Sorry, ich wollte eigentlich keine Ost-West-Diskussion aufmachen.
Aber ich denke, dass unterschiedliche Sozialisation durchaus eine Rolle spielt.
Wir - mein Mann und ich - sind in einer Welt mit vollzeitberufstätigen Müttern aufgewachsen.
Die Probleme, die die Wiedervereinigung gerade für Frauen mit sich gebracht hat, waren teilweise wirklich heftig.
Es gab in meiner Bekanntschaft tatsächlich Frauen, die einem potentiellen Arbeitgeber eine ärztliche Bescheinigung über eine Sterilisation vorgelegt haben...
Frauen Mitte 30 wurde im Arbeitsamt gesagt, sie seien zu alt.
Meine Ex-Schwiegermutter fand mit Mitte 40 und viel Glück einen Knochenjob, in dem sie vollzeitnah sehr, sehr wenig Geld "verdiente" (ihre Arbeit wäre mehr wert gewesen) und war noch froh darüber.
So war es und da war es ein Witz, wenn Stellen geschlechtsneutral ausgeschrieben wurden (werden mussten).
Arbeitgeber konnten sich aus einem riesigen Pool aussuchen, wen sie einstellen würden.
Wen also haben sie eingestellt?
Was hat es Frauen also gebracht, dass gendergerecht ausgeschrieben wurde?
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Ich habe vielleicht auch deshalb ein Problem mit Versuchen, über Sprache "Volkserziehung" zu betreiben, weil man das in der DDR auch versucht hat.
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Als wir nach Ba-Wü zogen, war die deutsche Einheit immerhin auch schon knapp 20 Jahre alt.
Und trotzdem waren die Strukturen hier im ländlichen Ba-Wü echt - euphemistisch ausgedrückt - sehr traditionell.
Mütter, die arbeiten wollten oder mussten und kein familiäres Netz (vor allem Großmütter) im Hintergrund hatten, waren echt gekniffen.
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Nach wie vor finde ich ein gut ausgebautes, qualitativ hochwertiges Kinderbetreuungsnetz wichtig.
Aus feministisch-emanzipatorischer Sicht würde ich auch jeder Frau raten, ihre Arbeit nicht der Kinder wegen an den Nagel zu hängen und möglichst keine Arbeitszeit zu reduzieren.
Aus rein menschlicher, empathischer Sicht kann ich jede Mutter verstehen, die in den ersten drei Jahren (oder noch länger) nur für das Kind (die Kinder) da sein möchte.
Und an der Stelle sind wir bei einem entscheidenden Punkt. Unsere reiche, aber an Kinderarmut (im doppelten Wortsinn) leidende Gesellschaft sollte es Müttern (bzw. Eltern) ermöglichen, den Weg zu gehen, den sie für sich und ihre Kinder als richtig erachten.
Da streitet man sich um hundert Euro Herdprämie im Monat wenn ein Elternteil über das erste Lebensjahr hinaus daheim betreut wird - rechnet man mal aus, was ein Krippenplatz kostet, dann ist das doch echt lächerlich.
Frauen sind diesbezüglich aber nicht sehr solidarisch mit ihrem eigenen Geschlecht.
Soll doch jede genau so leben, wie sie es möchte. Wo ist das Problem?
Ein weiterer entscheidender, aber selten erwähnter Punkt ist, dass Mütter nicht nur mit Männern sondern auch mit kinderlosen Frauen auf dem Arbeitsmarkt konkurrieren müssen.
(Ich liebe unseren Sohn wirklich sehr, aber immer wenn er mal ein paar Tage nicht da ist, ist es morgens und abends echt entspannt. Ich kann früh länger schlafen, muss niemanden außer mir selbst morgens antreiben, brauche nicht pünktlich daheim sein ... hätte Zeit für berufliche Weiterqualifikationen, mehr Geld für so etwas sowieso... Kinderlose haben das immer so...)
Und Männer...
Ich kenne jede Menge Männer, den meinigen eingeschlossen, die in diesem System auch nicht sonderlich glücklich sind.
Als einzelner kann mann auch nicht sehr viel ändern. Mein Mann ist der einzige in der Firma, der es sich "erdreistet" Kind-krank-Tage zu nehmen.
Er ist lange nicht der einzige Vater dort...
So wie es Frauen benachteiligende Genderkacke gibt, gibt es auch Männer benachteiligende Genderkacke.