Karate - zu streng? Szene aus heutigem Unterricht

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  • Ich habe heute seit langem mal wieder beim Karate meiner Tochter (bald 5) im Karateraum gesessen, nicht draußen vor dem Raum, wo man zwar reinsehen kann, aber nichts hört. Und dabei folgende Szene beobachtet:


    Die Anleiterin (ist eine junge, motivierte und sehr strenge) hat die Kinder auf eine bestimmte Mattenaufstellung "kommandiert" (die Matten sind Schachbrettmusterartig angeordnet, die Kinder sollten sich nur auf die roten Matten in der 2. + 3. Reihe stellen. Immer im Hinterkopf: das sind 4-5 jährige.). Diese Aufstellung kennen die Kinder wohl, haben es aber nicht wie gewünscht hingekriegt und wurden entsprechend gerügt - "das macht ihr ja nicht zum ersten Mal". Von wo aus die Reihen abgezählt werden sollte, wurde nach dem 2. vergeblichen Versuch der Kinder gesagt. Welche Matten die richtigen zum Draufstellen sind, hat sie nur erklärt, nicht gezeigt.
    Nach dem 3. vergeblichen Versuch hat sie gedroht, das Spiel zum Ende der Stunde zu streichen. Der Versuch ging schief. (Im Endeffekt hat sie das Spiel am Ende dann doch gemacht.) Nach dem 4. Versuch hat sie falls der nächste nicht klappt eine Kraftübung als Strafe angedroht und nachdem auch dieser schiefging, hat sie diese durchgezogen. Hierbei musste das einzige Kind, was sich richtig gestellt hatte, den anderen die Sekunden ansagen, die diese in Liegestützausgangsposition ausharren mussten. Einmal von 1-10 (als die Kinder bei der 10 die Übung beendet hatten, wurden sie angeherrscht, keiner hätte was von hinlegen gesagt), danach von 10 auf 1 zurück. Danach weiter halten, nachdem die Nachfrage, ob dies anstrengend sei, bejaht wurde, durften die Kinder aufhören.
    Das Ganze in einem sehr ausgeprägten Bundeswehrkommandoton.
    Und: Kein Kind hat Quatsch gemacht, alle waren sehr bemüht und wollten es sichtbar richtig machen, wussten nur nicht recht, wie. Insofern waren meines Erachtens die Strafen und Drohungen eigentlich völlig fehl am Platz.


    Wie die Kinder dann doch an die richtige Mattenaufstellung gelangt sind, weiß ich nicht, weil ich mich dann kurz mit meiner Tochter unterhalten habe. Diese hat sich das ganze Schauspiel auf meinem Schoß sitzend angesehen, wollte zuerst nicht mitmachen, aber vermutlich nur weil der 2. Anleiter ein anderer als sonst war. Dazu hatte sie sich schon vor Beginn der Stunde und damit vor Entstehung dieser Situation entschieden.


    Die gesamte beobachtete Szene dauerte so ca 5 Minuten. Wenn das jede Stunde so ist, wundere ich mich sehr, warum meine Tochter da eigentlich sehr gern hingeht und da auch jedes Mal mit gutem Gesichtsausdruck (nach Kloeters :) ) wieder rauskommt.
    Mir ist klar, dass die dort streng sind und ich habe die ersten Stunden auch die kompletten Trainings im Trainingsraum gesessen, aber das heute war doch nochmal eine Schüppe drauf. Manchmal scheint mir das Strenge bei dieser Anleiterin auch sehr aufgesetzt - mir ist auch klar, dass das zum Image des Sports gehört, aber man muss es doch nicht übertreiben, oder? Oder bin ich zu empfindlich?


    Klar, die loben auch Kinder, die was gut machen, machen kein Kind explizit nieder und sind sehr auf Gruppenzusammenhalt bedacht. Und trösten auch, wenn ein Kind mal weinen sollte. Besagte Anleiterin ist zwar die strengste von allen, hat aber heute das Abgrüßen - sprich, die Gruppenverabschiedung - ihrem Kollegen überlassen, um meine Tochter zu trösten, die geweint hat. Es geht also auch nett.


    Aber irgendwie leidet gerade mein Löwenmutterherz.
    Was meint ihr denn?

  • Ich finde es zu streng. Früher hab ich selbst Karate gemacht, als Erwachsene, da ging es auch nicht so zu. Disziplin und so war zwar wichtig, aber es gab nie so einen Kasernenhofton.


    Das Kindertraining, das vor meinem stattfand, war auch immer in netter Atmosphäre. Also ich finde es nicht ok, wie es bei euch läuft.

  • Tja, da sind wir wohl einer Meinung, Milk.


    Aber was mache ich? Schaue ich mir weiter meine Tochter gut an, ob ihr das was ausmacht, oder spreche ich schon vorher mit den Anleitern, weil es MICH stört?

    LG
    Nali

    Einmal editiert, zuletzt von Nali ()

  • Mir wäre es auch zu streng, aber ich bin manchmal wirklich erstaunt, was Kinder in Situationen außerhalb der Familie als 'normal' akzeptieren.


    Ich finde, du machst es ganz richtig. Beobachte deine Tochter weiter und bleib mit ihr im Gespräch. Die Anleiterin würde ich ansprechen, wenn deine Tochter nicht mehr gerne zum Training geht oder wenn es sich zufällig ergibt.

  • Ja, ich denke auch, beobachten und mit deiner Tochter im Gespräch bleiben.
    Für deine Tochter ist das ja auch eine Lernmöglichkeit: sie sieht, dass es manchmal irgendwo anders läuft als man es kennt, und - das wichtige dabei - sie kann selbst entscheiden ob sie das machen will oder nicht und sie kann sich deines Rückhalts sicher sein.

  • Das stimmt. Ich lege schon seit Beginn Wert darauf, dass sie jederzeit auch nur zuschauen kann, wenn sie gerade nicht mitmachen möchte, und kommuniziere das auch klar an die Anleiter.

  • Ich habe für meinen Sohn einen anderen sport gesucht, weil ich den Ton im karate-Training unerträglich fand. Er hat von 5 bis 7 gerne mit gemacht. Aber als er gesehen hat, wie freundlich es in anderen Gruppen zugeht, wollte er plötzlich auch nicht mehr hin...


    Vermutlich hat Karate für Kinder eine starke Faszination und sie machen vielleicht auch vieles mit, weil sie denken, das gehört so.

  • Ich war selbst Helferlein beim Mädchenturnen (10-20 Kinder, 5-10 Jahre alt).
    Und ja, es war sehr streng und autoritär. Aber auch sehr individuell und zugewandt. Herausfordernd.
    Für sporadisch zusehende Eltern vermutlich kaum nachvollziehbar.
    Aber die Kinder haben es geliebt: klare Regeln, die absolut durchgesetzt und eingehalten wurden. Das Vertrauen in uns, dass wir wissen, was sie können. Das Erleben, in jeder Stunde richtig viel gelernt zu haben und weiter gekommen zu sein.
    Es ist nicht Pflicht wie Schule oder Notwendigkeit wie Hort oder Kindergarten.
    Sondern freiwillig.

  • Ich habe für meinen Sohn einen anderen sport gesucht, weil ich den Ton im karate-Training unerträglich fand.


    Ich fürchte, das könnte mir auch passieren, wenn erstens besagte Anleiterin öfter das Training leitet und zweitens ich da öfter drin sitzen würde.
    Das ist ja mein Dilemma.


    Aber ich merke gerade auch, dass ich meine Tochter noch nie explizit auf den Drill angesprochen habe aus Angst, dass ich ihr versehentlich die richtigen Stichworte liefere und sie mir nur meine Meinung "nachplappert". Vielleicht sollte ich ihr auch in der Sache eine eigene Meinung zutrauen (die hat sie nämlich ganz sicher!) und mal mit ihr darüber sprechen...

  • Bei euch klingt es ein bisschen so, also ob die Dame sonst vielleicht 10jährige trainiert und ihre Aktionen nicht auf vier-bis-fünfjährige anpassen konnte. Gucke dir noch mal an.


    Bei uns wurde sehr auf einzelnen rumgehackt - auf der Träumerin, dem Quatschmacher, die alles IMMER verkehrt machten. Dann wurde mit Gummibärchen-Entzug gedroht, da wären mir Liegestützübungen noch lieber gewesen. Bei uns war's irgendwann nur noch unsouverän und negativ, so klingt's bei euch nicht.

  • Boah, solche Methoden sind einfach fies.


    Bei uns gabs weder Drohungen noch Erpressungen. Nur Ansagen "so wirds gemacht (gefälligst)".
    Wirklich übermütige, nicht ausreichend getobte Kinder durften gerne mal eine Runde extra laufen, oder ein paar Kraftübungen machen. Das betraf aber nur die alten Hasen, und die konnten das durchaus augenzwinkernd richtig einschätzen.
    Gelacht oder gespottet wurde über niemanden, nicht über das entwicklungsverzögerte Kind, was mit fünf Jahren nicht mit geschlossenen Füßen hüpfen konnte, nicht über die Kinder auf Leistungsturnerniveau, die Patzer hatten.
    Ein "ich kann das nicht" gabs nicht. Höchstens ein "noch nicht". Jedes Kind hat die Übung geturnt, die die Trainerin ihr zugetraut hat.

  • Bei uns wurde sehr auf einzelnen rumgehackt - auf der Träumerin, dem Quatschmacher, die alles IMMER verkehrt machten. Dann wurde mit Gummibärchen-Entzug gedroht, da wären mir Liegestützübungen noch lieber gewesen


    Das hört sich ja echt fies an. :S


    Der Umgang bei unserem Karate ist eigentlich wertschätzend - da wird keiner negativ hervorgehoben, keiner kriegt einen Stempel aufgedrückt. Auch in der Situation heute war ein "wir machen das doch nicht das erste Mal, das müsst ihr wissen" das "Persönlichste", was ich gehört habe. Das Kind, was die Übung hingekriegt hatte, wurde kurz abgeklatscht - finde ich auch nicht optimal, aber ok.


    In Summe ist mir schon klar, dass die Kinder wissen, dass es dort halt einfach so zugeht. Nur wie die Kleinen sich echt bemüht haben das zu tun was die Anleiterin sagte, aber einfach nicht wussten, wie genau sie die Anforderungen erfüllen können, war echt traurig anzusehen.


    Es war mal vertretungsweise ein Anleiter da, der die Kinder auch mal zwischendurch echt mit Kleinigkeiten beim Üben zum Kichern gebracht hat - das würde ich mir viel mehr wünschen...