Meine Kinder stottern: wie gehe ich vor?

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  • Liebe Raben-Runde,


    meine Kinder sind 5 Jahre und 7,5 Jahre alt und stottern beide. Ich würde gerne beide beschreiben und hoffe auf eure Tipps, wie wir weiter vorgehen.


    Mein Sohn ist 7,5 Jahre alt und geht in die erste Klasse. Er stottert ungefähr, seit er 5 Jahre alt ist. Wenn ich im Kindergarten nachgefragt habe, hat er dort in Zeiten, in denen daheim das Stottern sehr auffiel, nicht gestottert und umgekehrt. Der Kindergarten sah aber keinen Handlungsbedarf. Er wurde nie von jemandem darauf angesprochen, einmal hat ein Freund danach gefragt, aber meinem Sohn war es sehr sehr lange überhaupt nicht bewusst, dass er stottert. Schuleingangsuntersuchung ist wegen Corona ausgefallen und bei der U9 war es tatsächlich noch so frisch mit dem Stottern, dass es nicht zur Sprache gekommen ist. Im Januar hatten wir ein Gespräch mit der Klassenlehrerin mit der Empfehlung, dass er Logopädie bekommen sollte wegen "leichtem" Stottern. Danach waren wir bei der U10, die Kinderärztin hatte gar nicht mit meinem Sohn gesprochen, gemeint, dass er sicher poltern und nicht stottern würde und gemeint, wir sollten abwarten und ggf, wiederkommen. Da ich "Poltern" nicht kannte, habe ich nicht direkt widersprochen, aber nach dem Termin festgestellt, dass das, was man bei google zu dem Thema findet, überhaupt nicht auf unseren Sohn passt.

    Er ist ruhig, selten aufgeregt, Worte wählt er mit Bedacht und er hat für sein Alter einen sehr großen Wortschatz. Er stottert nicht (nur) wenn er aufgeregt ist und etwas unbedingt loswerden will, er bleibt auch hängen, wenn er ganz normal etwas erzählt, wenn er vorliest oder ein Gedicht aufsagt (was ihm Freude bereitet, er liest auch schon super betont vor mit Spannung etc.). Das Stottern ist für mich eher weich, das Wort kommt dann relativ schnell, er bleibt nicht so hängen, dass er einen kompletten Aussetzer hätte und nicht weiter kommt, dadurch merkt er es überwiegend auch gar nicht, glaube ich. Es macht auch keinen Sinn ihm zu sagen, dass er erstmal durchatmen soll vor dem Weiterreden, weil der Hänger so leicht ist. Trotzdem ist da eindeutig diese Störung im Redefluss. Ich habe überhaupt gar keine Ahnung von Stottern und mich bisher auch nicht in die Materie eingearbeitet, weil ich das eigentlich gerne einer dafür ausgebildeten Person überlassen möchte. Leider ist es nicht möglich, einen Termin in der Logopädie ohne Überweisung zu bekommen, bei der Ergo zur Abklärung der Händigkeit habe ich einfach selbst eine Stunde bezahlt. Wie argumentiere ich jetzt gegenüber der Kinderärztin, die sehr zurückhaltend ist mit Verordnungen, dass mein Sohn von einer Fachperson angeschaut werden muss? Noch hat mein Sohn keine Nachteile (z.B. Spott), aber das kann sich ja ändern. Von selbst wird sich das jetzt auch sicher nicht mehr geben, denke ich. Nächste Woche haben wir den Termin bei der KiÄ, da sollte ich argumentativ gut vorbereitet sein.


    Meine Tochter ist gerade 5 Jahre alt geworden. Sie stottert seit ungefähr einem Jahr. Sie redet total gerne und viel, ihre Stotterpausen sind wesentlich "härter" als bei meinem Sohn und auch länger, sie merkt es selber. Bei ihr sind die Pausen auch so lange, dass sich die Zuhörenden stark beherrschen müssen, nicht für sie weiter zu sprechen, obwohl wir es ja von ihrem Bruder schon kennen. Bei ihr könnte Poltern tatsächlich besser passen, aber auch sie bleibt auch bei ruhigen Unterhaltungen stecken. Bei ihr funktioniert es öfter, sie zum Luftholen und kurz Innehalten aufzufordern. Einerseits könnte ich mir vorstellen, dass sie das Stottern vom großen Bruder unbewusst übernommen hat, andererseits muss das aber nicht so sein. Sie soll nächstes Jahr eingeschult werden und eigentlich möchte ich nicht, dass es bei ihr wie bei meinem Sohn läuft und wir erst im Laufe der ersten Klasse mit einer Behandlung anfangen, eben weil das Stottern auch deutlicher ausgeprägt ist. Es gibt im Kindergarten eine Sprachförderung, die einmal wöchentlich kommt. Ich werde versuchen, dass meine Tochter dort ab September mitmachen kann, aber ich denke, dass auch bei ihr eine logopädische Behandlung sinnvoll sein könnte. Eine Einschulungsuntersuchung wird es auch für diesen Jahrgang nicht geben, die U9 steht in 4 Wochen an und ich bin auf die Unterstützung der gleichen Kinderärztin angewiesen wie bei meinem Sohn.


    Wenn ich bei der Kinderärztin tatsächlich nicht weiterkomme, versuche ich es noch bei der Zahnärztin, dort haben wir Ende nächster Woche einen Termin für beide. Falls das auch nichts bringt, werde ich mich natürlich in die Thematik einarbeiten und meine Kinder daheim noch zielgerichteter Unterstützen.


    Ich bedanke mich schon mal herzlich für eure Gedanken und Tipps zu der Thematik #blume

  • Ich würde bei der kinderärztin ungefähr das sagen, was du hier erzählst.

    Ich weiss nicht, ob Logopädie das richtige ist oder ob ein Psychologe da helfen kann?


    Ich (!) würde bei der Kinderärztin Druck machen, sie muss ihn sprechen hören - evtl. nimmst du vorher was auf zum vorspielen?

    Und bei Logopäden anrufen und klären, was die zu der Beschreibung sagen, evtl. auch mit Aufnahme.

  • Oh, an einen Psychologen habe ich tatsächlich noch gar nicht gedacht. Für mich war das bisher klar ein logopädisches Problem bei beiden Kindern, aber das behalte ich auf jeden Fall im Hinterkopf.


    Logopäden habe ich zehn abtelefoniert, ohne Termin helfen sie mir gar nicht und Termin nur mit Überweisung. Das ist etwas, was mich maximal frustriert, aber sie sind einfach so dermaßen ausgelastet, dass es nicht anders geht.


    Aufnehmen ist gut, das mache ich demnächst mal, wenn er vorliest. Bei der Kleinen muss ich schauen, wie ich eine sinnvolle Aufnahme hinbekomme.

  • Du könntest auch den Hausarzt oder HNO um ein Rezept bitten.

    Unsere Logopädin bietet auch eine "Probestunde" an und gibt danach Vorschläge mit, was auf dem Rezept genau draufstehen sollte.

    edit sieht gerade, dass das bei euch nicht funktioniert. Schade.

    „Ich mache nicht nur leere Versprechungen, ich halte mich auch daran.“
    (Edmund Stoiber im Wahlkampf 2005)

  • Du könntest auch den Hausarzt oder HNO um ein Rezept bitten.

    Unsere Logopädin bietet auch eine "Probestunde" an und gibt danach Vorschläge mit, was auf dem Rezept genau draufstehen sollte.

    edit sieht gerade, dass das bei euch nicht funktioniert. Schade.

    Ich nehme gerne Tipps für Logopäd:innen, die das machen, im Großraum Stuttgart, Ludwigsburg, Böblingen/Sindelfingen, Pforzheim. Telefoniert habe ich nur mit den Praxen im näheren Umkreis, vielleicht ist es weiter weg anders. Meine Hausärztin könnte ich tatsächlich auch noch ansprechen, HNO haben wir nicht, aber werde ich auf die Liste schreiben.

  • Als aller-aller-erstes:

    Stottern ist genetisch - und insofern therapierbar, aber nicht "heilbar".

    All die historischen behaviouristischen und psychologischen Ursachenansätze greifen zu kurz - Stress z.B. kann das Bild verschlimmern, aber wird kein Stottern primär erzeugen.

    Insofern klingt es auch überaus plausibel, dass sich der Befund bei Geschwistern zeigt.


    Ich empfehle auch, auf eine gute Logopädie zu dringen - Stottern ist nämlich in den allermeisten Fällen ziemlich gut beherrschbar. Steig der Kinderärztin auf die Füße.


    Aber ich sehe da in deinen Ausführungen einen kleinen Widerspruch - einerseits

    wurde nie von jemandem darauf angesprochen

    und andererseits

    Es macht auch keinen Sinn ihm zu sagen, dass er erstmal durchatmen soll vor dem Weiterreden, weil der Hänger so leicht ist.


    Bei ihr funktioniert es öfter, sie zum Luftholen und kurz Innehalten aufzufordern.


    Letzteres würde ich lassen - da musst du durch.

    Eigentlich alle stotternden Personen, die ich kenne, betrachten das als kontraproduktiv und stresserzeugend.

    Die beste Vergeltung ist, nicht zu werden wie dein Feind (Marcus Aurelius)

  • Logopädische Informationen über Stottern

    Ich habe jetzt erst mal an Entwicklungsstottern gedacht.
    So ganz klar geht das aus deiner Beschreibung nicht hervor.
    Persönlich habe ich auch keine Erfahrung mit Stottern.

    Ich würde bei der Kinderärztin auf Verordnungen für beide Kinder zur logopädischen Diagnostik drängen.
    Leider neigen Kinderärzte oft dazu, die diagnostischen Mittel der Therapeuten zu unterschätzen und haben nur langwierige, teure Therapien vor Augen.


    Sprachförderung, die einmal wöchentlich kommt. Ich werde versuchen, dass meine Tochter dort ab September mitmachen kann, aber ich denke, dass auch bei ihr eine logopädische Behandlung sinnvoll sein könnte.

    Ich glaube, davon würde ich absehen, wenn sie nicht auch Probleme in Wortschatz und Grammatik hat.
    Die Sprachförderung kümmert sich nur um Wortschatz und Grammatik, wobei die kleinere Gruppe und das forcierte Sprechen in der eher künstlichen Situation auch den Druck erhöhen kann.

  • Wir haben hier auch zwei Stotterer (Vater und Sohn) und ich würde ganz klar zum Hartnäckigbleiben und zur Logopädie raten. Der Kinderarzt hat ja keine Einsicht in euren Alltag oder in die Schule. Und je früher man mit der Logo anfängt umso besser!


    Ich würde auch nichts aufzeichnen. Wenn ihr sagt, das Kind stottert, ist das so.


    Im Übrigen gibt es bei Logopäden große Unterschiede. Vielleicht findet ihr jmd., der Stottern als Fachgebiet hat. Da lohnt sich unserer Erfahrung nach dann auch eine Warteliste. Manchmal haben die Praxen auf ihrer Website aufgeführt, wer worin ausgebildet ist. Unsere Logopädin ist selber Stotterin (man bleibt ein Leben lang Stotter) und macht das ganz wunderbar. Die zwei davor waren nett, aber viel gebracht hat es nicht.


    Falls du noch etwas wissen willst, frag. Mein Mann ist Experte und ich inzwischen so ein bisschen. :)


    Möwe Stottern ist kein psychologisches Problem. Zumindest wenn es nicht durch etwas Konkretes ausgelöst wurde, was sich hier nicht so liest.

  • Im Alltag würde ich versuchen, auch wenn es verdammt schwierig ist, nicht zu kommentieren. Es erzeugt Druck und macht es meist noch schlimmer. Auch wenn man es ganz nett meint und keinen Druck aufbauen will.


    Ich sehe, ich unterschreibe bei Kerstin_Pfalz

  • Kerstin_Pfalz der Widerspruch ist nicht da. Wir unterbrechen seinen Redefluss nicht, eben weil die Pause nicht so groß ist, dass es diesen Impuls von uns gibt, ihn innehalten zu lassen (was wir bei der Schwester dann ab sofort auch lassen werden). Auch, weil er überhaupt nicht hastig oder schnell redet. Ob die Lehrerin das macht, weiß ich nicht. Auch seine Freunde haben noch nie etwas dazu gesagt, bis auf das eine Mal, als ein Freund gefragt hat, wieso er manche Worte zweimal sagt. Er hat zur Zeit einfach ein tolles Umfeld, da wird niemand wegen Besonderheiten gehänselt. Natürlich weiß er, spätestens seit dem Gespräch mit der Lehrerin und der U-Untersuchung, dass uns das auffällt, und wir sprechen darüber. Da hat er in genau einem Zusammenhang auch gesagt, dass es ihn stört. Dann haben wir das Thema wieder komplett ruhen lassen. Jetzt habe ich ihm von dem Termin nächste Woche erzählt und ich hatte stark den Eindruck, dass er überrascht war und das Stottern in letzter Zeit weniger wahr genommen hat. Darüber werden wir aber noch reden, der Termin steht erst seit gestern.


    Edit: Alocasia danke, wie gesagt, wir werden sie nicht mehr unterbrechen.


    Eure Kommentare, auf Logopädie zu bestehen helfen mir sehr, weil man bei der Kinderärztin sehr "stark" auftreten muss, um tatsächlich gehört zu werden. Ggf. werde ich meinen Sohn dann raus schicken, ich möchte nicht, dass er sich als defizitär empfindet, wenn ich dort hartnäckig bleibe.

  • Ja Für den Logopäden eine Überweisung vom KiA geben lassen, die machen dann auch erstmal ne Diagnostik um den Therapiebedarf einzuschätzen und danach würde es dann richtig losgehen. Aber für die Ersteinschätzung vom KiA, der euch dann weiter schickt.

    Wobei stottern in der Sprachenteicklung auch immermal vorkommt. Das müsste halt einmal eingeschätzt werden, ob das noch im Rahmen ist bei euch oder nicht mehr.

    Meisterschülerin mit dem großen Meister(02/11), dem Möppi (09/13), dem Kleinchen (07/15) und ohne Ticker, dafür nur mit der Hälfte der Kinder.

  • Danke für den Link, wenn ich darin lese, komme ich leider auch nicht zu einem eindeutigen Ergebnis. Meine Tochter passt gut auf das Entwicklungsstottern, allerdings merkt sie selber, wenn sie hängen bleibt und die Pausen sind so groß, dass sie manchmal richtig raus kommt. Das verwirrt sie natürlich und Gesichtsausdruck und Körperspannung sind entsprechend nicht mehr so, als würde sie ohne stottern reden.


    Bei meinem Sohn ist es anders, bei ihm passt das beginnende Stottern von der Beschreibung her, aber er nimmt es selbst kaum wahr, ist mein Eindruck. Er teilt sehr gerne sein Wissen mit (passt besser als dass er gerne redet :D ) und zieht sich überhaupt nicht zurück, im Gegenteil.


    Ergänzung zur Sprachförderung: Wortschatz und Grammatik sind kein Problem. Selten verwendet sie noch eine falsche Vergangenheitsform, aber das ist tatsächlich nichts, was mir Sorgen bereitet. Sie konnte schon als Zweijährige Sätze mit mehr als drei Wörtern bilden und ist sprachlich absolut fit. Ich werde aber vorher abklären, was in der Sprachförderung genau gemacht wird.

  • Ja, es kann (um die Verwirrung zu komplettieren) auch sein, dass "echtes" Stottern gepaart mit Entwicklungsstottern auftritt.


    Das ist für Laien schwer zu beurteilen; gute Logopädiefachkräfte können das sicherer befunden.

    Die beste Vergeltung ist, nicht zu werden wie dein Feind (Marcus Aurelius)

  • Hier bietet das SBBZ Sprache die Möglichkeit zur guten Beratung. Da kann man wirklich einfach einen Termin ausmachen und die schauen sich das Kind dann an. Wir haben damit gute Erfahrungen. Die Leute dort sind extrem erfahren und haben auch wirklich gute Tipps.

  • Ja, es kann (um die Verwirrung zu komplettieren) auch sein, dass "echtes" Stottern gepaart mit Entwicklungsstottern auftritt.


    Das ist für Laien schwer zu beurteilen; gute Logopädiefachkräfte können das sicherer befunden.

    ist ja nicht schlimm. Damit kann ich ja argumentieren, wenn sie meint, es sei eindeutig das Entwicklungsstottern. Gerade im Zusammenhang mit der genetischen Veranlagung und der Tatsache, dass Geschwister stottern.

  • Hier bietet das SBBZ Sprache die Möglichkeit zur guten Beratung. Da kann man wirklich einfach einen Termin ausmachen und die schauen sich das Kind dann an. Wir haben damit gute Erfahrungen. Die Leute dort sind extrem erfahren und haben auch wirklich gute Tipps.

    danke für den Hinweis, auf der Homepage des nächsten SBBZ steht, dass die Sprachheilschulen Eltern beraten. Wenn ich mit der Kinderärztin nicht weiter komme, werde ich es erst beim Zahnarzt und dann ggf. dort versuchen.

  • Die sind wirklich gut vernetzt und können dir gute LogopädInnen empfehlen. In der Regel kennen sie alle in der Umgebung. Also unabhängig von einem Rezept könnten sie trotzdem hilfreich sein. Rezepte können sie dort nicht ausstellen, dafür brauchst du leider immernoch einen Arzt. Du hättest aber im Zweifelsfall mehr in der Hand.

  • Die sind wirklich gut vernetzt und können dir gute LogopädInnen empfehlen. In der Regel kennen sie alle in der Umgebung. Also unabhängig von einem Rezept könnten sie trotzdem hilfreich sein. Rezepte können sie dort nicht ausstellen, dafür brauchst du leider immernoch einen Arzt. Du hättest aber im Zweifelsfall mehr in der Hand.

    ok, ich schaue mal, was ich dort erreichen kann, aber ich schätze, dass ich bis nächste Woche sicher keinen Termin bekomme. In der Beratung sind sie wohl auch nur für Kinder bis 6 Jahre zuständig, aber vielleicht haben sie ja trotzdem einen Tipp für meinen Sohn. Ich werde gleich eine Mail hinschreiben.

  • Ich hab jetzt nicht alles gelesen, aber vielleicht als Argumentationshilfe gegenüber der Kinderärztin nochmal deutlich betonen, dass die Lehrerin Bedarf für Logogpädie sieht.