Rassistische Kacke im Alltag und sonstwo

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  • Ja. Und dass es mehr Migrantenfamilien gibt, in denen der Sprachstand schlecht ist, hat auch rassistische Ursachen. Zumindest teilweise.

    • Offizieller Beitrag

    Nebenbei: Meine Mutter hatte als Schüler auch Jugendliche, die auf diesem Sprachstand waren aus rein deutschen Familien.

    Das bringt es auf den Punkt, was ich vorher schon sagen wollte. Ich denke auch, dass das Immigrantenkind mit geringen Sprachkenntnissen viel schneller abgewertet wird und aufgegeben wird, als ein deutsches Kind.


    Ja. Und dass es mehr Migrantenfamilien gibt, in denen der Sprachstand schlecht ist, hat auch rassistische Ursachen. Zumindest teilweise.

    Und das. Es eben nicht nur bildungsferne Immigranten. Ein ganz ganz grosser Punkt gerade bei Migranten ist es auch, ob es Chancen gibt fuer die Familie im Land zu bleiben. Wenn man ständig auf eine Rueckkehr wartet oder hofft, dann fasst man nicht so richtig Fuss. Auch dazu gibt es Studien, und es entspricht auch meinen eigenen Erfahrungen.

  • Pidgin ist eine vereinfachte Sprachform, ja. Aber Sprachen sind doch eh immer unterschiedlich. Also es gibt Sprachen mit sehr komplexer Grammatik und andere mit recht einfacher Grammatik. So ganz verstehe ich das Argument dann noch nicht, dass eine vereinfachte Sprache grundsätzlich und alleinig fuer schulische Benachteiligung führt.

    Ich würde denken bei komplexen Sprachgebrauch geht es weniger darum ob Afrikaans eine einfachere Grammatik hat als Deutsch (isso) sondern wie der Umgang mit der Sprache ist, die das Kind erlebt. Da fallen neben Grammatik ja auch Nuancen von Wortbedeutungen rein, wie groß der Wortschatz insgesamt ist, ob es unterschiedliche Sprachebenen erlebt, ob komplexe Zusammenhänge gebildet werden können, ob Gefühle differenziert benannt werden, etc. Bei den meisten Menschen ist diese Art der Komplexität im Sprachgebrauch eben in der Muttersprache am größten und das kann dann auch ein Dialekt sein. Da lernt das Kind eben am meisten wenn die Eltern in der Sprache mit ihm sprechen, wo sie diese Komplexität am besten ausdrücken können. (Manchmal ist das auch nicht die Sprache, die sie als erstes gelernt haben. Ich habe durchaus auch Freunde, die zwar als Kleinkind eine andere Sprache gelernt haben, aber in Deutschland aufgewachsen sind, zur Schule gegangen sind und tatsächlich deutsch am besten beherrschen. Die sprechen dann heute logischweise deutsch mit ihren Kindern und nicht vietnamesisch oder persisch.)


    Ich denke man kennt das ja wenn man sich in einer Fremdsprache, die man nur in Grundzügen beherrscht, unterhält und dann ein komplexes Argument hat, aber das nicht ausdrücken kann. Dann versucht man es und aus einem nuanciert abwägenden Argument wird eine vereinfachte Version, die einfach nicht ausdrückt, was man ausdrücken könnte weil die Mittel fehlen. Mit diesem Sprachvorbild kann ein Kind diese Mittel dann eben auch nicht lernen.

    • Offizieller Beitrag

    Nebenbei: Meine Mutter hatte als Schüler auch Jugendliche, die auf diesem Sprachstand waren aus rein deutschen Familien.

    Das bringt es auf den Punkt, was ich vorher schon sagen wollte. Ich denke auch, dass das Immigrantenkind mit geringen Sprachkenntnissen viel schneller abgewertet wird und aufgegeben wird, als ein deutsches Kind.



    Das ist auch das, was VivaLaVida in etwa meint - habe ich das richtig verstanden?


    Ja, das würde ich einszueins unterschreiben, für beide Länder (und Österreich).


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Da fallen neben Grammatik ja auch Nuancen von Wortbedeutungen rein, wie groß der Wortschatz insgesamt ist, ob es unterschiedliche Sprachebenen erlebt, ob komplexe Zusammenhänge gebildet werden können, ob Gefühle differenziert benannt werden, etc. Bei den meisten Menschen ist diese Art der Komplexität im Sprachgebrauch eben in der Muttersprache am größten

    und das alles fehlt bei einer "pidgin-muttersprache" oder ist minderwertig?


    kann ich mir nicht vorstellen, habe aber leider kein vertieftes wissen zu diesem themenkomplex.

  • und das alles fehlt bei einer "pidgin-muttersprache" oder ist minderwertig?


    kann ich mir nicht vorstellen, habe aber leider kein vertieftes wissen zu diesem themenkomplex.

    Kindern, denen all das in ihrer Erst-Sprachumgebung fehlt, haben mehr Probleme im Spracherwerb von Zweitsprachen. Das hat mit Pidgin mMn nur ansatzweise zu tun.


    Soweit ich weiß (aber ich bin auch weit weg davon Expertin zu sein) sind Pidgin-Sprachen eben keine Muttersprachen, sondern das was rauskommt wenn Menschen mit verschiedenen Muttersprachen versuchen, sich zu verständigen und sich dazu sehr vereinfachter Elemente aus verschiedenen Sprachen bedienen. Vereinfachung ist also schon ein zentrales Merkmal. Mit der Zeit und über Generationen entwickeln sich Pidgin-Sprachen dann auch weiter und entwickeln komplexe Regeln etc. und heißen dann Kreolsprachen.

  • genau. so klar ist das alles nicht, finde ich.


    ich weiss nicht wie komplex und tief sich kinder mit ihren eltern unterhalten, die selbst in zwei oder mehr sprachen zb. aus dem südosteuropäischen oder arabischen raum groß geworden sind.


    und ich frage mich, warum wir vermuten, dass es eine unterkomplexe art der kommunikation ist.


    davon gehen wir ja nicht so selbstverständlich aus, wenn es sich um eine schwedisch-englisch-finnische familie handelt, selbst wenn diese auch bildungsfern ist. (auch um jetzt mal von der schweiz wegzukommen, wo ich das problem weiterhin sehe.)


    ist das nicht ein stück rassismus?

  • Ich hatte, als ich so 13 war eine sehr gute türkische Freundin, die so beschränkte sprachliche Fähigkeiten hatte. Sie hat mir erzählt, dass ihre Eltern immer nur deutsch mit den Kindern gesprochen haben, und auch in deren Gegenwart miteinander, damit sie "richtig deutsch lernen". Türkisch konnte sie also nur, was sie aufgeschnappt hat, durch Musik, die ihre Eltern gehört haben und wenn Verwandte da waren und so. Besonders tragisch fand ich, dass sie sich dieses Mankos an sprachlicher Gewandtheit so sehr bewusst war, und dass sie sich auch mit ihren Eltern nur so rudimentär verständigen konnte. Da gab es viele, viele unlösbare Konflikte, weil einfach die Verständigungsbasis gefehlt hat.

    Ich weiss nicht, wie sich das noch entwickelt hat, denn sie sind dann nochmal in ein anderes Land gezogen...


    Zu dieser Situation ist es natürlich gekommen, weil den Eltern klar war, dass Türkisch in Österreich keine erstrebenswerte Muttersprache ist.
    Schrecklich #hmpf

    Und wie reich kann denn nun die Sprache sein, die sie selbst ihren Kindern vermitteln wird?

    the nature of this flower is to bloom

    (alice walker)

  • aber das gilt im prinzip auch für die bildungsferne schwedisch-englisch-finnische familie. und eher nicht für die syrisch-türkische arztfamilie.


    das ist mein punkt. ich weiss nicht, ob ich mich verständlich mache.

  • und ich frage mich, warum wir vermuten, dass es eine unterkomplexe art der kommunikation ist.


    davon gehen wir ja nicht so selbstverständlich aus, wenn es sich um eine schwedisch-englisch-finnische familie handelt, selbst wenn diese auch bildungsfern ist. (auch um jetzt mal von der schweiz wegzukommen, wo ich das problem weiterhin sehe.)


    ist das nicht ein stück rassismus?

    Also ich gehe bei der schwedisch-blabla Familie auch davon aus. Und es entspricht leider meiner Erfahrung, dass es da für viele Dinge keine Worte gibt. Aber wie gesagt: Auch bei deutschen Familien ist das nicht so selten.

  • Talpa warum so aggressiv? Ich wollte lediglich darauf hinweisen, dass es das manchmal schwierig macht, (weiter) mitzudiskutieren. In so vielen Meta-Wie-wir-miteinander-umgehen-Threads wird zu Recht darum gebeten, solche Tendenzen nicht allgemein zu benennen sondern direkt im Thread. Nichts anderes hab ich gemacht. Ich hatte gehofft, dass das ein bisschen konstruktiver gelesen wird. Es ging mir auch nicht um meine eine Rückfrage - ich kann damit leben, nicht alles immer beantwortet zu kriegen - sondern um ein Muster. Ich hatte gehofft dass das deutlich wird.


    Egal.

    VivaLaVida ich habe das Gefühl, dass Du Dich ganz stark an dem Begriff Pidgin aufhängst und ihn als diskriminierend empfindest. So ist er aber zumindest in der Linguistik überhaupt nicht gemeint, auch nicht im Sinne einer Aussage über Pidgin-Sprechende. Da geht es lediglich darum, einen Sprachtypen zu benennen, bei dem es eben _nicht_ um Variantenreichtum, Feinheiten im Ausdruck etc. geht, sondern einzig um (grundsätzliche) Verständigung. Wenn Du so willst ist das das selbe, was Du machst, wenn Du mit einem japanischen Touristen in Zürich englisch sprichst und ihm den Weg erklärst. Da redest Du auch "Pidgin-Englisch" und keine shakespeare'sche Lyrik, einfach weil es da nicht um die Form geht sondern um den schnöden Inhalt "vorne links, dann immer geradeaus".

    Problematisch wird es eben erst, wenn dieses reduzierte Sprachgerüst das einzige ist, das ein Mensch beherrscht. Eine Mutter, die komplexes Türkisch plus ein bisschen Deutsch kann, mit ihrem Kind aber komplexes Türkisch spricht, ist doch völlig unproblematisch. Nur wenn sie dem Kind dieses Türkisch vorenthält, weil sie das als "richtig" vermittelt bekommen hat, raubt sie ihm den Zugang zu einer vollständigen Sprache. Und dann bleibt eben ein Kind, das zwei Sprachen in Pidgin spricht. Das betrifft aber übrigens, so weit ich das weiß, wirklich nur wenige Zweisprachler.

    ~~ Luxa


    Sometimes something will change and that change

    Will change you


    Strong people stand up for themselves.
    Stronger people stand up for others.


  • aber das gilt im prinzip auch für die bildungsferne schwedisch-englisch-finnische familie. und eher nicht für die syrisch-türkische arztfamilie.

    ich glaube, dass es tatsächlich nicht für die syrisch-türkische Arzt-Familie gilt, aber wahrscheinlich doch eher weniger für die schwedisch-englisch-finnische Familie. Einfach, weil schwedisch-englisch-finnisch kein "Stigma" ist. Ich kenne aber keine Zahlen dazu, ob es Untersuchungen darüber überhaupt gibt?

    Ich wollte aber eigentlich nur ein Beispiel für die Situation bringen, dass Eltern und Kinder sich nicht ausreichend komplex unterhalten können.

    the nature of this flower is to bloom

    (alice walker)

  • Ich wollte aber eigentlich nur ein Beispiel für die Situation bringen, dass Eltern und Kinder sich nicht ausreichend komplex unterhalten können.

    Darum geht es doch. Und dafür kann es, neben Migration, nach ganz viele andere Gründe geben, die auch gesehen werden müssen. Ich glaube, darauf möchte Viva hinweisen.

  • Eine Mutter, die komplexes Türkisch plus ein bisschen Deutsch kann, mit ihrem Kind aber komplexes Türkisch spricht, ist doch völlig unproblematisch. Nur wenn sie dem Kind dieses Türkisch vorenthält, weil sie das als "richtig" vermittelt bekommen hat, raubt sie ihm den Zugang zu einer vollständigen Sprache. Und dann bleibt eben ein Kind, das zwei Sprachen in Pidgin spricht. Das betrifft aber übrigens, so weit ich das weiß, wirklich nur wenige Zweisprachler.

    ersetze doch mal türkisch durch schwedisch. dass wir als beispiel zuverlässig immer türkisch/arabisch/osteuropäische sprachen bemühen, ist für mich der rassismus.


    ich kann mich einfach nicht erklären. #haare

  • Ja, aber deshalb sprechen die Schweden doch einfach schwedisch und nicht das "deutsch" das sie grad erst -beim Arbeiten, learning by doing - gelernt haben!?

    Also, ich kann mir schon vorstellen, dass es auch andere Gründe gibt, als "gute Sprache/schlechte Sprache" (DAS ist doch der Rassismus!) aber was können das denn für welche sein? "Bildungsfern" allein kann ich mir nicht so gut vorstellen. Es geht ja nicht darum, eine Sprache in ihrer ganzen Komplexität zu beherrschen, sondern "bloss" um eine solide Basis in irgendeiner Sprache.

    the nature of this flower is to bloom

    (alice walker)

    Einmal editiert, zuletzt von Madrone ()

    • Offizieller Beitrag

    ersetze doch mal türkisch durch schwedisch. dass wir als beispiel zuverlässig immer türkisch/arabisch/osteuropäische sprachen bemühen, ist für mich der rassismus.

    Es ist halt auch ein Stück Praxis.

    In manchen Ländern gibt es kein funktionierendes Bildungssystem.

    Manche Elterngeneration der Migrantenkinder haben deshalb nur geringe Schulbildung, keine Berufsausbildung, teilweise sind sie Analphabeten, auch in der Herkunftssprache.


    Das hat eine Auswirkung auf die Kinder, bzw. auf die Arbeit der Personen, die schauen müssen, dass diese Kinder gute Bildungschancen erhalten.


    Ich hatte hier noch nie mit einer bildungsfernen, sprachlich schlechtaufgestellten Familie aus dem nordeuropäischen Raum zu tun. Ich vermute mal, dass diese nicht auswandern. und die die auswandern eben einen anderen Bildungshintergrund haben.


    Deshalb macht es für uns hier durchaus Sinn, wenn wir über Frühförderung von Migrantenkinder sprechen, zu unterscheiden zwischen Migranten aus dem südosteuropäischen Raum oder nordwesteuropäischen Raum. Das sind in der Praxis völlig einfach unterschiedliche Ausgangsbedingungen.