Peppersweet, du erklärst das sehr schön. Danke. Ich glaube, meine etwas ins unreine geschriebenen Erklärungen gingen auch mehr in die Richtung: "Wie integriere ich die Elternzeit so in die Karriere, dass weder ich selbst noch potenzielle Arbeitgeber es als Verlust empfinden."
Natürlich können Juristen - wie alle anderen auch - so lange promovieren, wie sie wollen. Das ist - ohne Lehrstuhlanbindung, was eigentlich die Regel ist und auch die Regel sein sollte, weil nicht jeder, der eine juristische Promotion schreibt, auch wissenschaftlicher Nachwuchs für die Uni-Laufbahn, sprich: die Professur ist - letztlich Privatvergnügen. Das bedeutet auch: freie Zeiteinteilung (ohne Lehrstuhlanbindung). Und die Baby- und Kleinkindzeit kann man aus meiner Sicht eben leichter mit einer Beschäftigung "in freier Zeiteinteilung" kombinieren als mit einem Job, wo man nicht nur täglich anwesend sein soll, sondern vielleicht noch für Verhandlungen morgen nach München und übermorgen nach Hamburg fliegen muss, übertrieben gesprochen. Oder in der Berufseinstiegsphase in seinen Bestrebungen entweder von Dienstvorgesetzten oder Partnern beäugt wird.
Insofern könnte die Idee, mal grob zusammengefasst, so lauten: 1. Staatsexamen machen, Promotion vorbereiten/Elternzeit/Promotion voranbringen. Vielleicht Elternzeit splitten oder ähnliches, je nach Bedarf. Wenn beispielsweise Mini Krippenalter oder KiGa-Alter hat, könnte/sollte die Promotion stehen (Verfahren muss ja noch nicht gelaufen sein) und das Referendariat starten - denn dessen Zeiten sind mit den Betreuungszeiten wirklich kompatibel, während das nicht unbedingt bei jedem juristischen Vollzeit-Beruf der Fall ist.
Zumindest für meine Generation ist noch die bittere Wahrheit, dass Arbeitsabläufe nicht flexibel genug sind und Kollegen (und -innen) häufig zu konkurrentig, um den Kolleginnen mit Kindern entgegenzukommen. Ein Kind bedeutet eine Unterbrechung, immer, egal wann - und zumindest eine zeitliche Reduktion des Engagements. Die Frage ist nur: Wann nimmt die in Kauf. Wenn man ohnehin noch in der Ausbildung ist? Also genommen bis Ende des 2. Staatsexamens, die Promotion ist hier (sinnvolles) Beiwerk oder wenn man im Berufsleben einsteigt. Dann wird eine Juristin schnell auf die juristischen Hilfsarbeiterstellen reduziert bzw. bekommt das hässlichste Dezernat. Es muss nicht so sein, aber Abstriche in einer Phase machen zu müssen, wo dann sonst niemand Abstriche macht, ist einfach schwieriger als dort, wo alle noch nicht so genau wissen, wo ihre Berufs- und Lebensreise langgeht.
Anderer Tipp: Von den Männern nicht irre machen lassen, liebe Angua. Wenn die Zwischenschritte mit weniger Aufwand gehen müssen, geht es auch. Das glaubt man aber nicht, wenn man - vor allem - männliche Kollegen reden hört. Tut mir leid, dass ich jetzt so schlimm gendern muss, ich halte das aber für eine natürliche Folge der früheren gesellschaftlichen Gegebenheiten. Männer konnten eben sechzig Stunden die Woche in ein Gutachten/einen Fall/die Examensvorbereitung/Promotion etc. investieren. Daraus hat sich ja auch die Rollenverteilung gerechtfertigt, denn wer so viel arbeiten muss, kann nicht nebenbei Wäsche waschen *lol*. Das gilt aber natürlich auch a) für Frauen mit derselben Laufbahn (deswegen gleich mit Unterstützung planen) und b) genügt für viele Fälle der zielgerichtete halbe Aufwand, wenn man es sich traut. Das ist aber sehr schwer, weil bei uns ja alle permanent über ihren Examens/Promotions-/Referndariat/2.Examens-Stress stöhnen. Wenn man das hört, kann man nie Kinder bekommen.
Und noch kurz zu Moose: Ja, ich habe die gutbezahlte Elternzeit auch genossen, hatte aber leider eine andere Art von Job, in den ich zurückgekehrt bin und es daher weniger genossen, dass ich wegen Kinderkrankzeiten Blut und Wasser geschwitzt habe und aus der Kinderklinik zu Verhandlungen oder Veranstaltungen gefahren bin, weil mein Umfeld leider nicht gewillt war, moderne Großzügigkeit an den Tag zu legen.
Vielleicht also das noch ein Gedanke: Partnerschaft bedeutet auch, hier mit einzuspringen, wenn zeitlich nicht möglich, dann wenigstens finanziell. Das sollte vorher klar sein .
Liebe Angua, verzeih das lange Brainstorming, aber ich wusste schon, dass ich später nicht mehr zum Antworten komme. LG und alles Gute.
Ps: Das Leben hat immer Recht, wir können uns irren