Intrinsische /extrinsische Lernmotivation bei Grundschüler:innen

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  • Ist das nach der Definition weiter oben in deinem Post nicht intrinsisch?

    Ich hatte es so verstanden, dass es intrinsisch wäre, wenn ich das Lernen und das Ausüben des Erlernten mache, weil mich diese Tätigkeit selbst erfüllt, also (Wieder-)Laufenlernen um des Laufens willen.


    Wenn ich hauptsächlich deshalb wieder Laufen lernen möchte, um auch mal alleine aufs Klo oder vor die Tür zu können, wäre das nach meinem Verständnis extrinsisch.


    Aber vielleicht war das Beispiel auch blöd gewählt, vermutlich ist das Sichbewegenkönnen für alle auch zu einem gewissen Grad an sich erfüllend.

    Liebe Grüße

    Sabine mit T. 10/02 und Q. 11/05

  • Wie so vieles eine Ressourcenfrage und natürlich eine Frage der Schulleitung. Mit der steht und fällt vieles.

    Wir haben eine sehr kompetente, kindorientierte und organisatorisch fitte Rektorin. Diese Frau ist gold wert.

    Dazu kommt, dass fast alle Stellen besetzt sind.

    Die Klassenlehrerin von der großen ist auch unglaublich kompetent, organisiert und kindorientiert.


    Nichts destotrotz setzt die Schule auch stark auf (vorgegebene) Struktur. Sie sagen, die schwächeren Kinder verlieren wir sonst. Die Kinder, die nicht so fit sind, brauchen diese enge an die Hand genommen werden, um sich zu orientieren. Die sind verloren in freien Lernformen.


    Ich denke, man kann auch in freien Lernformen Kinder an die Hand nehmen. Aber das braucht Personal und wahrscheinlich mehr als die übliche Schule zur Verfügung hat.


    Ich habe keine Ahnung, aber ich denke diese Schule weiß im großen und ganzen was sie tut. Und für diese Schule ist es vielleicht auch so

  • Ich kann nur sagen: schön für Euch. Seid jeden einzelnen Tag dankbar dafür. Wir haben das genaue Gegenteil und der Fisch stinkt wie so oft von oben herab. Hier werden nach meinem Eindruck bestimmte Kinder vom ersten Schultag an abgehängt. Sicherlich hängt es auch noch mal von der konkreten Lehrkraft ab. Da hat mein Großer auch noch mal zusätzlich richtig richtg Pech gehabt, beim Kleinen läuft es deutlich besser - aber auch da empfinde ich dieses Fehlen von wirklichen Beziehungen zu Klassenkameraden und Lehrkräften.

  • Das tut mir sehr leid für Euch! Ich kann mir vorstellen, dass das eine sehr belastende Situation ist, Tag für Tag und das über vier Jahre.


    Dankbar bin ich wirklich! Gerade, weil ich weiß, dass das nicht selbstverständlich ist.


    Und ja, oft stinkt der Fisch vom Kopf her. Oder: Wie der Herr, so das Gescherr.

  • Ich habe es eher so erlebt, dass die individuell Lehrkraft viel wichtiger ist, als die Direktorin. Wobei es natuerlich sein kann, dass wenn es von oben her gar nicht stimmt, die Lehrkraefte auch nicht gut arbeiten koennen.


    Ich erlebe den Lehrermangel wirklich extrem hier, und das wird auch spaeter nicht besser.

    "C'est ici que l'aventure se mêle au vent de la mer."

    Pierre Marc Orlan


    If something won't matter in 5 years, don't waste more than 5 minutes worrying about it now.

  • Ich habe es eher so erlebt, dass die individuell Lehrkraft viel wichtiger ist, als die Direktorin. Wobei es natuerlich sein kann, dass wenn es von oben her gar nicht stimmt, die Lehrkraefte auch nicht gut arbeiten koennen.


    Ich erlebe den Lehrermangel wirklich extrem hier, und das wird auch spaeter nicht besser.

    Meistens wird es wohl so sein, dass in der Grundschule vom Direktorat eigentlich nur diejenigen massiv betroffen sind, die diese Person auch im Unterricht haben.


    Aber in unserer Grundschule gab es, als Q eingeschult wurde, eine in meinen Augen von der Direktorin verursachte Vollkatastrophe. Jedenfalls für eine Klasse.


    Denn mit seinem Schulstart wurden Kombiklassen eingeführt, was bedeutete, dass aus zwei bestehenden ersten Klassen (die dann in die zweite gekommen wären) und den neuen SuS insgesamt 3 Kombiklassen gebildet wurden.


    Zusätzlich musste natürlich eine Lehrerin die neu gebildete 3. Klasse übernehmen, die anderen wurden von den Erstklasslehrerinnen weitergeführt. "Ganz zufällig" waren sämtliche verhaltensoriginellen Kinder aus den vormals ersten Klassen in jener neuen Klasse versammelt. Ich hatte ein paar davon in meinen Forscherkursen, und das ging ganz gut. Aber doppelt so viele und dann noch 15 weitere Schüler*innen? Das war für mich Katastrophe mit Ansage und hätte so nicht organisiert werden dürfen. Ein paar Eltern der Kinder aus dieser Klasse haben sich beschwert, aber genützt hat es nichts. Obendrein war die neue Lehrerin wohl sowieso psychisch schon angeschlagen und landete verständlicherweise in nullkommanix im Burnout.


    Ich habe das als extrem respektlos empfunden, sowohl gegenüber der Lehrerin als auch gegenüber den SuS, die Einteilung so vorzunehmen. Aber die Direktorin behauptete natürlich steif und fest, dass das gar keine Absicht war und sie ausgelost hätten oder irgend so einen Quatsch.

    Liebe Grüße

    Sabine mit T. 10/02 und Q. 11/05

  • Naja, eine Direktorin ist ja auch dafür zuständig, eine Kommunikationskultur im Kollegium zu etablieren. Zieht das Kollegium an einem Strang? Spricht es miteinander? Welche Regeln gelten allgemein in der Schule? Haben die Lehrkräfte Unterstützung bei Problemen? Wie sehen die Konzepte der Schule aus? Wie funktioniert die Kommunikation mit den Eltern?


    Ist halt die Frage: Hat man eine Schule oder 12 kleine Schulen?

  • Ich habe es eher so erlebt, dass die individuell Lehrkraft viel wichtiger ist, als die Direktorin. Wobei es natuerlich sein kann, dass wenn es von oben her gar nicht stimmt, die Lehrkraefte auch nicht gut arbeiten koennen.


    Ich erlebe den Lehrermangel wirklich extrem hier, und das wird auch spaeter nicht besser.

    Hier ist es so, dass die GS unter Lehrerinnen wohl eher einen schlechten Ruf hat und viele gute deswegen versuchen, da gar nicht erst hinzukommen oder wieder weg zu kommen.


    Schulleitung ist für die Einteilung der Klassen zuständig.

    Extrembeispiel bei uns: Bei meinem Großen wurde eine sogenannte Koop-Klasse (d.h. mehrere Kinder mit Tendenz zur Sonderschule) entgegen aller Empfehlungen bis auf die maximale Klassengröße von 28 Kindern aufgefüllt. Hat wohl das Schulamt angeordnet und sie es nicht geschafft, sich dagegen zu wehren. Ich habe von vielen Seiten gehört, dass man da durchaus hätte Wege finden können. Zusätzlich wurden in dieser Klasse dann auch noch gefühlt alle "Problemkinder" des Jahrgangs zusammengetan, so dass diese Klasse für die Lehrkräfte absolut nicht handhabbar war. Wir hatten also 3 sehr volle, aber gut funktionierende Klassen und eine Klasse, die selbst mit meistens 2 Lehrerinnen in der Klasse super anstrengend war...


    Schulleitung bestimmt seit Jahren, welches Hausaufgabenheft verwendet wird. Das Ding ist eine Katastrophe, aber einzelne Lehrkräfte dürfen nicht davon abweichen, selbst wenn sie es noch so sehr wollen.


    Ich vermute, dass Schulleitung auch bei der Wahl des verwendeten Lehrmaterials eine ausschlaggebende Rolle spielt. Das bei uns in der 1. Klasse verwendete Deutschbuch ist aus meiner Sicht eine Katastrophe.


    Bei uns ist es inzwischen üblich, dass sich alle Lehrkräfte eines Jahrgangs absprechen und z.B. identische Proben schreiben.


    Die Schulleitung hat am Anfang der Coronazeit den Lehrkräften regelrecht verboten, Kontakt zu ihren Schüler:innen aufzunehmen. Unsere Klassenlehrerin hat sich in der 3. Woche dazu durchgerungen, sich dem zu verweigern und mal kurz bei allen Familien angerufen.


    Wie gesagt, ich sehe schon Unterschiede zwischen dem, wie es bei meinen beiden Kindern an der Schule läuft. Aber die Unterschiede sind graduell und bei manchen Sachne können sich de Guten einfach nicht durchsetzen.

  • Ich denke intrinsische Motivation ist was für die guten Schüler aus den guten Elternhäusern, die schon spielerisch gefördert in der Grundschule ankommen.


    Die Anderen müssen sich halt anstrengen mitzuhalten, kriegen schlechte Bewertungen, merken, daß sie nicht so gut sind und dann fängt das an mit dem Druck mitzuhalten und nicht zu versagen.


    Also intrinsische Motivation ist glaube ich nur toll für die Kinder aus den bildungsnahen Schichten, wo Lernen Spass macht und Leute Lesen und Vorlesen und ins Museum gehen etc.


    Die Anderen merken schnell, dass sie nicht gut genug sind und müssen halt pauken.

  • Wer schlecht in der Schule ist, wird ja negativ beurteilt und dann sind sie frustriert und haben eh keinen Spaß mehr am Lernen.

    Sie strengen sich an und die Anderen sind immer besser. Dann geht's nur noch mit Druck.

  • Kajak, auch wenn ich deine Kritik am Bildungssystem in Deutschland, bei dem der Notenerfolg immer noch sehr stark von der Bildungsherkunft abhängt, teile: hinsichtlich der intrinsischen Motivation sehe ich diese Trennlinie nicht.


    Allerdings kenne ich keine Studien dazu, und meine Erfahrung mit bildungsfernen Elternhäusern beschränkt sich auf mich selbst und einen großen Teil meiner Freundinnen und Freunde aus der Kindheit, zusätzlich vielleicht noch Artikel aus der Zeitung.


    Der Anteil der Kinder, der in der Schule intrinsisch motiviert ist (und auch der mit selbstgewählten extrinsischen Zielen), ist zumindest meiner Beobachtung nach durchgehend sehr klein, sowohl bei Kindern aus bildungsnahen als auch aus bildungsfernen Haushalten.


    Gerade dein Beispiel, dass die Kinder, denen Lernen Spaß macht, in der Schule auch noch intrinsisch motiviert sind, kann ich so gar nicht bestätigen.


    Ich habe ja früher Forscherkurse für Kinder gegeben, die meisten Teilnehmenden waren hier aus dem Dorf, so dass ich sie selbst oder ihre Eltern auch heute noch kenne. Für mich ist es erschütternd, wie es sein kann, dass Kinder, die neugierig, begeistert, mit brillanten Ideen im Vorschulalter an den Kursen teilgenommen haben, in der Schule dann (nicht ein Einzelfall, sondern mehrere) schlechte Noten bekamen, sitzenblieben usw.


    Meiner Beobachtung und Erfahrung nach kann es gerade für Kinder, die Freude daran haben, sich Sachverhalte selbst anzueignen, extrem frustrierend sein, sich im Schulkorsett wiederzufinden.


    Dieses Potenzial ungenutzt zu lassen ist ein Versagen, das ich unserem Schulsystem ankreide.

    Liebe Grüße

    Sabine mit T. 10/02 und Q. 11/05

  • Meiner Beobachtung und Erfahrung nach kann es gerade für Kinder, die Freude daran haben, sich Sachverhalte selbst anzueignen, extrem frustrierend sein, sich im Schulkorsett wiederzufinden.

    Hier unterschreibe ich. Und wenn das "bildungsnahe" Kind den Schulstoff längst drauf hat, wird mit sinnfreien Pflichtübungen jede Motivation gekillt.

  • Ich wollte nur mal anmerken, dass die Unterscheidung von intinsischer und extrinsischer Motivation doch aus der Psychologie stammt und somit wissenschaftlich definierte Begriffe sind, die menschliches Handeln beschreiben. Insofern ist es etwas irreführend, zu meinen, soetwas "hat man" oder "hat man nicht".

    Also, höchstens kann man sagen "jeder hat das". Ich bin aus der Thematik schon eine Weile raus, aber ich meine, mich zu erinnern, dass es eine Tendenz gibt, die zeigt, dass Handlungen, die intrinsisch motiviert sind, u.a. einen nachhaltigeren Lernerfolg versprechen. Wobei extrinsisch motivierte Handlungen manchmal einen schnellen "Erfolg" zeigen, insofern es darum geht, ein bestimmtes Verhalten zu fördern. Dieses Verhalten dann aber nicht lange anhält, bzw. bei Wegfall der Belohnung als extrinsische Motivation nicht mehr erfolgt und sich der kurze Erfolg auch abnutzt...


    Die Frage war ja eher, wenn ich das richtig verstanden habe, in wie fern SuS in der Schule beim Lernen intrinsisch oder extrinsisch motiviert sind.

    Aus meiner Sicht ist das Bild vom Kind heute noch weitestgehend bei Eltern wie LehrerInnen eines, dass völlig außer acht lässt, dass Kinder durchaus intrinsisch motivierte Lernhandlungen vollziehen. Es wird in jedem Grundsatzpapier und Schulkonzept davon ausgegangen, dass Lernen etwas ist, was beigebracht werden muss. Zwar reden alle davon, das Kind beim Lernprozess zu unterstützen, aber mal ehrlich: das ist strukturell schon gar nicht leistbar derzeit. Es gibt ein definiertes Lernen, dass für alle passen muss und an dieser Definition wird recht schnell Erfolg und Scheitern gemessen. Es gibt einen (oder 16) Bildungskanon, der alle Inhalte und Schwerpunkte festlegt. Es gibt jedoch keinerlei Kontrolle darüber, wie eine einzelne Schule die Vorgaben umsetzt. Es gibt keine Kontrollen und keine Konsequenzen für die Erwachsenen, die sich dieses System ausgedacht haben und es in die Umsetzung bringen.

    ...ich komme vom Thema ab, sorry...


    Wenn mein Kind heute eine Stunde lang im Schatten eines Baumes gespannt einen Käfer beobachtet, kann ich ihm dazu alles erzählen, was ich dazu weiß und vorlesen etc. Es wird fast alles davon sofort verstehen und sich merken und vermutlich sogar für ziemlich lange Zeit nicht mehr vergessen. Spätestens beim zweiten Mal wurde es sich die Inhalte lange merken und darauf Aufbauendes Wissen erwerben können. Weil es eben intrinsisch motiviert, neugierig auf genau diesen Käfer war.

    Extrinsische Motivation ist ja nicht automatisch schlecht. Das hattet ihr hier ja schon weiter oben: Grundschulkinder wollen vor allem zu Beginn der Lehrerin gefallen. Und auch soziale Normen (und Sanktionen zum Beispiel im Gruppenspiel) motivieren sehr, ein bestimmtes (z.b. kooperatives) Verhalten zu zeigen. Die Motivation dazu ist ja auch nicht rein intrinsisch und trotzdem eine wünschenswerte "Verhaltensmanipulation".

    Leider ist ein 8 jähriges Kind ersteinmal kaum in einer Situation in der es sich gespannt fragt, warum Substantive Artikel haben und man sie groß schreibt.

    In einer ganz normalen staatlichen Schule schreibt der Stundenplan vor, wann Zeit ist, sich für Sachunterricht zu motivieren und die Art und Weise, wie die Inhalte vermittelt werden (müssen), lässt kaum Spielraum.

    Ich bezweifle nicht, dass SuS trotzdem noch sagen, "jetzt habe ich Lust auf das Thema Wetter" und gespannt im Lehrbuch stöbern. Aber die allermeisten Momente im Schulalltag werden wohl eher extrinsisch motiviertes Lernen sein.