Beiträge von Lachesis

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    Das Türkeiabkommen ist ein schlechter Witz (inkl. der ganzen Probleme mit Erdogan, die es mit sich bringt). Der Grund, warum weniger Flüchtlinge hier ankommen, ist -so hart es ist-, weil die Balkanroute dicht gemacht wurde (sehr praktisch für Deutschland: wir können andere der Inhumanität beschimpfen, uns selbst auf die Schultern klopfen, was für gute Menschen wir sind, und profitieren doch insgeheim davon). Angela Merkel kann sich die Reduzierung der Flüchtlingsmassen in meinen Augen nicht auf die Fahnen schreiben und hat sich das Vertrauen mancher Teile der Bevölkerung, die Krise vernünftig zu händeln, ziemlich verspielt (es geht ja auch um die o.g. Haltung praktisch offener Grenzen und ungeprüfter Einreise ohne jegliches Konzept, mit der wir EU-weit im übrigen mittlerweile ziemlich allein dastehen, sogar Österreich und Schweden sprangen ab, weil trotz bestem Willen einfach nicht mehr praktikabel, nur Deutschland hält jene Haltung noch aufrecht. Es stellt sich auch die Frage, ob Deutschlands rigide Haltung auch zum Brexit beitrug.).


    Ganz gleich was man von dem Türkeiabkommen, der geschlossenen Balkanroute und der Art und Weise der Umsetzung hält, es gibt schon seit vielen Monaten keine "Politik der offenen Grenzen" mehr(du meinst die vorübergehende Aussetzung des Dublin-Abkommens, nehme ich mal an), Merkel hat ihre einstige Haltung schon lange relativiert, das Asylgesetz wurde verschärft etc., es gibt wieder Grenzkontrollen - schon seit September, und ob Merkel sich die Ergebnisse nun auf die Fahnen schreiben kann, ist letzten Ende egal, in ihrem Sinne sind sie sicherlich. Wieso also als sozial Schwacher die AfD wählen? Aus Rache? Müssten dann nicht doch eher die Eigeninteressen im Vordergrund stehen (wenn humanitäre Fragen schon egal sind)? Oder weil die einen noch schärferen Kurs fährt und notfalls auch schießen würde?

    Ich glaube nicht, dass allesamt trotzdem gekommen wären, ich persönlich bin der Meinung, dass es durchaus eine Sogwirkung gab, die neben wirklich schutzbedürftigen, auch Menschen mit rein wirtschaftlichen Interessen anzog aus vielen verschiedenen Ländern (vielleicht menschlich nachvollziehbar, aber nicht praktikabel umsetzbar in einer Notsituation wie dieser; zumal es einen Unterschied macht, ob man Wirtschaftsmigranten aufnimmt, die tatsächlich dann arbeiten können, oder welche, die auch langfristig vom Sozialsystem leben werden). Ich denke da hätte man sehr klare Signale nach Außen senden müssen und sehr gut differenzieren müssen. Sorry, aber es soll tatsächlich Vorstellungen unter Flüchtlingen geben, dass jeder in Deutschland ein Haus bekäme etc., es gab in den sozialen Medien eine regelrechte Werbepropaganda diesbezüglich.
    Die wirklich Schutzbedürftigen, die haben auch schon diverse sichere Drittländer durchquert auf dem Weg nach Deutschland, dort hätte besser verteilt werden müssen. Akut hätte man tatsächlich an deutschen Grenzen Auffangzentren aufbauen können, zur Verteilung und schnellen (!) Klärung der Asylfrage bzw. Abschiebung. Letztlich ist auch die Frage offen, ob Asyl bedeutet, man bleibt ein paar Jahre in Sicherheit und kehrt dann ins Heimatland zurück, oder, ob es bedeutet, man findet eine neue Heimat. Abgesehen von der Akutsituation im Sommer 2015 kann man perspektivisch heimatnah den Flüchtlingen mit finanzieller Unterstützung vor Ort/grenznah sowie heimatnahen Asylzentren (wo Antrag auf Asyl gestellt werden kann) mehr helfen, als fraglos alle aufzunehmen, die irgendwie den Weg geschafft haben.


    Die perfekte Lösung habe ich natürlich auch nicht. Ich wollte auch gar nicht so das Thema jetzt in diese Richtung lenken, es geht hier ja eigentlich um den Brexit. Ich steige an der Stelle wieder aus, sorry.

    Zu glauben braucht man in dem Fall gar nichts, das lässt sich leicht anhand von Zahlen und Statistiken überprüfen. Die Flüchtlingskrise ging lange los, bevor Merkel sich entsprechend äußerte, und der Anstieg im Herbst war schon Monate vorher absehbar. Und so viele Sorgen wegen "Wirtschaftsflüchtlingen" muss man sich angesichts der Gesetzgebung gar nicht machen - die dürfen ja ohnehin nicht bleiben.
    Zu dem unsäglichen Geschwafel von "heimatnahen Aylzentren" hat Seerose ja schon was geschrieben. Vielleicht schaust du dir mal an, wie im Libanon etc. aussieht. Angesichts der Zahlen dort ist es geradezu irrsinnig zu behaupten, wir hätten die Grenzen unerer Kapazitäten erreicht.

    ..
    Ansonsten deuten die Analysen wohl eher darauf hin, dass die AfD viele Anhänger (ohne "innen") im konservativen, etablierten Milieu hat. Das sind gar nicht so sehr die "sozial Schwachen", sondern die, denen die CDU unterdessen zu weit links ist.

    Zum Teil stimmt das, ja. Aber bei den Landtagswahlen in B-W waren es auch 30 % der Arbeiter und Arbeitslosen, in Sachsen-Anhalt noch mehr.

    Wenn man mit Merkels Politik der offenen Grenzen nicht einverstanden ist, bleibt da nicht mehr viel Auswahl: CSU (die man nicht auf Bundesebene wählen kann), AfD oder FDP (die allerdings kaum mehr ins Gewicht fallen). Es fehlt eine Opposition und eine kritischere Auseinandersetzung, CDU, SPD, Grüne und Linke unterscheiden sich in der Hinsicht kaum noch, die CDU ist total nach links gerutscht. Wäre die CDU in ihrer Haltung bzgl. der aktuellen MIgrationskrise noch wie vor 10 Jahren gäbe es die AFD heute gar nicht. Das ganze konservative MIlieu ist quasi politisch heimatlos geworden (nicht nur bzgl. der Migrationskrise, auch was andere gesellschaftliche Themen angeht) und die sind sicher nicht alle boshaft/dumm/rassistisch.

    ??? "Offene Grenzen" gibt es doch schon lange nicht mehr. Damit war es schon letzten November vorbei. Seither kam noch das Türkei-Abkommen dazu.
    Geblieben sind Teile der Bevölkerung, denen einfach jeder Flüchtling zu viel ist, ganz gleich woher er kommt oder aus welchem Grund. Xenophobie und mangelnde Humanität also.
    Sorry, ich sehe immer noch keinen dritten Grund #weissnicht

    Du übersiehst, dass es auch andere Meinungen zu bestimmten Themen geben kann, neben Dummheit, Bosheit und Xenophobie. Aber ein klares Feinbild gibt dem Tag eben Struktur und hält einen selbst immer auf der richtigen Seite, außerdem kann man gewisse Diskurse dann direkt untergraben, wenn man allen, die diese anstoßen, Bosheit, Dummheit oder Rassismus unterstellt #weissnicht (das ist nicht speziell gegen dich Lachesis, eher was Allgemeines). Ich würde generell raten, um den Horizont zu erweitern, verschiedene Nachrichtenportale zu lesen, die das politische Spektrum besser abdecken und nicht nur "aus der eigenen Ecke" zu informieren.

    Nein, das übersehe ich nicht. Ich bin hier auf das "Protestwählen"-Argument eingegangen, nach dem bestimmten Wählergruppen angeblich kaum eine Möglichkeit bleiben soll, ihren Protest kundzutun, als eben AfD bzw. deren Pendant in anderen Ländern zu wählen. Bloß: Gerade die, die am meisten Grund zur Unzufriedenheit haben, die sozial auf der Strecke Gebliebenen , die schießen sich doch selbst ins Knie, wenn sie AfD wählen. Da reicht doch ein Blick ins Parteiprogramm. Wieso wählen sie diese Partei also? Mir fallen genau zwei Gründe ein: Dummheit oder ein solches Ausmaß an Xenophobie, dass dafür sogar das restliche Parteiprogramm in Kauf genommen wird, obwohl es den eigenen Interessen zuwiderläuft. Welche Gründe könnte es deiner Meinung nach noch geben?
    Übrigens lese ich regelmäßg Medien des gesamten Spektrums. Eben von der Neugier angetrieben, was diese Menschen zur AfD zieht.

    Dass gerade sozial Schwache und zu kurz Gekommene aus Protest die AfD wählen, ist halt schon eine besondere Ironie der Geschichte. Denn bekanntlich hat sich ja die AfD deren Schutz gerade NICHT auf die Fahnen geschrieben. Insofern wäre für diese Leute sogar gar nicht zu wählen sinnvoller als die AfD zu wählen. Es sei denn natürlich wegen ihrer fremdenfeindlichen Positionen. Es gibt also eigentlich nur zwei Gründe, die AfD zu wählen: Dummheit (meinetwegen auch "Desinformiertheit", wenn man einen Euphemismus bevorzugt) oder Bosheit. Ein paar Leute hier werden ja nicht müde zu betonen, dass diese Menschen gar nicht alle Rassisten sein könnten (warum eigentlich nicht? Weil nicht sein kann, was nicht sein darf? Oder vielleicht doch eher, weil man selbst xenophob ist und ein Mäntelchen dafür braucht?). Aber wenn Bosheit nicht der Grund sein soll, dann bleibt eben nur noch eine andere Möglichkeit. Tja.


    Und für die AfD kann man wahlweise ebensogut "Brexit-Befürworter" einsetzen. Oder die Wähler rechtspopulistischer Parteien in anderen Ländern.

    @Lachesis ich fordere keine Verständnis für die Wahl, sondern ich sage, dass ich den Gedankengang dahinter verstehen kann.
    Obwohl ich ihn völlig falsch finde.


    Und es geht nicht darum, ob Strache, Wilders, Le Pen, Farage ... Faschisten sind, sondern darum ob die plötzlich auftauchenden Wähler das sind. Also alle diese Wähler, angefangen bei den Leavewählern.
    Dann hätten wir nämlich noch größere Probleme, als wir durch die Wahlen eh schon haben....

    Was ist das für ein Gedankengang, den du verstehen kannst?


    Und ob die ganzen Wähler dieser Irren wirklich überzeugte Faschisten sind oder nur fehlgeleitet und verirrt - na ja, mag sein, dass du recht hast, aber im Ergebnis bleibt sich das gleich. Das hatten wir doch alles schon mal. Hinterher hat es dann angeblich niemand gewusst.

    Ich bin auch sehr überrascht, wer hier alles flugs zur "Elite" erklärt wird. Meine polnische Ur-Urgroßmutter, die im 19. Jahrhundert wegen der Arbeit in den Pott kam (Wirtschaftsflüchtling!!eins elf!!) war demnach wohl "Elite"? Und all die Menschen, die es ungewollt in fremde Lande verschlägt, demnach auch? Über eine Million soll das allein in D. im letzten Jahr gewesen sein.


    Außerdem würde ich von denen, die hier Verständnis für die Brexit-Befürworter äußern oder sogar einfordern, gerne mal wissen, welche rationalen Gründe man denn hätte haben können, um für den Austritt zu stimmen. Diese Frage meine ich ganz ernst. Ebura ja hat ja schön dargelegt, dass die in der Kampagne vorgetragenen Argumente nicht stichhaltig sind. Und ich habe noch selten eine Debatte erlebt, in der alle Experten, ganz gleich aus welchem politischen Lager, sich derart einig waren, dass der Austritt überwiegend Schaden anrichtet. Also bitte: Wieso sollte man für so eine beschissene Entscheidung Verständnis haben?


    Und: Wenn Strache, Wilders, Le Pen, Farage ... keine Faschisten sind - wer denn dann?

    Genau das, Daroan - bei Männern hat es eine andere Qualität, weil die Ausgangsvoraussetzungen anders sind. Ich behaupte auch mal, dass die ganz am Angfang des Artikels beschriebene Situation (Mann erklärt seiner weiblichen Vorgesetzten ihren Job und fährt ihr über den Mund) umgekehrt nahezu ausgeschlossen ist. Erstens weil weibliche Besserwisser sich in so einer Situation doch eher zurückhaltem, zweitens weil ein Mann sich das nicht gefallen lassen würde.
    Na gut, darüber, ob man eine eigene Bezeichnung dafür braucht, kann man streiten.


    Zu "Rapefugee": Mansplaining als Begriff impliziert nicht, dass es jeder Mann tut. Das gilt für Rapefugee (kannte ich noch gar nicht) zwar auch nicht, hier wird aber zusätzlich eine ohnehin schon schwächere Gruppe (Flüchtende) diffamiert. Oder simpler ausgedrückt: Der Begriff "Mansplaining" schadet Männern bei weitem nicht so wie "Rapefugee" Flüchtlingen.

    Ha´! ich kenn das Wort länger und hab heut drüber nachgedacht, ob ich Euch dazu frage...Die rassistische Alternative wäre Whitesplaining. Man sollte sich schon an seine eigenen Erwartungen halten. Wenn man als Person inclusive seinem Verhalten nicht aufgrund seines Geschlechts/Hautfarbe/sozialer Stellung in eine Schublade gestopft werden will (Gezicke, Geschnatter, der verhält sich voll schwarz (das aber eher in den USA), Assi-Ausdrucksweise etc), dann sollte man das auch nicht mit demjenigen tun, den man grundsätzlich in diese Gruppe der Diskriminierenden stopft.


    Wenn TYPISCH weibliches Gerede keine Bezeichnung erlangen soll, dann bitte auch keine typisch männliche. Ich finde, da darf man ruhig ganz neutrale Begriffe verwenden, die das Grundproblem beschreiben, wenn ein Mensch aufgrund von Vorurteilen einem anderen aus gutgemeintem Helfen heraus die Welt erklärt und ihn damit zum Dummchen erklärt. (gibt es ja andersrum exakt genauso. Wenn Mütter den Vätern den Umgang mit dem Kind erklären. Oder mit Haushaltsgeräten. Oder Pflegeprodukten oder was auch immer eben in ,,Frauenmagazinen'' so auftaucht)

    Ich weiß nicht - mit der gleichen Begründung dürfte man dann auch keine Gewalt gegen Frauen thematisieren, weil es ja schließlich auch männliche Opfer und Täterinnen gibt. Natürlich gibt es genug weibliche Besserwisser, keine Frage. Aber wenn ein bestimmtes Verhalten in einer bestimmten Konstellation gehäuft auftritt, kann man das schon mal thematisieren und der Sache einen Namen geben, finde ich. Ich hatte bei dem Artikel gleich ein paar Deja-vus. Und wenn eine Frau ungefragt und grenzüberschreitend Vorträge hält, bleiben die Männer auch eher nicht stumm stehen und nicken alles ab. Das gehört ja zum Mansplaining dazu: Dass viele Frauen es aufgrund ihrer Sozialisation eher hinnehmen als den Mann zu unterbrechen etc.

    Hier die Antwort des CDU-Fraktionschefs Kupfer #haare .http://www.mdr.de/mdr-info/podcast/beste/audio-7714.html

    Wirkt auf mich wie ein Kind, das sich bockig Augen und Ohren zuhält.


    Hier noch ein Kommentar von Sascha Lobo, einer der klügsten, die ich zu dem Thema bisher gelesen habe (bezieht sich bei Weitem nicht nur auf Sachsen):


    http://www.spiegel.de/netzwelt…ascha-lobo-a-1079046.html


    "Das also ist des Pöbels Kern: Die Bereitschaft der politischen Eliten, im staatlichen Umgang mit eben diesem Pöbel nicht nur die Realität zu ignorieren. Sondern auch das Gegenteil zu behaupten. Ermutigung durch Leugnung. Hier lohnt, die genauen Worte des Innenministers zu analysieren: "Ich kann Kritik an diesem Polizeieinsatz nicht erkennen." Er hätte davon sprechen können, dass das Video nicht die ganze Situation zeigt und deshalb die Kritik zu sehr auf den Moment bezogen ist. Das kann tatsächlich sehr gut sein. Er hätte sagen können, wie schwer der Job der Polizisten ist, gegenüber einem Nazimob ist auch für Profis kühle Ruhe kein Selbstgänger. Die Netzöffentlichkeit hätte so gern, dass Situationen eindeutig sind, aber diesen Gefallen tut die Realität ihr selten.
    Das alles hat der Bundesinnenminister aber nicht gesagt. Er hat die Polizeigewalt gegen ein Kind nicht nur ignoriert, er hat Kritik für nicht nachvollziehbar erklärt. Der Himmel ist grün, wer behauptet, er sei blau, redet Unfug. Die Monstrosität dahinter geht über Clausnitz hinaus. Denn dem fatalen, sehr naheliegenden Eindruck, der Polizist sei der verlängerte Staatsarm des Mobs gewesen - diesem Eindruck hätte de Maizière etwas Hartes, Klares, Eindeutiges entgegensetzen müssen. Aber er entschied sich dafür zu tillichen, ich kann beim besten Willen kein Hakenkreuz entdecken, beste deutsche Nachkriegstradition."


    "Eine Tradition, die in den sozialen Medien ihre Entsprechung findet, weil die Hetzer und ihre Mitläufer ständig betonen, dass sie normale Bürger seien, die Gutmenschen dagegen seien die neuen Nazis, ich kann beim besten Willen kein Hakenkreuz entdecken - bei mir. Ebenfalls eine Leugnungsqualität: Auf der Fahne von Pegida ist auch zu sehen, wie ein Strichmännchen ein Hakenkreuz in den Papierkorb wirft. Während zugleich von Flüchtlingen als "Viehzeug" (Lutz Bachmann) gesprochen wird und der Tag der organisierten Abrechnung mit den Eliten herbeigesehnt wird. Ein ständiger Begleiter von Pegida ist der Hashtag #MerktEuchDieNamen, angewendet auf alle Gegner, ob Journalisten, Politiker, Aktivisten, Künstler, Unternehmer. Das ist das schiere Sehnen nach der Machtergreifung des Mobs.
    In dieses Sehnen hinein fordert Tillich nach Clausnitz und Bautzen eine "Versachlichung der Debatte". Dass man an den "Tisch des Gespräches zurückkehren" möge, mit Blick auf Brandjubel und Busmob, als sei mit solchen ein Gespräch möglich. "Zeit Online" hat der behördlichen These nachgespürt, der Zündelmob stamme aus der Mitte der Gesellschaft. Anhand von Facebook-Profilen wies die Redaktion nach, dass es sich eher um dezentral organisierte, via Netzhetze mobilisierte Neonazis handele. Das mag für diejenigen stimmen, die am Ende den Brandsatz schleudern.
    Aber sie handeln entlang einer Linie, die tatsächlich aus der Mitte der Gesellschaft stammt. Eine Linie, die mit Gewalt gegen Menschen endet. Davor die Organisation in geschlossenen Gruppen im Netz, davor die Hetze in sozialen Medien, davor das Akzeptieren und Ignorieren dieser Hetze, davor das Decken, das Kleinreden, das Tillichen der rechten Gewalt. Und davor die Krankheit, für die das alles ein Symptom ist: Nationalismus, die Überzeugung, Deutschland müsse, solle, könne allein, autark, autonom handeln, und zwar schnell, rücksichtslos und unerbittlich. Endlich wieder.

    Endlich spricht es mal jemand an:


    "Schauen Sie sich etwa im Fall Clausnitz die Pressekonferenz des Chemnitzer Polizeipräsidenten an, der die Flüchtlinge kurzerhand zu Tätern gemacht hat. Warum hat das keine Konsequenzen? Von Bürgern höre ich oft die Frage: Was habt ihr eigentlich aus Heidenau gelernt? Diese Frage stelle ich auch: Was hat Sachsens Polizei seit Heidenau gelernt?"


    und:


    "Es gibt in der Polizei großen Nachholbedarf bei der interkulturellen Kompetenz – und bei der Führungskultur. Wenn von Bühnen herab Volksverhetzendes gerufen wird, warum stellt die Polizei dort nicht Personalien fest? Ich frage mich außerdem, ob die Sympathien für Pegida und die AfD innerhalb der sächsischen Polizei größer sind als im Bevölkerungsdurchschnitt."


    - sagt immerhin der Vize-Ministerpräsident von Sachsen.


    Das ganze Interview hier:


    http://www.zeit.de/2016/11/sac…endepunkt/komplettansicht

    Der Bericht eines Dolmetschers, der mit im Bus war:


    https://www.facebook.com/sterntv/videos/1238901569457539/

    Danke für den Link, Bryn. Ziemlich genau so habe ich mir das vorgestellt: Todesangst bei den Menschen im Bus. Ich meine, die sind wer weiß wie lange unterwegs, haben Schlimmes erlebt, sind in einem fremden Land, wo sie kaum ein Wort verstehen und sitzen dann Stunden im Bus fest, während draußen 100 Männer stehen und Hassparolen schreien. Wundert sich da wirklich jemand, dass am Ende ein paar die Nerven verlieren und hässliche Gesten machen oder erwidern?
    Manche Menschen leiden ja unter Angsterkrankungen. Wie wäre/ist es denen erst ergangen?

    Das sehe ich auch so. Und noch mal die Frage: Wenn die Situation wirklich so gefährlich war, wieso wurde dann keiner der offenbar gewaltbereiten 100 "Demonstranten" festgenommen? Wieso wird dann gegen einige der Flüchtlinge ermittelt (noch dazu gegen Minderjährige, die den Stinkefinger gezeigt haben), aber gegen niemanden von denen, die die Lage haben eskalieren lassen?


    Ich persönlich tendiere ja zu der Antwort "faule, tendenziöse Ausreden". ;) Und wie gesagt habe ich so meine Vermutung, wo die Sympathien der Polizisten lagen.


    Hier ein längerer aufschlussreicher Artikel eines ehemaligen Clausnitzers. Lang, aber lesenswert.


    https://clausnitz.wordpress.co…sicht-eines-clausnitzers/

    Ich habe mir die Videos mehrmals angesehen, besonders das längere. Mir kann niemand erzählen, dass es da keine Alternative gegeben hätte, erstens wie schon von anderen geschrieben, durch die Anforderung von Verstärkung - und auch sonst wäre es sicherlich möglich gewesen, die Leute gewaltfrei aus dem Bus zu holen. Da wäre halt ein klein wenig Empathie nötig gewesen.
    Und den Leuten vorzuwerfen, dass da ein paar emotionale, beleidigende Gesten kamen - vor allem von einem Kind -, das ist schon armselig. Die Leute saßen stundenlang in dem Bus fest, während draußen eine zahlenmäßig weit überlegene Menge gegrölt und gepöbelt hat. Wahrscheinlich hatten viele der Menschen Todesangst, dass der Bus gestürmt wird, das wäre mir jedenfalls so gegangen. Ich war sprachlos, als ich von dieser Pressekonferenz gehört habe, und dass da jetzt gegen einzelne Flüchtlinge ermittelt wird. Wenn die Situation so bedrohlich war, dass man um die Sicherheit der Flüchtlinge Angst haben musste, wieso wird dann nicht gegen die Pöbler ermittelt? Wieso gab es nicht wenigstens mehrere Festnahmen?
    Ich finde, da darf man schon mal die Frage stellen, inwieweit die Beamten oder zumindest manche von ihnen mit den Pöblern sympathisieren.


    Nein, auf Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus hat Sachsen kein Monopol. Aber eine solche Pressekonferenz nach einem solchen Vorfall wäre an vielen anderen Orten undenkbar. Danach könnte der Polizeipräsident seinen Hut nehmen.


    Und was zum Teufel hat der Linksextremismus damit zu tun? Es ist eigentlich völlig egal, wie viel davon es gibt oder nicht - der erklärt rechtsextremistische Gewalttaten weder noch neutralisiert oder relativiert er sie irgendwie.


    Karlo Tobler lebt übrigens in Dresden, nicht in Würzburg. Und er ist nicht als "reicher Westler" hingefahren, sondern als Deutscher und vor allem als Mensch.