Mobbing in der Schule

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    Wir haben am Freitag ein Gespräch mit der Schulpsychologin. Mein Sohn wird in seinem ersten Jahr auf dem Gymnasium von seinen Klassenkameraden gemobbt. Und ich benutzt bewußt dieses Wort, weil es tatsächlich Mobbing ist. Als Mobbingberaterin an meinem Arbeitsplatz hab ich oft damit zu tun und habe eine klare Vorstellung von der Begrifflichkeit. Allerdings berate ich Erwachsene und vertrete sie im Fall auch vor Gericht, da ist das Handling in der Schule dann doch nochmal was anderes. Wenn diese Schüler einem meiner Mandanten sowas antun würde, wie sie meinem Sohn antun, wären wir bereits vor Gericht.


    Eingeweiht sind bislang die Klassenlehrerin, die aber nach der Information krank wurde und evtl. dieses Schuljahr gar nicht mehr kommt, damit ihre Schwangerschaft nicht gefährdet ist. Aktiv ist auch der Hortleiter, der Hort gehört direkt zur Schule, ist nebenan und ein Teil der Kinder seiner Klasse sind mit ihm auch im Hort. Hier wurde schon intern interveniert, hat aber nur bedingt geholfen.


    Nun steht am Dienstag ein Wandertag an und mein Kind will nicht mit. In der Schule hat er den "Schutz" durch die Schulstunden. Am Wandertag sieht er sich eher schutzlos ausgeliefert. Der Lehrer, der dabei ist (2. Klaßleiter) nimmt seine Bewerden leider nicht ernst. Ich werde ihn deshalb vermutlich zuhause lassen an diesem Tag. Nun stellt sich die Frage, melde ich ihn einfach krank im Sekretariat oder melde ihn in krank wg. Mobbing, um gleich ein Zeichen zu setzen. Was würdet Ihr tun?


    Mit meiner Elternbeiratskollegin hab ich dieses Thema schon diskutiert. Sie hat mich vor der Schulpsych gewarnt, diese wäre dafür bekannt, sich auf die Seite der Mobber zu schlagen, deshalb möchte ich das Gespräch nur gut vorbereitet antreten. Außerdem hab ich nur 20min Zeit bekommen.


    Ich werde mein Fachwissen auf jeden Fall herausstellen, damit sie weiß, dass ich weiß wovon ich rede.
    Auf der Seite der bayerischen Schulberatung steht auch, dass Mobbing eins der vorrangigen Themen dieser Schulberater sein soll.
    Ich dachte, ich mach eine detaillierte Liste von den Dingen, die meinem Kind angetan werden. Soll ich die jeweiligen Täter (manche Kinder machen nur bestimmte Sachen) dazu schreiben oder nicht?
    Insgesamt ist es so, dass das fast die komplette Klasse gegen ihn ist (sagt er), nur vereinzelte Schüler lassen ihn in Ruhe, bzw. mischen sich halt weder positiv noch negativ ein.


    Nun hat mein Kind natürlich auch so seine Baustellen. Er hat ADHS, ist medikamentiert. Damit ist sein Verhalten schon ziemlich gut, allerdings kommt es vor, dass er unter dem Tag Einbrücke hat, wenn die Dosis ausläuft und bevor die neue Dosis vom Retard-Präparat wieder anflutet. In diesen Phasen kann er schon recht nervig sein, weil er unbedingt Aufmerksamkeit haben möchte und achtet nicht auf die Bedürfnisse anderer. Grundsätzlich erkennt er auch mit Medikamenten nur sehr schwer seinen Eigenanteil an Konflikten. Das macht es uns als Eltern schon schwer, ihm immer Glauben zu schenken. Wenn ich das allerdings der Schulberaterin erzähle, hab ich vermutlich gleich alles verkackt.


    Wie würdet Ihr insgesamt vorgehen, hat schon jemand Erfahrungen mit diesem Thema?
    Danke
    Jaelle

  • Ich habe (sehr!) gute Erfahrungen mit dem "No Blame Approach" gemacht. Vielleicht kennen das die Fachfrauen, mit denen du sprechen wirst, ja?


    Beim Ausflug würde ich ihn nur krankmelden, sonst machst du nur Fronten auf, finde ich. Und dann aber beim Gespräch schon sagen, was Sache war.


    Die Namen der Täter würde ich zunächst mal weglassen, da du auch damit in eine "Anklage-" und "Vorwurfs-"Position kommst, die deinem Anliegen, glaube ich, nicht weiterhilft. Wenn es dann konkret wird, müssen die Namen mMn aber schon genannt werden.


    Edit: Besseren Link eigefügt

    Einmal editiert, zuletzt von Hella ()

  • Wissen die Mitschüler eigentlich über das ADHS deines Sohnes Bescheid? Oft helfen ja so Klasenaufklärungen (müsste dein Sohn ja nicht unbedingtdabei sein), damit die Mitschüler das Verhalten deines Sohnes verstehen und einordnen können.


    Hagendeel

  • Könntest du dir vorstellen und es zeitlich einrichten, den Klassenausflug zu begleiten? Konntest di schon mal in der Schule hospitieren?

    LG
    rotesPesto mit ♂ Frühling '10, ♂ Sommer '06 und ♂ Herbst '12

  • Ich würde ihn wegen Mobbing krank melden. Kindern von Eltern die stark auftreten wird mehr geholfen.
    Du bist vom Fach und kannst die typischen "er ist selbst schuld"-Argumente gut entkräftigen. Du weißt wovon Du sprichst. Zeig das.

  • ..

    _._._._._._._._
    Prokrastinierer aller Länder: vereinigt Euch - morgen


    “Schatz, komm bitte ins Bett. Man braucht sieben Stunden Schlaf, um als Mensch zu funktionieren.“ “Ich bin Mutter, ich brauch vier.“


    Silence is golden... unless you have a toddler. Then silence is extremely suspicious.

    Einmal editiert, zuletzt von InLa ()

  • Leider gerade aus leidvoller Kolleginnenerfahrung meine folgende Frage:
    Kannst du herausfinden, welche Lehrer(innen) dein Kind schützen/stützen/vermitteln oder mit in die Mobbing-Kerbe schlagen? Ich erlebe leider, dass das Lehrerverhalten sehr oft in einer Klasse mitbestimmt, wie drastisch gemobbt wird, denn dann fühlen sich die Schüler(innen) ja noch einmal so richtig bestärkt... Das kann alles bewusst oder unbewusst ablaufen, ist aber enorm wichtig für die Konfliktlösung.
    Wenn das eigene Kind nichts dazu sagt, dann sind Bemerkungen anderer Kinder in dieser Hinsicht oft sehr hilfreich (z.B. "wie Frau soundso auch immer sagt...") oder so ähnlich.... Wichtig, wenn die KL jetzt ausfällt: wer ist die die Kinder am meisten prägende Unterrichtskraft? Sie/er muss unbedingt mit ins Boot!


    Alles Gute!

  • Ich würde ihn auf jeden Fall am Wandertag Zuhause lassen, da ein "Schutz" durch die Aufsichtsperson anscheinend nicht gegeben ist.


    Hast du die Möglichkeit die ausgefallene Lehrerin zu kontaktieren? Sie wird dir bestimmt weiterhelfen können, wenn es darum geht, welche Lehrkraft, mit dem Thema wie umgeht. Vielleicht gibt es eine Lehrkraft, die das Thema Mobbing bearbeitet, wenn sie davon erfährt.
    20 Minuten finde ich für ein solches Gespräch eher wenig, bestehe auf die Zeit, die du brauchst um alles zu besprechen.
    Im Notfall auch Schulleiter, Angestellte( wie z.B. den Hausmeister) mit ins Boot holen.
    Bei uns hatte der Hausmeister mehr Autorität als manche Lehrkraft.


    Ich wurde damals in der Schule selbst gemobbt, niemand sprach darüber, niemand wusste, was der richtige Weg ist.
    Ich wurde von der Schule freigestellt, erschien in dem Moment wohl das einfachste.
    Im Nachhinein, war es der falsche Weg.
    Ich hätte Unterstützung gebraucht, sowohl räumlichen als auch psychischen Schutz gebraucht, allerdings im Schulalltag.
    Das weiß ich aber erst jetzt.


    Dir und deinem Sohn ganz viel Kraft.

  • kraft, mut und stärke wünsche ich euch auch...und hinschauen, aber das tust du ja...
    und reden ...und zur not auch mal Polizei einschalten...wir haben das 2 jahre lang durch, jetzt scheints vorbei zu sein
    lg doris

  • Das mit der Polizei ist wohl gar nicht so einfach, man braucht Beweise und das ist schwierig. Ein Mobbingtagebuch führen wir eh schon. Ich hab grad nochmal alles zusammengeschrieben incl. der körperlichen Symptome und hab fast geheult beim schreiben. Mein armer Murkel. Und er hält sich echt tapfer und geht da jeden Tag. Mit denselben Vorfällen würde jeder Erwachsene zuhause bleiben, was sind unsere Kinder doch stark. Den Wandertag war er zuhause und hat sich erholt, wir haben dann noch einen tollen Schulrucksack gekauft, weil sie seinen Chiemsee-Trolley schon ganz kaputt gemacht haben, weil täglich dagegen getreten wird.
    Die Klaßleitung ist seit heute wieder im Dienst und hat gleich mit ihm gesprochen, ob er am Freitag bei dem Gespräch dabei ist. Ist er nicht, ich will mit der Tante erst mal alleine sprechen und gucken, ob wie wirklich so übel ist wie alle sagen. Täternamen hab ich jetzt rausgelassen und schau mal wie sie reagiert.

  • diese wäre dafür bekannt, sich auf die Seite der Mobber zu schlagen, deshalb möchte ich das Gespräch nur gut vorbereitet antreten.

    Wie bitte? Das ist aber ziemlich unprofessionell. Sie soll sich bitte auf keine "Seite schlagen", sondern Euch beraten.

    Ich dachte, ich mach eine detaillierte Liste von den Dingen, die meinem Kind angetan werden. Soll ich die jeweiligen Täter (manche Kinder machen nur bestimmte Sachen) dazu schreiben oder nicht?
    Insgesamt ist es so, dass das fast die komplette Klasse gegen ihn ist (sagt er), nur vereinzelte Schüler lassen ihn in Ruhe, bzw. mischen sich halt weder positiv noch negativ ein.

    Liste ist gut. Täternamen mit kurzen Angaben zum was ist sicher nicht verkehrt, ich würde das aber nur "übergeben", wenn ich Vertrauen in die Handlungsweise von Psychologin und Schule hätte. Notfalls eben vorlesen und wieder mitnehmen

    Grundsätzlich erkennt er auch mit Medikamenten nur sehr schwer seinen Eigenanteil an Konflikten.

    Lass Dir nicht einreden, dass das der Grund für das Mobbing ist. Es nützt außerdem nichts, einen Grund zu suchen. Man findet immer einen, wenn man möchte.
    Vielleicht kennt die Psychologin den "No Blame Approach"? Der wurde jedenfalls von der Psychologin bei uns empfohlen.

  • Lass Dir nicht einreden, dass das der Grund für das Mobbing ist. Es nützt außerdem nichts, einen Grund zu suchen. Man findet immer einen, wenn man möchte.


    Das möchte ich nochmal unterstreichen. Denn ob er auffälliges Verhalten zeigt, oder "seinen Eigenanteil" hat, ist völlig unerheblich. Das Mobbing ist völlig unangebrachtes, inakzaptables, gewaltvolles Verhalten. Darum muss es gehen. Das andere ist klassisches Victim blaming ("hätte sie keinen kurzen Rock angehabt, wäre sie auch nicht vergew*ltigt worden") und lenkt vom eigentlichen Problem ab.


    Alles Gute fürs Gespräch!

  • Das andere ist klassisches Victim blaming ("hätte sie keinen kurzen Rock angehabt, wäre sie auch nicht vergew*ltigt worden") und lenkt vom eigentlichen Problem ab.

    Oh ja. Es ist erschreckend, wie weit das verbreitet ist, auch unter meinen Kollegen. Umgang mit Mobbing ist ein total heißes Eisen, ich bin so froh, dass ich Unterstützung von Fachpersonen hatte.

  • ich bin so froh, dass ich Unterstützung von Fachpersonen hatte.


    Krebbel, hast du / haben die Fachpersonen den No Blame Approach angewandt? Was war deine Erfahrung?

  • Mit wurde dazu Material gegeben und ich wurde konkret beraten (wie ich mit dem Opfer umgehe und mit den Tätern). Es war GsD durch die Neu-Mischung der Klassen (das Mobbing war in Klasse 5/6 stark eingefahren, in der 7. wurden neue Klassen gebildet, es war nur noch ein knappes Drittel aus der alten Klasse- aber eben auch der "Zentraltäter") und das rechtzeitige Eingreifen ganz gut hinzubekommen.

  • ich weiß, es ist ein schwieriges Thema für einen ersten Beitrag im Forum nach achtjähriger ausschließlicher Lesezeit hier, aber ich möchte mich gerne trotzdem daran versuchen. :)


    Wir reden hier ja von +/- 10jährigen. Ich glaube fest daran, daß bei denen noch nicht alles verloren ist und man auch mit guten Gesprächen weiterkommen könnte, ohne direkt von Anzeigen und Polizei und drastischen Konsequenzen etc. reden zu müssen. ;)


    Nun hat mein Kind natürlich auch so seine Baustellen. Er hat ADHS, ist medikamentiert. Damit ist sein Verhalten schon ziemlich gut, allerdings kommt es vor, dass er unter dem Tag Einbrücke hat, wenn die Dosis ausläuft und bevor die neue Dosis vom Retard-Präparat wieder anflutet. In diesen Phasen kann er schon recht nervig sein, weil er unbedingt Aufmerksamkeit haben möchte und achtet nicht auf die Bedürfnisse anderer. Grundsätzlich erkennt er auch mit Medikamenten nur sehr schwer seinen Eigenanteil an Konflikten. Das macht es uns als Eltern schon schwer, ihm immer Glauben zu schenken. Wenn ich das allerdings der Schulberaterin erzähle, hab ich vermutlich gleich alles verkackt.

    Mal ganz platt gefragt: wissen die Kinder, daß er für sein Verhalten nichts kann und daß er das nicht absichtlich macht? Hat ihnen mal jemand gesagt, wie man in Situationen, die Du als "Einbrüche" bezeichnest, "richtig" mit ihm umgeht? Hat denen schon mal jemand ganz klar gesagt, daß doofes Verhalten nicht gleich doofes Kind bedeutet und daß sie gerade in solchen Situationen rücksichtsvoll mit ihm umgehen müssen? Denn auch wenn Mobbing ohne Frage jederzeit umgehend und konsequent unterbunden werden muß, müssen die Kinder doch auch die Chance haben, den richtigen Umgang mit einem anstrengenden Mitschüler zu lernen. Wenn man denen jetzt nur sagt: "so nicht" und das ganze auch noch ohne Erklärung und vor allem ohne alternative Handlungskonzepte vorzuschlagen, dann ist wohl eher schwer, damit langfristig den gewünschten Erfolg zu haben (und das wäre für mich persönlich auch nicht der Stopp des Mobbings, sondern die Integration in die Klassengemeinschaft).


    Ich plädiere im ersten Schritt also ganz klar für offene Gespräche. Selbstverständlich mußt Du mit der Schulberaterin darüber sprechen! Wie soll sich denn nachhaltig was verändern, wenn das Thema nicht angesprochen wird? Und ich würde jegliches "ich bin vom Fach" und "Anzeige" etc. beim ersten Gespräch weglassen. Das wird ja wohl ein längerer Prozeß werden und Druck kannst Du immer noch ausüben, wenn Du merkst, daß sich niemand des Themas mit der Wichtigkeit annimmt, die nötig wäre. Denn Deine Schilderung, daß die Lehrerin direkt nach dem Gespräch erkrankt ist und nur der Hortleiter versucht, das Thema zu bearbeiten, spricht sehr dafür, daß da noch viel Potential bei den richtigen Leuten vorhanden sein muß. Und da kommt fürs Erste eine freundliche Bitte einfach besser, als eine "Drohung vom Fachpersonal". Du kannst ja durchaus trotzdem deutlich machen, daß der bisherige Umgang zu lax war und Du davon ausgehst, daß sich umgehend was ändern wird.

  • so, das Gespräch ist vorbei. Ich war schon taktisch klug und hab weder von Anzeige noch die Fachfrau raushängen lassen. Das hab ich erst gegen Ende des Gesprächs kurz angemerkt, als es um bestimmte Fachbegriffe ging. Außerdem hatten wir noch eine Nebendiskussion über die Zukunft der Schulpsychologen und deren Qualifikationen, wo ich sowohl über meinen Beruf als auch als Elternbeirätin ganz gut unterstützen kann.
    Lief insgesamt besser als erwartet. Anfangs hatte ich noch große Bedenken, weil sie akribisch alle Namen wissen wollte, da hatte ich gar nicht so den Fokus drauf, aber sie wollte einfach die Details wissen.
    In der Schule wird nach No Blame Approach gearbeitet. Den Ernst der Lage hat sie erkannt. Kind hat in 2 Wochen nochmal selbst ein Gespräch mit ihr mit dem Fokus, was braucht er, was funktioniert, was kann man ausbauen an eigenen Fähigkeiten. Danach wird in der Klasse ein Hilfekreis eingerichtet und sie versucht einen der Mobber da mit reinzubringen.
    Der Hort bemüht sich weiterhin, ihn zu stärken, versucht aber auch ihm aufzuzeigen, wo er selber übergriffig wird, ohne es zu merken. Das ist ja seine große Baustelle, die wir auch mit langer Verhaltenstherapie und Medikamenten nicht so gut in den Griff bekommen. Ich bin gespannt, wie es weitergeht und ob es ihm wirklich hilft und insgesamt wieder etwas beruhigter.