Alles anzeigenes ist wichtig, eine klare täter-opfer-einteilung zu haben. und opfer, namentlich komplett unschuldig und unbeteiligt an dem unrecht zu sein, was einem geschieht, ist nichts ehrenrühriges.
allerdings wird in der öffentlichen debatte, gerne auch von männerseite, darauf hingewirkt, dass es was sein soll. wenn ich das wort "opferrolle" zum beispiel lese, möchte ich was anzünden.
so geht es nämlich los: wenn du "nicht das opfer sein" willst, hast du IMMER auch eine beteiligung an der scheiße, bist selbst schuld. das weise ich von mir. selbst, wenn ich den dreck selbst mit reproduziere. selbst, wenn ich was "mit mir machen lasse" (noch so eine bullshitwendung, bei der ich anzünden will).
die linie IST klar. es gibt da schwarz und weiß und kleine graue ränder. wer das negiert, bringt nur eine seite voran...
Siehst du, und das ist DEINE Definition. Die Linie ist nicht klar, und du betreibst in deinen letzten Posts immer wieder, die Täterrolle männlich auszufüllen. Ob das jetzt Genderkacke ist, um die es hier ja passender Weise geht, dürfen gerne andere Raben beurteilen. Ich finde schon.
Dass du die Möglichkeit, sich aktiv und aus eigener Kraft aus einer Abhängigkeit zu befreien als "Bullshitwendung" bezeichnest, mag für dich stimmig sein, für mich muss es das nicht.
Abseits von unserer persönlichen Erfahrung, die ja offenbar sehr auseinander geht, finde ich viel daran wie Psychogen wie Ruth Cohn oder Viktor Frankl mit ihrem Dasein als Opfer umgegangen sind.
Aus dem was ich daraus schließe, gibt es verschiedene Ebenen dieses Begriffes und nicht jede ist für jeden hilfreich zu betrachten. Und schon gar nicht erlebe ich es als hilfreich, mich aufgrund meines Frauseins per Definition als Opfer zu sehen.
Natürlich bin ich Opfer struktureller Diskriminierung, z. B. bei der Arbeitssuche oder der Wahl meines Wohnortes.
Aber klar ist das für mich als als alleinerziehende möglicherweise deutlicher spürbar, z b. Bei der Besteuerung meines Einkommens, als für eine Mutter, die sich im Schutz einer paarbeziehung befindet. Umgekehrt ist für andere Mütter der gender Renten gap irgendwann ein riesenthema, da zeigt sich die strukturelle Diskriminierung halt viel später im leben. Dass Frauen im Schnitt 20% weniger verdienen, ist sicher nicht individuelle Blödheit.
Es ist andererseits nicht ungewöhnlich, dass Frauen erst dann zu Feministinnen werden, wenn sie Kinder bekommen. Wie Patrick sagte, es heisst Patriarchat, nicht maskulinat.
Ich hab mir in den letzten Stunden schon so meine Gedanken gemacht, wie wir den Begriff des Opfers denn so unterschiedlich auffassen können, aber nachdem offenbar dazu nur eine fundierte Meinung haben kann, wer sich nicht "im Schutz einer Paarbeziehung" befindet, lass ich das mal lieber.
Ehrlich, mich ärgert es, dass sich hier seitenweise darüber aufgeregt wird - zurecht - dass das Gender eines Kindes so überbewertet wird etc. und dann steht hier ganz unangefochten, dass Frau ja sowieso nur eine Chance hat, wenn sie einen Kerl zur Seite hat und jedes Glauben an Selbstwirksamkeit eine Selbsttäuschung ist.
Das ist nun mal sicher nicht das weibliche Selbstverständnis, das ich meinen Töchtern wünsche.