfahrungen vorenthalte, wenn ich sie nicht in die Kita gebe. Dass sie auch private jede Menge Kontakt zu anderen Kindern hatte und ich mich auch privat um ihre "Förderung" (Musikgarten, Babyschwimmen, Eltern-Kind-Turnen) kümmerte, hat sie dabei übersehen. Sie war zu diesem Zeitpunkt selbst kinderlos und ähnlich wie ich damals der Meinung, dass ausbildete Erzieher per se kompetenter sind als die Eltern selbst. Eine Meinung, die mir übrigens noch heute sehr oft begegnet ...


    (Teil 1, weil zu lang ...)

    Es gibt nichts das höher, stärker,
    gesünder und nützlicher für das Leben ist,
    als eine gute Erinnerung aus der Kindheit.

    - Fjodor M. Dostojewskij -

  • Das Elterngeld war mir damals zunächst ein Dorn im Auge (obwohl ich sogar selbst davon profitiert habe), weil ich der Ansicht war, dass es die Mütter/Eltern viel zu früh nach einem Jahr schon wieder in den Beruf zurück zwingt.


    Aber auch ich konnte mich nicht ewig auf meiner Elternrolle "ausruhen", und als die ersten Kunden mit durchaus attraktiven Projekten wieder bei mir anklopften, wollte ich diese natürlich auch nicht ablehnen. Die ersten Monate waren sehr anstrengend für mich, weil mir oft die Ruhe fehlte um mich zu konzentrieren, ich immer nur "häppchenweise" arbeiten konnte und keine verlässlichen Arbeitszeiten hatte. Als meine Tochter 16 Monate alt war, beschloss ich deshalb, eine Tagesmutter zu suchen. Es schien mir der beste Kompromiss aus stabiler Bindung und unterstützender Fremdbetreuung. Die Tagesmutter habe ich nach Bauchgefühl gewählt und sie war die erste Person (abgesehen von meinem Mann), der ich mein Kind gerne anvertraut habe. Wir haben uns auf 10 Betreuungsstunden pro Woche geeinigt, mit Mittagsschlaf, Abendstunden und Papabetreuung kam ich so auf 20 Arbeitsstunden pro Woche. Und zusätzlich hatte ich auch noch meine Haushaltshilfe. Ich gebe zu, ich fühlte mich durchaus privilegiert. Obwohl es sich finanziell nicht übermäßig gelohnt hat, weil mein Verdienst fast vollständig für TaMu, Haushaltshilfe und meine Krankenversicherung für drauf ging.


    Mit 3 Jahren kam meine Tochter dann regulär in den Kindergarten. Ich hatte mittlerweile begriffen, dass es auch mir ganz gut tut, mich von meiner Tochter ein wenig zu lösen und nicht die ganze Verantwortung für ihre Erziehung alleine zu tragen. Sie ist abgestillt, geht gerne und problemlos in Fremdbetreuung (etwa mit ihrem Babysitter oder mal ins Kinderland im Einkaufszentrum) und ist auch an den Papa längst genauso gut gebunden wie an mich. Im Nachhinein finde ich sogar, dass alle Beteiligten enorm davon profitieren, wenn sich die Erziehungs- und Betreuungslast auf mehrere Schultern verteilt. Obwohl die erste Phase als Baby sicher für uns beide genauso wichtig war. Und es war (ist) eben auch mein erstes Kind, ich musste meine Erfahrungen auch erst mal machen.


    Heute ist es so, dass ich noch immer selbständig im "flexiblen" Homeoffice arbeite. Flexibel in sofern, als dass ich nicht nach Betreuungszeiten suchen musste, die zu meinen Arbeitszeiten passen, sondern meine Arbeitszeiten den Öffnungszeiten des Kigas anpassen konnte. Das ist schon echt ein Vorteil.


    Eine Haushaltshilfe habe ich inzwischen nicht mehr, das muss ich also wieder selber machen (hätte ich mich aber echt dran gewöhnen können ...), was mit einer 4-jährigen mittlerweile aber auch durchaus gut möglich ist. Heute muss ich sie ja nicht mehr schreien lassen oder ständig mit mir herum tragen. ;)


    Manchmal habe ich schon überlegt, dass ich meine Arbeitszeiten gerne etwas ausdehnen würde. Ich könnte theoretisch morgens früher anfangen und die Öffnungszeiten des Kigas voll ausnutzen. Das fällt mir aber zugegeben sehr schwer. Das Thema "Selbstdisziplin" und "Eigenmotivation" ist übrigens auch so ein oft übersehener Knackpunkt am viel gelobten Homeoffice-Modell. Eine zusätzliche Betreuung an ein bis zwei Nachmittagen pro Woche wäre vielleicht schön, müsste aber erst mal gefunden und organisiert werden. Und dann natürlich auch bezahlt. Und die Kontakte zu Kollegen fehlen mir auch ganz arg. Ich komme ja im Prinzip den ganzen Tag hier nicht raus, kommuniziere fast nur per E-Mail, und das jetzt schon seit Jahren. Meine soziale Kontakte beschränken sich auf den Nachbarschaftsplausch am Gartenzaun und den Kontakt zu anderen Müttern aus dem Schwimm- und Tanzkurs meiner Tochter. So ein Homeoffice-Modell hat also immer auch zwei Seiten. Ohne Kind würden meine beruflichen Intentionen sicher ganz anders aussehen. Viele hochtrabende Pläne, die ich zu Beginn meiner Selbständigkeit noch hatte, habe ich mittlerweile begraben. Aber das ist es mir wert. Man muss halt auch Prioritäten setzen, und die liegen in meinem Falle ganz klar bei meiner Tochter. Dass ich die Möglichkeit habe, am Nachmittag mit ihr zu basteln und sie zu ihren Kursen zu begleiten, darauf möchte ich halt auch nicht verzichten. Plus Einkaufen, Wohnung putzen, mal einen Kuchen backen, eine Geburtstagsparty organisieren, sich im Elternbeirat engagieren und ein bisschen Paarzeit pflegen, ... je mehr Zeit und Energie ich in den Job stecke, desto weniger bleibt für solche privaten Dinge übrig. Ich weiß nicht, ob ich damit auf Dauer glücklich wäre. Da hat sich meine Einstellung seit der Geburt meiner Tochter tatsächlich deutlich verändert. Und ich denke, so geht es vielen Eltern.


    Nun sind wir in der wirklich sehr glücklichen Lage, dass wir es uns finanziell erlauben können, unser Lebensmodell so zu basteln, wie wir es brauchen. Mein Mann verdient genug für uns beide und ich musste noch nicht mal meinen Arbeitgeber fragen, ob ich meine Arbeitszeiten reduzieren darf oder wann ich wieder einsteigen kann. Mir ist das durchaus bewusst, dass wir da priveligiert sind, deshalb stelle ich persönlich auch keine Forderungen an den Staat.


    Wäre die Frage, wie man es schaffen könnten, dass andere Familien in den gleichen Genuss kommen wie wir. Wobei das Ziel, dass es allen Menschen gleich gut geht - unabhängig von ihren persönlichen Voraussetzung und ihrem jeweiligen Berufsstand - das ist ein unerfüllbarer Wunsch. Oder?

    Es gibt nichts das höher, stärker,
    gesünder und nützlicher für das Leben ist,
    als eine gute Erinnerung aus der Kindheit.

    - Fjodor M. Dostojewskij -

  • @ Georg: Schöne Ideen #ja , aber volkswirtschaftlich wahrscheinlich nicht machbar #weissnicht Zumindest nicht das mehrjährige Elterngeld.


    Mehrjährig? Nein, ich hatte ja geschrieben, dass ich den Zeitraum von einem Jahr gut finde. Mehrjährig finde ich nicht nötig und ist vermutlich auch zu teuer. Ich finde, ein Jahr passt. Man könnte überlegen, die Auszahlung flexibler zu gestalten. Dass man sagen könnte, ich nehme 15 Monate lang 80% des Elterngeldes oder drei Jahre lang 33%. Das wäre nicht teurer, aber alle Eltern hätten mehr Flexibilität.

    Das B in Pegida steht für Bildung.

  • Danke Manna, für dein ausführliches- und wie immer sehr reflektiertes Post #super


    @Homeoffice: Gerade aus den genannten Nachteilen, dass die Kinder auf einem herumturnen oder dass man eher an den Haushalt denkt, schlage ich ja vor, einem Kindergarten eine Art Gemeinschaftsbüro/Gemeinschaftsküche etc. anzugliedern.
    Da hätte man dann auch sozialkontakte, auch wenn theoretisch jeder an was anderem arbeitet.
    aber manchmal ergeben sich doch auch daraus Kooperationen oder Hilfestellungen.
    Man müsste dann halt das ganze Konzept des Kigas anders denken :)
    Und ich sehe da auch eher Teilzeitarbeitsplätze-
    Also quasi andersherum als wenn jeder eine Kinderfrau bei sich anstellt, was sich wohl auch nicht alle leisten könnten.
    Nicht jede Kita hat soviel Platz, klar, aber an manchen Orten ginge es (z.B. in dem Kiga meiner Tochter, wo es mittlerweile auch eine Krippe gibt. Leider sind die üüüberhaupt nicht offen für irgendwelche Vorschläge....aber das ist ein andere Thema)

    Fix it even if you didn't break it

  • Mehrjährig? Nein, ich hatte ja geschrieben, dass ich den Zeitraum von einem Jahr gut finde. Mehrjährig finde ich nicht nötig und ist vermutlich auch zu teuer. Ich finde, ein Jahr passt. Man könnte überlegen, die Auszahlung flexibler zu gestalten. Dass man sagen könnte, ich nehme 15 Monate lang 80% des Elterngeldes oder drei Jahre lang 33%. Das wäre nicht teurer, aber alle Eltern hätten mehr Flexibilität.


    Das fände ich eine gute Idee, um ein Teilzeitmodell über drei Jahre zu ermöglichen.


    Im Moment ist ja diejenige, die im ersten Lebensjahr arbeitet, die Dumme, weil sie nur ein gekürztes Elterngeld erhält (und für das verdiente Geld auch noch Steuern und Abgaben bezahlt). Dafür gibt es also eigentlich im Moment überhaupt keinen Anreiz.


    Beispiel:
    Wenn man 0 % (1. Jahr) und 100% in den
    beiden folgenden Jahren arbeitet, bekommt man volles Elterngeld im ersten Jahr. Bei einer Aufteilung 50% (1. Jahr), 75% im 2. und 3. Jahr ist man finanziell deutlich schlechter dran, obwohl man ja insgesamt genausoviel gearbeitet hat.

  • Mönsch, ist das konstruktiv hier. Inzwischen sind wir sogar einhellig der Meinung, dass das Betreuungsgeld sinnlos ist und neue Formen der Betreuung gebraucht werden, die es Müttern und Vätern erlauben, flexibel zu arbeiten. Ich bin beeindruckt! #respekt

    Grüße vom nkind
    mit Tochter (2004), Sohn (2008 ) und Wunderkind (03/2014)


    Wir reisen um die Welt:
    Die Weltwunderer

  • Freda,
    das stimmt, wenn man sofort nach dem MuSchu wieder einsteigt, hat man nix vom Elterngeld. Aber es ist ja auch keine Geburts-Belohnung (blödes Wort, mir fiel gerade kein besseres ein), sondern eine Lohn-Ersatz-Leistung für einen Zeitraum, in dem man keinen Lohn erarbeiten kann oder möchte. Um (Teilzeit-)Erwerbstätigkeit im ersten Lj. nicht nachteilig zu behandeln, könnte man einfach wie folgt rechnen:


    vorher Vollzeitberuf, brutto 3000 Euro, netto 1800 Euro
    Elterngeldanspruch 1200/Monat
    Nach dem MuSchu 50% Arbeit=1500 Euro brutto= 1000 Euro netto
    dazu Elterngeld 50%=600 Euro


    Dann hätte man 1600 Euro netto, das wären fast 100% des Vor-Geburts-Gehalts.


    Die Brutto-Netto-Zahlen sind ganz grob geschätzt, ich habe keinen Rechner bemüht.

    Das B in Pegida steht für Bildung.

  • Was vielleicht interessant ist, hab es gerade in der Zeitung gefunden:


    "Pro Jahr einer Beschäftigung mit 450 EUR im Monat wird im Westen ein Rentenanspruch von rund 4,50 EUR erlöst. Im Osten sind es 4,65 EUR."



    DA muss unbedingt auch angesetzt werden, da ja gerade Mütter in Minijobs arbeiten (auch die, die gleich nach der Geburt oder nach dem 1. Jahr wieder anfangen!). Als Abschaffung der (quersubventionierten) Minijobs.

    Einmal editiert, zuletzt von LemonySnicket ()

  • Zahlungen an die vermeindliche Qualität der Elternschaft zu koppeln, finde ich eine ganz gefährliche Angelegenheit.

    Wer will dass denn?



    Ich habe Andersartigs Post so verstanden, dass ihrer Meinung nach viele Mütter nicht nach ihrer Intuition handeln. Etwa so, dass ein weinendes Kind oft nicht hochgenommen wird aus Angst, es zu verwöhnen - und das vielleicht, obwohl die Mutter eigentlich das Bedüfnis danach verspürt, sich aber nicht auf dieses "Bauchgefühl", sondern die Ratschläge der eigenen Mutter/Schwiegermutter/diverser Erziehungsratgeber verlässt. Kann sein, dass ich falsch liege. #schäm

    Also gestern Abend hat mir mein Bauchgefühlt ganz massiv dazu gedrängt, meiner Tochter mal so richtig eine zu kleben - zum Glück filtere ich mein Bauchgefühl.



    Weil's irgendwann unverschämt wird? (Und unbezahlbar ...)

    Aber der Anspruch ohne Kinder zu leben und sich damit einfach nicht daran zu beteiligen die nächste Generation aufzuziehen, nicht einmal finanziell, ist klaglos zu akzeptieren?


    Vor 60 Jahren galt das noch als suspekt und gescheiterte Existenz. Bis ins 20. Jahrhundert ging das einfach nicht, besonders fur Frauen. Da wurde geheiratet, da wurden Kinder in die Welt gesetzt und fertig. Dann ist letztlich auch egal wie man das insgesamt regelt, weil ja fast jeder Kinder bekommt und großzieht, und die paar die keine Kinder bekommen konnte man getrost als vereinsamte und gescheiterte Sonderlinge belächeln die keiner wollte.

    It all started with the big BANG!


    (Big Bang Theory)