Es ist grausam und ich finde es tragisch das es so lange gedauert hat bis koordinierte Maßnahmen ergriffen wurden/werden.
Ehemalige Studienkollegen von mir leben/arbeiten momentan in Liberia. Die Situation dort ist schlimm, sehr schlimm. Es gab wohl einige Wochen in denen die meisten glaubten das die Krise verhindert worden sei, danach ist es aber noch mal schlimmer geworden. Aus den persönlichen Berichten ist es wohl sehr schwer für die Menschen zu wissen ob die Symptome nun wirklich Ebola sind (viele passen auch auf andere Krankheiten wie Malaria etc.). Enorm wichtig scheint es zu sein das die Menschen ihr vertrauen in die Verantwortlichen nicht verlieren, mehr und vertrauenswürdigere Arten zu testen werden benötigt. Außerdem fehlt es oft an der Kommunikationsstruktur in die verschiedenen Netzwerke.
Aus Angst werden viele der Toten nicht direkt begraben, was ein weiteres Problem darstellt. Der Ausnahmezustand wurde erklärt, da vor allem die dichtbesudelten Teile des Landes einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind. Dazu kommen Institutionen wie Gefängnisse oder auch Kinderheime in denen es noch mal schwieriger ist die Kontrolle zu behalten. Einige Teile des Landes werden vom Militär quasi in Quarantäne gehalten.
Insgesamt gibt es viele Faktoren die eine Rolle spielen. Das Unwissen vieler Menschen wie genau Ebola überragen wird, gepaart mit der Schnelligkeit und Aggressivität mit der der Virus sich verbreitet und die Überforderung der lokalen medizinischen Systeme. Dazu kommt die psychologische und emotionale Ebene, die es noch mal erschwert die Krankheit unter Kontrolle zu bekommen. Nicht zu vergessen sind aber auch die Auswirkungen auf die Wirtschaft der betroffenen Regionen und die Existenzangst die in den Reaktionen der Menschen eine Rolle spielt.
Ich kenne einige Menschen die sich bereit erklärt haben in betroffene Regionen zu fliegen und vor Ort zu helfen. Bei den internationalen Organisationen ist das aber gar nicht so "einfach", denn die Menschen werden über einen Roster rekrutiert und sollen natürlich relevante Erfahrungen mitbringen. Das bedeutet das auch nicht alle die wollen dort hin geschickt werden könne/dürfen/sollen. Eine Vielzahl von Trainings und Vorkehrungen werden benötigt um die Arbeit vor Ort halbwegs sicher zu gestalten. Ich finde es erschreckend wie oft in den Medien nur von den Verlusten/Erfolgen der internationalen Arbeiter berichtet wird - die lokalen medizinischen Fachkräfte werden oft nicht erwähnt und erfahren deutlich weniger Unterstützung. Diese Unterstützung wird aber auch nicht dadurch erfolgen das noch mehr Mitarbeiter in die betroffenen Regionen geschickt werden.
Es wird aber ja auch nicht nur Personal gebraucht. Es mangelt an Medikamenten, Wasser, hygiene Artikeln und vielen anderen materiellen Dingen die die Arbeit vor Ort sowie die Situation der Betroffenen beeinflussen. Dafür braucht es Geld, die Spenden von Einzelpersonen sind wichtig. Noch wichtiger aber ist die Mithilfe von der internationalen Gemeinschaft, der Bereitstellung von Geldern für die humanitäre Hilfe vor Ort und die koordinierte Durchführung dieser.
Die Koordination zwischen den Organisationen an sich und den Organisationen und den jeweiligen Regierungen ist oft schwer. Erst vor einer Woche hat die UN der Etablierung einer gesonderten Mission zugestimmt, die jetzt in Ghana ihre Zelten aufbaut. Bis dato waren die Reaktionen der einzelnen Organisationen noch einmal umkoordinierter. Bei so einer Katastrophe braucht es einen Plan, der vor allem Präventive Maßnahmen erstellt und koordiniert.
Meiner Meinung ist die Verhinderung von neuen Infizierungen deutlich wichtiger als die Behandlung der infizierten, wenn es darum geht wobei internationale Akteure helfend tätig sein können. Besonders wichtig ist es die Kontakte von JEDEM infizierten Menschen nach zu verfolgen und zu überwachen ob Symptome auftreten. Dafür braucht es aber viele Mitarbeiter, denen die Menschen vertrauen, die die jeweilige Landessprache sprechen und somit keine Person "vergessen". Das ist ein Job den viele Menschen als nicht akut sehen - aber nur so kann die Verbreitung von Ebola hoffentlich schnellstmöglich gestoppt werden.
MSF lässt ihre Mitarbeiter vor Ort alle 4-6 Wochen rotieren und holt sie aus den Risikogebieten heraus, um das Risiko der Ansteckung zu verringern. Anscheinend ist die Ansteckungsgefahr außerhalb des Arbeitsplatzes deutlich höher, was es enorm schwer macht für die Organisationen etwas dagegen zu tun. Es ist ein Teufelskreis und ich hoffe so sehr das die internationale Gemeinschaft endlich begriffen hat worum es hier geht und was für weitreichende Konsequenzen es haben kann und wird wenn nicht sofort etwas unternommen wird.
Es geht, meiner Meinung nach, gerade nur zweitrangig um die Erforschung von Medikamenten und Impfstoffen. Die Pharmaindustrie wird AKUT gar nichts dazu beitragen die Verbreitung von Ebola zu stoppen. Dafür braucht es vertrauenswürdige Testung der Symptome, Einrichtung von Quarantäne Zentren und noch viel wichtiger eine vertrauenswürdige Informationskette für die Menschen in den betroffenen Regionen wie der Virus sich verbreitet und was ein Individuum tun kann um sich nicht zu infizieren. Testung an Flughäfen/Grenzen und in Fällen von Menschen die aus akut betroffenen Regionen ausreisen sogar die Beobachtung (in Quarantäne) über einen längeren Zeitraum (ich meine es kann bis zu 21 Tagen dauern bis sich erste Symptome zeigen....).