Drahtesel , genaue Stundenzahlen interessieren bei mir niemanden, nur das Output muss stimmen. Da wird immer sehr viel erwartet und die meisten Kolleg_innen arbeiten 50-60 Wochenstunden. Wenn ich deutlich weniger arbeite, schaffe ich auch deutlich weniger, und das fällt dann irgendwann auf.
Sakura , das ginge bei uns auch. Aber wow, das hältst Du durch? Das bedeutet ja für Dich keinerlei Freizeit, keinerlei Zeit für Sport, gerade mal 8 Stunden Nachtruhe (und Du wirst vermutlich nicht übergangslos vom Schreibtisch einschlafen können), und keine einzige Mahlzeit als ganze Familie. Ist das nicht wahnsinnig anstrengend für Dich? Kannst Du Dich denn dann auch konzentrieren, mit so wenig Schlaf/Zeit für Dich/Zeit für Sport?
Ja, das ginge bei uns auch, aber dazu bin ich irgendwie nicht bereit - damit würden wir als Familie die komplette "Corona-Last" auf uns nehmen, auf Kosten unserer Familienlebens und letztlich meiner Gesundheit (Sport, Schlaf). Es geht zwar nur um ein paar Wochen, aber ich sträube mich trotzdem dagegen. Der Arbeitgeber sollte doch auch seinen Teil der "Corona-Last" tragen. Du hast aber natürlich recht, theoretisch ist es möglich, und wir werden wohl eine abgeschwächte Version davon ausprobieren.
Ich habe es jetzt einfacher als vor der Pandemie. Jahrelang habe ich um Home Office gekämpft und 1001 Ausrede zu hören bekommen, warum das nicht gehen würde. Mein Tagesablauf sah bis vor 3 Wochen so aus, dass ich um 4:00 Uhr aufgestanden bin, duschen und Brotzeit für die Kinder richten, 4:45 Uhr zum Bahnhof (einige km, da wir außerhalb wohnen), dann 2 Stunden Zugfahrt in die Landeshauptstadt, 10 Stunden Arbeiten (weniger ist nicht drin, vor den Kindern waren es regelmäßig 12 - 14 Stunden), dann 2 Stunden Zugfahrt zurück (im Stehen, nach der Hälfte der Strecke im Sitzen) und als letzter Akt um 21:00 Uhr die Kinder ins Bett bringen und dabei als Erste einschlafen. Oft noch Arbeiten am Samstag (und mein Mann dann am Sonntag). Wenn ich das so nicht leisten (können) würde, dann müsste ich mir einen anderen Job suchen.
Ich bin aber auch nicht mehr so jung, dass ich das jeden Tag schaffe. An den 1 - 2 freien Tagen pro Woche (wechselt je nach Arbeitsanfall beim Arbeitgeber) mache ich vormittags den Haushalt und Einkaufen, nachmittags Hausaufgaben mit den Kindern und Vorbereitungen für diverse Ehrenämter. Abends gehen abwechselnd mein Mann oder ich zu den Vorstandssitzungen oder anderen ehrenamtlichen Arbeitseinsätzen. Wir geben uns seit Jahren die Klinke in die Hand, gemeinsame Ausflüge machen wir nur im Urlaub. Vielleicht harmonieren wir deshalb so gut, wir hocken uns ja nie auf der Pelle.
In der letzten Woche war ich fast jeden Tag nach der Mittagszeit mit den Kindern draußen in der schönen Sonne. Sind ein Stück spazieren gegangen und haben unser Mittagessen auf einer Wiese gepicknickt. In der Früh machen wir in aller Ruhe Frühstück. Den Rest der Zeit verbringen wir mit Home Schooling und ich versuche die kleineren Kinder bei Laune zu halten. Nachmittags auch mit intensivem Fernseheinsatz, damit ich etwas Schriftkram erledigen kann. Wir haben so viele Dinge auf unserer To-do-Liste, die wir noch gemeinsam machen wollen, dass ich mich fast schon freue. Ich traue mich gar nicht, das zu sagen: Ich profitiere, andere sterben.
Sport und ausreichend Schlaf sind Mangelware in meinem Leben der letzten 20 Jahre. Ich denke, dass ist auch ein Hauptfaktor für mein Übergewicht und in letzter Zeit zunehmendem Kränkeln. Gelegentlich habe ich den Eindruck, dass - wenn es noch einige Wochen so weiter geht - ich jetzt zu Corona-Zeiten auf einmal mehr für meine Gesundheit tue als die ganzen Jahre zuvor. Mein Arbeitgeber kommt mir entgegen, dass ich meine Arbeitszeit auf den ganzen Tag aufsplitten kann, sonst wäre es nicht möglich, alles miteinander zu vereinbaren. Nichtsdestotrotz gehe ich stark davon aus, dass der Staat sich für die jetzige Situation noch etwas einfallen lassen wird. Es sind ja nicht nur ein paar Hanseln von den Schul- und Kita-Schließungen betroffen, sondern die ganze Republik.