Mich piekst es ganz unrationell ziemlich an, da kann ich gerade nicht aus meiner Haut, dass hier von vielen über Schmerzmittel geschrieben wird, als seinen die grundsätzlich etwas optionales. Also etwas, dass man nehmen oder lassen kann.
Das finde ich einen eigenartigen Zugang, ehrlich gesagt. Ich behaupte mal, jemand, der das grundsätzlich so sieht, war noch nie mit dauerhaften, unerträglichen Schmerzen konfrontiert, kann das sein? Für mich klingt das alles ein wenig nach „mach mehr Sport, dann brauchst du keine Herztabletten.“ Kann ich leicht sagen, wenn ich nicht herzkrank bin.
Ich kann grad nichts ad hoc zitieren, aber es gibt inzwischen doch recht gesicherte Erkenntnisse dazu, dass Schmerz an sich auf Dauer dem Körper auch Schaden zufügt.
Die Mittel natürlich auch, aber die nehme ich doch eh nur, wenn ich die brauche, oder?
Also, wenn sich die Frage stellt, OB ich was nehme, dann beantwortet sich die Frage ja eigentlich von selbst…
Schmerzmittel sind halt nicht das Mittel der Wahl bei Migräne, bei manchen Patienten hilft nichts anderes oder Triptane sind kontraindiziert, aber ich nehme auch so wenig Schmerzmittel wie möglich, obwohl ich derzeit eher bei 15 Tagen im Monat liege. Man sollte nicht mehr als 10 Tage im Monat Schmerzmittel und Triptane nehmen, an 20 Tagen des Monats nichts, wenn man drei Monate in Folge mehr nimmt, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einen medikamenteninduzierten Übergebrauchskopfschmerz zu bekommen und dann hilft nur noch Entzug unter ärztlicher Aufsicht.
Du bist doch auch Migränepatientin, oder? Was machst du den Rest der Zeit, wenn die zehn Tage aufgebraucht sind? Bei mir hätte das zB über mindestens ein Jahrzehnt geheißen, dass ich dauerhaft funktionsunfähig gewesen wäre. Jeden zweiten Tag ein Anfall, der mit Medikation zwischen 12 und 24 Stunden dauert, ohne bis zu drei Tage. Da hätte ich in keiner Weise mehr am Leben teilnehmen können, kein Beruf, keine Erziehungsaufgaben, ich hätte über weite Strecken nicht mal Essen und Körperpflege geschafft. Es hat vier Jahrzehnte gedauert, bis endlich ein Medikament die Situation wesentlich verbessert hat bei mir.
Meine Tochter würde, gäbe ich ihr keine Schmerzmittel, jede zweite Woche für mindestens drei Tage nicht zur Schule gehen können, wahrscheinlich öfter, weil das Monster Migräne ohne Behandlung gern intensiver wird.
Das sagt sich alles so leicht, finde ich. Und ja, natürlich haben wir immer Reservemedikamente zu Hause. Zwei, drei Flaschen Schmerzsaft als Hamstern zu bezeichnen (find jetzt nimmer, aber irgendwo kam das) ist aus meiner Sicht schon etwas skurril (oder man ist in der privilegierten Situation, zu jeder Tages- und Nachtzeit eben schnell mal zur Apotheke huschen zu können).
Vielleicht könnte bei all diesen Diskussionen bedacht werden, dass dieses Miesmachen von Medikamenten bei einigen Menschen echt wunde Punkte treffen kann… 