Irgendjemand weiter vorne schrieb, sie sei "entsetzt". War ich auch - vor ein paar Jahren.
"Früher" gab es halt die böse NPD (und die DVU), wer die gewählt hat, war ein schlimmer Nazi. Und dann haben sich ganz viele in der CDU/CSU und ein paar vermutlich auch in den anderen Parteien getummelt, die nicht offen rassistisch waren, aber trotzdem rechtsorientiert/rechtsoffen/wertkonservativ, etc. Dort waren sie schön versteckt und keiner hat sie gesehen, außer wenn sie auf Familienfeiern betrunken waren oder unter ähnlich Denkenden. Jetzt sieht man diese Leute halt im hellen Tageslicht, weil eine Partei entstanden ist, die genau diese Wähler auffängt und die Lücke schließt.
Mit einem humanistischen Weltbild wählt man nicht die AFD. Wer sich sonst in der CDU verstecken konnte und sich (auch vor sich selbst) nicht entscheiden musste, muss das jetzt tun und sich die Frage stellen, auf welcher Stelle der Linie humanistisch-menschenverachtend er genau steht. Da gibt es bestimmt auch einige, die irgendwann wieder zurückwandern zu einer anderen Partei. Das wird aber nichts daran ändern, dass sich jetzt ganz offiziell gezeigt hat, dass ein Drittel der Menschen in Brandenburg und Sachsen entweder klar rassistisch eingestellt ist oder dies zumindest akzeptabel/vertretbar findet.
Und ich befürchte, einem Großteil dieser Menschen kann man es ohnehin nicht recht machen, denn die "heile Welt", die sie gerne (zurück)hätten, existiert nicht mehr. Wenn ihnen Lösungen für Teilprobleme angeboten werden, werden sie unzufrieden bleiben, weil ja nicht alle Probleme gelöst sind.
Ich bin mit meiner Familie schon angefeindet worden, weil wir in diese Vorstellung einer heilen Welt offensichtlich nicht hineinpassen und das macht mir Angst und es macht mich unfassbar wütend. Ich bewege mich in bestimmten Gegenden Deutschlands vorsichtiger und versuche mich totzdem nicht entmutigen zu lassen und weiter aktiv für eine Welt einzustehen und zu werben, die offen und tolerant ist. Aber dieser Kampf ist auf Dauer sehr ermüdend...