Ich hatte gestern und heute zwei Gespräche, die für mich diese Frage aufwerfen und darum stelle ich sie mal hier. Für mich ist klar , dass einen guten Vater ausmacht, das er sein Kind liebt und dies auch zeigt. Alles andere ist für mich nebensächlich. Dachte ich bis vor kurzem zumindest .....
Ich erzähle euch mal, was mich darauf bringt.
Ich hatte gestern ein Gespräch mit einem guten Freund, dem ich vor ein paar Tagen mal gesagt habe, dass ich ihn für einen sehr guten Papa halte. Gestern hat er mir nun erklärt, dass er das gar nicht so sieht.
Ich halte ihn für einen guten Vater, weil er seine Tochter (sechs Jahre) regelmäßig und verlässlich übers Wochenende und in den Ferien oder über Feiertage auch mal länger zu sich holt (andere Stadt). Er ruft sie zwischendurch an, hat guten Kontakt zur Schule, den Ärzten und der Frühförderung.Über Monate hinweg hatte die Kleine einmal in der Woche einen Arzttermin in der Stadt, in der der Papa wohnt. Also ist er jede Woche mit dem Zug zu uns in die Stadt (ca. eine Stunde Weg) gekommen, hat das Kind geholt, den Termin begeleitet und das Kind wieder zurück gebracht. Das alles auf eigene Kosten (von Hartz 4) und durchaus gern, da er so mehr Zeit mit dem Kind hatte und Informationen aus erster Hand.
Er ist sehr liebevoll mit der Kleinen. Auf Grund seines Autismus (Asperger Syndrom) tut er sich recht schwer mit zwischenmenschlichen Kontakt (wir sehen uns alle zwei Wochen und ich bin wohl sein regelmäßigster Kontakt), aber für seine Tochter springt er da echt über seinen Schatten und verabredet sich und geht mit ihr zu Orten, die er allein nicht aufsuchen würde (Menschenmengen, "Gefahr" von Körperkontakt). Die Mutter des Kindes hat ihm in letzter Zeit viele Steine in den Weg gelegt und die Kontakte sehr erschwert. Er ist zum Jugendamt und auch vor Gericht gegangen, um den Umgang für alle Beteiligten gut regeln zu lassen. Im Gespräch mit der Mutter war das leider nicht möglich. Er hätte viel lieber den Kopf in den Sand gesteckt (ist sein Naturell), aber für sein Kind hat er gekämpft!
Er hält sich für einen schlechten Vater, weil er nicht zahlen kann für das Kind. Ich finde das absolut zweitrangig, eigentlich sogar unwichtig. Klar wäre es schön, wenn er auch finanziell etwas beitragen könnte, aber kann er nun mal nicht. Er hat die Autismus Diagnose erst vor relativ kurzer Zeit bekommen und nun wird auch ein wenig klarer, warum er sich mit manchen Dingen so schwer tut. Er macht bereits eine berufliche Reha (zugeschnitten auf seine Diagnose) und ist da wirklich bemüht.
Meinen beiden großen Kinder leben nicht bei mir (bei den beiden zahlen die Väter Unterhalt), aber meine kleine Tochter. Ihr Vater hat keinen Kontakt und zahlt auch nicht. Ich hätte wahnsinnig gern, dass meine Tochter Umgang mit ihrem Vater hat. Ob er zahlt ist mir egal. Klar wäre das ein wenig mehr Geld als Unterhaltsvorschuss und das Geld ist auch recht knapp, aber es stört mich nicht , dass er nicht zahlt. Kann eben nicht, er hat andere Baustellen (nicht finanziell, sondern eher psychisch) und gut ist.
Wie wichtig ist es euch, dass Väter auch finanziell die Verantwortung übernehmen? Ich finde andere Sachen viel wichtiger und kann auch verstehen, wenn Geld verdienen nicht an oberster Stelle der Prioritäten steht oder einfach auch "nicht klappt", weil man sich schwer tut mit, nun ja ... dem Leben an sich. Wobei ich es durchaus wichtig finde, solche Probleme dann anzugehen. Aber auch nicht um den Vater in erster Linie in die Verfassung zu bringen endlich zahlen zu können.
Obwohl das hier nun schon so lang ist, würde ich zu einer anderen Situation auch gern eure Meinung hören. Ich packe beide Situationen in einen Thread, weil es um dasselbe geht (Vaterliebe), auch wenn die Situationen überhaupt nicht miteinander vereinbar sind.
Ich habe ja oben schon erwähnt, dass meine beiden Großen nicht bei mir leben, sondern in Einrichtungen der Jugendhilfe (auf Grund einer psychischen Erkrankung meinerseits). Heute hatten wir Hilfeplangespräch mit meiner großen Tochter, dem Vater (stammt aus Nigeria), dem Jugendamt, der Einrichtung und mir. Meine Tochter ist sehr verhaltensauffällig (aggressiv, sehr menschenscheu, lebt in einer Traumwelt) und wir machen uns alle große Sorgen um sie.
Thema heute war unter anderem, dass der Vater vor kurzem bei einem Probewohnen bei ihm handgreiflich gegenüber unserer Tochter geworden ist (massiv, Anzeige läuft, natürlich wird sie nun nicht mehr zu ihm ziehen). Er kann die Aufregung nicht verstehen, natürlich hätte er sie geschlagen. Sie würde sich nicht normal verhalten, also müsse er sie doch wohl schlagen, damit sie lernt, dass es falsch wäre, sich so zu benehmen. Das wäre in Nigeria so üblich (In seiner Familie schon, ansonsten würde ich persönlich das nicht so pauschalisieren wollen), alle Kinder wachsen so auf, an der Häufigkeit der Schläge könne man ablesen, wie sehr Eltern ihre Kinder lieben (häufiges Schlagen = große Liebe, weil schlagen gleich Fürsorge). Er war sehr wütend auf die Einrichtung, weil das Kind "keine Angst vor dem Stock kenne". Er hatte sie in den letzen Jahren nie länger als zwei Nächte zu Besuch bei sich, da gab es keine Probleme zwischen den beiden und darum kam das Thema schlagen auch nicht auf. Ich habe in den letzen Jahren sehr wenig Kontakt zu ihm gehabt und hätte nicht gedacht, dass er sie schlägt (mich hat er damals schlimm verprügelt, das Kind nie angerührt, immer sehr liebevoll). Ich war entsetzt und erschrocken über die Dinge die er heute sagte und auch darüber, dass er keinerlei Einsicht zeigt. Ich habe Konsequenzen gezogen (er wird das Mädchen nur noch unter Aussicht sehen) und trotzdem mag ich ihn nicht verteufeln. Meine Familie kann das nicht verstehen. Was er getan hat und jederzeit wieder tun würde, war und ist entsetzlich falsch und ich werde alles dafür tun, dass es nicht wieder passiert. Aber er hat es aus Liebe und Sorge getan. Das macht es nicht richtig, in keinster Weise. Aber dennoch achte ich seine Liebe zu unserer Tochter und möchte ihm den Kontakt (so das Kind es möchte - im Moment möchte sie nicht- und Aufsicht gewährleistet ist) ermöglichen.
Ich hätte ihn bis vor ein paar Wochen durchaus als guten Vater bezeichnet, weil er sich im Rahmen seiner Möglichkeiten kümmert und das Kind bedingungslos liebt. Nun hat er diese Liebe aber auf eine Weise gezeigt, die für mich absolut inakzeptabel ist. Dennoch erkenne ich an, dass er nur helfen wollte und es kommt für mich nicht in Frage, ihn zukünftig aus der Erziehung auszuschließen. Im Rahmen seiner Möglichkeiten und in Anbetracht der Umstände unter denen er aufwuchs, halte ich ihn immer noch für einen guten Vater.
Könnt ihr das verstehen?
Sorry, weil es so lang und wirr ist .... Und wahrscheinlich ist das Unterforum falsch ?
Und für diejenigen, die sich fragen warum ich nicht außer mir bin vor Wut und Empörung und auch Angst wegen der Schläge: Das war ich direkt nach dem Vorfall. Komplett und für viele Tage. Aber heute haben wir uns getroffen, um sachlich miteinander zu sprechen. Das war schwer, aber auch wichtig und richtig. Diese Stimmung wirkt noch sehr nach. Es lässt mich keineswegs kalt, aber heute brauchte ich einen kühlen Kopf. Und meine Tochter eine Mutter, die ihr Halt bietet. Und ich möchte diesem Mädchen, das schon so viel entbehren musste, nicht auch noch den Vater nehmen, wenn es sich vermeiden lässt.