Und mindestens so lange, wie auch nur ein*e Entscheidungsträger*in das so sieht, darf aus meiner Sicht kein Vermerk ins Zeugnis, weil dann immer der Gedanke mitschwingen wird, dass die Person, die Leistung erbracht hat, dies ja nicht bzw nicht so gut geschafft hätte, wenn sie nicht einen Vorteil erhalten hätte.
Dabei können Nachteilsausgleiche und Notenschutz ja so gut wie immer nur einen Teil der Nachteile ausgleichen, die entstehen, wenn man eine Behinderung oder Beeinträchtigung hat.
Wie ich oben ja schon schrieb, finde ich das gesamte Zeugnis-Konzept sowieso Scheiße und schon vom Grundsatz her nicht in der Lage, das zu erfüllen, was es der Idee nach leisten soll.
Aber die Idee hinter dem Zeugnis ist es meinem Verständnis nach ja, nicht eine Bewertung einer Person als Ganzes bereitzustellen, sondern "nur" ein Instrument für eine Beurteilung einer grundsätzlichen Tauglichkeit für eine Berufsrichtung.
Bei einer Zulassung zum Studium wird das nach meinem Verständnis eher als persönliche Verantwortung verstanden, dass man sich am besten einen Studiengang aussucht, für den man auch geeignet ist (auch wenn ich mir das zumindest für das Lehramt anders wünschen würde). Aber da ist man ja - vielleicht abgesehen davon, dass man einer vielleicht geeigneteren Person einen Studienplatz "wegnimmt" - nur selbst der/die Leidtragende, wenn man erst später feststellt, dass es nicht funktioniert.
Aber wo ist der Vorteil für irgendwen, wenn eine Nichteignung, die ich bei einer (Lehr-)Stelle, die ich zu vergeben habe, erst nach ein paar Monaten feststelle und der Person dann kündige?
Eine Person mit Dyskalkulie ist halt vielleicht nicht die geeignetste Wahl für eine Ausbildung in der Bank oder der Buchhaltung, und ähnliches gilt für manche Berufe hinsichtlich Personen mit Legasthenie, für Menschen, die stark stottern, usw.
Wenn ich als AG*in weiß, in welchem Bereich ein Nachteilsausgleich vorgenommen wurde, habe ich die Freiheit zu entscheiden, ob dieser Bereich für die Stelle relevant ist oder nicht.