Eine Generation der Unmotivierten

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  • Ich weiß, reißerischer Titel. Aber leider knabbere ich schon länger daran herum. Jetzt bin ich gerade dabei, ein Buch zu lesen aus der Disconnected Kids Reihe und da viel der Satz, dass es noch nie eine so unmotivierte Generation gab, wie die heutige. Und ich konnte beim Lesen nur vehement mit dem Kopf nicken.

    Zum Hintergrund: ich bin keine Lehrerin unterrichte jedoch an einer Grundschule. Und es macht mich fix und fertig, wenn ich Kinder vor mir sitzen habe, die denken, lesen und schreiben lernt man nur, wenn man vorne dem Lehrer zuguckt. Ich teile ein Arbeitsblatt aus. Kommentar: Ach nö! Ich will mit ihnen zur Entspannung Bingo oder ein anderes Spiel spielen. Kommentar: Ach nö! So geht das in einer Tour.

    Dann meine Kinder zu Hause. Beide wollten unbedingt Klavier spielen. Beim Kleinen habe ich es 2 Jahre durchgehalten, dann habe ich gesagt, Schluss damit. Wer nicht übt, braucht keinen Klavierunterricht.

    Der Große hat noch weiter Klavierunterricht, übt so leidlich. Nachdem er eine Woche nicht geübt hat und sich den Tag vor dem Unterricht mal ans Klavier gesetzt hat, sagt er frustriert, er könne nicht Klavier spielen. Ja, wie auch, wenn man nicht übt?!?

    Der Große wollte unbedingt Rennrad fahren (wie sein Papa und ich). Aber bitte doch nur schnell und über 100 m. Längere Strecken in der Kinderrennradgruppe? Ach nö, zu anstrengend.

    Beide Kinder haben um 13h Schulschluss. Mega: der ganze Nachmittag liegt vor einem. Aber bitte doch nicht länger als 10 min Hausaufgaben machen. Schule ist scheiße, wenn man dann doch mal länger Hausaufgaben machen muss. Bloß nicht zu viel machen. Dann aber fix und fertig sein, wenn man ne 6 im Vokabeltest mit nach Hause bringt. Mann! Ich krieg das alles nicht übereinander. Bin beruflich wie privat im Umgang mit Kindern richtig frustriert.

    Wie nehmt ihr die kommende Generation war? Ist das nur meine Blase hier?

  • #knuddel


    Erlebst Du denn auch Kinder, bei denen das anders ist?


    Und gibt es Dinge, bei denen Deine Kinder motiviert sind?


    In meiner Blase ist das nicht so, aber ich hab auch nicht so viel mit Kindern in der Grundschule zu tun und hatte es nur in einem Umfeld, wo die intrinsische Motivation gezielt stimuliert wurde und schon als System bestand, so dass die jüngeren da einfach reingewachsen sind.

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    Eigentlich bin ich ganz anders. Ich komme nur so selten dazu.


    Lass die Hoffnungswaschmaschine laufen!


    Whatever you want, it isn't me.

    Other people's ambitions are not my specialty.

    Sometimes I can see from here clear to the ocean.

    Sometimes I'm blind.

    Als die Vielfalt ging, entzündete die Einfalt ein Freudenfeuer.

  • Ich kann das auch so gar nicht bestätigen aus meiner Blase. Ich treffe auf ziemlich viel Kinder/Jugendliche, privqt wie beruflich und finde, da hat es "allerlei Leut".

    Aber gerade Grundschulkinder erlebe ich im Allgemeinen als sehr motivierbar. Ok, Arbeitsblätter vermeide ich so gut es geht ;) da liegt das Nöhlen schon per Definition drin.


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Das tut mir leid, dass du das so erlebst.


    Ich erlebe es anders als Mutter und mit Kindern im Freundeskreis. Und auch als Lehrerin, obwohl ich da mit denen gearbeitet habe, die als die "Unmotiviertesten" überhaupt galten (Jugendliche zwischen 15 und 19, die ihren Abschluss an Regelschulen nicht geschafft haben).


    Bei dem Ganzen darf man auch m.E. die letzten prägenden Jahre nicht vergessen.


    Und ein bisschen bin ich bei dem Thema auch allergisch, wenn auf die jüngeren Generationen geschimpft wird. Es wird ihnen doch auch schon einiges abverlangt. Besonders in unserem defizitären und schrecklichen Schulsystem.

  • Du könntest von meinem Kind schreiben.

    Allerdings ist er durch diverse Besonderheiten oft gleichzeitig über- und unterfordert.

    Da hätte ich auch keine Motivation.


    Intrinsische Motivation, wie für das Klavierspielen, setzt aber auch eine Menge Erfahrungen voraus, die einem zeigen, dass man etwas mit Übung erreichen kann.

    Dieses emotionale Gedächtnis ist im Grundschulalter noch nicht wirklich da.


    Seine gleichaltrigen Kumpels nehme ich allerdings völlig anders war.

    Die freuen sich über jedes Beschäftigungsangebot.


    Außerdem habe ich meine gesamte Familie viel mehr beim Arbeiten, Lernen und der Ausübung von Hobbys begleitet, habe immer wieder erlebt, dass sich aufraffen und anstrengen schwierig ist, aber das Ergebnis einen sehr freuen kann.

    Das ist bei uns schon sehr viel weniger, obwohl das Kind nur kurz in der Schule ist und wir versuchen, das schon irgendwie vorzuleben.


    Mein Kind meint übrigens, dass ich ab Geburt perfekt lesen und schreiben konnte.

    Die langwierigen Übungen lassen sich leider nicht mehr sichtbar machen.


    Einen Teil des Lebens und Schreibenens lernt man übrigens durchaus beim Zuschauen:

    Lautes Vorlesen mit dem Finger unter der Zeile wird aber heute vermutlich nicht mehr oft vorgemacht.


    Lesen mit Motivation habe ich immer nur in enger Beziehung mit Erwachsenen gemacht und oft genug an nicht kindgerechten Texten.

  • Ich kann das auch nicht bestätigen.


    Meine Kinder und ihren Freundeskreis erlebe ich als sehr aktiv und vielseitig engagiert, meine Schüler:innen ebenfalls. Und das, obwohl ich sogar Arbeitsblätter nutze. ;)

  • Ich halte diese Unterscheidung in intrinsische und extrinsische Motivation - und vor allem deren Bewertung, dass die eine supi-toll und die andere doof ist - für zu vereinfacht und überhaupt nicht hilfreich.

    Ich arbeite sehr oft mit kleinen Menschen, die erstmal nicht freiwillig zu mir gekommen sind, da ist es dann an mir, eine Motivation zu wecken. Und eben, ich finde die in den allermeisten Fällen durchaus begeisterungsfähig.

    Und ich glaube, auch eine extrinsische Lernmotivation kann zu einem tollen Lernerlebnis führen.


    Ich habe jedoch den Vorteil, diese kleinen (und teils schon ziemlich grossen) Menschen ausserhalb der Schule zu treffen - ich wette, das erhöht die Motivationsfähigkeit signifikant.


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Gut, die Kinder, mit denen ich in der Schule arbeite sind auch nicht freiwillig bei mir. Aber am Ende des Kurses wollen die gar nicht mehr weg. #super Also, motivieren kann ich auch und ist mir auch wichtig. Da ich Förderkurse gebe lege ich viel wert darauf, das Selbstbewußtsein zu stärken und wieder anzuheben. Erst dann können die Kleinen wieder (halbwegs) motiviert lernen. Solche Kinder wie jetzt hatte ich ansatzweise aber nie so extrem wie jetzt. Da weiß ich dann auch manchmal gar nicht mehr, was ich noch machen soll. Und


    Und ein bisschen bin ich bei dem Thema auch allergisch, wenn auf die jüngeren Generationen geschimpft wird. Es wird ihnen doch auch schon einiges abverlangt. Besonders in unserem defizitären und schrecklichen Schulsystem.

    Ich schimpfe nicht auf diese Generation. Ich bin nur absolut frustriert. Und ich bin ganz bei dir, was dieses Schulsystem betrifft. Umso glücklicher habe ich den Job angefangen, weil ich Kindern einen neue Chance geben konnte. Eine Chance, sich selber neu zu erleben, neue Verhaltensmuster zu lernen, zu sehen, dass man etwas erreichen kann. Bisher halt auch ganz erfolgreich. Diese Gruppe macht mich jetzt fix und fertig. Und bei meinen Kindern selber sehe ich auch eine enorme Passivität. #hmpf

  • Aber ich bin schon mal beruhigt, dass es anscheinend nur meine Blase ist. #super

    Zumindest in der Schule hast du dann ja auch eine schwierige Aufgabe.

    In einer Gruppe, in der die Kinder Förderbedarf haben, wirst du nie für alle Kinder das richtige Niveau treffen, dass für effektives Lernen nötig wäre.

    Außerdem verstecken sich in den üblichen schulischen Anforderungen mehrere kombinierte Aufgaben.


    Talpa

    Grundsätzlich Stimme ich dir da zu.

    Im Alltag mache ich diese Unterscheidung auch nicht. Dann würde mein Kind nämlich gar nichts schulisches lernen.


    Die Motivation ist aber eben oftmals auch nicht "das will ich können". Weitaus öfter liegt sie in der Beziehungsebene

  • Ich kann das nicht bestätigen.


    Die Kinder aus der Grundschule erlebe ich als sehr aktiv. Die halten ab der 1. Klasse selbst Vorträge, gestalten Wandzeitungen, lernen ganz viel selbstoganisiert.


    Die Kinder der Förderschule sind begeistert über die Lernangebote, die passend sind, wollen unbedingt mit ihren Beiträgen drankommen und genießen alle handlungspraktischen Teile.

  • Kinder im Grundschulalter sind für so Sachen wie Klavier üben vielleicht einfach noch zu klein ... und die ganzen Arbeitsbätter sind eben einfach auch langweilig.

    Sind deine Kinder denn motiviert beim Spielen?

    Hier hat geholfen, einfach jeden tag 10 min Vok. zu üben, unabhängig davon, ob ein Test anstand oder nicht.

    Aber die Grundschulkinder, die ich kenne, erlebe ich schon als sehr motiviert, auch viele andere Kinder.

    Vielleicht nicht unbedingt für Sachen, die wir Erwachsene ja so wichtig finden (wie Klavier üben oder Vokabeln lernen). sondern mit ihren eigenen Themen oder Spielen.

  • Aber ich bin schon mal beruhigt, dass es anscheinend nur meine Blase ist. #super

    Vielleicht auch einfach eine Kohorte, die einfach einen besch*** Start ins Schulleben hatte und etwas müde ist?


    Ich würde es verstehen....

  • Ich kann das nicht von Schulkindern berichten, allerdings von Auszubildenden und jungen Erwachsenen. Ich erlebe da maximale Ansprüche bei minimaler Einsatzbereitschaft. Es geht da um so grundlegende Dinge wie Pünktlichkeit, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft. Ganz generell auch Zuverlässigkeit und Sorgfalt.


    Ich war mal Ausbilderin mit Herz und Seele und fand die Arbeit mit jungen Menschen immer sehr bereichernd. In den letzten vielleicht, 5- 6 Jahren, merke ich aber eine Veränderung, die mir immer mehr die Freude am Ausbilden nimmt.

  • Ich kenne den Artikel jetzt nicht, aber kann das teilweise bestaetigen. Als EINEN Aspekt unserer heutigen Gesellschaft. Und das, obwohl ich im anderen Hausaufgabenstrang so jammere...Es gibt viele Facetten und dieses ist ein Teil davon bei manchen. Ich finde unsere Gesellschaft sehr viel anspruchsvoller als frueher. Menschen haben mehr Wahl aber auch mehr Druck (empfinde ich zumindest so), es gibt eine Informationsflut, selbst meine kleine Erstklaesslerin lernt mit Apps lesen und schreiben im Unterricht (Ausland), was ich so nicht unbedingt gut finde. Eltern sind oft selbst verunsichert. Das macht was mit den Kindern.


    Edit: Klavier etc: Viele Eltern motivieren auch nicht mehr, denn das bedeutet noch mehr Stress fuer die Eltern im eigenen Alltag. Geht mir zumindest so. Ist aber nur ein Aspekt, es gibt auch das absolute Gegenteil.


    Und noch mehr Edit: Corona spielt sicher auch teilweise eine Rolle. Da kamen andere Lernarten auf (zu Hause, gar nicht, viele Medien etc). Und Arbeitsblaetter sind auch oft einfach langweilig; kommt natuerlich drauf an, was sonst noch im Unterricht geschieht.

  • Beth Ich kenne diese Unmotiviertheit von meinen Kindern. Es macht mich irre und ich bin oft etwas deprimiert, wenn ich hier im Forum von all den engagierten, vielseitig interessierten Kindern lese.


    Wobei, jetzt rede ich Quatsch…eigentlich ist nur mein eines Kind so unmotiviert. Das andere nur in Bezug auf schulische Anforderungen, häusliche Pflichten etc., ansonsten ist es schon ziemlich engagiert, wenn ich drüber nachdenke.

    Liebe Grüße
    Silke mit dem Großen 06/2006 und der Kleinen 06/2009

  • Meine Kinder sind auch nicht motiviert, was Schule angeht. Allerdings fordere ich einfach ein, dass sie ihren Kram erledigen. Ich geh schließlich auch Arbeiten, wenn ich keine Lust habe.


    Bei Hobbies fordere ich auch, dass sie regelmäßig hingehen und trainieren (bei uns Sport statt Musik) und bin der Meinung, wenn sie was anfangen sollen sie es durchziehen und bisschen Unlust und Fleiss gehört halt dazu.

    Mein Sohn 1 spielt seit 6 Jahren Fussball, Sohn 2 schwimmt seit 5 Jahren im Verein. Durch Höhen und Tiefen, die meisten der Klassenkameraden haben schon x mal das Hobby gewechselt aber ich unterstütze das Wechseln nicht.


    Ich finde es normal, dass Schule nicht immer Spass macht und zuviel verlangt, dass die Kinder da immer gern hingehen. Mir reicht es, wenn sie hingehen und machen, was nötig ist.


    Ich finde man muss auch nicht immer fragen, ob Schule jetzt Spass macht und Motivation erwarten. Meine Güte, es ist die Schule, wer geht da schon immer gerne hin. Es heisst nicht umsonst Schulpflicht.

  • Ich selber bin übrigens tatsächlich gern zur Schule gegangen und war motivierter und um Welten besser als meine Kinder. Aber als kleine Streberin und Leseratte hatte ich auch nicht so viele Freunde und war bei weitem nicht so cool wie meine Kinder #cool - und wenn ich denke, wie ich gehänselt wurde - ne dann lieber schulisch unmotivierte aber lebensfrohe Kinder.

    Man kann nicht Alles haben.