Ich bin im Ruhrpott aufgewachsen und spreche Hochdeutsch sowie den hiesigen Regiolekt. Der zählt ja nicht als richtiger Dialekt, menno. (Bis auf die Sache mit der Grammatik, Sätze wie "Gib mich den Tee." bringe ich dann doch nicht über die Lippen. Also sagen wir: Ich nutze Aussprache und Begriffe des Ruhrdeutsch.)
Natürlich gehe ich wie alle anderen davon aus, dass ich perfektes Hochdeutsch spreche. De facto sagt mir mein Mann als unabhängiger Beobachter, dass ich ins Ruhrdeutsch wechsle, wenn ich mit Familienmitgliedern spreche oder emotional werde. Das hat mir bisher nie geschadet, auch beruflich nicht, außer bei meinen Schwiegereltern. Die sind zwar auch beide ausm Pott, aber sie finden die Sprache asozial und ungebildet. Das hat vermutlich dazu beigetragen, dass sie mich ablehnen, aber es ist nur ein Faktor unter mehreren. Zählt also nicht.
Im Job sieht es so aus, dass die Firma in einer dialektreichen Gegend sitzt, mit Kundschaft aus ganz Deutschland. Da muss man manchmal bei neuer Kundschaft bestimmte Begriffe übersetzen. Für mich war's am Anfang durchaus schwierig, Kollegen_innen und Kunden_innen am Telefon zu verstehen. Inzwischen habe ich mich reingehört (zumindest bei den Personen, mit denen ich öfter sprechen muss) und jetzt klappt es gut.
Neue Dialekte, die ich nicht regelmäßig höre, verstehe ich sehr schlecht. Für Wienerisch z.B. bräuchte ich Untertitel. Auch Deutsch mit ausländischem Akzent macht mir Probleme; z.B. gibt es eine Mutter aus der Schule, die aus Asien kommt und eigentlich perfekt Deutsch spricht. Trotzdem verstehe ich sie nicht, weil meine Ohren mit der Aussprache einfach nicht klar kommen. Das ist mir sehr unangenehm, aber ich weiß nicht, wie ich daran etwas ändern könnte.
Aber so richtig richtiges Hochdeutsch nutzt man - laut meiner Theorie - eigentlich nur beim Vorlesen. Oder?