Nebenberufliche Tätigkeit, totale Begriffsverwirrung

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  • Hallo Allerseits,


    ich habe die Möglichkeit bekommen, als Texter einen relativ kleinen, für mich aber spannenden und als Referenz durchaus interessanten Auftrag zu bearbeiten. Von verschiedener Seite habe ich gehört, dass ich das im Prinzip einfach machen kann, allerdings dem Finanzamt Bescheid sagen muss. Was ich wissen möchte ist, was ich denn nun wirklich alles tun muss. Vielleicht kennt sich jemand damit ja aus, bestimmte sind hier doch auch nebenberuflich "frei" tätige, hilfsbereite Raben, oder? :)


    Meine Situation:

    • Ich bin arbeitslos bzw. arbeitssuchend.
    • Eine ehemalige Kommilitonin hat einen Texter gesucht, ich habe sie kontaktiert, eine Probetext geschrieben und bin genommen worden.
    • Die Agentur, mit der ich zusammenarbeite, hat den Auftrag, ein an Kinder und Jugendliche gerichtetes Natur- und Erlebnisheft zu einem bestimmten Naturschutzgebiet (o.ä,) zu erstellen.
    • Mein Auftrag ist es, (fast) alle Texte zu schreiben, wobei Themen und Botschaft vom Kunden vorgegeben sind. Ich muss nicht recherchieren sondern erhalte eine Vorauswahl an Informationen in Form von Listen, Stichworten, kleinen Vortexten, Flyern, Berichten etc., aus denen ich dann relativ frei
    • Für den Auftrag bekomme ich rund 1400 Euro (nicht gut bezahlt, aber das Geld ist auch eher zweitrangig), die Agentur möchte, dass ich ihr nach getaner Arbeit eine Rechnung schreibe (und hat mir auch gesagt, was da drin stehen muss).
    • Ein bis zwei weitere Aufträge, die mit jeweils ca. 1000 Euro vergütet werden, habe ich für dieses Jahr noch in Aussicht (wenn ich mich bei dem aktuellen bewähre). Darüber hinaus habe ich erst einmal nicht vor, mich als Texter anzubieten bzw. selbstständig zu machen (sofern ich es jetzt nicht eh schon bin?).
    • Von Seiten des Jobcenters gab es nach Vorlage des von der Agentur gemachten Angebots keine Probleme.
    • Beim Finanzamt wurde ich ziemlich barsch darauf hingewiesen, dass es "keine nebenberufliche Selbstständigkeit" gäbe und dass ich, wenn ich das anmelden wolle, auf jeden Fall auch überzeugend als Texter an den Markt gehen müsse (Werben, Kunden akquirieren usw.). Ansonsten dürfe ich gar keine Rechnung schreiben. Ich könne aber einfach eine Quittung ausstellen (das würde für die Agentur auch reichen) und das ganze dann in meiner Einkommenssteuererklärung als "unversteuerten Arbeitslohn" in der "Anlage N" angeben.
    • Eine anschließende Internetrecherche hat mich nur weiter verwirrt. Verschiedene (wie ich finde) gut und schlüssig aufgebaute, seriös wirkende Seiten haben bei mir den Eindruck erweckt, dass es kein Problem sein sollte, eine solche Nebentätigkeit auszuüben und über die Steuererklärung anzugeben, eine Anmeldung beim Finanzamt (und der Krankenkasse) sei aber immer erforderlich. Wobei dann wieder eine Prüfung erfolgt, was denn nun wirklich mein Status ist.


    Ich bin verwirrt. Kann mir jemand, der etwas ähnliches schon mal erlebt hat oder arbeitet, das vielleicht mal in einfachen Worten auf meine Situation bezogen erklären? :(

  • Zu deinem konkreten Fall kann ich leider nicht viel sagen.


    Aber es gibt eine nebenberufliche Selbständigkeit. Dies trifft z.B. auf Tagesmütter zu oder auf Menschen, die nebenher Selbstgemachtes in kleiner Stückzahl bei dawanda u.ä. verkaufen.


    Der Mensch bei deinem Finanzamt hat schlichtweg keine Ahnung. Am besten wendest du dich an einen Steuerberater oder einen Lohnsteuerhilfeverein.


    Viel Glück.

  • Also ich bin auch nebenberuflich Selbständig. Nebenberuflich bin ich, weil ich noch familienversichert bin, nicht von meinem Einkommen leben kann (sprich mein Gewinn ist nicht höher als xy im Monat) und ich arbeite in der Woche nicht mehr als (ohje, weiß nicht genau) 15 Stunden.


    Beim Finanzamt habe ich mich ganz normal als Freiberufler Selbstäbdig gemeldet und mein zu erwartendes Jahreseinkommen angegeben (aus dem ja ganz eindeutig hervorgeht, dass ich das nicht Hauptberuflich mache).


    Sehe also kein Problem bei Dir.


    Die KK sieht das als einziges sehr eng, weil man sich dann direkt freiwillig versichern muss und das wird sehr teuer, vor allem am Anfang arbeitet man dann nur für die KK.


    Hast Du noch Fragen?

    Große Kleine 09/10 und ganz Kleine 06/16

  • Ich arbeite im Moment auch freiberuflich geringfügig (heißt, ich bin arbeitslos gemeldet, familienversichert und arbeite nicht mehr als 15 Std./Woche, fürs Arbeitsamt musst du dann das sog. EKS-Formular ausfüllen). Deinen Angaben zufolge würde ich die Tätigkeit eindeutig als journalistisch/publizistisch einordnen, also freiberuflich. Wenn du nur den einen Auftraggeber hast, könnte man theoretisch von Scheinselbstständigkeit sprechen, das ist aber für dich nicht relevant (höchstens für den Auftraggeber, der damit Sozialabgaben spart). Du beantragst beim Finanzamt eine Steuernummer (die meisten haben dafür online Formulare), dann wird dir ein Fragebogen zugesandt in dem du Details über deine Tätigkeit angeben musst. Letztlich entscheidet natürlich das Finanzamt darüber, ob deine Tätigkeit als Freiberuflichkeit oder Gewerbe einzustufen ist, aber ich finde das eindeutig. Dann bekommst du eine Steuernummer, die auf deiner Rechnung drauf stehen muss. Es gibt einige Pflichtangaben, die auf Rechnungen stehen müssen. Ich nehme die Kleinunternehmerregelung in Anspruch, d.h. bei Umsätzen unter 17.000 Euro/Jahr muss keine Umsatzsteuer auf der Rechnung ausgewiesen werden, dafür gibts auch einen Einzeiler auf der Rechnung.

  • Du wärst "freiberuflich" - das ist ein Unterschied zu "selbständig". Und ja, man kann das auch nebenberuflich machen.


    U.U. könntest Du, wenn es mehr wird, Dich bei diesem Job sogar über die Künstlersozialkasse versichern - aber vorher schlau machen, die sind wohl durchaus restrektiv unterdessen.


    Pass auf, dass Du von den Einnahmen Deine Unkosten abziehst (die gerade Leute die nebenher arbeiten manchmal gar nicht so wahrnehmen) - auch für die Steuer. Google mal, da gibt es auch Pauschalen, was in Deinem Fall sicher einfacher ist.


    Bei der KK gibst Du einen aufs Jahr gerechneten monatlichen Durchschnittsverdienst an. Erkundige Dich nochmal, wieviel das aktuell max, sein darf, dass Du nicht aus der Versicherung fällst.

  • Vielen Dank für die detaillierten Antworten! Ein bisschen schlauer bin ich dadurch schon (und vor allem fühl ich mich nicht mehr so aufgeschmissen), aber einige Rückfragen habe ich trotzdem.


    Aber es gibt eine nebenberufliche Selbständigkeit. Dies trifft z.B. auf Tagesmütter zu oder auf Menschen, die nebenher Selbstgemachtes in kleiner Stückzahl bei dawanda u.ä. verkaufen.


    Der Mensch bei deinem Finanzamt hat schlichtweg keine Ahnung. Am besten wendest du dich an einen Steuerberater oder einen Lohnsteuerhilfeverein.


    Das hab ich mir auch gedacht, aber der sitzt sogar in der Neugründungsstelle, ist also direkt für Leute zuständig, die in die Selbstständigkeit gehen. Da sollte er doch eigentlich Ahnung haben...
    Ich werde mal gucken, ob es einen entsprechenden Verein gibt, bei dem ich mich beraten lassen kann - oder zur Not eben auch beim Steuerberater. Ich hab aber echt nicht gedacht, dass es soweit kommen würde. :(


    Beim Finanzamt habe ich mich ganz normal als Freiberufler Selbstäbdig gemeldet und mein zu erwartendes Jahreseinkommen angegeben (aus dem ja ganz eindeutig hervorgeht, dass ich das nicht Hauptberuflich mache).


    Wenn du nur den einen Auftraggeber hast, könnte man theoretisch von Scheinselbstständigkeit sprechen, das ist aber für dich nicht relevant (höchstens für den Auftraggeber, der damit Sozialabgaben spart).


    Genau darauf hat mich der Finanzamt-Mensch am Telefon auch angesprochen. Er sagte, wenn ich mich selbstständig machen will, dann müsse ich eben auch aktiv an den Markt gehen, mich präsentieren, Kunden werben (und von vorn herein wissen, wo ich das tue) und so weiter. "Einfach so" als Texter arbeiten, ginge nicht.


    Du beantragst beim Finanzamt eine Steuernummer (die meisten haben dafür online Formulare), dann wird dir ein Fragebogen zugesandt in dem du Details über deine Tätigkeit angeben musst.


    Den Fragebogen gibt's auch online an verschiedenen Stellen (z.B. hier oder bei der IHK): "BMF IV A 5 - Fragebogen zur steuerlichen Erfassung / Aufnahme einer gewerblichen, selbständigen (freiberuflichen) oder landwirtschaftlichen Tätigkeit / Beteiligung an einer Personengesellschaft/ -gemeinschaft" - der wird's wohl sein, oder? Der sieht verdammt kompliziert aus und die Hälfte der Begriffe sagen mir nichts ansatzweise etwas...


    Du wärst "freiberuflich" - das ist ein Unterschied zu "selbständig".


    Kannst du (oder jemand anderes) diese Abgrenzung noch mal klar erläutern? Genau danach hab ich ja auch im WWW gesucht, bin aber nur verwirrt worden. Auf der Seite Erfolg-als-Freiberufler.de -> Nebenberuflich als Freiberufler tätig (die ich sehr gut finde, soweit ich das einschätzen kann) findet sich zum Beispiel irgendwo in einem Nebensatz die Aussage, dass man als Freiberufler eben auch selbstständig ist - dort also scheint es wieder selbstverständlich so zu sein. #confused


    Pass auf, dass Du von den Einnahmen Deine Unkosten abziehst (die gerade Leute die nebenher arbeiten manchmal gar nicht so wahrnehmen) - auch für die Steuer. Google mal, da gibt es auch Pauschalen, was in Deinem Fall sicher einfacher ist.


    Dazu habe ich tatsächlich auch schon etwas gelesen, aber das sollte ja erst mit der Anfertigung der Steuererklärung relevant werden. Danke trotzdem!



    Das blöde ist einfach, dass ich grad eigentlich überhaupt keine Zeit und Energie habe, mich damit herum zu schlagen. Ich war so froh, einfach diesen Auftrag bekommen zu haben, obwohl allein der selbst mich schon vor einige Herausforderungen stellt! :(


    Aber ihr helft mir da grad deutlich weiter! #top

  • Freiberuflich sind bestimmt Berufsgruppen. Z.b. Heilberufe, Presse auch glaube ich, etc. Selbstständig sind sie aber auch. Das macht keinen Unterschied für Dich. Freiberufler sind eine Untergruppe der Selbstständigen. Lass' Dich mal gut beraten. Bei so geringem Jahreseinkommen gibt es immer so bestimmte Ausnahmeregelungen was die Steuer etc. angeht. Und die Krankenkasse will doch auch erst ab einem bestimmten Verdienst mehr Geld oder Dich rauswerfen.

    Mäh!

    Einmal editiert, zuletzt von Mio ()

  • "Selbständig" bedeutet, dass du auf eigene Rechnung arbeitest. "Freiberuflich" bedeutet, dass du einen freien Beruf ausübst - also kein Gewerbe, das du anmelden müsstest (und evtl Gewerbesteuer zahlen).


    Wenn du Folgeaufträge bekommst, kannst du ja mal ne Webseite basteln und Visitenkarten, das gilt schon als an den Markt gehen. Und wenn du nette Referenzen hast, bekommst du hoffentlich noch andere Auftraggeber.


    Nur Mut, das klappt schon!

  • Nachtrag:


    Gerade auf der oben verlinkten Seite gefunden: "Beratungsstellen der Finanzämter - Einige Bundesländer, wie zum Beispiel Hamburg, haben besondere Beratungsstellen für Existenzgründer. [...] Die Bearbeiter in diesen Beratungsstellen sind besonders gut geschult und kennen sich bis ins Detail aus - Weiterempfehlungen an andere Sachbearbeiter sind hier selten."
    Irgendwas muss ich falsch gemacht haben. :(


    Edit:


    Ups, da sind ja inzwischen noch Antworten gekommen. Danke euch! Das mit "selbstständig" und "freiberuflich" ist dann soweit klar für mich. :) Ich lass das jetzt erst mal sacken. Man kann sich ja so furchtbar in so etwas hineinsteigern...

  • Aus irgendeinem Grund geht das Zitieren bei mir grad nicht.


    Scheinselbstständigkeit: ich weiß nicht in welchen Fällen das Finanzamt sowas prüft. Ich hatte am Anfang auch nur einen Auftraggeber, den ich über eine ganz normale Bewerbung gefunden habe. Weitere kamen durch Mund-zu-Mund-Propaganda und Bewerbungen dazu. Ich habe nie Werbung gemacht. #weissnicht Alles was ich dazu weiß, ist, dass du als "Kunde" nicht belangt werden kannst, sondern nur der Auftraggeber. Zur Scheinselbstständigkeit gehören aber noch weitere Kriterien außer dass es nur einen Auftraggeber gibt, z.B. gibt er dir Weisungen in Bezug auf Arbeitsort- und zeit. Ganz ehrlich, ich würde mich damit nicht weiter beschäftigen.


    Fragebogen zur steuerlichen Erfassung: ja, genau das ist der. Manche Fragen sind halt für einen Einzelunternehmer wie es Freiberufler ja meistens sind nicht relevant. Hat dein Finanzamt evt. eine Beratungs- oder Servicestelle? Die können dir beim Ausfüllen helfen. Ich habe das so ausgefüllt wie ich es für richtig erachtet habe und es gab keine Beschwerden, nur das Schreiben mit meiner Steuernummer ^^


    Einnahmen/Ausgaben: das wird nicht erst zur Steuererklärung relevant. Wenn du Leistungen von der Arbeitsagentur oder Jobcenter beziehst, musst du deine Nebentätigkeit mitteilen und dann werden die dich bitten das EKS-Formular auszufüllen. Darin musst du schon deine Einnahmen und Ausgaben abschätzen, am Ende des Bewilligungszeitraumes muss man dann die endgültigen Daten nochmal angeben (oh ja, ich liebe Formulare, besonders vom Arbeitsamt..., die lieben anscheinend auch Selbstständige...). Außerdem solltest du natürlich laufend Quittungen aufheben.


    Krankenkasse: ich weiß nicht genau wie das läuft, wenn man übers Amt versichert ist, familienversichert kann man bleiben solange man nicht durchschnittlich mehr als 365 Euro im Monat verdient.


    Die erste Steuererklärung steht mir auch noch bevor.


    Edit: noch was zum Arbeitsamt...wir haben mehrere Male den Fehler gemacht bei Besuchen nicht sofort anzugeben, dass ich selbstständig bin (hatte nicht dran gedacht, denn eigentlich ging es nur um meinen Mann und nicht mich) und dann saßen und warteten wir ewig umsonst, weil wir nämlich zu den falschen Personen geschickt wurden. Also gleich dazusagen, wenn du da mal wieder hin musst.

  • Die IHK ist aber nur für Gewerbetreibende, Handelskammer für Händler und Handwerker usw. Jedenfalls sind die nicht für Freiberufler zuständig.


    Wenn Du aus Hamburg kommst, dann schau auf jeden Fall bei der H.E.I. mit Termin vorbei, das ist die Hamburger Existenzgründer Initiative. Die beraten, bieten günstig Kurse an etc. Ich habe da die Beratung in Anspruch genommen, ein paar Kurse belegt, die waren sehr gut.


    Hamburg ist wirklich bekannt für seine vielen Selbständigen und Existenzgründer.


    Dann gibt es noch die garage Hamburg, auch eine Existenzgründungsberatungsstelle. Einfach mal googlen. Eventuelle Kosten, die durch Beratung entstehen kannst Du auch immer als Ausgaben geltend machen (sobald Du beim Finanzamt gemeldet bist, versteht sich).


    Früher gab es doch auch noch einen Gründungszuschuß, wenn man sich aus der Arbeitslosigkeit Selbständig gemacht hat, gibt es das noch? Ich hatte das und es war für den Anfang super. Man musste dann auch nicht mal die KK-Kosten tragen, die hat das Arbeitsamt für die ersten Monate übernommen.

    Große Kleine 09/10 und ganz Kleine 06/16