Vegan zu kochen ist viel mehr, als einfach nur zu ersetzten.
Das kann ich auch nur sagen. Leider kann ich nicht viel zum Thema Umstellung beitragen - denn ich hatte das Glück, auf einem Bio-Bauernhof aufzuwachsen und habe Gemüse- und Getreidelastige Ernährungsphilosophie quasi mit der Muttermilch aufgesogen.
Fleischzubereitung dagegen beherrsche ich nicht, für mein geliebtes Steak muss ich alle paar Wochen ins Restaurant.
Vegetarisch oder Vegan haben meine Eltern das nie genannt, es war einfach die Ernährung, die am einfach-bäuerlichen öko-Lebensideal orientiert war.
Vielleicht nützt es aber jemanden was, wenn ich ein bisschen schildere, wie es bei uns ist:
Eier, Sahne, Milch gibt es separat zum Frühstück oder so, in meinen Gerichten kommen diese Sachen standardmäßig nicht vor. Ausnahme: Pancakes, Waffeln und Pfannkuchen.
Es gibt allerdings recht oft Butter in großen Stücken auf alles drauf (für meine kleine Tochter - Milchallergie - Alsan)
Es passiert mir heute noch regelmäßig, dass ich etwas ganz normales koche und meine Mitmenschen damit völlig erstaune: "Wahnsinn, _so_ kann Blumenkohl schmecken? "
oder
"Ach, das ist also richtiger Gurkengeschmack?"
Irgendwie fängt das damit an, dass ich sehr gut und genau mein Gemüse aussuche, ich habe auch eine Kiste, aber bestimmt Sachen würde ich nicht über die Kiste geliefert bekommen wollen, die will ich aussuchen - mit den Händen, Augen und - ganz wichtig!! - mit der Nase.
Für mich ist Kochen und Essen ein ganzheitlicher, sinnlicher Prozess.
Ein weiterer wesentlicher Faktor ist, dass ich über die Grundeigenschaften aller Lebensmittel gut bescheid weiß, also wie sie sich verhalten, wenn man sie auf welche Weise zubereitet: schnell oder langsam erhitzen, mit oder ohne Zugabe von Flüssigkeit kochen.
Dann: wie das Gemüse geputzt und geschnitten wird und wie Getreide, Saaten und Hülsenfrüchte vorbereitet werden.
Und dann: Routine und Fingerspitzengefühl beim Kochen/Braten/Garen entwickeln. Richtig eingeweichte und gekochte Bohnen sind eine reine Geschmacksexplosion, aber es gelingt mir auch nicht immer, man muss ein bisschen Geduld und Zeit investieren, bis man es raus hat.
Es lohnt sich bestimmt, für diese Sachen eine Zeit lang bewusst viel Raum einzuplanen im Alltag, für viele Sachen braucht man auch ein bisschen Zeitmanagement, wie das Bohnen einweichen. Ich betrachte Kochen, wie Gärtnern, als Ausgleich für meine krass Kopflastige Schreibtischarbeit und versuche es bewusst, wie funky, als Zeit für mich, um runterzukommen, zu sehen.
Wenn der Partner oder die Kinder nicht mitziehen, ist es bestimmt schwer. Bei meinen Eltern und auch bei mir war immer klar, dass wir nicht zu streng sind, vor allem nicht anderen gegenüber, und uns bemühen, nicht auf ihre Ernährung herabzuschauen. Ich habe bis jetzt schon zwei Partner ziemlich erfolgreich "konvertiert", einfach weil sie irgendwann die Argumente bzgl. des Umgangs mit den Tieren, der Wirtschaftsweise, der Profitmoral und vor allem auch der Geschmack überzeugt haben.
Es reicht eigentlich, wenn man ein paar mal auf einen Biohof fährt (möglichst ohne versteckte missionarische Hintergedanken ) und zufällig auch konventionelle Tierhaltung unterwegs zu Gesicht bekommt. Das war bei meinen Partnern immer sehr wirkungsvoll.