Die Sehnsucht nach dem echten Leben

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  • Ich kann nur "warnen" ich habe 6 Monate auf einem autonom wirtschaftenden biologisch-dynamischen betrieb gelebt...


    Das ist elend harte Arbeit, Fehler sind nicht verzeihbar, grün ist man sich grundsätzlich nur solange alles gut läuft, treten probleme auf wird gezetert, gemeckert, diskutiert und gerne gemobbt was das Zeug hält...was die Romantik angeht darfman auch nicht vergessen, dass Tiere krank werden (man selbst übrigens auch, aber da muss man dann trotzdem ran, das Verständnis der "Gemeinschaft " für die Erkrankungen der Anderen ist recht gering), die netten Hühner, Schweine,Enten, Gänse, Ziegen, kaninchen, Kühe etc. auch geschlachtet und verarbeitet werden müssen, das brot für den hofladen früh fertig sein muss und ne´überhitzte backstube im Sommer ist kein so schöner Ort...es hat halt schlicht nix mit Romantik zu tun...mich hats überfordert, emotional (vor allem) und auch körperlich und ich bin auf dem Land groß geworden und wollte auch immer lieber im Stall als im Büro sitzen...aber manchmal wird man ziemlich schnell auf den Boden der tatsachen zurückgeholt...


    Kiwi

  • @ wedekind: Ich kann mir schon denken, wie du das meinst, man halt alles durchrationalisiert und wegorganisiert und dann fehlt halt etwas, so ein bisschen wie bei Momo, um mehr Zeit zu haben, spart man hier und dort und am Ende hat man auch nichts davon (und verstehe auch nicht, warum immer wieder Leute mit autarkem Hof etc. anfangen, das wird doch gar nicht gesucht, wenn ich das richtig verstanden hab).


    Vielleicht kann eine Gartenlaube etc. das etwas entzerren. Man neigt ja auch oft dazu, seine Freizeit mit vielen Sachen zuzupacken, weil man dann ja was erleben muss, was man sonst wegen Arbeit nicht kann. Die Ex meines Bruders war am Wochenende immer im "Party-Stress".


    Wir haben ja nun auch einen Garten und Gartenarbeit ist sehr entspannend (auch wenn bestimmt jetzt wieder welche losunken werden *lach*). Und warum nicht ein paar Hühner dazu? Machen doch viele, oder Laufenten? :)

  • Hallo,


    Ich denke, es gibt Menschen, denen liegt der ganz krasse Schritt. Wobei ich auch denke, die Vorstellung von einer "Wir mögen uns doch alle so - Dorfgemeinschaft sind zu romantisch. Ein Bekannter von uns lebte in einem Ökodorf und dort menschelte es genau so wie anderswo. Nur daß man auf Arbeit irgendwann nach hause gehen kann - aber in so einer Gemeinschaft Alltag und Arbeit kaum zu trennen ist.


    Ich denke auch, ein guter Ansatz wäre, den Alltag "echter" zu machen. Ökologischer, menschlicher...
    Bewusster einkaufen, nachhaltiger, müllfreier, bewusster leben,


    Viel draußen sein... Wildkräuter sammeln z.B. Das macht Spaß, ist lecker - und macht einem bewusst,wie anstrengend es ist, für eine Familienmahlzeit zu sorgen. Beim Gartenbau kommt ja noch die Anbauzeit dazu. Vielleicht bewegt es auch in deinem Mann etwas, wenn er sieht, wie glücklich du mit einem großen Korb Giersch, Löwenzahn, Brennessel o.ä. nach Hause kommst und ein leckeres Essen daraus kochst. (Wobei täglich schon noch mal eine andere Herausforderung ist).
    Oder Brot backen,das geht auch in der ganz normalen Stadtwohnung prima und gibt mir immer ein gutes Gefühl.


    Als ich mit den Kindern zu Hause war, hatte ich immer diverse Ehrenämter (Arbeit mit Kindern), das hat Spaß gemacht und ich bedaure sehr, daß mir jetzt, wo ich arbeite, die Kraft dazu fehlt. Das fühlte sich auch immer ziemlich "echt" an.


    Ich habe ich immer auf meinen eigenen Garten gefreut - nun habe ich einen, aber es macht keinen Spaß zuzusehen, wie die Schnecken siegen oder die Pflanzen erst schimmeln, dann vertrocknen. Das könnte man zum Teil auffangen, indem man noch mehrt Zeit und Kraft investiert - Kraft, die ich aber leider zu oft einfach nciht mehr habe.
    So sehr ich selbstgezogenes Gemüse mag, Ich bin so froh daß ich NICHT auf den Ertrag angewiesen bin.


    Mehr Zeit mit den Kindern? Ein Grund,warum nicht so viel im Garten passiert. Denn als sie klein waren, war es extrem mühsam (sie wollten helfen und zopften das Falsche raus usw.) und nun wo sie groß sind, interessiert es sie einfach nicht. Beim Brot backen usw. stehe ich auch meist alleine da. Sie wissen ja wie es geht - also ist es unspannend.


    Ich denke, daß man im Alltag ziemlich viel "echtes" reinbringen kann. Und wenn das nicht reicht, kann man immer noch weitersehen.

  • Natürlich macht ein Garten erstmal mehr Arbeit als Ertrag. Ich bin echt überrascht, dass manche meinen, man müsse nur etwas hacken und säen und schon schwupps Riesenerträge wie im holländischen Gewächshaus. Und ich weiß auch nicht, wo das herkommt, dass man angeblich die Gartenarbeit nicht lernen muss. Das sind so komplexe Abläufe, aber es ist ähnlich wie mit Babypflege, das muss man quasi instinktiv können... #gruebel


    Im ersten Jahr fressen vielleicht noch die Schnecken einen Großteil, im zweiten Jahr nimmt man dann rechtzeitig biologisches Schneckenkorn oder macht einen Schneckenzaun drumrum (oder die von mir erwähnten Laufenten), aber gleich die Flinte ins Korn zu werden... Dann dürfte man auch kein Instrument lernen, oder Reiten lernen, oder überhaupt einen Beruf erlernen (da kann man auch nicht alles gleich...).


    Sorry, aber dieses Geunke... Am besten in die Ecke legen und gar nichts machen.



    Bin raus hier. *kopfschüttel* Liebe TE, mach einfach und lass dich nicht beirren. #super


  • Abgesehen davon, dass ich auch denke, die Träume vom "echten" Leben basieren auf romantisierten Vorstellungen, höre ich ständig gerade in unserer süddeutscher Gegend, dass Bauernhöfe vereinsamen, weil Bauern keinen Nachfolger finden. Gerade am Freitag kam es in SWR 1. Bauer sucht keine Frau, sondern dringend Nachwuchs. Wenn schon träumen, dann produktiv. Informieren. Ob es was für Euch ist - wenn nicht, dann kannst Du ja was neues zum Träumen suchen, wenn ja, machen!

  • Liebe Wedekind.
    Ich hab Dich auch nicht so verstanden, dass Du gleich total autark auf einem eigenen Hof lebnen möchtest. Du möchtest einfach aus dem ewigen Hamsterrad heraus. Das versteh ich vollkommen.


    Wie wäre es, zum Beispiel, wenn Du versuchst Deine Arbeitszeit zu verkürzen, sprich Teilzeit arbeitest, so dass Du mehr Zeit für Deine Familie und vielleicht auch für Dein Bedürfnis nach handwerklichen/landwirtschaftlichen Schaffen hast.
    Ich weiß nicht wo und wie Ihr wohnt. Aber vielleicht wäre ein Haus mit Garten am Stadtrand oder im Einzugsgebiet einer größeren Stadt was für Euch. Da hast Du die Vorteile vom kulturellen Stadtleben gepaart mit dem des Landlebens mit viel Natur ringsherum für die Kinder und einem selber.


    Und ganz wichtig ist auch, was auch schon erwähnt wurde, dass Dein Beruf auch irgendwo Deine Berufung ist und nicht nur Gelderwerb, denn das zermürbt einem und macht auf Dauer gar nicht glücklich, sondern eher krank.


    Irgendwo kam hier die Frage auf, ob es falsche Arbeit gibt: Ich denke ja. Arbeit ist dann falsch, bzw. fühlt sich nicht echt an, wenn man zu entfremdet von den Früchten ebendieser ist. Was das für jeden einzelnen bedeutet sei mal dahingestellt (es soll ja auch Leute geben, die gehen im Beruf des Steuerberaters total auf... ;) ).


    Achtsamkeit ist auch ein sehr gutes Stichwort, was ich hier schon gelesen hab.
    Diese kommt uns nur allzu oft abhanden, im Bezug auf sich selbst, auf andere und auch die Umwelt.
    Gerade in der Großstadt scheint man abzustumpfen, nur noch mit Kopfhörern auf den Ohren und Smartphone vor den Augen unter seinen Mitmenschen zu wandeln und gar nichts mehr wirklich wahrzunehmen, bzw. seine Umwelt einfach auszublenden. Ich möchte damit jetzt nicht die Errungenschaften der modernen Techik verteufeln.
    Achtsamkeit mit sich und seiner Umwelt muss man auch erstmal wieder erlernen. Vielleicht hilft das auch etwas gegen das Gefühl des Abstumpfens und das des fehlenden echten Lebens.


    Das Problem ist, egal wie es sich anfühlt, das Echte Leben ist JETZT und HIER. Immer darauf zu hoffen, dass es irgendwann besser, anders oder was weiß ich was wird ist eigentlich nur vertane Zeit. Du hast eigentlich nur das eine Leben (von dem Du mit Sicherheit weißt), nutze die Zeit und finde heraus, was Dir genau fehlt.

    ...und Punkte sind doch Rudeltiere...




  • Es geht mehr um das gemeinsame und das freiere Leben etwas entfernter von den Institutionen. Mehr mit meinen Kindern gemeinsam Leben. Also nicht nur die schönen Unternehmungen am WE und unter der Woche geht jeder seinem routiniertem Plan nach.
    Ich weiß nicht so recht, wie ich das ausdrücken soll. Es fehlt mir irgendwie im Moment an den für meine Kinder erfahrbaren Sachen, die wir Erwachsenen tun. Wir geben die Kinder früh ab, gehen zur Arbeit und abends gibts gemeinsames Essen und vielleicht noch etwas Spiel- und Redezeit. Das ist es, was sich für mich nicht richtig anfühlt.


    naja. du weisst ja warscheinlich, wie das in anderen teilen der welt und zu einem grossen teil in früheren jahrhunderten hier läuft/lief: mutter und vater schuften den ganzen tag, sei es auf dem acker, in der fabrik, in dem minen oder wo auch immer. die kleinen kinder werden mitgeschleppt und/oder von denjenigen betreut, die nicht mehr oder noch nicht arbeiten können. der rest arbeitet/e mit. #weissnicht
    ich tendier ja dazu, zu weit zurückzugehen mit meinen beispielen, muss ich aber hier gar nicht, ich brauch nur meine eigene familie bemühen mitte/ende 19.jh nordengland: alle ab 10 jahren, jungen wie mädchen, arbeiteten, sie waren seifensieder, wollwalker, minenarbeiter, steinhauer etc. viele arbeiteten in den kohlebergwerken oder den textilfabriken. ab 10. wo ist da das freie leben?


    welche institutionen meinst du? schule? deine kinder sind doch noch weit davon entfernt, in die schule zu gehen.


    ich häng mich auch einfach an diesem "echten" leben - gerede auf. das impliziert die romantik bereits. denn es sagt ja nichts weiter aus, als dass es ein leben gäbe, das unecht ist.
    udn auch dieser grosststadt = lattemachiatto-trinkend oberflächlich konsumorientiert, durchaus als gegensatz zu "echt" gemeint. das ist doch romantik pur und schreit schon nach "letztem kind im wald" oder so.

    mit elfchen 04/09 und minielfchen 03/12


    quand ta thèse te pousse à bout et que tu veux tout arrêter kannste vergessen.


    #rose 49,7

  • Gerade bei den Raben hätte ich diese Ablehnung nicht erwartet. Die TE schrieb bereits, dass sie es nicht "romantisch" sieht, sondern einfach nur ein wenig aus der Tretmühle rausmuss. Ist das so schlimm? (Oder hauen gerade die Leute drauf, die selbst vielleicht gerne was ändern würden, aber meinen, dass es eh alles nichts bringt blabla? Das würde mich wirklich interessieren).


    Und dieses "anderen geht es viel schlechter" und "früher war es noch schlimmer"-Gelaber, sorry, das geht mir auf den Keks. Es impliziert, dass man sich fügen muss, dass man nicht mucken darf, dass man auch mit für einen mistigen Situationen zufrieden sein muss... Schön ist dann auch das Wort "Luxusproblem". Sch... drauf, dass die angeblich so tolle Situation bei der Arbeit und in der Großstadt bei vielen zum BurnOut führt. Woher kommt das wohl, sind die einfach nur zu weich und nicht lebensfähig, zu verpimpft und verzärtelt?


    Wie gesagt, dann wären wir gar nicht erst von den Bäumen runtergekommen, wenn das alle gedacht hätten, dass man eh nichts ändern kann...

    • Offizieller Beitrag

    möglich, dass diese vorstellung vom "echten leben" nur auf der grundlage einer sehr wohlhabenden gesellschaft entstehen kann, die zeit- und kraftreserven bereitstellen kann, beides zu garantieren: genügend zeit für kinder und familie UND viel selber machen (mit entsprechender materieller absicherung, wenn das dann nicht zum leben reicht).


    das macht die sehnsucht ja nicht schlecht. ich würde aber schauen, wo sich dieses diffuse unbehagen, im falschen leben zu sein, festmachen lässt, und da eben ansetzen. denn auch die vorstellungen vom besseren leben können (romantische, das wurde ja schon gesagt) übernahmen von gesellschaftlichen idealbildern und insofern auch entfremdet sein.


    meint: wenn es ein gesellschaftlich transportiertes unbehagen an unseren konsum- und lebensgewohnheiten gibt, dann gibt es auch gesellschaftlich produzierte gegenbilder. aber um selber mit dem eigenen leben ins reine zu kommen, reicht es nicht, so ein bild zu übernehmen, es muss ja auch passen. sonst findet man sich in der nächsten entfremdung wieder.


    bei mir wären die ansatzpunkte:
    - zufriedenheit mit der art, wie ich lebe (wohnen, familiensituation,...)
    - beziehungen, in denen ich mein leben mit anderen teile
    - ein beruf, der mich ausfüllt und den ich wirklich gerne mache (was ein "richtiger" beruf ist, ist ja so verschieden - meine güte, es gibt profisportler. das wäre nicht meine vorstellung von einem sinnvollen beruf, aber das muss es auch nicht sein. hauptsache, sie finden erfüllung darin.)
    - genuß/schönheit/kultur im weiteren sinne


    und wenn das diffuse unbehagen zum tragen kommt, würde ich also schauen, an welchem dieser punkte es hakt.

  • Wie wäre es, zum Beispiel, wenn Du versuchst Deine Arbeitszeit zu verkürzen, sprich Teilzeit arbeitest, so dass Du mehr Zeit für Deine Familie und vielleicht auch für Dein Bedürfnis nach handwerklichen/landwirtschaftlichen Schaffen hast.

    In die Richtung dachte ich eben auch; vielleicht können auch beide Eltern etwas reduzieren, dann wäre insgesamt auch mehr Familienzeit da und vielleicht mehr Kraft für andere Veränderungen?


    Irgendwo kam hier die Frage auf, ob es falsche Arbeit gibt: Ich denke ja.

    Das war ich und ich hatte speziell nach Wedekinds Verständnis von guter und schlechter Arbeit gefragt. Ich denke, das kann weiterhelfen, um sich zu überlegen, in welchen Bereich man sich beruflich entwickeln möchte. Geht es z.B. darum, viel mit den Händen zu arbeiten? Möchte sie ihre körperliche Kraft einsetzen können? Möchte sie ein sichtbares Werk in den Händen halten und vorzeigen können? Geht es um Arbeit in der Natur? Sind Rhythmen wichtig (Tages- oder Jahreszeiten z.B.)? Ist der Inhalt der Arbeit wichtig? Soll es möglichst "ethisch korrekt" sein auf die eine oder andere Weise? Ist es relativ egal, was ich mache, solange der Aufenthaltsort stimmt oder die Zusammensetzung des Teams gefallen?


    Mit den Händen arbeiten ja z.b. auch Musikerinnen und Ärztinnen und Pflegerinnen, nur gibt es da meist kein vorzeigbares Endprodukt. Ein Werk kann man dagegen auch haben, wenn man Aluminiumbeschichtungen herstellt, da hat man allerdings weniger Pflanzen um sich herum. Wenn ich einen Vertrag entwerfe (hah! davon träume ich…), arbeite ich auch mit Menschen verschiedenen Alters zusammen und habe hinterher ein hübsches, vorzeigbares Endprodukt (auf schönem Papier etc.), das im Idealfall viel genutzt wird und sehr nützlich ist. Ich habe es sogar weitgehend mit den Händen hergestellt (handschriftliche Notizen, Entwurf getippt). Trotzdem habe ich das Gefühl, dass das nicht die Richtung ist, in die Wedekind denkt. ^^


    Soll es überhaupt ein Jobwechsel sein? Leben um zu arbeiten oder arbeiten um zu leben? Kann der Job einfach bleiben wie er ist, und nur die Wohnform ändert sich? Ich habe während des Studiums in einem recht gemeinschaftsorientierten Wohnheim gewohnt, da hatte man dank eigenem Zimmer und gemeinschaftlichen Wohnräumen immer die Wahl, ob man sich zurückziehen möchte oder gemeinschaftlich essen/kochen/feiern/lernen… möchte. (Und für den Hausfrieden kam 5x die Woche eine Reinigungskraft…) Es gibt sicherlich bereits vergleichbare Wohnprojekte auch für Familien, halt mit mehr Entfaltungsmöglichkeiten als 10qm inkl. Nasszelle. ;)


    Schau z.B. mal hier:
    http://www.fgw-ev.de/


    und exemplarisch hier:
    http://gewonr.de/
    http://www.gemeinschaftliches-wohnen.de/#&panel1-3
    http://www.regensburg.de/leben…schaftliches-wohnen/62238
    http://www.gewo-netz.de/


    hier wird eine Familie gesucht:
    http://gemeinsamwohnen.com/sta…interessententreffen.html


    Gerade in der Großstadt scheint man abzustumpfen, nur noch mit Kopfhörern auf den Ohren und Smartphone vor den Augen unter seinen Mitmenschen zu wandeln und gar nichts mehr wirklich wahrzunehmen, bzw. seine Umwelt einfach auszublenden.

    Na jaaaaa… es sind auch einfach sehr viele Reize, die sonst auf einen einstürmen. Trotzdem habe ich in keinem kleinen Kaff so häufig aufmerksame Hilfsbereitschaft erlebt wie seit meinem Umzug ins Ruhrgebiet. #top

  • Ich schreib mal meine Gedanken dazu, ohne alles gelesen zu haben und bitte daher Wiederholungen zu verzeihen:


    Ich denke ein "zurück zum echten Leben" (was immer echt sein soll), gibt es in unserer Gesellschaft nicht mehr. Unsere Gesellschaft ist hochspezialisiert und das durchaus aus gutem Grund, weil wir sonst einen viel einfacheren Lebensstandard und ein viel mühseeligeres Leben hätten. Der romantische Selbstversorgerbauernhof mag ja eine nette Vorstellung sein, aber spätestens wenn wir auf äußere Hilfe angewiesen sind, sei es medizinisch, technisch, vom Material her usw. funktioniert das einfach nicht mehr. Geld zu verdienen/zu erhalten ist nunmal eine Voraussetzung, am "Tauschhandel" unserer Gesellschaft teilzunehmen.


    Ich denke aber schon, dass man sich für sich persönlich Schritt für Schritt bestimmte Wünsche nach Selbständigkeit erfüllen kann auch, um den Kindern das "echte Leben" zu zeigen.
    Dafür gehören z.B.
    - eigener Garten/Balkongarten um den Naturkreislauf vom Säen, über die Arbeit bei der Aufzucht, die Misserfolge und die (kleine) Ernte zu begleiten
    - handwerkliche Arbeiten gemeinsam mit Kindern, z.B. Tischlern, Reparieren, Herstellen von Geschirr usw. um den Aufwand aber auch die Befriedigung zu zeigen, den Handarbeit mit sich bringt
    - Umzug in eine kinderreiche Gegend, idealerweise Mehrgenerationenwohnen, wo Kinder sich auch im Wohnumfeld zu Gruppen zusammenschließen können und vielleicht auch "Alte" bei der Kinderbetreuung erstmal mithelfen und später von der Mithilfe der Kinder profitieren können.
    - Haltung von Haus-/Nutztieren
    - Wiederverwendung von Gegenständen, Reparaturen, Flohmarkt usw. um den Konsum sinnvoll einzuschränken
    - Urlaubs"projekt" für autarkes Leben, Wildniswochenenden o.ä.
    - Gebrauch des Autos weitestgehends einschränken, Strom sparen, Abfall wiederverwenden (z.B. Wurmkisten für Biomüll, Papier- und Plastikmüll als Bastelmaterialien), beim Einkauf auf möglichst wenig Verpackungsmaterial achten
    - ...


    Es gibt sicher noch viele weitere tolle Ideen in der Richtung. Und viele kleine Schritte führen auch auf einen Weg.

  • Gerade bei den Raben hätte ich diese Ablehnung nicht erwartet. Die TE schrieb bereits, dass sie es nicht "romantisch" sieht, sondern einfach nur ein wenig aus der Tretmühle rausmuss. Ist das so schlimm? (Oder hauen gerade die Leute drauf, die selbst vielleicht gerne was ändern würden, aber meinen, dass es eh alles nichts bringt blabla? Das würde mich wirklich interessieren).


    Und dieses "anderen geht es viel schlechter" und "früher war es noch schlimmer"-Gelaber, sorry, das geht mir auf den Keks. Es impliziert, dass man sich fügen muss, dass man nicht mucken darf, dass man auch mit für einen mistigen Situationen zufrieden sein muss... Schön ist dann auch das Wort "Luxusproblem". Sch... drauf, dass die angeblich so tolle Situation bei der Arbeit und in der Großstadt bei vielen zum BurnOut führt. Woher kommt das wohl, sind die einfach nur zu weich und nicht lebensfähig, zu verpimpft und verzärtelt?


    Wie gesagt, dann wären wir gar nicht erst von den Bäumen runtergekommen, wenn das alle gedacht hätten, dass man eh nichts ändern kann...


    Ich weiß nicht warum du so heftig reagierst, Lemony, aber das was du einigen hier vorwifst ist nicht das was ich daraus lese...
    Ich kann den Wunsch nach "Anders" sehr gut verstehen, auch den Wunsch nach geerdet sein im wahrsten sinne des Wortes, einer der gründe für mich eine Weile zu "entschleunigen" und auf diesem hof zu leben und zu arbeiten...aber es MUSS erlaubt sein auf gewisse dinge hinzuweisen, nämlich darauf das das schöne , wirkliche Leben in Gemeinschaft mit anderen so wie die TS es beschrieben hat nur eines ist...nämlich reine Utopie.


    Das heißt nun wirklich nicht das man sich nun zurücklehnen sollte um gar nichts zu tun, aber bevor man "Haus und Hof" verkauft, seinen Job kündigt um in ein neues leben zu springen, davor sollte man sich möglichst genau damit auseinandersetzten. Und einen garten zu haben in dem man sein eigenes gemüses anbaut und das was die TS sich im Anfangspost gewünscht hat, sorry, dass sind zwei ganz unterschiedliche Paar Schuhe, auch wenn es einen vielleicht dahin bringt sich einfach wohler zu fühlen.


    Ich bin die letzte die empfehlen würde in festgefahrenen , unliebsamen Strukturen zu verbleiben, aber realistisch, dass sollte man bleiben und GsD gibt es offensichtlich auch unter "den Raben #pinch " (ich tue mich mit dieser Schublade schwer)ganz normale, realistische menschen gibt.


    Kiwi

  • @ Kiwi: Aber das ist doch total an dem vorbei was die TE will. Sie hat doch eher von Kleinbauerntum (also Garten mit ein wenig Nutzvieh neben der Arbeit) etc. gesprochen und nicht von der autarken Ökofussel-Aussteiger-Gemeinschaft. #gruebel Daher verstehe ich nicht, warum man da mit "Realismus" etc. argumentiert.

  • Die überromantisierte Vorstellung vom autarken Landleben hab ich nicht wirklich. Ich bin selbst auf dem Dorf mit Landwirtschaft ringsum aufgewachsen. Wir selbst hatten nur Gemüseanbau und Schafe, Enten, Hühner und Kaninchen. Mich schreckt also das Schlachten und ähnlich blutige Sachen nicht.
    Dennoch weiß ich, dass eine komplette Umstellung auf ein landwirtschaftliches Leben nicht geht. Weder von mir allein, noch von meinem Partner. Das ist auch gar nicht so recht der springende Punkt und dass, worum es mir direkt geht. Der Fokus liegt mir nicht so sehr auf der Bauernwirtschaft.


    Es geht mehr um das gemeinsame und das freiere Leben etwas entfernter von den Institutionen. Mehr mit meinen Kindern gemeinsam Leben. Also nicht nur die schönen Unternehmungen am WE und unter der Woche geht jeder seinem routiniertem Plan nach.
    Ich weiß nicht so recht, wie ich das ausdrücken soll. Es fehlt mir irgendwie im Moment an den für meine Kinder erfahrbaren Sachen, die wir Erwachsenen tun. Wir geben die Kinder früh ab, gehen zur Arbeit und abends gibts gemeinsames Essen und vielleicht noch etwas Spiel- und Redezeit. Das ist es, was sich für mich nicht richtig anfühlt.


    Ich hol das Zitat noch mal hoch, das ich meinte. Das klingt für mich jetzt nicht überkandidelt oder weltfremd.

  • Ich hab oft solche Gefühle. Institutionen, an die man nucht glaubt und durch die man die Kinder bestmöglich durchschleust...straff organisiert, keine Zeit für planänderungen...mental irgendwie im overkill...alles zu viel. Zu viel Wahlmöglichkeit(im Supermarkt), zu viel Müll, zuviele Gedanken, zu viel vorgegebenes...alles unfrei und ernst.


  • Darauf bezog ich mich und mir scheint einige andere auch. Aber selbst wenn ich mich auf das spätere zitat beziehe, dass du ja auch herangezogen hast, würde ich mit Realismus kommentieren. Ich kann den Wunsch nach mehr zeit mit den Kinder sehr gut verstehen und auch das gefühl manchmal im hamsterrad zu stecken (so geht es sicherlich den meisten von uns immer mal wieder) wage aber zu bezweifeln dass ein "Mehr" an Arbeit dabei helfen kann.


    Es geht mehr um das gemeinsame und das freiere Leben etwas entfernter von den Institutionen. Mehr mit meinen Kindern gemeinsam Leben. Also nicht nur die schönen Unternehmungen am WE und unter der Woche geht jeder seinem routiniertem Plan nach.


    Das ist eine schöne Vorstellung der ich mich nur allzugerne anschließe, aber das "wie" dahin kommen ist doch hier das Problem...denn in dem fall kann ich mich den von Dir kritisierten Stimmen die sagen "versuch doch einfach ein bißchen Arbeitszeit zu reduzieren und evtl. an den Stadtrand zu ziehen" nur anschließen, aber das kostet eben auch eine Menge Geld, Arbeitszeit zu reduzieren , und umziehen und schöne Unternehmungen machen...also wie soll es gehen?


    Kiwi

  • Ich finde das aber etwas unfair, wenn einfach immer nur der Eingangspost genommen wird und sich die TE später scheinbar nicht mehr äußern oder verbessern kann...


    Ja, der Eingangspost klingt sehr romantisch, aber auch sehr verzweifelt. Und im weiteren Post erklärt dann die TE, was sie eigentlich meint. Aber das wird oftmals ignoriert (Damit meine ich gar nicht unbedingt dich, Kiwi, sondern andere Warnposts).


    Und ja, dem stimme ich zu, dass die TE noch ganz am Anfang ist. Sie hat gemerkt, dass sie unzufrieden ist und muss nun gucken, was sie genau ändern kann. Und ja, es wird geldtechnisch vermutlich schwieriger werden. Da kann man ja gerne mal in den Sparthread gucken. Gerade das "Plastik vermeiden"-Argument deutet aber darauf hin, dass die TE jetzt nicht der Konsumjunkie ist, sondern vermutlich auch verzichten kann.


    Dass es nicht in Richtung "Kartoffelnausbuddeln und Distelnausreißen auf dem Biohof" geht, ist aber doch auch klar, oder? Deshalb muss man vor so einem "Unleben" ja gar nicht erst warnen, oder? (Wobei, wenn sie in die konventionelle Landwirtschaft gehen würde, eh nicht mehr soviel ist mit Knochenjob. Hab eine Freundin, die Landwirtschaft studiert hat und mir erzählt, wie es heute läuft, fast alles Maschinen. Muss man halt auch können und mögen).

    Einmal editiert, zuletzt von LemonySnicket ()

  • Ich hab oft solche Gefühle. Institutionen, an die man nucht glaubt und durch die man die Kinder bestmöglich durchschleust...straff organisiert, keine Zeit für planänderungen...mental irgendwie im overkill...alles zu viel. Zu viel Wahlmöglichkeit(im Supermarkt), zu viel Müll, zuviele Gedanken, zu viel vorgegebenes...alles unfrei und ernst.


    Ach, minnegrad, du hast so schön in Worte gefasst wie es mir oft geht ... Ich glaube, dass das auch eine Müdigkeit bei mir (und vielleicht bei vielen Menschen) macht. Interessant auch, dass du das Wort unfrei benutzt. Denn heut glaubt man ja, mehr Freiheiten denn je zu haben. Man kann heute hier sein und morgen dort, kann arbeiten was man will - oder muss auch im Grunde nicht unbedingt, kann sich Freunde und Familie suchen wie man mag, wohnen wie und wo man will ... man kann heute sogar entscheiden, als welches Geschlecht man gesehen werden möchte.


    Aber die ganzen Entscheidungen machen nicht freier.




    Und Lemony, wieso wirst du denn hier nur so schnell aggressiv? Das muss doch garnicht sein. Ich kann deinen Punkt ja gut verstehen und sehe es ähnlich, aber du liest sich, als hättest du im Laufe eines Posts drei Tastaturen kaputt gehackt vor Wut.

  • Na, weil ich vor Kiwis Post irgendwie das Gefühl hatte, total überlesen zu werden und weil ich diese Argumente auch alle an den Kopf geworfen bekommen habe und das Rumgeunke in Form von "Realismus"-Argumenten, und dass mich das lange lange ausgebremst hat und ich nie das gemacht hab, was ich selbst wollte und nun mit 30 eine Art Lebenskrise habe und deshalb auf dieses "uns gehts doch so gut" so allergisch reagiere.


    Und ich mir für die TE wünschen würde, ein etwas anderes Umfeld zu haben und nicht so ausgebremst zu werden und ja, ich bin auch ein wenig enttäuscht, was aus dem Rabenforum geworden ist, wie sich die Mentalität gewandelt hat im letzten Jahr, mehr hin zu Sicherheit und Geldverdienen und Rationalität, weniger in Richtung Träume leben/verwirklichen, Alternativen suchen etc.. Das sieht man auch in anderen Threads. Das finde ich so schade. Bislang war das Rabenforum meine Erdung im Kapitalismus, das geht aber gerade verloren. Vielleicht hab aber auch ich mich geändert und passe hier einfach nicht mehr rein, das mag auch sein, keine Ahnung. #weissnicht

  • Es ist aber halt eine Gratwanderung: Einerseits den eigenen Traum zu leben (wovon niemand explizit abgeraten hat, nur darauf hingewiesen, dass es nicht immer so schön ist wie es bei den Waltons scheint) und andererseits der Ehemann, der sich damit so gar nicht anfreunden kann. Bleibt doch dann nur ein Kompromiss, will man nicht die Ehe gefärden. Kompromisse wurden doch schon viele vorgeschlagen, vor allem entfällt dann der - meiner Meinung nach gefährliche - Sprung ins kalte Wasser, alles oder nichts, hopp oder tropp.
    Und ich finde es auch nicht verwerflich, aus dem momentanen Leben positive Seiten und glückliche Stunden anzuerkennen - alles andere ist für mich verlorene Zeit, verschenktes Leben.
    Das hat nichts mit Kapitulation zu tun - wenn man aber nur Sehnsüchte hegt und darüber aus den Augen verliert, was man eigentlich HAT, dann macht das mit Sicherheit unglücklich. Schade drum.

    Mit vielen lieben Grüßen von Alexy und dem Rest von hier! 8)




    "Für die Welt bist du irgendjemand, aber für irgendjemand bist du die Welt."
    Erich Fried