Die Betreuungsgeld-Betreuungsplatz-Debatte

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  • Gestern bei Arte Themenabend Armut. In Europa ist die Armut ein Kind (so wurde das metaphorisch ausgedrückt), da besonders Familien arm sind oder in die Armut abrutschen. Hier im Thread fiel ja auch schon der Begriff Kinder als Armutsrisiko. Fand ich sehr aufschlussreich, die Sendung (z. B. muss man nicht verhungern, um in Europa als arm zu gelten, sagte ein Prof. in Sozialwiss. (Weil das ja jemand mal hier meinte, dass wir verwöhnt wären, weil es in anderen Ländern schlimmer sei). Er definiert es so, dass man nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teilnehmen kann. Übrigens ist Deutschland auf Platz 3 der steigenden Armut, hinter Bulgarien und Rumänien.


    Bashing gegen Kinderlose also wirklich fehl am Platz. Ich mach mir echt Gedanken um meinen Kleinen und seine Zukunft... :|

  • Für mich bedeutet Armut, dass ich noch nicht weiß, wie ich dieses Jahr den Weihnachtsbaum finanzieren soll. Natürlich verhungern wir da nicht (wir können ja zur Not auch Suppe aus den abgefallenen Nadeln kochen). Für mich bedeutet Armut, dass ich für etwas anderes mal auf einen Kinobesuch im Monat verzichten soll, obwohl ich gar nicht ins Kino gehen kann von dem Geld, was ich habe. Für mich bedeutet auch Armut, dass mir unterstellt wird, falsch zu wirtschaften, wenn ich mir etwas nicht leisten kann.


    Umso schlimmer ist das, wenn die Armut dann das eigene Kind betrifft. ICH könnte auf einen Baum verzichten, aber mein Kind?


    Hierzulande schlägt die Armut in Form der sozialen Ausgrenzung eher auf die Psyche, denn auf die phyische Gesundheit (aber auch das, da ich auch schonmal einen Arztbesuch ins nächste Quartal verlegen musste, wegen der 10 Euro), die Lebenserwartung von ALGII-Empfängern ist geringer. Man muss nicht hungern, um arm zu sein.


    Zudem ist es mit einem Stigma behaftet, und vermutlich finden mich manche histrionisch oder rumheulend oder was auch immer, weil ich offenlege, dass ich arm bin und was das bedeutet.


    Äh... wollte ich mal sagen.

    Fiawin mit d9be21343ykoa.gif

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    Eigentlich bin ich ganz anders. Ich komme nur so selten dazu.


    Lass die Hoffnungswaschmaschine laufen!


    Whatever you want, it isn't me.

    Other people's ambitions are not my specialty.

    Sometimes I can see from here clear to the ocean.

    Sometimes I'm blind.

    Als die Vielfalt ging, entzündete die Einfalt ein Freudenfeuer.

  • Mein Beitag war eine direkte Antwort zum Thema "wenn es unverschämt wird". Mir reingespielt haben dann weitere Beiträge in denen es darum ging, wie schwer es doch Eltern früher hatten.
    Ich schreibe ja nicht, dass ich diese Auffassung teile, ich werde selber nur sehr schwer Schwanger und kenne das Gefühl.
    Ich wollte aber schon mal draufhinweisen, dass es früher nicht nur Eltern schwerer hatten als heute.


    Solidarität sollte die unterstützen die Hilfe brauchen, und da gehören Kinder und mit ihnen Familien nun mal dazu.
    Das hat mit Kinderlosen-Bashing nichts zutun, wenn man an eine Gesellschaft die Erwartung stellt, dass sie Kinder großzieht.


    Vollzeit ackern muss mein Mann im übrigen auch. Der finaziert davon dann noch mal seine Familie, einiges an Betreuungsplätzen und die Renten unserer Eltern.
    Und wenn er sich bei seinen kinderlosen Kollegen so umsieht: Die haben alle mehr Geld zur Verfügung als er.

    It all started with the big BANG!


    (Big Bang Theory)

  • Fiawin, das tut mir wirklich sehr leid :( Furchtbar, dass es so etwas geben muss - und darf, wenn gleichzeitig immer weniger Menschen immer mehr Geld haben. Aber Sozialismus wollnse ja alle ooch nich...


    Das Argument, dass in D keiner verhungern muss, kam von mir, Lemony. Da steh ich auch immer noch zu, aber NUR im Zusammenhang mit diesem grundlegenden Anspruch, vom Staat dafür bezahlt zu werden, etwas ganz selbstverständliches zu tun, was andere eben genauso tun, OHNE vom Staat dafür bezahlt zu werden.
    Ich werde etwas säuerlich, wenn Mütter beklagen, sie hätten ja so wenig Geld zur Verfügung, weil der Staat ihnen nicht mehr gibt - während sie freiwillig auf Erwerbstätigkeit verzichten. Das können Mütter im Rest der Welt eben einfach gar nicht. Entsprechend kümmern sie sich dann, wie sie die Kinder betreut kriegen - oder wie sie das finanziert bekommen, zu Hause zu bleiben. Wundersamerweise funktioniert das ja sogar im Rest der Welt BESSER als hier in D, wo die Geburtenraten historisch niedrig sind... #weissnicht ... und dass die Kinder im Rest der Welt alle bindungsgestört und unglücklich sind, scheint mir durchaus nicht so #pfeif
    Das Betreuungsgeld wird also ganz logischerweise an dem grundlegenden Problem des Staates nichts ändern, die Geburtenraten werden niedrig bleiben, das ist 100% sicher. Wenn das wirklich durchgeht, in Verbindung mit dem neuen Klopper Haushaltshilfe für wiedereinsteigende Mütter... #kreischen

    Grüße vom nkind
    mit Tochter (2004), Sohn (2008 ) und Wunderkind (03/2014)


    Wir reisen um die Welt:
    Die Weltwunderer

    • Offizieller Beitrag

    Im Gegenteil, sogar, nkind - ich glaube, gerade Deutschland mit den fast mit Abstand grössten "Direktzahlungen für Elternschaft" hat eine sehr niedrige Geburtenrate. Länder, in denen es anders geregelt ist und die Betreuungsmöglichkeiten besser subventioniert werden punkten da eher (ich glaube, sogar die Schweiz hat eine höhere Geburtenrate und das kann garantiert nicht an der überbordenden Unterstützung durch den Staat für Familien liegen... #augen ).
    Offenbar ist dieser Weg nicht wirklich der, der die Frauen davon überzeugt, mehr Kinder zu bekommen.
    Schlechter sind die Geburtenraten nur noch in Italien und so - und das liegt dann noch an einigen anderen politisch-gesellschaftlichen Problemen.


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Aber Sozialismus wollnse ja alle ooch nich...


    Gibt ja nur Sozialismus (der sich damals nur als solcher genannt hat) und Kapitalismus, gelle... #hammer


    Und nun... duck und weg... #angst

    ...und Punkte sind doch Rudeltiere...




  • Gibt ja nur Sozialismus (der sich damals nur als solcher genannt hat) und Kapitalismus, gelle... #hammer


    Und nun... duck und weg... #angst


    Nein, natürlich gibt es auch noch die Monarchie! Es lebe der König! #flehan


    Talpa, so meinte ich es doch: Gerade in D, wo vom Staat "so viel" für die Mütter getan wird, "bedanken" sich die Mütter undankbarer Weise nicht mit mehr Kindern beim Staat... Komisch ist es eben, dass die Mütter in den USA oder England mehr Kinder bekommen, obwohl es dort kaum Unterstützung vom Staat gibt und man sich um alles selbst kümmern muss... oder?

    Grüße vom nkind
    mit Tochter (2004), Sohn (2008 ) und Wunderkind (03/2014)


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    • Offizieller Beitrag

    Sorry, nkind - ich fürchte, ich rede immer an Dir vorbei: natürlich war mein Post nur unterstützend für Deines gedacht. Eben: Du hast recht, im Gegenteil ist es ja so... (*kicher* Du weisst, frühe Fremdbetreuung macht etwas kommunikationsbehindert #hammer )


    Liebe Grüsse


    Talpa


  • Das Argument, dass in D keiner verhungern muss, kam von mir, Lemony. Da steh ich auch immer noch zu, aber NUR im Zusammenhang mit diesem grundlegenden Anspruch, vom Staat dafür bezahlt zu werden, etwas ganz selbstverständliches zu tun, was andere eben genauso tun, OHNE vom Staat dafür bezahlt zu werden.

    Es tun ja ganz viele nicht.
    Und es sind nicht die Mütter, die keine Kinder bekommen, denn dann wären sie keine Mutter.

    It all started with the big BANG!


    (Big Bang Theory)

  • Nochmal haarscharf am Thema vorbei ;-):

    Safira, du wolltest nochmal was raussuchen zur NICHD-Studie? Ich wäre interessiert


    so, hier vom PC aus kann ich auch den Link mit der Zusammenfassung der NICHD-Studie besser lesen :-). Ich hab da jetzt nochmal durchgesehen und "Appendix C—The Positive Caregiving Checklist" ist diese Checklist, die sich mit der Qualität der Fremdbetreuung befasst bzw. mit der man die Qualität erfassen kann und ich persönlich finde die sehr hilfreich. Dieses positive Erzieherverhalten zählen die dort zu den "weichen Faktoren" und das Ausmaß dieses Verhaltens zusammen mit den "harten Faktoren" wie Gruppengröße, Ausbildung der Erzieher, Betreuungsschlüssel usw. macht eben die Betreuungsqualität aus. Je besser die ist, desto förderlicher fürs Kind und nur in Abhängigkeit davon kann man sagen, ob Fremdbetreuung nun "gut" oder "schlecht" ist fürs Kind.
    Hier http://de.wikipedia.org/wiki/Kinderkrippe#NICHD-Studien is noch ne mini mini-Zusammenfassung für ganz Lesefaule oder eilige, die einen ganz kurzen Überblick haben wollen.
    In Deutschland gibts auch noch ne inetressante Studie zu dem Thema mit auch recht großer Stichprobe von der Bertelsmannstiftung, die is da oben im Link auch in Wikipedia zu finden und sicher ist dort auch die originalstudie verlinkt.

  • Armut ist immer im Bezug zum relativen Durchschnittseinkommen zu sehen. Und daher betrachten viele aus der unmittelbaren Nachkriegsgeneration ihre eigene Kindheit nur bedingt als stigmatisierend - den meisten ging es ja ebenso. Ihre Lebenswelt war eher die Regel, denn die Ausnahme!


    Mittlerweile wird fast jede 2. Ehe geschieden und die Kinder wachsen in Einelternfamilien auf, hiervon sind 40 % von Armut bedroht bzw. betroffen. Hinzu kommen die in verschämter Armut, sprich ohne Antrag auf staatliche Unterstützung, und viele junge Familien im Niedriglohnbereich.


    Fiawin, mit dem, was du beschreibst, bist du leider nicht alleine und das ist für mich wirklich ein Armutszeugnis der öffentlichen Hand (Genauso wie Tafeln und Sozialkaufhäuser - aber eben leider auch unverzichtbar für die betroffenen Familien!


    Was fehlt ist meiner Ansicht nach aber auch die Solidarität unter den Erziehenden, die gegenseitige Wertschätzung bzgl. ihrer Erziehungsarbeit unabhängig in welchem individuellem Rahmen sie erbracht wird. Das macht es der Politik sehr leicht wertend zu agieren.

  • Erklärt mir mal jemand die Sache mit der Haushaltshilfe? Ich habe das nur sehr am Rande mitbekommen aber das schien mir, im Gegensatz zu dem EG, eigentlich eine ganz gute Idee.

  • @Kathi:
    Man hat wohl herausgefunden, dass Mütter nicht wieder arbeiten gehen, weil sie dann den Haushalt nicht schaffen würden :stupid: .
    Deswegen wollten sie für 18 Monate 6 € für max. 15 h im Monat die Anstellung einer Haushaltshilfe unterstützen.


    Klar ist das eine nette Idee für all jene, die sowieso wieder arbeiten. Eben auch wieder ein zusätzliches "Taschengeld". Aber ich glaube nicht, dass sich Mütter DESWEGEN dafür entscheiden, wieder zu arbeiten. Bzw. löst das auch überhaupt nicht das Betreuungsplatz-Problem.

  • Jep, dass ist genauso ein Murks wie das Betreuungsgeld nur diesmal für die " andere Seite" .
    Geld das zum qualitativ hochwertigen Ausbau guter Krippen gebraucht wird... Aber ist ja vom Tisch!


  • Komisch ist es eben, dass die Mütter in den USA oder England mehr Kinder bekommen, obwohl es dort kaum Unterstützung vom Staat gibt und man sich um alles selbst kümmern muss... oder?


    Ich habe es weiter oben schon mal geschrieben: Der Vergleich mit anderen Gesellschaftssystemen ist nicht nützlich.


    Die USA lehnen Solidargemeinschaften anscheinend größtenteils ab. Das gehört offensichtlich nicht zur amerikanischen Kultur/zum Menschenbild/zum Selbstverständnis. Ich vermute daher, dass es für viele Amerikanerinnen völlig unlogisch erscheint, etwas Privates wie den Kinderwunsch von einer Unterstützung durch die anderen abhängig zu machen. Ich bin anders gestrickt. Wenn ich eine künstliche Hüfte brauche, dann möchte ich die vom Solidarsystem bezahlt haben, genau wie ich jetzt in diesem Moment anderleuts Hüften bezahle. Eine amerikanische Georg fände- je nach Versicherungpolice- völlig normal, dass sie nachts im Supermarkt dafür jobbt oder ihre Eltern eine Hypothek auf das Haus packen, damit ich operiert werden kann.

    Das B in Pegida steht für Bildung.

  • Naja aber hier bei uns soll man dann einerseits die Kinder großziehen, damit das Rentensystem der Gesellschaft weiter funktioniert und tut damit etwas für die Gesellschaft, andererseits ist aber Kindererziehung Privatvergnügen? Das ist ja dann sehr widersprüchlich und auch nicht durchgehend solidarisch.

  • Das Rentensystem funktioniert aber so nicht mehr, selbst wenn plötzlich alle Frauen 4 Kinder kriegen würden. Die Nachkriegs-Babyboom-Jahre kriegt man nicht wieder hin (und ich finde das auch gut so).

  • Naja, und da sind wir wieder im Kreis angekommen: in Zukunft gibt es wohl eher weniger Jobs...


    Man dreht sich irgendwie im Kreis, auch die Politik. #haare