Ich stelle es mir in dem Fall auch sehr schwer vor wenn man schon älter ist noch einmal komplett "Vollzeit" zu studieren und auf das bisherige Einkommen zu verzichten. Da müsste es die Möglichkeit geben, berufsbegleitend zu studieren.
Berufsbegleitend? Ihr redet noch von Medizin?
Ich gestehe, ich möchte die 7 Seiten nicht nachlesen, aber ein wenig Senf zum Thema Alter und Studium dalassen
In der Realität (klassischer Studiengang, vom Modellstudiengang, dessen Idee ich großartig finde und deutlich artgerechter scheint) sieht es so aus, dass jene, die kein Bafölg bekommen, Dienste übernehmen, an den Wochenenden, in der vorlesungsfreien Zeit, aber auch in der Prüfungszeit, die je nach Uni mitunter eigentlich immer ist. Man profitiert zumindest in den ersten beiden Jahren von der Praxis, die man aus einer pflegerischen Ausbildung kennt, nicht, erspart sich aber das Pflegepraktikum und Gewinnt hier Zeit - idealistisch zum Arbeiten und Geld verdienen fürs nächste Semester, realistisch, um Stoff nachzuholen. so man die Ausbildung auch abgeschlossen hat.
Es hat Vor- und Nachteile, später anzufangen. Den Veränderten Lebensstil würde ich als nebensächlich bezeichnen. Wer mit diesem Studium anfängt, opfert dem seinen Lebensstil, ob er Geld hat, oder nicht. (Fast) Kein Geld der Welt würde einem Helfen, mehr Zeit zu haben, dieses ausgeben zu können (eine rundumhaushaltshilfe vielleicht, aber das kann man sich normal ja auch nciht leisten;)). Blöd ists nur, wenn man Verpflichtungen wie Kredite hat, die bedient werden müssen. Eine Studierende hat dafür Vollzeit im Rettungsdienst gearbeitet inklusive Überstunden und ist teilweise aus der Nachtschicht kommend zum Praktikum gekommen, um dann wieder auf Nachtschicht zu fahren. Bitte nicht machen, ganz ganz schädlich und vergeblich investierte Zeit und Arbeit!
Ich liste mal etwas nach persönlichem Geschmack auf:
Vorteile:
- man könnte bereits Kinder haben, die man als Berufseinsteiger nicht mehr bekommen muss und damit ein attraktiverer Arbeitnehmer für die Weiterbildung sein (naja, attraktiv im sinne von "fällt nicht aus" - ich weiß nicht, wie es anderen Raben so geht, aber mit 36 kann ich was Attraktivität angeht, mit ner Mitzwanzigerin nicht mithalten )
- ein Lebensmittelpunkt in der nähe einer Universität mit Kindern u. / o. verheiratet führen dazu, dass man fast mit einer schwerbehinderten Person gleichauf bei der Vergabe berücksichtigt wird
- Wartesemester (gibt es leider nicht mehr, damit haben die sich einen Bärendienst erwiesen, da die Vielfalt unter Studierenden extrem abgenommen hat und man deutlich eine Verarmung zu aller Nachteil feststellen kann, der sich bis ins Berufsleben fortsetzen wird)
- mehr Lebenserfahrung und persönliche Reife - man hat einfach nicht die Probleme von kleinen Erstis, die zwar mit 1,0ler abi und 17 im Präpsaal stehen und mit dem Haushalt überfordert sind - und die, was Lebenserfahrung angeht, die folgenden 7 Jahre mit persönlicher Reifung keine Zeit verbringen werden, weil sie anderes zu tun haben - in Sozialer hinsicht bedeutet das Studium für viele, dass die soziale Entwicklung, die eigentlich in den zwanzigern stattfinden sollte, aussetzt (Soll um Gottes Willen kein Vorwurf sein, dafür lernen und entwickeln sie anderes)
- man hat keine Zeit mehr, Wohlstand zu vermissen
- es macht in jedem Alter Spaß, Dinge zu lernen, die einen Interessieren und bedeutet einen Schritt Demenzvorsorge, sich nachhaltig und langanhaltend zum Lernen in höherem Alter zu verpflichten
- Man trinkt eventuell (mangels anschluss) weniger als seine Kommilitonen, was der Leber zweifelsfrei zugute kommt
Nachteile:
- die Jahre, die man eventuell mit gutem Einkommen arbeiten kann, sind weniger
- tendentiell schlechtere Aufstiegschancen, so man es Anstrebt, Klinikchef zu werden - das dauert einfach Zeit und wenn man nur noch 20 Jahre Berufsleben vor sich hat inklusive Weiterbildung zum Facharzt, dann ist das zum Aufsteigen einfach mau
- man is halt keine 20 mehr und es ist körperlich auf eine andere Art belastend
- man findet schlechter Anschluss (wenn man Ü30 ist)
- wenn man Kinder hat, dank der Umstellung mit den Wartesemestern: man fühlt sich als Außerirdischer und kann mitunter nur mit Mühe Kontakt zu anderen aufbauen, der auf "derselben Ebene" ist; es mag ja manchmal die Seele streicheln, wenn einem eine junge Studierende sagt: "Ich weiß gar nicht, wie du das schaffst!" (und man selbst sich das auch fragt), in Summe fehlt aber der Erfahrungsaustausch mit anderen, wie die dieses oder jenes hin bekommen, weil man mehr oder weniger der einzige ist, der das mitmacht
- noch nicht aktuell, wird sich aber eventuell aus dem Punkt obendrüber ergeben: Es wird weniger wahrscheinlich, Universitäten zu finden, die Kinderfreundlich sind. in Dresden gibt es für die Vorklinik und seit einem Jahr erstmalig für die Klinik eine Seminargruppe, in der Eltern gesammelt werden, und in der Versucht wird, die Zeiten der wirklich vielen (!!) Pflichtveranstaltungen so zu legen, dass sie mit der Kinderbetreuung halbwegs vereinbar sind. wenn es nur noch einzelne Eltern gibt, wird der Aufwand wahrscheinlich bald aufgegeben.
Was das Lernen angeht, finde ich, ist das Alter weder Vor- noch Nachteil. Die Methoden, die man aus dem Abitur mitbringt, sind ABSOLUT ungeeignet, um mit dem Stoff im Studium umzugehen. Allein im ersten Testat zum Bewegungsapparat lernt man mehr als in 2 Jahren Abitur. Es mag von Vorteil sein, dass Physik, Chemie, Biologie aus der Schule nicht lange her ist, wenn man jung ist (wobei gerade Physik ein Hassfach durch alle Alterklassen ist), aber man erspart sich als ältere Person den Frust, den es bedeutet, auf der Nase zu landen, weil man leider erst spät merkt, dass man das Lernen so oder so neu lernen muss, was man eher rechtzeitigt tut, wenn man weiß, dass da nichts mehr ist
Eine Freundin von mir, 50 und eine Hand voll erwachsener Kinder, hat gar kein Abitur. Sie bekam ihren Studienplatz, weil eine Weiterbildung, die sich nach einigen Jahren gemacht hatte, als Abitur gezählt wurde und dort hatte sie eine 1,0. An ihr sieht man sehr deutlich, was verloren geht - sie ist ein Sammelpunkt für sehr viele junge Leute. Manche schauen auf sie herab, aber viele profitieren ungemein davon, dass sie immer bei ihr vorbei schauen können, bewirtet werden, ein offenes Ohr finden - und sie profitiert ungemein davon, dass da so viele junge Leute sind, die mit ihr lernen. Ich auch Ohne sie hätte ich Physik vielleicht auch nicht bestanden, für mich war neben der wirklcih guten Nachhilfe, der Rückhalt durch sie und das gemeinsame Leiden wichtig.
Und was das Arbeiten und die Entwicklungen im Gesundheitssystem angeht:
Angesichts der Entwicklung stehen einem wahrscheinlich alle Türen offen. Niemand ist gezwungen, für sein Auskommen in einer Klinik zu arbeiten. Es sei denn, man hat ein Hausarztstipendium oder Landarztprogramm gewählt. Und als gut ausgebildeter Mensch, ist es im Zweifel sicher möglich, seinen Lebensmittelpunkt an einen lebbareren Ort zu verlagern. Allerdings neige ich nicht dazu, mir darüber den Kopf zu zerbrechen, was weiß man heute, was in 6 Jahren ist, da machen mir noch ganz andere Dinge Sorgen...
Noch eine Medienempfehlung für die Tochter: es gibt überall, am liebsten bei Youtube einen großartigen Podcast, der sich genau damit befasst:
die haben sehr ausführliche Folgen über diverse Eignungstests und Zugangsmöglichkeiten! (und zum Überleben im Studium;))
Edit: ich empfehle explizit Youtube, da sie hier ein bisschen Einnahmen generieren können und den Podcast nicht für Lau aufnehmen müssen, also gerne auch die Werbung einfach laufen lassen ;))