Die Polizei hat den Vorfall aufgenommen, die Täter sind identifiziert, aber es ist jetzt schon klar, dass sie - in den Augen des Opfers - nicht bestraft werden. Zumindest laufen sie weiterhin draußen rum. Das hat zur Folge, dass nun die Freunde sich zusammentun wollen, um das "zu regeln". Sowas darf einfach nicht ein.
Ich kann mir gut vorstellen, dass das schwer zu ertragen ist, aber da stecken auch viele Missverständnisse dahinter, wie ein rechtsstaatlichen Justizsystem funktioniert.
Natürlich laufen die Täter weiterhin draußen herum - sie sind ja noch nicht verurteilt und können das auch noch gar nicht sein, wenn die Tat am Freitag geschehen ist. Auch unter optimalen Bedingungen vergeht zwischen Tat und Prozess einige Zeit - das Opfer und die Zeugen und die Täter müssen vernommen werden, die Verletzungsfolgen müssen dokumentiert werden. Die Akte muss zur Staatsanwaltschaft, die eine Anklage verfassen muss und es wird noch die Jugendgerichtshilfe eingeschaltet, die nach Kontakt mit den Tätern einen Vorschlag unterbreiten soll, welche Bestrafung am zielführendsten wäre und etwaige Strafverteidiger müssen auch noch Akteneinsicht erhalten und Stellung nehmen können - das alles dauert halt ein wenig.
Dass Täter schon vor dem Gerichtsprozess und einer rechtskräftigen (!) Verurteilung (es gibt ja noch die Möglichkeit eines Rechtsmittels) eingesperrt werden, also in Untersuchungshaft kommen, ist der Ausnahmefall, denn sie gelten ja vorher noch als unschuldig. U-Haft ergeht nur unter besonderen Umständen, nämlich bei Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr oder Wiederholungsgefahr und bei besonders schweren Straftaten.
Wenn dann der Prozess stattfindet, wird für die Täter - je nach Vorstrafenregister - auch nicht unbedingt eine Haftstrafe herauskommen, möglicherweise gibt es auch abzuleistende Sozialstunden, ein Anti-Agressionstraining oder einen Wochenend-/Freizeitarrest. Da solche Verfahren zum Schutz der Jugendlichen nicht öffentlich sind, erfährt man das Ergebnis auch evt nie. Haftstrafen bei Jugendlichen werden nur bei quasi hoffnungslosen Fällen oder allerschwersten Straftaten verhängt; das Risiko ist größer, dass die Jugendlichen in der Haftanstalt unter lauter Straftätern erst recht unter schlechten Einfluss geraten als die Chance, dass sie durch Haft "gebessert" werden.
Ich kann mir gut vorstellen, dass vieles davon sowohl bei Opfern als auch bei Tätern falsch ankommt, und es könnte bei besserer personeller Ausstattung der Justiz auch sicher einiges schneller gehen, aber vieles, was oft als "Bürokratie" und Verzögerung angesehen wird, sind einfach die Folgen eines rechtsstaatlichen Verfahrens im Gegensatz zu einem System mit Schnellverfahren.