LRS: unabänderliches Schicksal oder päd. beeinflussbar?

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  • Es betrifft uns nicht unmittelbar, aber ich treffe gerade auf zwei verschiedenen Lehrermeinungen zu LRS:
    1. LRS ist ein Handycap wie z.B. Kurzsichtigkeit. Es läßt sich nicht beeinflussen. Dadurch, das bei LRS die Noten ausgesetzt werden können, ist LRS kein Grund für eine Rückstufung, auch nicht freiwillig.


    2. LRS entsteht dadurch, dass manche Kinder länger brauchen, um Schrift zu abstrahieren. sie müßten länger Möglichkeit bekommen, mit entsprechendem Material Schrift "begreifen" zu können. Daher kann eine Rückstufung sinnvoll sein, sofern sie dann genügend Gelegenheit bekommen, sich mit solchem Material zu beschäftigen. (z.B. Montessori-Material ist damit gemeint).


    Wer hat recht? Oder gibt es noch ganz andere Einschätzungen dazu?

  • Möchtest Du über eine Lese-Rechtschreib-Schwäche oder über eine Lese-Rechtschreib-Störung = Legasthenie diskutieren?


    Eine Legasthenie ist per WHO Definition eine Behinderung.
    Wie bei vielen Behinderungen gibt es äußere Einflüße, Therapien und Hilfsmittel, die helfen können nahezu barrierefrei leben zu können.
    Eine Behinderung zu haben bedeutet ja nicht, daß man "nichts machen kann".
    Je nach Kind kann eine Rückstufung sinnvoll sein oder nicht, als Einzelmaßnahme wäre es eher sinnlos.



    Ich kopiere mal aus diesem Thread
    Diagnosemarathon Ads, ADHS, Asperger und Lese-Rechtschreibschwäche
    1. Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
    Legasthenie bezeichnet eine umschriebene Störung im Erlernen der Schriftsprache, die nicht durch eine allgemeine Beeinträchtigung der geistigen Entwicklungs-, Milieu- oder Unterrichtsbedingungen erklärt werden kann. Vielmehr ist die Legasthenie das Ergebnis von Teilleistungsschwächen der Wahrnehmung, Motorik und/oder der sensorischen Integration, bei denen es sich um anlagebedingte und/oder durch äußere schädigende Einwirkungen entstandene Entwicklungsstörungen von Teilfunktionen des zentralen Nervensystems handelt.


    2. Abgrenzung zur Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS)
    Die Begriffe Legasthenie, Dyslexie, Lese-Rechtschreib-Schwäche, Lese-Rechtschreibstörung oder kurz LRS haben für viele Menschen die gleiche Bedeutung. Als Ursache der Legasthenie werden Wahrnehmungsstörungen angenommen, während eine LRS auch bei nicht wahrnehmungsgestörten Kindern vorliegen kann, die beispielsweise Unterricht versäumt haben. Bei einer leichten LRS kann guter Nachhilfeunterricht zu Erfolgen führen; bei Legasthenie ist in jedem Fall eine Lerntherapie angezeigt.

    "Über besorgte Bürger wusste er Bescheid. Wo auch immer se sich aufhielten: Sie sprachen immer die gleiche private Sprache in der "traditionelle Werte" und ähnliche Ausdrücke auf "jemanden lynchen" hinaus lief." Terry Pratchett: Die volle Wahrheit
    LG Bryn mit Svanhild (*01), Arfst (*02), Singefried (*09) und Isebrand (*12)

  • Richtig. Ich denke, dass da ist die Diagnose nicht so leicht ist.
    Bei LRS kann man fördern. Bei Legasthenie eher nicht.


    Ich hab einen Jungen, der ganz schrecklich schrieb. Wie hatten einige Kämpfe, denn man könnte kaum lesen, was er schrieb, und wir haben echt viel probiert.
    Gezielte Förderung und darauf bestehen, dass richtig abgeschrieben und richtig mit Ruhe gelesen wird, haben deutlich Besserung gebracht.
    Seit er ein eigenes Pferd hat, hat das noch mal gepusht. Ich nehme an, durch die bessere Körperwahrnehmung.


    Was ich sagen wollte: man kann bei LRS schon viel machen. Aber eine anständige Diagnose gehört her.

    Es gibt Tage, an denen Du denkst, dass Du untergehst. Wie stark Du wirklich bist, erkennst Du erst, wenn Du sie überstanden hast...

  • Hm, also, man kann den Kindern auch in der entsprechenden Klassenstufe mehr Zeit geben. IdR wird ja ein Förderplan erstellt und als erstes heißt es meist, dass die Kinder zumindest bei Leistungsmessungen mehr Zeit bekommen und eben Förderunterricht (ist meist aber nur 1 Stunde pro Woche). Das Nächste ist dann das Aussetzen der Note.


    Das Verbleiben in einer Klasse oder Rückstufung kann natürlich im Einzelfall helfen, aber ich persönlich finde, dass LRS alleine dafür kein Grund sein sollte. Je nachdem, wie frustrierend die Erfahrungen für das Kind aber bisher waren oder wie die Lehrer damit umgehen oder auch wie die sonstige Entwicklung läuft, KANN auch sowas gut sein.


    Ich persönlich habe sehr gute Erfahrungen mit Schülern gemacht, die außerhalb der Schule bei privaten Instituten mit Spezialisierung Stunden genommen haben. Manche sind, wenn sie sehr früh Unterstützung bekommen haben, einfach fast unauffällig in der Mittelstufe des Gym durchgelaufen. Das finde ich ermutigend. Es ist aber extrem schade, dass die öffentlichen Schulen diese Förderung nicht (in diesem Maße) leisten können.

  • Richtig. Ich denke, dass da ist die Diagnose nicht so leicht ist.
    Bei LRS kann man fördern. Bei Legasthenie eher nicht.


    Ich würde sagen, man kann beides gut fördern, bzw therapieren.
    Allerdings sind die Methoden unterschiedlich und auch die Wege dorthin.
    Bei einer LRS kann Nachhilfe helfen, manchmal auch Konzentrationstraining, manchmal reiten, manchmal anderes - je nach Ursache.
    Bei einer Legasthenie hilft eine Lerntherapie meistens ganz gut. (Hängt natürlich auch vom Grad der Ausprägung, der Behinderung ab)


    Hm, also, man kann den Kindern auch in der entsprechenden Klassenstufe mehr Zeit geben. IdR wird ja ein Förderplan erstellt und als erstes heißt es meist, dass die Kinder zumindest bei Leistungsmessungen mehr Zeit bekommen und eben Förderunterricht (ist meist aber nur 1 Stunde pro Woche). Das Nächste ist dann das Aussetzen der Note.


    Ja, das ist der Nachteilsausgleich in der Schule, dem bekommt man nach Diagnosestellung meistens relativ leicht.



    Ich persönlich habe sehr gute Erfahrungen mit Schülern gemacht, die außerhalb der Schule bei privaten Instituten mit Spezialisierung Stunden genommen haben.


    Lerntherapie bei speziellen Therapeuten, das ist mit Sicherheit das sinnvollste Hilfsmittel, je früher desto besser.
    Ich finde es aber extrem ärgerlich, daß es so schwer ist bei einer Legasthenie die Kostenübernahme für eine Therapie zu bekommen.
    (Wir stecken grade in der 2. Weiterbewilligung, es regt mich immer wieder auf!)

    "Über besorgte Bürger wusste er Bescheid. Wo auch immer se sich aufhielten: Sie sprachen immer die gleiche private Sprache in der "traditionelle Werte" und ähnliche Ausdrücke auf "jemanden lynchen" hinaus lief." Terry Pratchett: Die volle Wahrheit
    LG Bryn mit Svanhild (*01), Arfst (*02), Singefried (*09) und Isebrand (*12)

    Einmal editiert, zuletzt von Bryn ()

  • Vielen Dank für das Aufdröseln der Diagnosen!
    Das war mir nicht so bewußt. Als Kind hatte ich den Stempel "Legasthenie", aber das scheint aus heutiger Sicht nicht richtig gewesen zu sein. Ich hatte massive Fehlzeiten in der Grundschule, halbherzig ein paar Förderstunden. Erst in der 8. Klasse hab ich angefangen, die Kurve zu kriegen. Mit massiver Anstrengung und Konzentration.
    Bis heute muss ich mich sehr konzentrieren, richtig zu schreiben, nichts zu verdrehen (auch Zahlen).
    Trotzdem geht auch mein Beruf, bei dem es unter Anderem genau auf diese Fertigkeiten ankommt, sehr gut. Meine Fehlerquote ist deutlich unter dem Durchschnitt (vielleicht, weil ich mich wirklich für jedes genau konzentrieren und hinwenden muss und nichts "mal eben nebenbei" geht).

  • Ah, okay. Dass man bei Legasthenie auch gut therapieren kam, war mir so nicht klar.

    Es gibt Tage, an denen Du denkst, dass Du untergehst. Wie stark Du wirklich bist, erkennst Du erst, wenn Du sie überstanden hast...

  • Ich meine in diesem Fall mit LRS eine Lese-Rechtschreib-Schwäche. Mir ist bewußt, dass LRS und Legasthenie verschiedene Dinge sind. Wobei ich auch hier auf unterschiedliche Meinungen bei Lehrern treffe. Es gibt durchaus welche, die die Begriffe synomym anwenden.


    Ich habe mal von einer interessanten These gehört:
    LRS würde dadurch entstehen, dass das Kind zu schnell abstrahieren müsse, dass es zuwenig Zeit bekäme, Buchstaben/Schrift zu "begreifen". Also zuwenig Zeit für anfassbarers Material. Und dass ein Kind mit LRS außerhalb seiner "sensiblen Phase" Lesen/Schreiben erlernen mußte. Würde man die sensiblen Phasen/Zeitfenster beachten, käme es nicht zu LRS.
    Legasthenie hingegen würde viel früher, im Kleinkindalter entstehen. Da würden "Überkreuzfunktionen" im Gehirn nicht funktionieren. Z.B. würden solche beim Krabbeln (rechts Bein/linkder Arm und umgekehrt) geübt werden. Daher hätten Kinder, die nicht gekrabbelt hätte, ein größeres Risiko für Legathenie.


    Ob da was dran ist, weiß ich nicht.


    Nachteilsausgleich: Bring das was für die Teileistungsschwäche? Ich hab so das GEfühl, dass bei LRS in den Schulen dann eben der Nachteilsausgleich gemacht wird und damit ist der Sache nach deren Ansicht genüge getan und weiter gehts. Wobei sich LRS eben auch auf die anderen Fächer auswirkt. Der Nachteilsausgleich kaschiert das Problem zunächst, an der eigentlichen Schwäche wird nichts gemacht, der Schüler wird weitergezerrt im Stoff und das wars. So zumindest mein eindruck.
    Zu sagen: "Das Kind hat LRS, es bekommt mehr Zeit und keine Noten für Lesen und Schreiben" ist doch irgendwie auch kein konstruktiver Umgang mit dieser Schwäche, oder?
    Daher meine Frage, weil ich darauf zu hören bekam, dass man bei LRS nichts machen könne, weil das so ähnlich wäre, wie wenn man schlecht sehen kann.

  • Ich hab einen Jungen, der ganz schrecklich schrieb. Wie hatten einige Kämpfe, denn man könnte kaum lesen, was er schrieb, und wir haben echt viel probiert.
    Gezielte Förderung und darauf bestehen, dass richtig abgeschrieben und richtig mit Ruhe gelesen wird, haben deutlich Besserung gebracht.
    Seit er ein eigenes Pferd hat, hat das noch mal gepusht. Ich nehme an, durch die bessere Körperwahrnehmung.

    Danke dafür!
    mein Sohn ist auch "betroffen", bekommt gezielt Nachhilfe. Die Schule ist generell *nicht* bereit, in der Deutschnote Rücksicht auf eine LRS zu nehmen ("Wo kämen wir denn da hin?") und eine klare Legathenie ist es wohl nicht.
    Das Pferd gibt's nächstes Jahr 8o wir hoffen auf seine Wirkung ;)

    Es gibt überall auch Gutes in der Welt.
    Selbst RTL hat Ninja Warrior!

  • Hallo,
    schön das dein Sohn nächstes Jahr ein Pferd bekommt.
    Du kannst je bis dahin ihn einen Eggball kaufen. Wenn ihr den Platz habt. Schau mal hier: klick mich Wir haben den Großen. Da haben unsere Mädels ihre Voltigierübungen darauf geübt. Das ist auch gut für das Gleichgewicht. Ansonsten ist es entweder Ritterpferd, Indianerpferd oder Einhorn.
    LG Sabine

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  • mein Sohn ist auch "betroffen", bekommt gezielt Nachhilfe. Die Schule ist generell *nicht* bereit, in der Deutschnote Rücksicht auf eine LRS zu nehmen ("Wo kämen wir denn da hin?") und eine klare Legathenie ist es wohl nicht.

    MUSS die Schule das nicht tun? So wie ich es verstanden habe, ist es bei LRS (also nicht nur bei Diagnose Legasthenie) verbindlich. Ich weiß allerdings, dass auch eine Mutter von hier mit einem Schreiben des Bildungsministeriums winken mußte, damit die Schulleiterin bereit war den Nachteilsausgleich anzuwenden. (Könnte natürlich sein, dass es wieder so eine länderspezifische Sache ist???)

  • Damit habe ich mich nicht genau auseinandergesetzt.
    Im Institut, in dem wir Liam haben testen lassen, sagte man uns, dass eine entsprechende Therapie dort Voraussetzung dafür sei, dass er diesen Nachteilsausgleich in der Schule bekommt. Diese Therapie war aber zum einen schweineteuer und zum anderen hätten wir dazu ein zweites Auto kaufen müssen - wir wollen aber lieber das Pferd.
    Er hat nun eine nicht-zertifizierte Nachhilfelehrerin, die diesen Nachteilsausgleich nicht beantragen kann. Die Klassenlehrerin meinte, das wäre kein Problem, da diese Grundschule* die Anträge wohl ohnehin immer ablehnt. Den Nachteilsausgleich würde es hier nicht geben - basta.
    Da es uns ja nicht betraf, habe ich es dabei belassen und mir meinen Teil gedacht
    #yoga
    *) Die Lehrerin meiner Tochter (gleiche Schule) sagt übrigens etwas anderes, es scheint also mehr an der Lehrerin als an der Schule zu liegen ...

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    Selbst RTL hat Ninja Warrior!

  • Es kommt immer auf das Bundesland an.


    Die meisten Länder scheinen einen Nachteilsausgleich zu kennen, welche konkrete Maßnahme dies aber bedeutet, ist hier (BW) Ermessensache der Lehrkräfte, insbesondere auch, welche Bedingungen (Atteste, Kursbesuche, ...) gegeben sein müssen.


    Einen Anspruch auf Notenschutz gibt es hier nicht, er kann aber gewährt werden.

  • Halten die Lehrer hier diesen Nachteilsausgleich (als alleinige Maßnahme ohne weitere Therapie der LRS) für sinnvoll? Ich halte es für ein "Na und, er/sie bekommt doch deswegen keine schlechteren Noten und weiter gehts im Ablauf" und für wenig sinnvoll.

  • Hallo,


    "Na und, er/sie bekommt doch deswegen keine schlechteren Noten und weiter gehts im Ablauf"


    Das fände ich auch nicht sinnvoll. Genau darum gibt es den Ausgleicht eben nur, wenn gleichzeitig auch etwas unternommen wird. DAs finde ich gut. Daß allerdings nur bestimmte teure Therapien zählen, finde ich nicht gut.


    Das Problem ist ja, daß sich so eine Teilleistungsschwäche auch auf andere Sachen ausdehnt, In Mathe gibt es z.B. manchmal nur Punkte, wenn ein Fachbegriff auch richtig geschrieben ist, in englisch dann, wenn die Vokabel nicht nur erkennbar ist sondern auch richtig geschrieben usw. Bei Aufsätzen spielt in die Gesamtnote oft auhc die Rechtscheiobung mit rein.
    Diese Kidner brauchen länger, um Fragen zu erfassen und Antworten zu schreiben usw. Zeit, die dann fehlt, um mit dem Test fertig zu werden.
    Und so weiter.


    Da hat ein Schüler mit Teilleistungsschwäche mMn einen massiven Nachteil, egal wie sehr er übt und ich fände es nur fair, wenn dieser wenigstens teilweise ausgeglichen wird. Man würde ja auch von einem Kind daß schlecht hört nicht verlangen, daß es in Musikk ähnlich differenziert hört wie alle anderen oder von einem, das schlecht sehen kann, daß es trotzdem aus der letzten Reihe Kleingeschriebenes an der Tafel lesen kann, von einem motorisch gehandicapten, daß es die gleichen Sprintzeiten läuft wie alle anderen...

  • Wobei es zumindest bei uns aureicht (hab gerade den entsprechenden Erlaß nachgelesen), wenn man an den Förderstunden der Schule teilnimmt. Die sind ja kostenlos.
    Das ist aber bestimmt wieder so eine länderspezifische Sache. Wobei ich es grundsätzlich nicht schlecht fände, wenn nur Förderunterricht bei bestimmten qualifizierten Förderlehrern genehmigt wäre. Ich kann mir nämlich vorstellen, dass sich so mancher ein goldenes Näschen hier verdient, der gar keinen qualifizierten Unterricht geben kann. Allerdings müßte der entsprechende Förderunterricht kostenfrei sein. Aber hier hakt es wohl in allen Bundesländern. Viele sprechen davon, dass man nur dann die Schule erfolgreich durchlaufen kann, wenn die Eltern in der finanziellen Lage sind, qualifizierte Nachhilfelehrer zu bezahlen.