Eine Schülerin, deren Klassenlehrerin ich bis vor 6 Wochen war, hat mir vor einigen Tagen geschrieben.
Ihre Cousine, die in Afghanistan lebte, sei abends unterwegs gewesen und erschossen worden.
Ihre Tante sei verschwunden.
Ihr eigenen Vater sei "komisch". Die Mutter war wie immer: Fernsehend auf der Couch.
Das Mädchen fragte mich, was es tun solle und wie ich ihr helfen könnte.
Tja, was kann ich da tun? -- Nichts. Wir schreiben uns halt.
Wir haben unseren Whatsapp-Kontakt (verbotenerweise) noch aus dem 1. Lockdown, weil ich ihn einfach vergessen habe.
Heute - genauer genommen vor 15 Minuten - erreichte mich die Nachricht, dass die Tante des Mädchens wohl auch tot sei.
Und wieder die frage: "Was kann ich machen? Können Sie helfen, Frau Narzisse?"
Das Mädchen kannte niemanden wirklich von den beiden; das empfinde ich derzeit fast als Gnade.
Die Schülerin ist 13 (oder 14? - ich weiß es gar nicht genau). Sie ist laut, unangepasst, setzt sich für Schwächere ein, intelligent, geht offen in Konflikte (auch in aussichtslose und wissentlich sowie willentlich herbeigeführte Konflikte), fürsorglich und übernimmt gerne Verantwortung.
Ihre Eltern sind aus Afghanistan geflohen, als das Kind 2 Jahre alt war. Danach lebten sie ~5 Jahre in einem Lager in Afghanistan, seitdem dann in meiner Ecke.
Mich lässt das nicht los.
Und wir sind so hilflos...
Mein Mann schläft, aber ich muss das irgendwo loswerden.