Soziales Verhalten, gibt es da eine angeborene Begabung oder alles eine Lernsache?

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  • Die Frage ging mir heute durch den Kopf, nachdem es heute zum xten Mal eine Szene zwischen meinem Kind und einem anderen Kind gab. #rolleyes


    Mein 2 jähriger attackiert leider immer wieder andere Kinder. Vor einem Jahr war es vorallem beißen, aktuell sind wir bei ins Gesicht kratzen. Offensichtliche Auslöser gibt es dabei selten (also keine im Sinne von das andere Kind hat ihm kurz davor ein Spielzeug weggenommen oder ähnlich provozierendes). Es kommt oft aus gefühlt heiterem Himmel, er geht dabei auch aktiv auf ein Kind zu, was zB nur zufällig im selben Raum (Garderobe in der Kita zB) steht.

    Wir kennen inzwischen Risikofaktoren, wann das Verhalten öfter auftritt, zB bei Müdigkeit, Hunger, aber auch Frustration oder Ungeduld. Die "Opfer" der Attacken sind eher jüngere oder gleichalte Kinder, bei älteren Kindern haben wir es bisher nicht beobachtet.

    Aber auch dieses Wissen hilft leider nicht, jede potentielle Situation zu verhindern.

    Distanzgefühl ist ein weiteres Thema, also auch bei freundlich gemeinten Gesten weiß das Kind oft noch nicht, was von anderen erwünscht und was unerwünscht ist. So werden gerne auch mal wildfremde Kinder umarmt, denen das sichtlich unangenehm ist. Das kommt übrigens auch bei deutlich älteren/größeren Kindern vor.


    Wir versuchen natürlich zu vermitteln und verbalisieren, zeigen Handlungsalternativen anstelle von grobem körperlichen Verhalten. Und immer wenn man denkt, es ist ein Fortschritt eingetreten, kommt wieder eine schlechtere Phase.

    So wie die aktuelle gerade. #hmpf


    Und gefühlt tut sich mein Kind besonders schwer damit, diese Grundregeln des sozialen Miteinanders zu lernen und anzuwenden, oder kommt mir das nur so vor?


    Deswegen würde es mich interessieren, ob es so etwas wie ein Talent für soziales Verhalten gibt, ob manche Kinder das von Natur aus bereits gut beherrschen, andere dagegen es mühsam lernen müssen? Oder haben wir vielleicht auch etwas verpasst unserem Kind beizubringen, was es in seinem Alter bereits können sollte?

  • Ich habe den Eindruck, dass es da unterschiedliche Begabungen gibt.


    Bei einem zweijährigen Kind, das beißt oder kratzt, würde ich mir allerdings noch keine Sorgen machen. Ich habe in dem Alter an den Haaren gezogen, das mache ich heute nur noch ganz selten. ;) Aus meinen Zeiten als Kita-Helferin erinnere ich mich auch an einzelne Kinder mit solchen Phasen (gerade beißen).


    #knuddel

  • Ich habe keinen rechten Rat für dich, beobachte aber Kinder in der Altersgruppe täglich auf dem Spielplatz und mache meine persönlichen Studien. #zwinker Es ist normal und ich sehe es als eine Form der Kontaktaufnahme, meist von Kleinen, die noch nicht richtig oder nicht soo gut sprechen können. Mehr als ihm zu zeigen, wie es richtig geht, kann man gar nicht machen. Richtig lernen kann man es vermutlich nicht, einfach nur Vorbild sein, wie ihr es sicher eh tut, dürfte reichen. Aber die Scham, wenn dein Kind da „immer gleich der ist, der zuhaut“ ist sicher groß.

    Ich finde das Umarmen immer ganz besonders herzig, es drückt ja auch ganz viel Sympathie für jemanden aus. Später würde er vielleicht einen netten Passanten einfach fröhlich anlächeln. Je flüssiger die Sprache und je mehr soziales Verhalten von Eltern aktiv abgeguckt und aufgesaugt wird, desto schneller geht es vorbei.


    Ein bisschen ist es mit Sicherheit auch Typsache, wie sich jemand mit anderen gibt. Mein Sohn hatte als sitzendes Baby bspw. bereits das Hobby, Leute aus dem Kinderwagen heraus anzupöbeln, das hat sich in andere Bahnen kanalisiert. Sowas wie „oh, ein Hund - hallo Hund!“ oder „hallo Frau, ich hab einen Stein gefunden. Der ist groß und rund.“ Jeder beschreibt ihn als aufgeschlossen und freundlich, vermutlich wird er das auch bleiben, das hat aber eben auch zwei Seiten. Wir müssen immer mal drauf hinweisen, dass das nicht jeden Erwachsenen interessieren muss, was er da erzählt. Schlechte Erfahrungen hat er von selbst noch keine gemacht, aber als Eltern merkt man ja schon, ob sich Passanten „interessiert“ mit dem Kind unterhalten oder nicht.

    "Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Rosine. Brenne auf mein Licht, brenne auf mein Licht, aber nur meine liebe Rosine nicht." (O-Ton Prinz Kalaf, 11/2021)


    Lilypie Third Birthday tickers

  • Ich habe kein Fachwissen, aber meine persönliche Beobachtung ist ganz klar, dass Kinder soziale Regeln sehr unterschiedlich schnell/leicht lernen.


    Viele Kinder hören wohl mit so einem Verhalten auf, wenn ihre sprachlichen Fähigkeiten dazu ausreichen, ihre Bedürfnisse und Wünsche auszudrücken.


    Unerwünschtes Verhalten kann auch Kontaktaufnahme bedeuten. Da hilft es unter Umständen die Kontaktaufnahme einzuüben / zu besprechen.

  • Ich habe den Eindruck, dass es da unterschiedliche Begabungen gibt.


    Bei einem zweijährigen Kind, das beißt oder kratzt, würde ich mir allerdings noch keine Sorgen machen. Ich habe in dem Alter an den Haaren gezogen, das mache ich heute nur noch ganz selten. ;) Aus meinen Zeiten als Kita-Helferin erinnere ich mich auch an einzelne Kinder mit solchen Phasen (gerade beißen).


    #knuddel

    Hier würde ich unterschreiben. Und es verläuft auch in so Phasen. Irgendwann wird dein Kind das Hauen, kratzen etc. auch aufgeben und ist dann vielleicht ganz unauffällig.

    Mein großes Kind hat sowas in dem Alter nie gemacht und tut sich jetzt dafür mit fast sechs schwer angemessen auf bestimmte soziale Situationen zu reagieren, wo ich im Vergleich auch Gleichaltrige sehe, die das schon besser können.

    Ich denke mehr als vormachen und Handlungsalternativen anbieten kann man nicht machen. Insbesondere in diesem jungen Alter. Später kann man über sowas ja auch besser sprechen.

  • Vielleicht von beidem etwas, würde ich sagen. Aber es muss auch nicht immer so bleiben, wie es im Kleinkindalter ist.

    Bei meinem Mittleren in der Kindergruppe war früher ein Junge, der hat ihm jedes, aber auch wirklich jedes Mal ohne Grund eins übergebraten. Da waren die Jungs vielleicht zwischen 2 und 5. Die konnten sich einfach nicht leiden, der andere war groß und stark und hatte seine Kräfte nie im Griff, es gab das auch anderen Kindern gegenüber. In der Grundschule wurde es ein wenig besser mit den beiden. Heute sind sie super Freunde, der andere Junge ist noch immer groß und sehr fräftig und ein wenig grobmotorisch, aber ein ganz lieber Kerl mit ganz normalem Sozialverhalten.

    LG, LilliMarleen


    *`74 + Mädchen*7/03 + Junge*5/06 + Junge *5/08

  • Mein als sehr sozial wahrgenommener 17jähriger hatte ungefähr in dem Alter eine Phase, wo er Kinder geschubst hat, quasi als Kontaktaufnahme.


    Ich habe mir die Reaktion der Krippenfrauen abgekuckt: "Ich möchte nicht, dass du xy haust/schubst." Ruhig und ohne grosses Tamtam oder Entsetzen in der Stimme. Dann ebenso unaufgeregt um das "Opferkind" kümmern und trösten und so.


    Es ging vorbei :D


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Viele Kinder hören wohl mit so einem Verhalten auf, wenn ihre sprachlichen Fähigkeiten dazu ausreichen, ihre Bedürfnisse und Wünsche auszudrücken.

    So war es bei uns.


    LG,

    Anne

    "Wer nicht mehr liebt und nicht mehr irrt, der lasse sich begraben" ~ Johann Wolfgang von Goethe

  • Oh je, ich kann mir vorstellen, dass das sehr schwierig ist.


    Meine Tochter hatte leider auch ein Kind in der Kindergartengruppe, welches grundlos gebissen hat. Leider half da ruhiges erklären reichlich wenig und man hat da leider sehr lange zugesehen und das eben als kindliche Kontaktaufnahme gewertet.

    Leider war meine Tochter auch öfter mal die Zielscheibe. Die Bisse waren irgendwann so massiv, dass einmal eine richtige Fleischwunde (über dem Auge) entstanden ist, sodass wir mit unserer Tochter ins Krankenhaus mussten.

    Letztendlich haben wir darauf bestanden, dass das Kind zumindest die Gruppe wechseln musste.


    Ich kann jetzt leider nichts konstruktives beitragen, wollte nur erzählen, dass ich sehr dahinter wäre, dass man da gemeinsam mit Erziehern eine schnelle Lösung findet, nicht, dass sich das Problem verschlimmert.

  • Ich würde mir bei einem zweijährigen Kind auch keine Sorgen machen (auch wenn ich mir vorstellen kann, dass es für dich eher belastend ist). Irgendwann wird es merken, dass es damit nicht gut ankommt. Und bis dahin dabei bleiben, was ihr ohnehin schon tut: (möglichst unaufgeregt) andere Handlungsoptionen aufzeigen, begleitet von einem „wir gehen sanft miteinander um“ o.ä.

    Und vielleicht noch die Aufmerksamkeit auf den Gesichtsausdruck des anderen Kindes lenken „Schau mal, das Kind schaut ganz traurig/verletzt…, ich denke, dass mochte es nicht.“

    Nach meiner Erfahrung zeigt sich sowas bei manchen Kinden stärker, bei anderen kaum bis garnicht. Aber der überwiegende Teil kegt das Verhalten irgendwann ab.

  • Zu früh abgeschickt und ich konnte es nicht korrigieren, also nochmal neu


    Salamander genau das mit dem einüben habe ich heute versucht. Weil ich das Gefühl hatte, dass es manchmal eine missglückte Kontaktaufnahme ist, habe ich ihm vorgeschlagen er könnte besser "Hallo" sagen.

    Das hat er heute nachmittag im Sandkasten (als er erst einmal gekratzt und ich ihn daran erinnert habe, was er stattdessen besser machen könnte) gleich umgesetzt und war sehr stolz auf sich. Nur um eine halbe Minute später dem gleichen Kind doch nochmal durchs Gesicht zu fahren, wenn auch nur mit halber Kraft.

    Ich werte das mal als Schritt in die richtige Richtung.



    Das mit besserem sprachlichen Vermögen dieses Verhalten nachlässt, habe ich hier im Forum schon öfter gelesen. Eigentlich schätze ich ihn als sprachlich recht fit ein, nur setzt er das an dieser Stelle noch so gar nicht ein.



    Talpa danke, das hilft mir weiter.



    Libretto ja, ein wenig Scham ist dabei, bei mir auf jedenfall. Und auch die Frage, ob ich wirklich angemessen reagiere, oder vielleicht doch zu lasch mit dem Thema umgehe oder die anderen Erwachsenen dem Eindruck haben, ich würde meinem Kind nicht ausreichend vermitteln, dass das Verhalten so nicht ok ist.

    Oh man, eigentlich blöd, sich darüber Sorgen zu machen...

  • Ach, was Freunde von uns in ähnlicher Situation gemacht haben, ist unübersichtliche Situationen wo möglich zu meiden, da ihnen aufgefallen ist, dass ihr Kind vor allem in diesen so agiert hat. Außerdem haben sie Kontakt mit anderen Kindern sehr eng begleitet.


    Das Gefühl, es den anderen Erwachsenen nicht Recht zu machen kenne ich sehr gut, bzw den Zwiespalt, den der wertschätzende Umgang mit dem eigenen Kind bei anderen in solchen Situationen teilweise auslöst.

  • Das kann völlig altersgemäß sein. Was sagt denn dein Bauchgefühl? Neben sprachlichen Problemen, gibt es das auch häufiger bei Kindern mit sensorischen Problemen oder Autistischem Spektrum.


    Ruhig und bestimmt dem Kind sagen, ich will nicht das du heißt. Beißen tut weh. Und dann erst dem gebissenen Kind helfen und dann durchaus nochmal mit dem beißenden Kind sprechen.


    Handlungsmöglichkeiten statt beißen, wie du es machst, sind auch gut.

    "C'est ici que l'aventure se mêle au vent de la mer."

    Pierre Marc Orlan


    If something won't matter in 5 years, don't waste more than 5 minutes worrying about it now.

  • Nur zur Ausgangsfrage. Ja definitiv. Kind 3 ist hier sehr unempathisch. Eigentlich sollte sich das ja so um den vierten Geburtstag rum entwickeln. Inzwischen ist der Kerl 6,5 Jahre und öhm nicht viel weiter. Die kleine Schwester mit frisch 3 Jahren ist da bald weiter in der Sozialkompetenz. Dem Kerl ist es einfach wurscht wie es anderen geht. Er kann es such nicht vorstellen und es interessiert ihn auch nicht.

    Meisterschülerin mit dem großen Meister(02/11), dem Möppi (09/13), dem Kleinchen (07/15) und ohne Ticker, dafür nur mit der Hälfte der Kinder.

  • wahrscheinlich kommt Dir Dein großes Kind schon so groß vor- im Vergleich zum Baby.

    Dabei ist es mit zwei Jahren noch sooooo klein! Und dann liest man das Verhalten als "sozial" oder "nicht sozial", dabei ist es einfach nur Ausdruck des Temperamentes. Schüchterne bekommen da mehr Credits....

    Ohne viel Aufhebens Schlimmes verhindern. Intellektuelle zugänglichkeit über Reden wird da gerne mal überschätzt.

    Empathie können Kinder erst so ab vier Jahren lernen.

    annalin mit Nr 1 M 9/2003 und Nr2 W 3/2006

  • Nachtkerze mhm nee, da sehe ich bis jetzt nichts weiter auffälliges.


    annalin ja, das ist bestimmt ein Punkt, auch wenn ich mir immer vornehme, genau das nicht zu machen.


    Es ist halt sehr anstrengend, weil man wirklich eng begleiten muss, immer ein Auge drauf haben. Einerseits möchte ich ihm Freiraum geben, andererseits versuche ich schon, die Situationen vorher zu sehen und wenn möglich es nicht so weit kommen zu lassen.

  • Parasol das ist doch schon mal beruhigend!


    Prävention ist das eine. Und dann eben gucken, wie du hinterher mit ihm „redest“. Das das mit zwei eher simple Sätze sind - also zB du wolltest mit Tom spielen/seinen Ball haben/ warst wütend. Du hast Tom gebissen. Ich will nicht, dass du Tom beisst.


    Und ebenso kurz, was es beiM nächsten Mal besser machen könnte.


    Ganz simple Sätze, damit das Kind mit der Zeit Vokabeln lernt, um darüber zu sprechen. Nicht zu viel an Infos.


    Noch eine Idee - neben der missglückten Kontaktaufnahme: manchmal sind es auch die kommenden Zähne, die zur mehr beißen führen. Oder ausprobieren von Effekt und Wirkung. Manchmal geht es um Aufmerksamkeit. Oder aber auch Hunger, Müdigkeit, Wut, Enttäuschung

    "C'est ici que l'aventure se mêle au vent de la mer."

    Pierre Marc Orlan


    If something won't matter in 5 years, don't waste more than 5 minutes worrying about it now.

  • Nach einigen wirklich entspannten Wochen haben wir aktuell wieder eine anstrengendere Phase.

    Und ich gebe zu, ich reagiere bereits etwas genervt/irritiert.

    Als ich das Kind heute aus der Krippe abgeholt habe, saß es alleine am Tisch während die anderen Kinder drum herum spielten. Ungewöhnlich für mein Kind, ich wunderte mich schon.

    Joa, der Grund war schnell heraus, er musste dort sitzen weil es vorher wohl mehrfach Zusammenstöße mit anderen Kindern gab.

    Die Erzieherin erzählte dann auch, dass er "ja schon wieder" andere Kinder geschubst/gekratzt/gehauen whatever hat.


    Ich fühle mich dann immer etwas hilflos, weil ich nicht weiß, was die Erzieherin von mir erwartet. Natürlich finde ich sein Verhalten nicht gut und es ist nun wirklich nicht so, als wäre das ein toleriertes Verhalten bei uns zuhause.

    Aber das ich mit dem 2,5 jährigen zuhause nicht zielführend nachbesprechen kann, was einen halben Tag zuvor in der Kita passiert ist, geschweige denn in der Theorie besprechen, wie man sich beim nächsten Mal besser verhalten kann, sollte ihr doch auch bewusst sein?

    Und das so ein Verhalten nicht innerhalb weniger Tage verschwindet, müßte eine pädagogische Fachkraft auch wissen, oder? Denn ja, wir haben dieses Gespräch schon letzte und vorletzte Woche geführt.


    Ach menno #crying

  • Wenn du von ihrer Perspektive ausgeht. Sie muss es doch ansprechen. Immer und immer wieder. Und du musst es auch zu Hause besprechen und angehen und üben. Wenn alle nur schweigen wird auch nichts besser.


    Vielleicht ist aber auch ein Zeitpunkt gekommen, wo ihr euch alle Mals zum elterngespräch trefft und gemeinsam überlegt wie ihr id e Situation verbessern könnt. Was könnte dem Kind helfen sich besser in die Gruppe zu finden, was sind schwierige Momente, was brauchen die Erzieherinnen was können sie leisten, wie könnt ihr zu Haus unterstützen.

    "C'est ici que l'aventure se mêle au vent de la mer."

    Pierre Marc Orlan


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