Und der Rückblick an die "gute alte Zeit" in den 80er und 90er Jahren, als noch nicht all die bösen privaten Dienstleister in Pflege und Gesundheit unterwegs waren, ist doch auch völlig verklärt. Damals lag man im Pflegeheim im 3-Bett-Zimmer.
Absolut! Ich habe in den 80er Jahren als Nebenjob in einem Altenheim gearbeitet und es war der absolute Horror! Leider war ich zu jung und habe erst später so richtig realisiert, was dort abgelaufen ist, ganz schrecklich. Deshalb kann ich auch die früheren Zeiten überhaupt nicht gutheißen, es gibt Pflegenotstand seitdem ich denken kann und ich habe mehrmals den Job gewechselt, um bessere Bedingungen zu finden, Abstriche muss man immer machen.
Was ich gut finde ist, dass immer mehr junge Kollegen ein Pflegestudium absolvieren. Die Akademisierung der Pflege wird den Beruf dauerhaft aufwerten und muss ein Trend werden. Die Zusammenlegung der Ausbildungsberufe Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege bedeutet zumindest für den Altenpflegeberuf eine Aufwertung. Ich befürworte die neue Einrichtung der Pflegekammer in NRW, auch wenn es leider eine Zwangsmitgliedschaft gibt. Das alles löst jedoch die derzeit akuten Probleme nicht und wird auch später nicht ausreichen.
Ich denke auch, dass eine alternde Gesellschaft und der medizinische (teure) Fortschritt der hauptsächliche Kostentreiber sind,
Ja, das glaube ich auch. Wenn ich daran denke, welche unnütze Intensiv-Therapien am Lebensende noch gemacht werden, der Anstieg der Beatmungs-WGs in den letzten 20 Jahren, das allein sind schon so unglaubliche Kosten. Aber immerhin erlebe ich inzwischen (im Gegensatz zu der Zeit vor über 20 Jahren), dass es tatsächlich mal Therapiebegrenzungen gibt, dass der Wunsch nicht mehr reanimiert zu werden, nicht mehr beatmet zu werden, berücksichtigt wird und dass auf eine palliative Therapie umgestellt wird. Das Thema muss noch viel mehr ausgebaut werden, die Menschen viel besser aufgeklärt werden, Patientenverfügungen müssen für alle ein ganz großes Thema sein. Für solche Aufklärungsgespräche muss auch unbedingt im Arztalltag viel mehr Zeit eingeplant sein.
Leider befürchte ich auch wie Frisby , dass es eine Zeit geben wird, in der einfach nicht mehr jeder alles bekommen kann.
Und wenn man erlebt, dass bestimmte Eingriffe und Therapien oft aus finanziellen Gründen stattfinden, dann braucht man sich nicht wundern, dass so viele Menschen im Gesundheitssystem im Burnout landen, denn auch das macht neben dem ganzen anderen Stress krank.
Wenn ich drüber nachdenke, wie die Versorgung alter, kranker Menschen in 20-30 Jahren aussehen soll, bekomme ich echt Angst.