Leider habe ich es am Wochenende zeitlich nicht mehr geschafft, mich hier weiter an der Diskussion zu beteiligen. Einiges ist mir aber noch sehr wichtig.
Zum einen bin ich sehr froh darüber, in einem Bundesland zu leben, in dem die Wahl der Erstlesemethode bei der Klassenlehrerin oder dem Klassenlehrer liegt. Ich finde immer, dass es grundsätzlich ganz viel ausmacht, ob man hinter der Methode nach der man unterrichtet steht oder nicht. Es ärgerte mich und auch die Kolleginnen, die teilweise bewusst nach einer anderen Methode unterrichten, furchtbar, dass dieses Thema bei unserer letzten Landtagswahl Wahlkampfthema war. Wir haben eine lange Ausbildung. Ich habe bereits im Studium sehr viel über verschiedene Leselernmethoden gelernt, sie verglichen darüber diskutiert. Da finde ich es wirklich schlimm, wenn auf Wahlwerbeplakaten mit falsch geschriebenen Wörter gegen eine bestimmte Methode geworben wird und insbesondere Eltern dadurch verunsichert werden. Für mich sprechen die Vorteile einfach so deutlich für diese offene Methode, dass ich sie mir nicht so einfach verbieten lassen will. Es passt für mich einfach viel mehr zu meinem Bild vom Kind, danach lernen zu lassen. Vielleicht ging es aber anderen Lehrkräften genau umgekehrt und sie mussten plötzlich nach dieser Methode unterrichten? Nur so könnte ich mir einige Eurer Beschreibungen erklären. Das fängt schon damit an, dass diese Methode für mich wirklich nur einen Unterschied zu Beginn der ersten Klasse, eventuell bei einigen schwächeren Schülern durch das Hilfsmittel der Anlauttabelle auch noch bis in die zweite Klasse hinein macht. Danach sollte der Leselehrgang abgeschlossen sein und andere Themen des Deutschunterrichts stehen an. Auch wenn ich lese, dass Lehrerinnen keine 20 Hefte nachsehen können, schüttele ich den Kopf. Das ist doch mein Job! Vielleicht schafft man das nicht immer, aber doch möglichst regelmäßig. Was ich nicht für hilfreich halte, ist die Sätze oder Wörter richtig dazu zu schreiben. Erfahrungsgemäß schaut sich das kein Kind mehr an. Wir holen uns die Kinder für einzelne Lerngespräche und wählen Fehler aus, die wir gemeinsam besprechen und verbessern. Wenn ein Kind in der ersten Klasse eine ganze Seite geschrieben hat, kann es aber nicht alle Fehler verbessern, das würde überfordern und demotivieren. In der zweiten oder dritten Klasse (individuell unterschiedlich) werden aber selbstverständlich alle Fehler verbessert. Ausnahme in der ersten Klasse ist, wenn etwas veröffentlich wird z.B. im Schulhaus ausgehängt. Dann wird natürlich alles verbessert.
Insgesamt denke ich, gibt es in der Praxis (fast) nur Mischformen, die Lehrerinnen und Lehrer entscheiden eher, welchen Schwerpunkt sie setzen.
Wenn die Methode wirklich verboten werden soll, fände ich unbedingt fundierte wissenschaftliche Untersuchungen notwendig. Dann fände ich es aber auch ganz wichtig, alle Bereiche des Deutschunterrichts einzubeziehen. Wenn Kinder z.B. etwas schlechter in der Rechtschreibung aber dafür besser im Bereich Texte verfassen sind, lässt sich ja neu diskutieren.
Zur Frage schwächere Schüler oder auch Kinder mit auditiven Wahrnehmungsstörungen oder sonstigen Problemen: Mein Hauptgrund, warum ich diese Methode bevorzuge, liegt darin, dass sie mir die Möglichkeit lässt, alle Kinder individuell zu fördern. Das heißt, ich kann schwächere Schüler unterstützen ohne dass sie den Anschluss an die Klasse verlieren. Meiner Meinung nach ist die Methode viel besser auf die individuellen Förderung hin ausgerichtet, bei der Fibelmethode wird eher selektiert. (Kind kann es nicht, muss zurück gestellt werden)
Bei auditiver Wahrnehmungsstörung könnte ich mir z.B. die Unterstützung durch Lautgebärden vorstellen. Dies wurde uns auch bei einem schwerhörigen Kind geraten. Eventuell kann man auch die farbigen Silben der Silbenmethode oder relativ früh die Übung bestimmter häufiger Lernwörter nutzen, um diese Wörter dann schreiben zu können, ohne jedes Mal zu hören. Aber das sind nur spontane Ideen, ich denke da müsste ich mir so ein Kind genau ansehen, mich mit den Eltern austauschen. Eventuell gibt es auch Logopäden etc. die passende Tipps für genau dieses Kind haben.