Mir fällt es gerade ehrlich gesagt etwas schwer, hier eine eindeutige Meinung zu bilden. Auf dem neuen Betreuungsgeld wird ja allenthalben nur herumgehackt und es als "Herdprämie" defamiert. Dabei ist ja niemand verpflichtet, es in Anspruch zu nehmen. Und wer es doch tut, der hat die Möglichkeit, dieses Geld für die spätere Ausbildung oder Altersversorgung des Kindes anzulegen. Also praktisch staatlich geförderte Vorsorge, nur mit einem anderen Namen. Warum ist das so schlimm?
Viele behaupten, das Betreuungsgeld ist nur ein halbherziger Versuch, den misslungenen Kita-Ausbau auszugleichen. Nach dem Motto: Liebe Eltern, wir können euch leider nicht ausreichend Betreuungsplätze anbieten. Seid doch bitte so lieb und kümmert euch selbst um eure Kinder, wir zahlen auch was dafür. Und wieder die Frage: Was ist so schlimm daran?
Plan war es, dass ab 2013 jedes Kind zwischen 1 und 3 einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz (Kita oder TaMu) haben soll. Gut und schön, aber BRAUCHT auch jedes Kind einen Betreuungsplatz? Wurde denn schon mal ermittelt, wie hoch der tatsächliche Bedarf ist? Der muss ja nicht unbedingt deckungsgleich sein mit der Anzahl der Geburten. Es gibt immer noch viele Eltern, die sich entscheiden, ihre Kinder in den ersten Jahren lieber zuhause zu betreuen. Wenn jetzt also für alle Kinder ein Betreuungsplatz zur Verfügung steht, dann wäre doch die logische Konsequenz, dass etliche dieser Plätze unbesetzt bleiben, oder? Können wir uns das überhaupt leisten? Macht das Sinn? Ist es wirklich zuviel verlangt, dass Familien erst mal versuchen, dass Betreuungsproblem auf privatem Wege zu regeln, also etwa indem sie die Betreuung zwischen sich und dem Partner aufteilen oder die Großeltern mit einspannen, etc. Wo das nicht möglich ist, muss man freilich auf staatliche Plätze ausweichen. Aber noch mal: Wie viele Plätze bräuchten wir denn dann de facto wirklich? Oder soll das Ziel lauten: Alle Kinder unter 3 MÜSSEN in eine Kita und alle Mütter MÜSSEN ein Jahr nach der Geburt wieder arbeiten gehen? (Und die nächste Frage gleich hinterher: Haben wir denn auch genügend Arbeitsplätze???)
Mich würde mal interessieren, wie ihr gerne entschieden hättet:
- Wie lange hättet ihr am liebsten eure Kinder zuhause selbst betreut, bzw. was wäre für euch der ideale Zeitpunkt für Fremdbetreuung bzw. für euren Wiedereinstieg in den Beruf gewesen?
- Welche Betreuungsform wäre euch am liebsten: Mama? Papa? Großeltern? Tagesmutter? Kita? Teilzeit oder Vollzeit?
- Wenn ihr einen passenden Betreuungsplatz zur Verfügung hättet, ab wann hättet ihr davon gerne Gebrauch gemacht? Wäret ihr früher in den Job zurück gekehrt?
- Wenn ihr in den Job zurück musstet oder wolltet, aber keine ausreichenden Betreuungsplätze zur Verfügung stehen, wie habt ihr das dann gelöst?
- Seit ihr aus finanzieller Notwendigkeit wieder arbeiten gegangen oder weil ihr es wolltet?
- Wenn ihr lieber beim Kind zuhause geblieben wäret, hätten euch 150,- EUR pro Monat dann geholfen, diese Entscheidung zu treffen? Oder findet ihr das zu wenig?
- Was glaubt ihr, wie viel Geld braucht eine Familie (oder bräuchtet ihr), damit ein Elternteil zuhause bleiben und sich um die Kinder kümmern kann?
- Fändet ihr es fair, wenn es das Betreuungsgeld nur einkommensabhängig gäbe? Wenn der Partner also genug verdient, bekommt die Familie nichts, auch wenn einer zuhause bleibt? Betreuungsgeld nur für bedürftige Familien?
- Würdet ihr zwar gerne arbeiten gehen, aber eure Arbeitszeit reduzieren, damit ihr auch für die Kinder noch da sein könnt? Und welche Voraussetzungen müssten erfüllt sein, damit das möglich wäre?
- Kurz: Was wäre eure ideale Lebensvorstellung: Wie lange zuhause, wie viel verdienen, ab wann Betreuung und welche Form, ...
Würde mich echt mal interessieren. Denn ich denke, da tickt jeder ganz unterschiedlich. Und deshalb kann ein einheitliches Betreuungsgeld genauso wie einheitliche Betreuungsplätze sicher keine Lösung für alle sein.