Hier im ländlichen Bereich gibt es viele Leute, die nie so richtig rausgekommen sind aus ihrem Dorf (klingt fies, ist aber nicht - ganz - so gemeint) und die alternativen Lebensentwürfe drängen sich hier auch nicht gerade auf.
Wir machen z.B. einiges anders und gelegentlich habe ich den Eindruck, so ein bisschen "Aha, geht ja auch!" zu erreichen. Aber das kann Einbildung sein.
Jedenfalls sind hier die traditionellen Rollen extrem bestimmend, eigentlich alternativlos. Das geht bis in den Bildungsbereich, Mädchen sollen lieber Realschule machen, damit sie später am Ort bleiben und sich schön um die Eltern kümmern. Kein Witz.
Gibt es das wirklich immer noch???? das finde ich unfassbar. Deswegen hat sich vor 30 Jahren schon unser Dorfpfarrer mit meinem Papa angelegt - wie der es verantworten könne, wenn ein so begabtes Mädchen nicht weiterlernen solle! Und so ist es dann gekommen. Wobei mein Vater auch recht behalten hat, ich habe studiert, bin weg aus dem Dorf und wohne jetzt leider nicht mehr nebenan (was ich durchaus gut fände, näher an meinen Eltern und Geschwistern zu wohnen, aber nicht um den Preis, nicht studiert zu haben!!)
Ich dachte immer, das gabs nur "früher" im finsteren 19. Jahrhundert und in besonders konservativen Gegenden!
Ansonsten bin ich ganz bei happy spider - die Genderprägung der Umgebung finde ich krass und ich sorge mich sehr, was das für meine Tochter bedeutet.
Zum Thema - Familienprägung versus Umfeld:
Schon im zarten Alter von 4 Jahren, mit einem daheim sorgenden Vater und einer fürs Einkommen zustündigen Mutter, trotz mehrerer berufstätiger Mütter in befreundeten Familien, erklärte mir mein Mädel, dass wir doch ruhig nach Deutschland ziehen können auch wenn ich dort keinen Job hätte. Bei unseren Urlauben hat sie nämlich mitbekommen "in Deutschland ist das ganz normal, dass die Mamas zu Hause bei den Kindern bleiben und nicht zur Arbeit müssen!"
Und auch, wenn im Kindergarten des Kleinen morgens beim Hinbringen mindestens soviele Väter als Mütter zu sehen sind, kriegt mein Sohn ganz klar mit, wie normalerweise die Rollen verteilt sind. Immerhin sind die Mütter seiner besten Kumpels Ingenieurinnen "die kann Autos bauen!!", und er weiss auch dass in meinem Büro eine Chefin (nicht ich) das Sagen hat.
Trotzdem bleiben wir nicht verschont vom aus dem KiGa importierten "ihgitt Mädchenfarbe!" nicht verschont (letztens hat er sich geweigert, Himbeercremetorte von einem rosa Teller zu essen - da hat seine Schwester ihn ausgelacht und die rosa Himbeercreme erstmal weggefuttert).
Dem unsäglichen Quatsch zu Mathe und Mädels habe ich versucht einen kategorischen Riegel vorzuschieben. Als mein Mädel, das wirklich gut in Mathe ist, anfing mit "Mathe ist soo doof und die Jungs sind besser darin", habe ich ihr ganz klar gesagt, dass die allermeisten Berufe, in denen man viel Geld verdient, daran hängen, dass man gut und viel Mathe kann (auch wenn es sicher Ausnahmen gibt). Und sie sich gefälligst aus so einem Dummgelaber komplett rauszuhalten hat. Da das Gespräch beim Einkaufen stattfand und sie feststellte, dass es doof ist, nicht genug Taschengeld zu haben, hat sie sich das gut gemerkt und macht immer ein paar Matheaufgaben extra .
Irgendwie müssen wir ja doch versuchen, unsere Töchter stark zu machen. Weil es eben NICHT selbstverständlich ist, dass jede und jeder nach seinen Neigungen und Begabungen leben darf.
lg martita