Das Krux mit der Begabung bei Geschwistern

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    • Offizieller Beitrag

    Ich habe eine Tochter, die leidenschaftlich zeichnet. Und da auch Talent hat. Zumindest so, dass so ziemlich jeder mir schon gesagt hat, wie ausserordentlich talentiert sie ist. Ist sie auch, macht sie mit viel Leidenschaft und will auch mal beruflich da ihren Weg gehen.
    Was ich aber so hart finde ist, die andere Tochter zeichnet auch gut. Aber bei ihr sagt niemand was, denn neben der "sehr guten" Schwester ist sie halt nur "gut". :|
    Besonders schwierig finde ich es dann noch, wenn Aussenstehende dann noch vor der einen Tochter die andere so rühmen.


    Ich bin heute in ihr Zimmer, um das Licht auszumachen und habe ihren Zeichenblock auf dem Bett liegen sehen. Sie hat Augen gezeichnet. Wirklich gut. Aber sie spricht dann auch nicht darüber und zeigt es niemanden, denn irgendwie ist das Thema halt schon durch die Schwester völlig besetzt.


    Finde ich gerade etwas unglücklich. :(

    • Offizieller Beitrag

    Ich bin heute in ihr Zimmer, um das Licht auszumachen und habe ihren Zeichenblock auf dem Bett liegen sehen. Sie hat Augen gezeichnet. Wirklich gut. Aber sie spricht dann auch nicht darüber und zeigt es niemanden, denn irgendwie ist das Thema halt schon durch die Schwester völlig besetzt.


    Finde ich gerade etwas unglücklich. :(

    ich hab das Bild beim Lesen gerade so vor mir gesehen. Freut es deine Tochter wenn du ihr einen kleinen Zettel schreibst und zu dem Bild legst? So als kleine Überraschung beim Aufwachen. Einfach was du zu dem Bild denkst und wie besonders sie ist. Einfach zeigen, dass du sie und ihr Malen wahrnimmst auch wenn sie von sich aus nichts zeigst. Sie zeichnet so wie es kann und es ihr Freude macht und das ist genauso gut weil es ihre Art ist zu zeichnen. Weil es ihr Freude macht.
    Das viel mir gerade ein. Hoffe es ist verständlich bin schon sehr müde..


    VG,
    Nasenbär

  • Ich finde es ganz toll, dass du das wahrnimmst. Das stelle ich mir für die "andere" Tochter sehr schwierig vor. Nasenbärs Idee gefällt mir. Das Schlimme ist, dass man es tatsächlich so wahrnimmt: Wenn meine Schwester für etwas gelobt wird und ich nicht, dann heißt das, ich kann es nicht/bin nicht talentiert/nicht so gut wie sie.
    Ich würde wohl versuchen, zu überlegen, wie ich das Talent bzw. die Freude am Malen der zweiten Tochter kommentieren würde, wenn die besonders talentierte sich dafür gar nicht interessieren würde und ihr genau diese Rückmeldung auch mal geben. Ganz ohne Vergleich, nur auf sie bezogen.

  • Mein fast vier Jahre jüngerer Bruder und ich haben angefangen Klavier zuspielen, ra war er noch nicht mal fünf und ich acht. Er stellte sich als super begabt heraus, wurde immer als kleiner Mozart bestaunt und gefördert. Ein paar Jahre später haben wir mit tanzen begonnen - er hat es in kurzer Zeit auf Landesmeisterschaftslevel geschafft, ich nicht.
    Als Kind und Teenie hat mich das sehr umgetrieben. Ich habe mehrere andere Instrumente angefangen, war aber auch da nicht wirklich erfolgreich.
    Im Laufe der Jahre habe ich dann doch Sparten gefunden, wo ich besser war (die hatten dann aber nix mit Musik oder Sport zu tun) und meine Eltern waren so nett mich das auch spüren zu lassen, dass ich z.B. mein Studium besser im Griff hatte, mir tolle Reisen selbst organisiert und finanziert habe und sehr schnell selbstständig war und dass sie auch stolz drauf sind.
    Sehr erleichtert war ich übrigens, als ich nach einigen Jahren aufhören durfte Klavier zu spielen - ich habe es bis heute nicht mehr angefasst.


    Könnt ihr eurer Tochter helfen einen anderen Bereich zu finden oder es in eine andere Richtung lenken, damit sie nicht mehr so vergleichbar ist? Ich glaube aber es hilft ihr auch schon, wenn ihr nicht ständig vergleicht.
    Ihre Sachen loben ist so ein Ding, irgendwie spürt man ja schon, dass es zu einem gewissen Maß aus Mitleid geschieht und man sieht ja selber die Unterschiede zu den richtig guten Werken.


    Gesendet von meinem D5503 mit Tapatalk

    Ich hab heute wieder nah am Kühlschrank gebaut…

  • um den impliziten Vergleich mit "besseren Werken" gleich auszuschließen könnte man auf die Mühe und Sorgfalt eingehen, die sie in die Zeichnung gesteckt hat. Darauf, dass sie etwas Bestimmtes genau beobachtet hat und mit ihrem einzigartigen Blick auf die Welt in dieser Zeichnung festhalten konnte. (Die Zeichnung beinhaltet etwas, das die Schwester wiederum nicht gesehen hat, haben kann, weil jeder Mensch die Dinge anders wahrnimmt)
    Beim Zeichnen (wie bei allem Künstlerischen) gilt ja ganz grundlegend: der Weg ist das Ziel. Ich würd versuchen, die Freude am Weg zu erhalten.


    Kenne übrigens so einige beruflich erfolgreiche Grafiker/Maler, die nicht besonders akkurat zeichnen (können). Das ist zu einem großen Teil Fleiß und Übung, ganz wesentlich für gute Bilder ist die Fähigkeit zur genauen Beobachtung.

  • Könnt ihr eurer Tochter helfen einen anderen Bereich zu finden oder es in eine andere Richtung lenken, damit sie nicht mehr so vergleichbar ist? Ich glaube aber es hilft ihr auch schon, wenn ihr nicht ständig vergleicht.
    Ihre Sachen loben ist so ein Ding, irgendwie spürt man ja schon, dass es zu einem gewissen Maß aus Mitleid geschieht und man sieht ja selber die Unterschiede zu den richtig guten Werken.

    Leider ist es zumindest bei uns so, dass sich die Kinder von selber vergleichen wollen. Also wir vergleichen eigentlich nie, das machen die schon von sich aus. Und klar lobt man mal, wenn einer was besonders toll macht - und dann kommt von anderen sofort das "Ich werde nie gelobt ... !" Was aber natürlich nicht stimmt, weil die Kinder eben unterschiedliche Stärken haben und für unterschiedliche Sachen gelobt werden, sich selber aber immer in denselben Sachen vergleichen wollen. So hat der Kleine z.B. ein unglaubliches mathematisches Talent - die Große ist auch gut in Mathe, aber eben nicht so herausragend - dafür kann die Große ganz toll reiten und mit Pferden umgehen - der Kleine kann es auch gut, aber eben nicht ganz so toll ... das ist eben echt schwierig. Ich kann irgendwelche herausragenden Leistungen ja auch nicht einfach ignorieren und kommentarlos übergehen, nur damit der andere nicht beleidigt ist ;)


    Ihre Hobbies sind übrigens zu 90% dieselben, das ist dann immer so, dass sich einer für etwas begeistert und sich der andere dann anhängt - so wollte der Kleine z.B. Capoeira und Trommeln machen, die Große hat sich dann angehängt, und die Große wollte reiten, da hat sich der Kleine mit rangehängt - und Schule müssen sie ohnehin beide machen ;)

    • Offizieller Beitrag

    Danke für Eure Antworten, ich muss leider bald weg, daher kann ich nur kurz darauf eingehen #schäm


    Nasenbär: das mit der kleinen Botschaft ist super, das nehme ich gerne mit :)


    Zitat von Fritzi Melone

    Wenn meine Schwester für etwas gelobt wird und ich nicht, dann heißt das, ich kann es nicht/bin nicht talentiert/nicht so gut wie sie.

    Das ist eben meine Befürchtung. :(


    Moose: ich denke, das Zeichnen, wie auch singen oder Tanzen Ausdruck der eigenen Persönlichkeit ist und immer richtig/ wichtig ist, unabhängig vom Ergebnis. Darum möchte ich sie ermutigen zu zeichnen, so wie ich sie ermutigen möchte zu singen, wenn ihr danach ist. Nicht jedes Ergebnis muss "gut" sein. Ich finde es einfach schade, wenn jemand damit aufhört, weil andere besser sind "ich kann das halt nicht"...


    Rabara: die Grössere ist mehr eine "technische" Zeichnerin, sie kann sehr gut abzeichnen, kopieren, einen bestimmten Gegenstand abzeichnen. Ich denke, dass das eine Begabung ist, die ihr im Leben noch oft nützlich sein kann auch in anderen Zusammenhängen. Die Kleine übt seit Jahren die Technik, ist also da auch stark, hat aber noch so diesen speziellen Blick auf die Dinge. Es ist einfach eine andere "Schiene" die sie da fährt, deshalb finde ich es auch schade, dass die Grosse da so im Schatten der Kleinen steht und einfach nicht gesehen wird.

  • Oh, das kenne ich auch aus der eigenen Kindheit, mein Bruder war hocbegabt im mathematischen Bereich und meine Schwester hat das absolute Gehör, wir alle waren im mathematischen Schulprofil und sollten ein Instrument lernen, da war ich natürlich nicht so toll, aber ich habe irgendwann meine Nische gefunden. Mir hat es Selbstwertgefühl gegeben, Hobbys auch ohne meine Geschwister in anderen Gruppen zu leben.


    Ich weiß ja nicht, ob es fürs Zeichnen so Kunst-AGs in der Schule gibt oder Workshops in der Volkshochschule, wo sie mal nicht zusammen hingehen,ggf. mal unterschiedliche Technicken/Richtungen neu kennenlernen, da erfährt man mal allein Wertschätzung.


    Ich hoffe deine Tochter erhält sich die Freude am Zeichnen, ihr als Eltern könnt da nur bedingt was machen, wenn ihr nicht vergleicht, sondern die Umwelt. Der Zettel ist eine gute Idee oder eben erwähnen, dass man die Augen gesehen hat (nicht so als Extralob, aber eben dieses Gesehenwerden).

  • Ich habe auch daran gedacht sie in Workshops mal mit anderen Mal- und Zeichentechniken bekannt zu machen.


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    Ich hab heute wieder nah am Kühlschrank gebaut…

  • ich kenn das von meiner familie auch, und auch von freunden, dass solche dinge unter geschwistern so war.
    ich hab keine lösung, nur solidarität.
    ich war auch die "weniger begabte" - aber das stimmt nicht, ich bin einfach im gegensatz zu meiner schwester anders gestrickt, nicht ehrgeizig, eher chaotisch und künstlerischer veranlangt.

    mit elfchen 04/09 und minielfchen 03/12


    quand ta thèse te pousse à bout et que tu veux tout arrêter kannste vergessen.


    #rose 49,7

  • Verstehe ich das richtig, das der künstlerische Ansatz mehr Bewunderung erfährt? Das fänd ich ja sympathisch ;)
    Ich kenne es oft anders herum, dass die naturalistischen Zeichnungen von vielen Leuten bestaunt werden, einfach weil es da oftmals leichter fällt, "gut" oder "nicht so gut" zu beurteilen.


    Workshop oder Bildband oder Museum zu ihrem Thema fände ich eine nette Geste. Gerade im Bereich der wissenschaftlichen Illustration gibt es da einige tolle Sachen als Inspiration.


    Einen Gedanken möchte ich noch hier lassen. Also ich versteh schon, dass du deiner Tochter das Gefühl geben willst, gesehen zu werden. Und zu dem Geschwister-Dings kann ich mangels Erfahrung nichts sagen - aber, da sie es selber nicht zum Thema macht, die Werke eher für sich behält: braucht sie denn in diesem speziellen Tun so viel Anerkennung von aussen? Ich frage das, weil ich selbst (ohne Geschwister) lange "heimlich" gezeichnet habe, das war eine Art Tagebuch für mich. Kommentare dazu wären mir irgendwie auch peinlich gewesen, weil es eine recht intime Angelegenheit war. #schäm