Kindesunterhalt bei ungleichen Einkommensverhältnissen

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  • Geburtsjahr: 1972
    Staatsangehörigkeit: d
    Ausgeübte Tätigkeit/Arbeitsumfang: selbständig
    Nettoeinkommen monatlich: ca. 3000 Euro


    Geburtsjahr des Kindes/der Kinder: 2002/2008
    Sind beide Elternteile sorgeberechtigt? ja


    Bei getrennt lebenden Eltern:
    Das Kind/Die Kinder leben bei: Mutter
    Das Umgangsrecht ist geklärt/nicht geklärt: wird neu verhandelt
    Das Sorgerecht sollen beide ausüben oder nur eine Partei?
    Unterhaltszahlungen von wem, in welcher Höhe? bisher keine


    Eheschließung im Jahr: 2002
    Trennung im Jahr: 2010
    Ehevertrag: nein
    Meine Frage:



    Sehr geehrte Frau Simon,


    mein Ex-Mann und ich hatten bis letzten Sommer ein Wechselmodell, seit Herbst sind wir bei neun Tage Mutter, fünf Tage Vater. Auf Wunsch der Kinder wird sich dies noch weiter verschieben, ich gehe von mindestens einer zehn Tage/vier Tage Regelung aus, evtl. nur noch jedes zweite Wochenende beim Vater. Wir sind deshalb auch in Mediation.


    Der Vater hat auf eigenen Wunsch letzten Sommer seine Firma aufgegeben und arbeitet seither kaum noch, sein aktuelles Einkommen kenne ich nicht, er macht wohl ab und an ein Projekt oder hat dies vor. Sicher weiß ich, dass er aufgrund eines Wegeunfalls während des Studiums eine staatliche Zahlung von 700 Euro bekommt und Mieteinnahmen von ca. 600 Euro hat. Er wohnt zudem mietfrei im eigenen Haus. Zudem plant er, mit seiner neuen Freundin zusammen ein Haus zu kaufen, ganz arm ist er also vermutlich nicht...


    Trotzdem verdiene ich, zumindest offiziell, ja momentan deutlich mehr als er.


    Nun meine Frage: Mit wie viel Kindesunterhalt kann ich rechnen? Ich werde ab nächsten Monat das Kindergeld beziehen (das lief bisher auf ihn), das Kindergeld deckt aber knapp die Schulkosten der Kinder ab (private Schule), ist also quasi ein durchlaufender Posten, den ich nicht für den Alltagsbedarf der Kinder verwenden kann.


    Ganz herzlichen Dank für Ihre Bemühungen und liebe Grüße!


    Alias

  • Liebe Fragestellerin!


    Bei dem angestrebten "Standard-Umgang" (14tägig Wochenende) wird von dem nichtbetreuuenden Elternteil der volle Kindesunterhalt geschuldet. (Ab 11 Umgangstagen des unterhaltspflichtigen Elternteils kann eine anteilige Kürzung des Unterhaltes vorgenommen werden).


    Das Einkommen des betreuuenden Elternteils wird nur relevant, wenn es das Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils um das dreifache übersteigt. Hierbei wäre in Ihrem Fall aber auch zu berücksichtigen, dass der unterhaltspflichtige Elternteil nicht seine gesamte Arbeitskraft einsetzt.


    Das mietfreie Wohnen wird in der der Regel einkommenserhöhend berücksichtigt mit dem objektiven Marktwert. Wenn dieser in Ihrem Fall z.B. € 700,00 betragen würde, und die weiter von Ihnen angegebenen Beträge netto zu verstehen sind, dann kommt man auf ein monatliches Einkommen von € 2.000,00.


    Demnach würde Unterhalt in der 3. Stufe der Düsseldorfer Tabelle geschuldet, das bedeutet für das 6 jährige Kind einen Zahlbetrag von € 309,00, für das 12 jährige Kind von € 377,00. Die Gegenrechnung mit dem Selbstbehalt ergibt keinen Mangelfall.


    Wenn der Mindestunterhalt (6 J.: € 272, 12 J. € 334) aufgrund eines Mangelfalles nicht bezahlt werden kann, besteht eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit und es werden unter bestimmten Voraussetzungen, die in Ihrem Fall vorliegen dürften fiktive Einkünfte zugerechnet. Im Mangelfall kommt auch - in beschränktem Umfang - eine Verwertung des Vermögens für den Unterhalt in Betracht.


    Beste Grüße
    Bettina Simon

  • Liebe Frau Simon,


    ich müsste nochmal nachhaken. Wir haben seit diesem Wochenende eine von mir eingeforderte 14-tägig-übers-Wochenende Regelung, der der Vater widerwillig zugestimmt hat (im Rahmen einer Mediation an der Erziehungsberatungsstelle, seine Aussage war 'dann machen wir es halt so, vor Gericht will ich nicht gehen). Es kam dazu, weil die Kinder sich beim Vater aus vielerlei Gründen nicht mehr wohlfühlen und dies auch der Mediatorin gegenüber so geäußert haben, es ist also dokumentiert.


    Die Frage nach dem Unterhalt hab ich aus dem Gespräch noch rausgelassen, mir ging es erstmal um seine Zustimmung. Ich werde aber längerfristig ohne Unterhalt nicht auskommen, da ich aufgrund der neuen Regelung weniger arbeiten kann (ich bin selbständig).


    Nun zeichnet sich ab, dass mein Ex-Mann mit seiner Lebensgefährtin zusammen ein Haus kaufen will, das wäre dann seine dritte Immobilie, die anderen wären dann wohl beide vermietet. Ich vermute, er wird dafür einen Kredit aufnehmen und vermutlich seinen bisherigen Besitz als Sicherheit einsetzen.


    Ändert das irgendetwas an der Unterhaltsverpflichtung, wenn er jetzt Schulden macht? Arbeiten gehen wird er auch zukünftig nicht, soweit ich das überblicke wird er seine Zeit und Arbeitskraft dafür einsetzen, das neue Haus zu renovieren.


    Noch eine zweite Frage: Wäre es ratsam, mit der Unterhaltsforderung noch etwas zu warten, bis sich die neue Umgangsregelung eingespielt hat? Lieber verzichte ich noch ein oder zwei Monate auf Unterhalt, als dass der Vater dann um nicht zahlen zu müssen ein Wechselmodell einfordern kann oder so... (Wechselmodell hatten wir bis letzten Sommer, von da an 9-Tage/5-Tage, jetzt 11-Tage/3-Tage.


    Ich danke Ihnen sehr herzlich für ihre Antwort!

  • Nachtrag: ich habe in einem Gespräch mit dem Vater gestern das Thema Unterhalt mal anklingen lassen. Seine Reaktion: der Vorschlag, die Kinder jederzeit zu betreuen, damit ich mehr arbeiten kann.
    Dies ist inhaltlich völlig absurd, die Kinder wollen ja eben nicht so oft zu ihm... und ich soll mehr arbeiten, damit er nicht arbeiten muss, keinen Unterhalt zahlen muss und sich entspannt die dritte Immobilie zulegen kann? - Jo.


    Könnte er damit am Ende vor Gericht durchkommen? Oder darf ich im Interesse der Kinder dies ablehnen?

  • Liebe Fragestellerin!


    Bitte entschuldigen Sie die späte Beantwortung Ihres Nachtrags.


    Der Vater kann sich nicht mit dem Erwerb einer Immobilie seinen Unterhaltsverpflichtungen entziehen. Bei einer gerichtlichen Entscheidung können ihm auch noch fiktive Einkünfte zugerechnet werden, sofern er arbeitsfähig ist und nicht nachweisen kann, dass er unverschuldet ohne Arbeit ist.


    Im Hinblick auf die Umgangsregelung ist es - wenn sie doch eine gerichtliche Auseinandersetzung befürchten - sicher besser, wenn der neu geregelte Umgang sich schon etwas eingespielt hat. Ob sie dafür auf Unterhalt verzichten wollen, müssen sie selbst entscheiden. Die Entscheidung des älteren Kindes wird aber ohnehin auch vor Gericht maßgeblich bei der Regelung des Umgangs berücksichtigt und auch das 2008 geborene Kind würde dazu angehört werden und auch seine Entschedung wird mit berücksichtigt.


    Solange ein Residenzmodell vorliegt (also die Kinder überwiegend bei Ihnen leben) ist - wie weiter unten bereits erläutert - ihr Einkommen für die Unterhaltspflicht des Vaters nur relevant, wenn es das Einkommen des Vaters über das dreifache hinaus übersteigt. Sie können aber nicht zur Mehrarbeit aufgefordert werden und es findet auch keine Zurechnung fiktiver Einkünfte statt.


    Entscheidend wird sein, das Residenzmodell dem Wunsch und den Bedürfnissen der Kinder entsprechend auf Dauer durchzusetzen. Auf dieser Grundlage besteht eindeutig eine Barunterhaltspflicht des Vaters. Sie können dazu eine Jugendamtsurkunde erstellen lassen, wenn er sich verweigert, müssten sie den Anspruch gerichtlich durchsetzen.


    Beste Grüße
    Bettina Simon