Meine Meinung ist, dass es dem Berliner Problem mit Schrippen und Wecken aehnelt. Viele Schweizer fuehlen sich von den Einwanderen aus dem "Grossen Kanton im Norden" verunsichert und einige(viele?) dieser Einwanderer kuemmern sich nicht um ihre Integration. Warum die Landessprache lernen, Hochdeutsch wird doch verstanden. Das ist aber aehnlich wie nach Norwegen oder Holland zu ziehen und nur Englisch zu sprechen. Du kommst damit in diesen Laendern gut durch, aber es zeigt halt, dass du dich nicht integrieren willst.
Und mit dem Schweizerdeutsch im Kindergarten wird eine Integrationshilfe geboten.
Schweizerdeutsch im Kindergarten finde ich gut.
Der Vergleich mit den Niederlanden oder Norwegen hinkt ein bisschen, finde ich. Ich hab als Deutsche schon in der Schweiz und in den Niederlanden gewohnt. Der Vorteil vom Niederländisch gegenüber dem Schweizerdeutsch ist: das ist klar definiert, mit Vokabeln, Grammatikregeln, man kann einen Kurs besuchen und wenn man Fehler macht, dann ist es halt falsch und wenn man Sachen putzig ausspricht hat man einen deutschen Akzent. In der Schweiz dagegen fand ich es viel schwieriger: Hochdeutsch sprechen kommt schlecht an, das finde ich auch verständlich. Aber Schweizerdeutsch lernen fand ich enorm schwierig. Verstehen ging recht schnell, da hört man sich so rein. Auch die Schweizer Besonderheiten im Schriftdeutschen (innert, grillieren, parkieren, Peperoni usw.) sind kein Problem. Aber sprechen? Im Unterschied zum Niederländischen gibt eben keinen definierten Standard an den man sich irgendwie halten kann. Deswegen kommt sehr schnell das Gefühl auf, man wolle sich lustig machen. (Versuch mal einen anderen schweizerdeutschen Dialekt zu sprechen als deinen eigenen - das hat immer was von Parodie, zumindest bei mir hatte es das.) Bei Kindergartenkindern ist das kein Problem aber bei Erwachsenen? Da fand ich den Grat zwischen bemüht und integrationswillig und Parodie sehr, sehr schmal. Mit der Zeit kommen natürlich immer mehr Ausdrücke und man nähert sich an, das schon, aber das ist ein Prozess von Jahren.
Das bewusste Lernen mit Grammatik und Vokabeln und so fand ich dagegen im Niederländischen sehr viel einfacher als im Schweizerdeutschen und das "drauflos-sprechen und wenn es falsch ist, ist es halt falsch" auch. Mir hat da im Schweizerdeutschen auch ganz enorm das Schriftliche gefehlt - aber ich bin auch der Lerntyp der viel über Lesen lernt, ich kann mir Vokabeln z.B. schon viel besser merken wenn ich sie geschrieben sehe. Dadurch ergeben sich halt auch im Alltag viel mehr Möglichkeiten Wörter zu lernen weil ich schon nach einem Besuch im Supermakrt wieder fünf neue Vokabeln kenne und nach dem Durchblättern einer Zeitschrift auch.
Und an vielen Stellen ist es halt "nur" eine ganz andere Aussprache, die das Schweizerdeutsch vom Hochdeutschen unterscheidet. Man kann dann natürlich lernen, dass man z.B. ein "ein" am Wortsanfang (z.B. einladen) eher wie ein langes i ausspricht und das "n" am Ende weglässt. Nur wenn ich als Deutsche dann "iilade" sage, klingt es wahrscheinlich immer noch nicht ganz so wie bei einem Schweizer. In den Niederlanden kriege ich für "uitnodigen" aber schon Punkte auch wenn mich das ui am Anfang ganz klar als Deutsche verrät weil ich immerhin das richtige Wort kenne. In der Schweiz habe ich nur ein Wort gesagt, dass weder richtiges Hochdeutsch noch Schweizerdeutsch ist. Was ich sagen will: wenn ich mich bemühe Schweizerdeutsch zu sprechen, klingt das immer noch falsch; wenn ich mich bemühe niederländisch zu sprechen, dann spreche ich niederländisch mit deutschem Akzent.
Ich verstehe schon, dass viele Schweizer genervt sind von vielen Deutschen, die kommen und nicht mitgeschnitten haben, dass sie jetzt in einem anderen Land mit einer anderen Sprache und (mehr noch) einer anderen Kultur leben. Ich denke, da sind sich viele Deutsche, die in die Schweiz (oder nach Österreich) ziehen auch nicht bewusst genug, dass es diese Unterschiede gibt. Das fällt dann natürlich negativ auf, gerade in der Schweiz, wo Kommunikation doch im Allgemeinen sehr viel indirekter ist als in Deutschland. Ich wollte nur sagen, dass es selbst mit viel gutem Willen gar nicht so einfach ist, mal eben Schweizerdeutsch zu lernen.