Seit meine Kinder in der Schule sind und ich bei jedem Elterngespräch höre "Ihr Kind muss mal was sagen!", habe ich mich auch intensiv mit dem Thema beschäftigt.
Und man sollte dabei unterscheiden, ob ein Kind schüchtern, introvertiert oder beides zusammen ist.
Es macht nämlich einen Unterschied, ob man gerne etwas sagen möchte, und sich einfach nicht traut (das wäre also eine Fähigkeit, die man vielleicht mit einfühlsamen Lehrern erlernen könnte). Oder ob man eben intrisisch überhaupt keine Notwenigkeit sieht, seine inneren Gedanken stundenlang mit der Außenwelt zu teilen (das ist eine Charaktereigenschaft, die kann man nicht umlernen).
Daher meine Frage an die Lehrerinnen hier: Das Konzept der introvertieren/extravertierten Menschen, ist das eigentlich allen Lehrkräften bekannt, kann ich das vorraussetzen bei Gesprächen mit Lehrer/innen?
Nach meiner Meinung werden mündliche Noten in unserem Schulsystem extrem schlecht angewendet, man könnte so viel besser machen. Im Moment ist es so, dass introvertierte Kinder in nahezu jedem Fach dafür bestraft werden, dass sie eben vom Charakter her introvertiert sind. Über fast die gesamte Schullaufbahn.
Ich habe keine Studien zur Hand, aber es gibt unter den introvertierten Menschen viele, die große Stärken im analytischen, logischen Bereich haben. Und was wird so ungemein benötigt und händeringend gesucht in unserer ach-so-wichtigen Wirtschaft? Die MINT-Student/innen. Aber denen wird es jahrelang in der Schule besonders schwer gemacht, weil das Schulsystem für extravertierte Kinder gemacht wurde.
Ein erster minimaler Schritt wäre z.B., dass schriftliche und mündliche Noten nicht gemittelt, sondern beide nebeneinander im Zeugnis auftauchen. Dann könnte man wenigstens die mündliche Spalte innerlich ausblenden und sich über seine schriftlichen Noten freuen.
Oder man zieht die mündliche Note heran, um eine schlechte Schriftliche zu verbessern. Aber doch bitte nicht, um eine gute Schriftliche zu verschlechtern, wenn doch das Kind schon gezeigt hat, dass es den Stoff verstanden hat.
Ich bezweifele auch, dass viele Lehrer auf dem Schirm haben, was sie mit dem Druck der mündlichen Noten eigentlich für einen Schaden anrichten. Für mich persönlich kann ich sagen, dass eines der ersten Verhalten, dass ich in der Schule gelernt habe war, bloß nicht sichtbar dem Lehrer aufmerksam zuhören. Denn damit stieg sofort die Wahrscheinlichkeit, demnächst drangenommen zu werden. Also lieber unbeteiligt aus dem Fenster gucken oder im Heft kritzeln. In der Oberstufe habe ich bei den Lehrern, bei denen ich zum Reden genögigt wurde, 1/3 der Stunden eben gefehlt.
Und wie schön war es, als das Studium angefangen hat und ich niemals ungewollte was sagen musste. Ich habe so viel gelernt, es war so entspannt und toll und für mich fing da das Leben erst richtig an.
Tja, und nun muss ich meine Kinder, die genauso sind wie ich, da durch begleiten