Meine Kleine kann noch nicht lesen, das stand im Zwischenzeugnis, dass wir Eltern ihr das beibringen sollen. Yoah...
Hä? Wie? So komplett? Oder braucht sie mehr Übung beim zusammenziehenden/flüssigen/sinnentnehmenden Lesen?
Dass überhaupt von einer knapp 6jährigen erwartet wird, dass sie schon lesen kann, ist vermutlich dem anderen Schulsystem bei euch geschuldet. Und dass man Teile des Lernvorgangs nach Hause auslagert, kenne ich auch, hielt das aber für eine deutsche Spezialität, aber das betrifft ja eher sowas wie 1x1, Vokabelnlernen usw. Aber dass die Schule Eltern sagt, sie sollen ihrem Kind das Lesen beibringen ist in meinen Ohren sehr, sehr bizarr....
Ja, anderes Schulsystem. Das war aber LehrerInnen-speziell, also normal ist das hier zum Glueck auch nicht. Ich glaube auch das ist vielen Problemen geschuldet (Kinder in riesiger Spanne durch Covid, Lehrerwechsel). Hier - oeffentliche Schule - wird erwartet, dass Kinder mit Abschluss der K(Kindergarten)Klasse etwas lesen koennen. K ist Teil der Schule, im selben Gebaeude, das ist der Schuleintritt. Sie rechnen auch im Zehnerbereich, die Kinder sind 5 und 6 Jahre alt. Ist quasi wie erste Klasse in Deutschland, vielleicht noch ein bisschen drunter. Nun war die Klasse sehr speziell, viele waren durch Covid ein Jahr zuvor zu Hause; ich wuerde schaetzen, dass da die Haelfte der Kinder bereits mit Eintritt in diese Klasse fluessig lesen konnte. Und der Rest lernte es nicht in diesem Jahr. Buchstaben wurden vorausgesetzt bei Eintritt der Klasse. Ich habe viel in der Klasse mitgearbeitet (als Freiwillige; Elternarbeit in der Schule ist gefordert, in dieser Schule mehr als anderswo, das hat jetzt aber mit dem Lesenlernen nichts zu tun) und habe die Klasse oft in Aktion gesehen. Sie haben Sachen ueber das Meer gelernt, hatten Huehner im Klassenzimmer, also dieser Teil war echt schoen. Der Grossteil des Tages ging damit drauf, Kinder zum Hinsetzen aufzufordern, zum in die Reihe stellen usw. Zum Halbjahr sollten die Kinder anfangen, mehrseitige Texte zu schreiben, das konnten viele, und der Rest eben nicht. (Ein Konzept dass ich auch sehr fragwuerdig finde). Die Kinder, die weiter sind, langweilten sich meistens, mochten aber dieses Schreiben und die anderen Kinder kamen eben nicht mehr mit. Die Lehrerin ging mitten im Halbjahr, danach kam eine Neue, die das, den Umstaenden entsprechend, wirklich gut gemacht hatte. Aber auch selbst noch in Ausbildung war. (An Schulen hier fehlen Mittel, das merkt man an diesem Beispiel auch.)
Interessanterweise ist das System bei jungen Kindern hier schneller akademisch als in Deutschland, aber ab der 2./3. Klasse zieht das deutsche System nach meinen Erfahrungen an und das System (an der Schule meiner Kleinen, eine ganz normale oeffentliche Schule hier) wird langsamer.
Mein Problem ist auch einfach, dass ich mich scheue, meinem Kind das englische Anfangslesen beizubringen. Ich habe Angst, als Nichtmuttersprachlerin Fehler zu machen. Zudem verstehe ich das Konzept hier nicht. Meine Grosse war auf einer anderen Schule mit einem anderen System, da kann ich die Lesenlernerfahrungen nicht fuer meine Kleine nutzen. Sie konnte es auch auf einmal einfach.