Eine vernünftige Imofaufklörung und ein Ernst nehmen etwaiger Impfprobleme wäre schön mal viel wert, aber ich weis aus meiner Pharmazeit , dass man da darauf geschult wird, Imofnebenwirkzngen weg zu argumentieren, es ist ganz schwierig Probleme tatsächlich auf den Impfstoff zu beziehen, es kann (und muss) immer was anderes sein ...mehr Ehrlichkeit auf beiden Seiten wäre da absolut wünschenswert...
Das möchte ich absolut unterschreiben.
Ich habe leider den Eindruck, dass es vielen Ärzten dafür schlicht an der Fachkenntnis fehlt. Ein Paradebeispiel dafür war unser Kinderarzt. Er verabreicht ja dutzende von Impfungen täglich, reserviert einen Nachmittag pro Woche, um eine spezielle knapp 1-stündige Impfberatung (pro Kind) durchzuführen, hält sich mit Fachliteratur zum Thema auf dem Laufenden, und trotzdem gab es zwei Situationen, bei denen ich dachte: Puh, wenn das schon ihm passiert - wie sieht es dann beim Hausarzt aus, bei dem das Impfen nur ein Thema unter einer Million ist?
Eine Situation war, dass T nach einer Platzwunde, die genäht werden musste, eine Simultanimpfung (aktiv & passiv) bekam. Wäre ich dabei gewesen, hätte er nur passiv bekommen, aber mein Freund hatte ihn zum Arzt gefahren. Jedenfalls habe ich das zum Anlass genommen, eine Frage loszuwerden, die ich mir schon ewig zur Simultanimpfung gestellt hatte, nämlich ob es nicht blöd ist, Antikörper und das Antigen gleichzeitig zu spritzen - ob dann nicht manche von den Antikörpern an dem Antigen andocken, statt am Toxin, das sie eigentlich wegfangen sollen. Und umgekehrt das Antigen nicht so viele Antikörper stimuliert wie es würde, wenn nicht die passiv-Antikörper an einem Teil davon angedockt hätten. Ob es nicht besser wäre, erst passiv und dann vielleicht 1-2 Wochen später aktiv zu impfen. Seine Antwort war, die Antikörper wären gegen das Bakterium gerichtet, das Antigen wäre das Toxoid, also eine unschädliche Variante des Giftstoffs. Klang beim ersten Hören für mich plausibel. Ich habe dann nachgelesen, war natürlich totaler Quatsch. Die beiden reagieren tatsächlich miteinander. Um das ein bisschen einzudämmen, soll man laut Beipackzettel das eine ins eine Bein und das andere ins andere Bein spritzen (wie sinnvoll das wohl sein mag - Antikörper möglichst nahe an der Verletzung, Antigene möglichst weit weg könnte ich besser nachvollziehen). Beim nächsten Besuch habe ich ihn dann nochmal danach gefragt, und er hat geleugnet, jemals sowas gesagt zu haben. Natürlich sei das Quatsch, ich müsse wohl was falsch verstanden haben .
Die andere Situation war, dass er mir die Sicherheit von Impfungen anschaulich machen wollte, indem er meinte, in seiner Praxis seien ihm erst zwei Mal massive Impfnebenwirkungen untergekommen, und davon seien dank guter Behandlung keine bleibenden Schäden geblieben. Ich hatte dann mal grob überschlagen, wie lange er seine Praxis schon hat, wie viele Kinder er pro Tag ungefähr behandelt, und wie viele Impfdosen das maximal etwa sein können. Ich bin auf 15000 gekommen. Zwei Fälle, die er definitiv als Impfnebenwirkung einsortiert hat (ist ja schon mal was!), und für so gravierend hält, dass er es seiner Behandlung zuschreibt, dass keine Langzeitschäden geblieben sind, finde ich bei 15000 Impfungen ehrlichgesagt horrend. Ich habe sowieso das Gefühl, dass Ärzten - wie dem Großteil der Bevölkerung - das Gefühl für große Zahlen fehlt. Bei Ärzten fände ich es aber wichtig, sich das immer wieder bewusst zu machen, und das passiert mE viel zu wenig.
Wenn ich beispielsweise davon ausgehe, dass die Polioimpfung sehr gut verträglich ist und nur in einem Fall von 1 Million Impfungen zu schweren Schäden (Langzeitschäden oder Tod) führt, dann hilft nur eine solche Bewusstmachung, in Zahlen umzusetzen, dass ich bei einer Bevölkerung von 80 Millionen in Deutschland, die alle 10 (?) Jahre ihre Impfung auffrischen sollen, jährlich 8 Millionen Dosen verabreichen und damit 8 schwer Geschädigte produzieren würde. Und das, indem ich Gesunde vor einer Erkrankung schützen möchte, die 1992 zuletzt in Deutschland auftrat.
Mag ja sein, dass die Aufrechterhaltung eines flächendeckenden Impfschutzes in jedem Fall die beste Lösung ist (dass sie das für die Entscheidungsträger ist, ist logisch - einen Poliokranken identifiziert man sofort und eindeutig, einen Impfgeschädigten nicht). Aber wenn jemand mich davon überzeugen möchte, erwarte ich mir dafür bessere Argumente als (sinngemäß) "Schluckimpfung ist süß - Polio ist bitter" (falls das noch jemand kennt ) und behalte mir bis dahin vor, meine eigenen Schlüsse zu ziehen.
Das Ganze kann man sinngemäß natürlich auch auf die Masern übertragen (nur dass die hier noch nicht ausgerottet sind).
Noch ein schönes Beispiel von vor etwa 15 Jahren, als ich mich noch mit dem Thema beschäftigt habe: Der damalige Stiko-Vorsitzende Heininger wurde in einem Interview gefragt, wieso für Impfstudien so häufig in der Placebogruppe andere Impfungen als Vergleich genutzt würden, und nicht etwas Neutrales. Seine Antwort war, dass man das sonst von keiner Ethikkommission genehmigt bekäme, die Probanden müssten einen Nutzen davon haben. Ich bin mir zwar nicht sicher, ob das Argument auf überhaupt irgendeiner Ebene zieht. Mir ist nicht bewusst, dass bei irgendwelchen anderen Medikamentenstudien die Placebo-Gruppe einen Nutzen hat. Aber sein Argument hinkte auch dahingehend, dass bei vielen anderen Studien die Impfung getestet wurde gegenüber dem Trägerstoff ohne die aktive Komponente (also ohne das geschwächte Virus o.ä.). Aber mit Konservierungsmittel, Wirkverstärker, usw. Das erscheint mir unnötig unsauber. Es muss doch möglich sein, als Placebo den Volumengeber ohne Wirkverstärker, Konservierungsmittel usw. zu verabreichen.
Um mich von sämtlichen empfohlenen Impfmaßnahmen zu überzeugen, müsste jemand mir den Eindruck vermitteln, dass er Ahnung hat von dem, was er erzählt, er müsste meine Fragen beantworten können und die Abwägungen, die zu den Empfehlungen führen, begründet erläutern können. Dass das ein 08/15-Arzt nicht leisten kann, der zusätzlich zum Impfen noch wahnsinnig viel anderes auf dem Schirm haben muss, ist mir klar. Und ich suche den Arzt ja auch nicht wegen des Impfens auf, sondern weil er hoffentlich so einen schönen Gesamtüberblick hat.
Aber wenn es wenigstens eine Online- oder reale Anlaufstelle gäbe, die Fragen zufriedenstellend beantwortet, könnte zumindest mir (und vielleicht anderen Kritikern) das was bringen. Denn ich finde Impfungen grundsätzlich schon toll. Aber nicht, dass sie mit der Gießkanne verteilt werden.
Insgesamt gibt es ja gar nicht viele Impfkritiker und Impfgegner. Das RKI schreibt, dass 98,5% der Erstklässler zumindest die erste Masernimpfung bekommen. Die relativ große Abnahme auf unter 80% für die zweite Impfung schreiben sie eher Vergesslichkeit bzw. sonstigen Umständen zu als einer generellen Nicht-Bereitschaft. Klingt für mich plausibel.
Angesichts dessen halte ich den Aktionismus in Richtung Impfpflicht aber für völlig fehlgeleitet. Bessere Erinnerungsmechanismen, Ansprechen von ungeimpften Erwachsenen, und insbesondere transparente, sachkundige Aufklärung halte ich für wesentlich zielführender und vor allen Dingen respektvoller.