Dr. Gabor Maté

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  • Ich möchte noch "Kriegskinder" und "Kriegsenkel" von Sabine Bode ergänzen (sie ist aber keine Psychologin, sondern Journalistin).


    Und sehr berührend fand ich auch das Buch, das Martin Miller über seine Mutter Alice Miller geschrieben hat: wie sehr sie durch ihr eigenes Trauma auf die Suche gegangen ist, anders (nämlich einfühlsam, gewaltfrei usw.) mit Kindern umzugehn... und wie sie genau daran an ihrem eigenen Kind grandios gescheitert ist. Er schreibt wenig anklagend, trotz allem voller Liebe darüber.

    "Das wahre Drama des begabten Kindes" heißt das Buch. Stark psychoanalytisch geprägt.

    Liebe Grüße von Tikaani (früher: Casa)

  • Resilienz hat meiner Meinung nach etwas mit nicht zerstörtem Urvertrauen zu tun und mit verlässlichen Bindungen in der (frühen) Kindheit. Viele Kinder erleben beides nicht.


    Auch wenn wir äusserlich im Wohlstand Leben vergleisweise in Westeuropa, spielen sich innerfamiliär durchaus Dramen ab auf Grund von althergebrachten und übernommenen Erziehungsmodellen, Unwissenheit, Krankheiten (zum Beispiel Suchtkrankheiten oder psychische Krankheiten) der Eltern usw.

    Lange, lange war die an den Bedürfnissen der Kindern und Eltern orientierte Erziehung unbekannt oder wenn bekannt, dann verpönt.

    So werden Kinder jahrzehntelang traumatisiert und das sind keine banalen Traumatas.


    Und daneben existieren dann noch die absichtlich erfolgten oder nicht verhinderten Traumatas. Und die Traumatas durch erlebte Unfälle, Krankheiten, Tod von Angehörigen ...

    :) Liebe Grüsse Bidi #rose


    "Das Gras wird gebeten, über die Sache zu wachsen!" ... ... ... "Das Gras bitte!"


    "You can get it if you really want - daran glaube ich nicht." (Richard Häckel, Jazzmusiker)

  • Resilienz hat meiner Meinung nach etwas mit nicht zerstörtem Urvertrauen zu tun und mit verlässlichen Bindungen in der (frühen) Kindheit.

    Aber es gibt doch Menschen, die sehr resilient sind, obwohl sie aus sehr schwierigen Elternhäusern kamen. Wie erklaert man das?

    "C'est ici que l'aventure se mêle au vent de la mer."

    Pierre Marc Orlan


    If something won't matter in 5 years, don't waste more than 5 minutes worrying about it now.

  • Resilienz hat meiner Meinung nach etwas mit nicht zerstörtem Urvertrauen zu tun und mit verlässlichen Bindungen in der (frühen) Kindheit.

    Aber es gibt doch Menschen, die sehr resilient sind, obwohl sie aus sehr schwierigen Elternhäusern kamen. Wie erklaert man das?

    Ich hab mal gelesen: auch wenn das Elternhaus schwierig war - wenn du einen wichtigen Menschen hast, den du liebst und der dich liebt, der dich bedingungslos annimmt und keine Forderungen stellt, dann hast du gute chancen dich "gesund" zu entwickeln und eben keine gravierenden psychischen Probleme im Erwachsenenalter zu bekommen. Das kann Oma, Opa, Tante, Onkel, NachbarIn sein oder auch ein:e LehrerIn, die/der an dich glaubt.


    Ich galube wichtig ist, dass dir gespiegelt wird dass du okay bist, so wie du bist. Dass du Fehler machen darfst OHNE Strafe/Bestrafung, dass du "unschuldig" bist. So tief, dass du es selber glauben kannst und ein positives Selbstbild entstehen darf.

    "Das Leben ist nicht das Warten auf das Ende des Sturms...

    Es geht um das Tanzen im Regen."

    Vivian Green

  • Resilienz hat meiner Meinung nach etwas mit nicht zerstörtem Urvertrauen zu tun und mit verlässlichen Bindungen in der (frühen) Kindheit.

    nee, Resilienz erlebt man auch bei Kindern aus total kaputten Familien. Solche Menschen sind in der Lage, sich ihre Kraftquellen anderswo zu suchen.

  • Ich glaube zum Beispiel dadurch, dass eben doch irgendwo eine Person da war, die offen oder verdeckt zum Kind gehalten hat.


    Und dann ist es auch einfach Veranlagung, denke ich.

    :) Liebe Grüsse Bidi #rose


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  • Resilienz hat meiner Meinung nach etwas mit nicht zerstörtem Urvertrauen zu tun und mit verlässlichen Bindungen in der (frühen) Kindheit.

    Aber es gibt doch Menschen, die sehr resilient sind, obwohl sie aus sehr schwierigen Elternhäusern kamen. Wie erklaert man das?

    Ich hab mal gelesen: auch wenn das Elternhaus schwierig war - wenn du einen wichtigen Menschen hast, den du liebst und der dich liebt, der dich bedingungslos annimmt und keine Forderungen stellt, dann hast du gute chancen dich "gesund" zu entwickeln und eben keine gravierenden psychischen Probleme im Erwachsenenalter zu bekommen. Das kann Oma, Opa, Tante, Onkel, NachbarIn sein oder auch ein:e LehrerIn, die/der an dich glaubt.

    Da kenne ich Gegenbeispiele.

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    Pierre Marc Orlan


    If something won't matter in 5 years, don't waste more than 5 minutes worrying about it now.

  • Auch wenn wir äusserlich im Wohlstand Leben vergleisweise in Westeuropa, spielen sich innerfamiliär durchaus Dramen ab auf Grund von althergebrachten und übernommenen Erziehungsmodellen, Unwissenheit, Krankheiten (zum Beispiel Suchtkrankheiten oder psychische Krankheiten) der Eltern usw.

    Lange, lange war die an den Bedürfnissen der Kindern und Eltern orientierte Erziehung unbekannt oder wenn bekannt, dann verpönt.

    So werden Kinder jahrzehntelang traumatisiert und das sind keine banalen Traumatas.

    Natürlich. Aber genau das findet sich ja in anderen Kulturen oder Zeiten nicht weniger, vielleicht sogar mehr.

    Plus die jeweiligen Belastungen der aktuellen Zeit, zB Krieg oder Hunger.

    Trotzdem scheinen wir nicht nennenswert weniger belastet zu sein. Das ist doch seltsam, oder?


    Zumal ich hier im Forum und im Bekanntenkreis auch das Gefühl habe, dass auch das Wissen um das ungebrochene Urvertrauen kein Schutz darzustellen scheint. Wir haben hier einige Rabenfamilien, bei denen ich sicher bin, dass die Eltern alles menschenmögliche für ein stabiles Urvertrauen getan haben - und trotzdem entwickeln sich auch in den liebevollsten Familien Depressionen oder wird bei den Kindern ein frühkindliches Trauma diagnostiziert.


    Ich könnte mir wirklich vorstellen, dass da noch etwas ist, was wir nicht gefunden haben. Eine genetische Komponente vielleicht. Oder uns fehlt einfach ein Puzzleteil zur Resilienz.

    Es gibt überall auch Gutes in der Welt.
    Selbst RTL hat Ninja Warrior!

  • Vielleicht sind die innerfamiliär erlebten Traumata einfach viel gewichtiger als diejenigen im Aussen? Ich weiss es nicht ...


    Bei Resilienz denke ich schon auch, dass auch die Veranlagung eine Rolle spielt ...

    Zumal ich hier im Forum und im Bekanntenkreis auch das Gefühl habe, dass auch das Wissen um das ungebrochene Urvertrauen kein Schutz darzustellen scheint. Wir haben hier einige Rabenfamilien, bei denen ich sicher bin, dass die Eltern alles menschenmögliche für ein stabiles Urvertrauen getan haben - und trotzdem entwickeln sich auch in den liebevollsten Familien Depressionen oder wird bei den Kindern ein frühkindliches Trauma diagnostiziert.

    Ich glaube, als Eltern hat man einfach auch nicht alles im Griff. Das, was Kinder erleben oder fühlen, nicht und auch nicht das eigene Verhalten und eben auch nicht die Veranlagung (bei Depressionen zum Beispiel).

    :) Liebe Grüsse Bidi #rose


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  • Ich grätsche kurz rein.

    Ich denke auch, dass Veranlagung eine große Rolle spielt. Anders kann ich mir bspw. nicht erklären, wie mein Mann so ein extrem in sich ruhender, resilienter Mensch geworden ist und ich nicht.


    Er hatte wirklich schlechte Startbedingungen: Die ersten 3 Lebenswochen im Kinderheim, dann in eine Familie gegeben, die ihn adoptiert hat. Leider war seine Ad.-Mutter damals sehr mit sich beschäftigt (ich tippe im Nachhinein auf eine Depression), was dazu führte, dass mein Mann als Baby v.a. im Bett lag und einem Schrei-Programm unterzogen wurde, um nicht zu stören.

    Schläge waren an der Tagesordnung, ein liebloser Vater ebenso.

    Personen von außerhalb gab es erst ab 6, als er in die Schule kam.


    Ich hatte wesentlich bessere Startbedingungen (meine Eltern hatten auch einen Knall, aber wer hat den nicht? - in der Summe waren sie zugewandt, liebevoll und interessiert) und hätte gerne ein wenig von dem, was mein Mann an Urvertrauen ins Leben hat...

  • Ich spekuliere mal, dass auch mehr hingesehen wird. Aus Erzählungen, weiß ich, dass es früher auch "die komische Tante" gab, die halt seltsam war und von irgemdwem mit durchgefüttert wurde. Auch Suizide, den Zappelphilipp und den Dorfidioten gab es. Irgendwie hat man sie halt mit durchgefüttert, irgendwie toleriert, aber für seltsam gehalten. Es gab halt Nischen, in denen Leute eben tageweise ohne Ausbildung gearbeitet haben.

    Unsere heutige Bildungsgesellschaft stellt sehr viel höhere Anforderungen. Lernbehinderte oder Menschen, die nicht exakt in das Schema passten, hatten viel mehr Möglichkeiten mit Hilfstätigkeiten durch zu kommen.

    Es gab das Kriegszittern und andere physische Traumafolgen.

    Aber insgesamt denke ich, die Anforderungen sind heute höher und damit sind die Kompensationsmöglichkeiteb geringer und die Betroffenen fallen einfach mehr auf.

  • Es gibt sicher ein paar Leute hier, die fundiertes Wissen dazu haben, ich wollte nur kurz einwerfen (und da gibt es aber sicher viel neueres etc usw., Disclaimer ich hab keine Ahnung ;) )


    Also lange Rede, kurzer Sinn Ohnezahn und andere mir fällt dazu etwas ein, was ich als Laiin interessant fand, als ich zu Resilienz gelesen habe. Es gab eine Studie (das ist medial aufbereitet, also man muss die nicht lesen) auf einer Insel, die sich genau der Frage widmet, warum sind manche mehr und andere weniger resilient, die Kauai- Studie, kann man googeln.

  • Ich halte die Erwartung, auf Stressoren immer ruhig und ausgeglichen zu reagieren, für nicht sehr realistisch. Es ist normal, wütend zu werden oder traurig, und auch Zeit zu brauchen, sich wieder zu regulieren. Desweiteren halter ich unsere Lebensbedingungen insgesamt für ungesund, Zum Beispiel im Hinblick auf Vereinsamung, Mangel an Bewegung, Armut in großen Teilen der Bevölkerung. Die Anforderungen und der Stress im Arbeitsleben sind mMn massiv gestiegen, von den Ansprüchen an Mütter als Arbeitnehmerinnen ganz zu schweigen.

    Wir erleben vielleicht kein Trauma im Sinne von Krieg, Aber auch wir sind seit zwei Jahren in einer Pandemie, Angehörige sind gestorben, wir sind vom Klimawandel bedroht und haben Angst vor einem weiteren Weltkrieg.

    Ich kann jede verstehe, die da nicht "resilient genug" ist und depressiv wird.

  • Wir erleben vielleicht kein Trauma im Sinne von Krieg, Aber auch wir sind seit zwei Jahren in einer Pandemie, Angehörige sind gestorben, wir sind vom Klimawandel bedroht und haben Angst vor einem weiteren Weltkrieg.

    Ich kann jede verstehe, die da nicht "resilient genug" ist und depressiv wird.

    Das ist natürlich richtig, aber mehr Belastung als Resillienz ist ja kein neues Phänomen, sondern ein sehr altes.

    Gab es immer schon und natürlich wird heute mehr hingesehen, das ist schon richtig,


    Danke, jascha, das schau ich mir an.

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  • Wo meine Resilienz her kommt, weiß ich ganz genau. Es war meine Großtante. Sie hat alles, was in unserer Familie heil ist, zu verantworten.

  • Das war wohl der Durchbruch in der Resilienzforschung..

    Ich meine sogar, mich zu erinnern, dass das Konzept mit dieser Studie erst entdeckt wurde. Die Kinder dort wuchsen unter sehr schwierigen sozialen Bedingungen auf. Ursprünglich wollte man untersuchen, wie sich diese schwierigen Bedingungen auf das spätere Leben auswirkten (ich glaube es ging viel um Deliquenz). Nicht überraschend zeigte sich, dass sich schlechte Startbedingungen negativ für das weitere Leben auswirkten. Überraschend war jedoch, dass sich ein Drittel der Kinder, die man als absolute Risikogruppe identifiziert hatte zu völlig "normalen" Erwachsenen entwickelte, die stabile Lebens- und Beziehungsmuster entwickelt hatten.


    Resilienz ist echt ein spannendes Thema...


    Ich habe jetzt gerade mal in meinen Weiterbildungsunterlagen geschaut, und die sieben Säulen der Resilienz rausgesucht (von wem das Konzept ist, weiß ich leider gerade nicht mehr)


    - Akzeptanz - ich nehme an, was mir geschehen ist, auch wenn ich es mir anders gewünscht hätte

    - Optimismus - der Glaube, dass die Situation wieder besser wird

    - aktive Lösungsorientierung

    - Überzeugung der Selbstwirksamkeit - ich kann in meinem Sinne Einfluss nehmen

    - Günstiger Attributionsstil - Schuldgefühl oder Verantwortung

    - Netzwerkorientierung - Hilfe und Unterstützung aus dem sozialen Umfeld oder von Profis

    - Zukunftsorientierung


    Ich finde das eigentlich recht interessant, weil man sieht, dass es zwar vieles gibt, was man positiv von außen beeinflussen kann. Einiges ist aber vielleicht auch einfach eine Sache des Charakters, der Persönlichkeit, des Glückes, einmal auf die richtige Person getroffen zu sein, die diese Dinge in uns angeregt hat...

    Und natürlich kann es auch umgekehrt sein, das alle Signale auf grün stehen, und man dennoch körperliche oder psychische Leiden entwickelt (ich teile da Ohnezahn s Beobachtung). Und dann ist dennoch niemand "schuld" oder hat etwas "falsch gemacht"...

    Doubt kills more dreams than failure ever will #sonne

  • Da ich mich auch immer wieder mit dem Thema Trauma beschäftige, möchte ich noch einen Tipp da lassen, der auch hier aus dem Forum irgendwo kam: Dami Charf - gibt auf Youtube einiges von ihr, das ich sehr hilfreich finde.