Hier wurde doch an irgendeinem Punkt früher mal nachgefragt, ob die Frau denn auch die Möglichkeit habe, ihre mütterlichen Pflichten temporär abzugeben. Ich glaube, das geht. Sie kann ihr Kind zu Pflegeeltern geben und das Sorgerecht behalten. Hab darüber mal eine Reportage gesehen. In dem Fall hatte sich eine MS-kranke Frau entschlossen, ihr Baby nicht selbst aufzuziehen, sondern gleich in Pflege zu geben. Aber eben nur in Pflege, ganz bewußt nicht zur Adoption. Sie nahm so Anteil am Aufwachsen des Kindes, die Kleine wußte von vornherein über die leibliche Mutter bescheid, und es fanden auch begleitete Treffen statt.
Detailfragen erinner ich nicht mehr, auch nicht, wie es aussähe, eine wie auch immer angeschlagene Mutter würde "genesen" und das Kind dann eines Tages wieder aufnehmen wollen.
Ich bin sehr zwiegespalten zum gemeinsamen Sorgerecht. Für Elternteile, die niemals oder nur kurz und oberflächlich ein Paar waren, finde ich es hochproblematisch. Für unverheiratet Zusammenlebende, wo vorausgesetzt werden kann, daß sie in Grundzügen sich und das Umfeld des anderen kennen (wann und wie gut man einen anderen kennt, ist ja irgendwann auch ne philosophische Frage; bei Trennungen fallen Partner sicherlich des öfteren mal aus allen Wolken...) würde ich erst einmal davon ausgehen, daß beide die ehemals gemeinsame Entscheidung fürs Kind auch als gemeinsame Sorge weiterführen möchten. Ich muß sagen, daß ich, ehrlich gesagt, halt auch einfach viele Väter vor Augen habe, die wirklich engagiert sind - bei einem frotzeln mein Mann und ich immer, daß er in Familie X eigentlich die Mama sei. (Und auch die Kinder bei jedem Pups ganz selbstverständlich zu ihm kommen, nicht zu ihr.) Mir fallen auch etliche Männer ein, die Arbeitszeit reduziert oder sich aus einer fest angestellten Knechtschaft in die freiberufliche Flexibilität begeben haben, um ihre Kinder aufwachsen zu sehen. Aber dann hat vllt. die Frau einen sicheren Job, und Hauskauf mit Schaukel und Trampolin hinterm Haus ist eben nicht. Dafür mehr Zeit.
An die Frauen, die mehr Pflichten für den Mann einfordern: Ginge damit die echte Bereitschaft einher, dann die Sorge zu teilen? Aus dem Bauch gesprochen: Ich würde lieber mehr an der Backe haben und liebend gern mal über die bequemen oder verantwortungslosen Männer schimpfen, als mich mit einem uU Wildfremden über Erziehungsfragen auseinandersetzen zu müssen. Soweit mein Bauchimpuls. Daß das fürs Kind das beste ist, behauptet meine Vernunft nun aber nicht ohne Weiteres.
Ich erlebe hier zu Hause einen liebevollen Papa, der sein Abendbrot, seine Freizeit oder seine evtl. noch anstehenden Erledigungen oft erst in Angriff nimmt, wenn er sein Kind zu Bett gebracht hat. Ich weiß aber, daß es eine Frau auf dieser Welt gibt, die auch heute noch nur mit Wut und Verbitterung an ihn denkt, weil er das ungeplant entstandene Kind nicht mit ihr zusammen großziehen wollte. Weder unter der Prämisse "dann versuchen wir es halt als Paar", und zu damaliger Zeit (vor 20 Jahren und sowieso sehr jung) sicherlich auch nicht mit dem Gedanken wirklich gleichwertiger Sorge.
Jetzt ist die Tochter erwachsen, die beiden sind gerade dabei auszuloten, wo sie eigentlich miteinander stehen. Ich vermute, für die Tochter wäre 'mehr Papa' besser gewesen. Auf jeden Fall ist es sehr schwierig, auch ohne Quertreiberei eines Elternteils, einen selbstverständlichen Umgang zu finden, wenn Eltern nicht mal eine freundschaftliche Basis gefunden haben. Wenn die Kommunikation nicht gestimmt hat und es deshalb als Partnerschaft nicht funktionierte, dann klappt auch gemeinsame Elternschaft nicht besonders gut.