Jepp. Wobei manche Sachen für Mädchen einfach auch wirklich schlecht sind, z.B. diese Barbie-ist-Programmiererin (naja, fast)-Sache von neulich. Oder der ganze Topmodel-Scheiß.
Es ist aber nicht prinzipiell z.B. schlecht, sich zu schmücken, sich über Kleidung auszudrücken, schöne Dinge zu mögen. Im gegenteil. Wie viele von uns genießen es, in ein Café oder in eine Kneipe zu gehen, in der es jemand für uns 'schön' gemacht hat. Oder Essen zu essen, das hübsch angerichtet ist. Oder Sachen in seinen Lieblingsfarben zu tragen. Das macht schon auch glücklich.
(Aber wenn ich noch einmal die Werbung für die ladies night im cinestar sehen muss, kotz ich in den popcorn-becher. Himmel nochmal, ich will keinen prosecco und die maxie kostenlos zum mitnehmen, nur weil ich einen Uterus habe.)
Ja, das denke ich auch. Ich habe vor allem in meinen Zwanzigern, mit Uni, WG, wildem Lebensstil, dieses ganze schönmachen (ich mag ja das englische Wort "grooming") vor Dates und so, unheimlich genossen. Und auch ein Stück als Privileg empfunden.
Mich mehrere Stunden vor einem Date oder einer Party in die Wanne zu begeben, und dann rasieren, einölen, esoterische Schönheitsrituale (meine ich wörtlich) durchführen, den Schrank durchwühlen (oder sogar extra noch einen Rock zu kaufen, wenns was ganz besonderes war), schminken, und dann hinterher vor dem Spiegel stehen und denken "wow, okay, ich würde mich auch anbaggern!" und mit dem Gefühl, dass jeder Mann, dem ich mich entscheide, Aufmerksamkeit zu schenken, sich glücklich schätzen kann, rausgehen.
Das hatte ganz viel mit Genuss zu tun, damit, mich zu verwöhnen, meinen Körper zu genießen. Damit, mein Selbstbewusstsein zu HEBEN. Nicht zu zerstören.
Und das haben wir im Freundeskreis echt zelebriert, ohne dass eine von uns Modelmaße oder klassische Gesichtszüge zu bieten hatte.
Aber genau das ist die Krux - ich habe es als Bonus empfunden. Als "mich noch schöner machen" für einen besonderen Abend. Während ich jetzt immer mehr den Eindruck bekomme, dass es in die Richtung geht, dass eine Frau sich ohne das alles gar nicht mehr aus dem Haus trauen soll, dass es eben nicht darum geht, den Körper, der da ist, zu lieben, sondern auf einen, den man haben SOLLTE hinzuarbeiten und sich zu kasteien.
Dieses "Frau-sein", dass mir jetzt aus den Medien entgegenschlägt, hat immer weniger mit Genuss und Körperliebe und Sinnlichkeit zu tun, sondern immer mehr mit Zwang, Selbsthass, Kasteiung und einem unerreichbaren Ideal nachstreben.
Und wir reden hier gerade mal von 15 Jahren seit ich 25 war!
Meine Töchter, die mit Rosa Prinzessinen ja auch infiziert sind, haben ja schon mitgekriegt, dass ich davon nicht viel halte.
Ich versuche immer wieder, ihnen klar zu machen, dass ich eigentlich überhaupt nichts gegen rosa einzuwenden habe, solange auch noch rot, grün, gelb, blau etc. existieren dürfen. Es geht mir nicht darum, dass sie keine Prinzessinen sein dürfen (klar dürfen sie. Und auch Feen und Elfen usw.). Mir geht es darum, dass ich nicht will, dass sie immer NUR Prinzessin und Fee sein wollen.
Glücklicherweise sind sie dafür auch nicht gemacht. Wir haben hier Fillys und Puppen UND Autos, rosa Feenkleider und Kronen UND Schwerter und Äxte, und die beiden spielen auch mit großer Hingabe Piraten und Ritter und Monster. vor allem die Kleine liebt alles, was mit Monstern und Drachen und Räubern und so zu tun hat. Als sie gerade mal ein Jahr alt war, wollte sie auf einem Mittelaltermarkt UNBEDINGT ein Schwert. Unser regelmäßiges "Die sind noch zu groß für Dich" hat zu furchtbarem Geheule geführt, an jedem zweiten Stand wieder. Dann hat mein Mann einen Stand gefunden, an dem es kleine "Schwerter" (eher Dolche) mit filzüberzogener Klinge gab. Wir hatten das glücklichste Baby auf dem ganzen Markt.
Was mir dabei vor allem auffällt, wenn wir Kinderbesuch haben, ist, dass die Besuchskinder sich meist zuerst den Spielsachen zuwenden, die sie gewohnt sind. Sprich, die Mädchen schnappen sich die Fillys und Barbies, die Jungs die Axt oder Autos.
Dann kriegen sie mit, dass wir auch das jeweils andere haben, und dass man bei uns mit allem spielen darf, worauf man Lust hat, ohne dass wer was sagt.
Und dann?
Auf Maus´Geburtstag war einer der beiden eingeladenen Jungs dann derjenige, der eine Stunde lang still in der Ecke mit dem Puppenhaus spielte, während die Mädchen um ihn herum zu Maus´Piratenlieder-CD tanzten.
Als wir Freunde von meinem Mann dahatten, wo die Mutter SEHR auf gendering achtet, und die Mädchen eigentlich nur rosa Fillys haben und der Junge nur Star Wars u.ä., haben sich die Mädchen nach der ersten halben Stunde (in der sie brav mit Barbies gespielt haben) den ganzen Piratenkram unter den Nagel gerissen. Die Axt, die Schwerter, Pfeil und Bogen, und es wurde eine Piratenparty aus dem Tag. Wir mussten auch als Piraten mit der ganzen Bande (4 Mädchen, 1 Junge) zum Spielplatz. Und ganz großen Terror gab es, als der Junge die große Axt für sich haben wollte. Die hatte die ganz kleine Schwester (4) sich ausgesucht. Sie hat gewonnen, und ist den Rest des Tages ist sie mit dieser riesigen Holzaxt als die gefährliche Piratenkönigin rumgelaufen und hatte einen Heidenspass.
Ändert aber nichts daran, dass die Mutter weiter ALLES nach Geschlechtern sortiert, von Spielzeug bis zu Charakterzügen und Fähigkeiten (Spielplatz. Große Tochter klettert wie ein Affe auf den Gerüsten, hammermäßig. Mamas Kommentar?: "nicht schlecht für ein Mädchen!").
Aber selbst bei meinen Kindern merke ich immer wieder folgendes: Sie sind immer mehr darauf geeicht, geschlechtsspezifisch zu spielen. Und während Fillys da sehr dankbare Spielsachen zu sein scheinen (damit spielen sie oft auch sehr wilde und düstere Sachen, ähnlich wie wir früher oft aus Taschentüchern Lendenschurze für unsere Barbies gemacht und sie dann auf der Wiese durch den Dschungel geschickt haben, statt im rosa Stadthaus zu spielen), merke ich ganz oft, dass sie wie ferngsteuert auf die "Mädchensachen" zusteuern und dann irgendwann gar nicht mehr so richtig was damit anzufangen wissen.
Dann ist es oft so, dass ich sie praktisch daran erinnern muss, dass sie ja auch noch eine Eisenbahn haben. und Autos. Und Lego. Dann kommt meist ein begeistertes "Au ja!", sie stürzen sich darauf und sind den rest des Tages beschäftigt und zeigen mir begeistert, was sie alles gebaut und erfunden haben und so.