Ich habe bei allen Kindern deutlich vor dem ersten Geburtstag wieder gearbeitet, jedes Mal mit Krippenbetreuung. Und ich habe keinerlei schlechtes Gewissen. Meine Kinder waren immer gern in der Kita. Das erste halbe Jahr oder so war immer ein bisschen schwierig wegen Stillen/Abpumpen, da mussten wir dann halt durch. Aber ich habe zu keinem Zeitpunkt das Gefühl gehabt, dass ich meinen Kindern damit schade, wenn sie mich nicht 24h am Tag haben. Ich hatte immer den Vorteil relativ flexibler Arbeitszeiten, mein Mann (jedenfalls bei Kind 2+3) ebenso, aber irgendwann und irgendwie mussten wir die Arbeit halt auch schaffen.
Ich finde es toll, dass dein Mann reduzierte Arbeitszeiten hat. Dadurch können Kinder nur gewinnen, wenn sie nicht nur Mama um sich haben, sondern auch eine enge Beziehung zum Vater aufbauen. Und direkt nach dem Studienabschluss ist es schon wichtig, einen Berufseinstieg zu finden, sonst bist Du in ein paar Jahren weg vom Fenster.
Das Gluckenhafte hat sich bei mir mit dem zweiten und dritten Kind sehr relativiert. Ich sehe halt auch, dass es Dinge gibt, die ich meinen Kindern zuhause nicht bieten kann, z.B. das Spielen mit Gleichaltrigen oder die Betreuung durch Erwachsene, die wirklich nichts anderes zu tun haben als mit meinen Kindern Herbstbasteleien zu machen oder was auch immer. Um eine feste Bindung an mich zu haben (und ich bin mir sicher, die haben alle meine Kinder), brauchen sie nicht bei jedem Spiel, jeder Aktivität, jedem Mittagsschlaf und jeder Mahlzeit mich an ihrer Seite. Sie wissen aber, dass mein Mann oder ich sie hinbringen und abholen, dass wir ihnen Frühstück und Abendbrot machen, sie mit Pausenbroten versorgen, ihnen abends vorlesen, mit ihnen reden, uns für ihren Tag interessieren, am Wochenende etwas mit ihnen unternehmen, uns um Zähneputzen, Zehennägel, Arzttermine, Haareschneiden, Elternabende etc. pp. kümmern... und nachts da sind, wenn sie wach werden und uns brauchen. Und dadurch sind wir auch die Hauptbezugspersonen.
Ein schlechtes Gewissen hätte ich höchstens, wenn ich meine Kinder in einer Betreuungssituation lassen müsste, mit der ich mich unwohl fühle oder in der das Kind unglücklich oder unzureichend eingewöhnt ist. Klar ist es am Anfang, vor allem beim ersten Kind, ein komisches Gefühl, es allein dort zu lassen, aber das ist auch eine Frage der Gewöhnung.
Vielleicht spielt bei mir aber auch eine Rolle, dass meine Mutter immer gearbeitet hat, als ich Kind war, und ich nie darunter gelitten habe. Das war für mich ganz normal, und in meinem Ganztagskinderhaus war ich gern. In Berlin, wo ich die letzten Jahre gewohnt habe, gab es in meinem sozialen Umfeld praktisch niemanden, der nicht spätestens nach einem Jahr wieder arbeiten oder studieren gegangen ist. Insofern hatte ich auch nie das Gefühl, dass irgendjemand von mir erwartet, ein schlechtes Gewissen zu haben.