Museen in Europa - wer kann/mag sie vergleichen?

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  • (ich habe zum Beispiel nicht gern Audioguides, weil ich da nicht überblicken kann, was als nächstes kommt, nicht gern alles hören will, sondern gezielt auswählen möchte - das geht mit Beschriftungen besser :) aber das macht ja viel aus, ob man mehrere Möglichkeiten der Annäherung hat oder nicht)

    Das geht aber auch mit anderen Arten von Audio besser. Woran ich mich z.B. nach über 20 Jahren noch erinnere ist ein Raum in einem englischen Museum, wo Ausschnitte aus einem Tagebuch vom Band vorgelesen wurden. Das ging nicht über Kopfhörer, sondern man konnte sich da einfach in einen Raum setzen und eine Weile zuhören. Ich bin nicht sicher, ob man überhaupt wählen konnte, welches Stück man hören wollte - in meiner Erinnerung war das einfach eine Endlosschleife.


    Und es gibt inzwischen auch Audioguides, wo man gezielt zu einzelnen Stationen was hören kann. Das finde ich auch besser als wenn Audioguides so gaz strikt vorgeben was man ansehen soll und in welcher Reihenfolge.


    Im letzten Jahr haben wir im Römermuseum in Augsburg ein Tablet bekommen, wo man zu einzelnen Stationen gezielt zusätzliche Sachen anschauen konnte. Besonders toll waren Stationen, wo man z.B. einen alten Stein mit der Kamera erfassen konnte und dann ein Bild gezeigt bekommen hat wie er zur Römerzeit vollständig (sowohl fehlende Teile als auch Farbe) ausgesehen haben könnte. Insgesamt fanden wir dieses (wohl auch nur provisorische) Museum nicht so toll - aber das mit den Laptops war sehr gut.

  • Stimmt, das ist sehr verschieden. In Haithabu (bei Schleswig) gibt es einen Runenstein, wenn man sich davor stellt, bekommt man den Text vorgelesen, einmal im Original (woher weiß man, wie es ausgesprochen wurde? Ist das abgeleitet aus anderen nordischen Sprachen?) und einmal in der Übersetzung, immer wieder, so lange man dort steht. Mein Sohn konnte im Grundschulalter den Text wunderbar nachsprechen, neulich habe ich ihn gefragt, er kann es immer noch, wenn auch nicht mehr ganz so flüssig #cool


    Haithabu ist auch ein gutes Beispiel für unterschiedliche Geschmäcker. Sie haben vor einigen Jahren stark umgebaut. Mit gefällt das Konzept gut, Freunde von mir sagen, vorher sei es besser gewesen.

  • Talpa Es gibt ja aber auch nochmal einen großen Unterschied zwischen Museum als Freizeitpark inszenieren oder Vermittlung lebendig gestalten.


    Lernen darf und muss Spaß machen, sowohl in der Schule als auch in außerschulischen Bildungsorten. Und dazu gehört auch, dass man den verschiedenen Lerntypen gerecht wird. Es gibt Leute, die lernen durch lesen, es gibt welche, die müssen hören um zu lernen und wieder andere müssen anfassen. Idealerweise bedient man im Museum alle Typen. Schafft man natürlich nicht komplett und für alle Fakten. Aber man muss es zumindest versuchen.


    Technik ist hierbei ein gutes Hilfsmittel, aber natürlich nicht das einzig wahre. Es gibt viele Möglichkeiten, Vermittlung vielschichtig zu gestalten.


    Und natürlich hat Technik auch Nachteile. In einer "meiner" Ausstellungen (ich bin Museumspädagogin in einem Schloss mit zwei Dauerausstellungen und einer Sonderausstellung) ist es zum Beispiel so, dass viele Fakten und Infos ausschließlich auf der technischen Ebene präsentiert werden. Streikt die Technik (und das tut sie leider öfter, als einem lieb ist), fehlen diese Infos komplett. Hat man vor acht Jahren nicht bedacht. Aber man hat daraus gelernt und in den folgenden Ausstellungen die Infos und Fakten auf alle Ebenen gepackt.

  • (woher weiß man, wie es ausgesprochen wurde? Ist das abgeleitet aus anderen nordischen Sprachen?)

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    Die Grammatik hat sich in Island wohl weitgehend erhalten, während die Vokale sich verändert haben. Da es aber viele schriftliche Quellen gibt (Edda und so), sind die Veränderungen wohl recht gut erforscht.


    Ich finde, Haithabu ist ein gutes Beispiel für ein Museum, das viel, viel Erklärungsarbeit leisten muss. Alles, was man mit bloßem Auge sehen kann, ist ohne Einordnung langweilig (ein altes Boot, Grabbeigaben, angelaufender Bronzeschmuck), mit Einordnung so spannend, dass es einem fast die Schuhe auszieht.

    Natürlich liegt da der Vermittlungsschwerpunkt auf der Erklärung und der Nachvollziehbarkeit/Erfahrbarkeit.


    In der Kunsthalle in Kiel will ich hingegen auch einfach vor einem Nolde sitzen und schweigen können. Da wäre ein interaktiver Bildschirm und zu viel Erklärungsgedöns ja doof.


    Gruß,

    F

    Mal geht es dir schlecht. Dann geht's dir wieder gut. Ich jedenfalls trag jetzt immer einen Hut.

  • Talpa Es gibt ja aber auch nochmal einen großen Unterschied zwischen Museum als Freizeitpark inszenieren oder Vermittlung lebendig gestalten.


    Lernen darf und muss Spaß machen, sowohl in der Schule als auch in außerschulischen Bildungsorten.

    Ich weiss, das ist mein täglich Brot.


    Dennoch - oder wahrscheinlich deshalb - sehe ich die "Eventisierung" kritisch. Es ist anspruchsvoll, gute, interaktive Vermittlung zu machen. Und vielerorts beobachte ich, dass Qualität zugunsten der Quantität untergeht.


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Die Frage ist natürlich wen will ich erreichen?

    Ins Museum gehen muss man auch erst lernen. Einer Ausstellung zu folgen erfordert eine Bereitschaft sich zu konzentrieren, die Fähigkeit zu filtern was man sich genauer anschauen möchte (zumindest meine Aufnahmefähigkeit ist endlich). Das kann man Kindern erleichtern indem man ihnen Angebote macht die auch mal andere Sinne ansprechen. Und indem man für sie eine Vorauswahl trifft.

    Pures Event wäre da kontraproduktiv , da bleibt zwar ein Erlebnis im Gedächtnis haften, aber kaum Inhalt.

    Schokojunkie mit Töchtern (5/07 und7/09)

  • Das kann man Kindern erleichtern indem man ihnen Angebote macht die auch mal andere Sinne ansprechen. Und indem man für sie eine Vorauswahl trifft.

    Pures Event wäre da kontraproduktiv , da bleibt zwar ein Erlebnis im Gedächtnis haften, aber kaum Inhalt.

    Das unterschreibe ich so. Und ergänze: Auch Erwachsene mögen vielfältige, anregende Ausstellungen und Vermittlungsangebote.


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Mhmhm, positive Beispiele gibt es viele - oft halt auch nur ein Bereich, während andere noch im Dornröschenschlaf sind ;)


    Römermuseum Haltern ist eines meiner Lieblingsbeispiele für eine gelungene vielschichtige Ausstellung, ohne technischen Schnickschnack.

    Neandertalmuseum wurde schon erwähnt, mag ich auch sehr. Blaubeuren und Federseemuseum schätze ich das Vermittlungsteam sehr....


    Ruhrmuseum Essen fand ich die Ausstellung sehr gelungen, Archäologisches Museum Hamburg auch, Zollmuseum ist ein mega Beispiel, wie eine Ausstellung auch ohne Riesenbudget gut werden kann. Ballinstadt fand ich such sehr gelungen, auch die mediale Vermitlung.


    To be continued...


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • ja toll... hat aber schon mal jemand drüber nachgedacht, dass es deshalb massenhaft junge studierte Leute gibt, die arbeitslos sind? Ich bin bei freiwlligenarbeit sehr gespalten.

    mit elfchen 04/09 und minielfchen 03/12


    quand ta thèse te pousse à bout et que tu veux tout arrêter kannste vergessen.


    #rose 49,7

  • Ich denke, kleine Museen, Kirchenführungen in der Dorfkirche usw. funktionieren nur so. Wenn das keiner freiwillig macht, macht es keiner. In großen Museen, Ausstellungen, Kathedralen usw. würde ich aber wirklich erwarten, dass dort standardisiert qualifiziertes und bezahltes Personal arbeitet.

  • Es hat - aber da sehe ich die britische Freiwilligenkultur auf einer ganz anderen Ebene - halt oft etwas von "was nix kostet, wird auch nix wert sein"....

    Wenn einem Entscheidungsträger mehr oder weniger unverhohlen sagen, dass einem die "glänzenden Kinderaugen doch Lohn genug sein sollen", kriege ich auch leicht zuckende Gesichtsnerven.


    Als Zusatz ja, tolle Sache - aber eben, dann auch mit engmaschiger Betreuung und Kontrolle (was viele Institutionen selbst bei der angestellten Vermittlung schleifen lassen, leider.


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Das mit Kontrolle etc. schien mir nicht so zu sein, aber es machte eben den Charme der Sache aus, fand ich. Es waren eher Grüppchen von Rentnern, die da sassen und Tee tranken und sich auf jeden Besucher stürzten und von ihrem Hobby im Museum erzählten.

    Es war nicht so professionell aber sehr menschlich. Uns hat es gefallen.

  • Vermutlich sind wir einfach eine andere Zielgruppe. Wir gehen halt ganz gern ins Museum (z.B. wenn es im Urlaub regnet) aber tatsächlich hauptsächlich zur Unterhaltung und nur als Bonus, um was bestimmtes zu lernen.

  • Ich verstehe schon, dass das nett ist - nur habe ich als Museumsinterne halt schon auch den Anspruch, dass kein Hafechäs (=Blödsinn) erzählt wird.

    In England wird die Betreuung von Freiwilligen sehr professionell betrieben, das ist ein ziemlich ungewöhnliches System.


    Aber Deine Antwort zeigt mal wieder schön, an welchen Vorurteilen unsere Arbeit noch immer knabbert: Was lernen kann ja unmöglich Spass machen.

    Diese Einstellung ist leider immer noch sehr verbreitet - und himmelweit von der Arbeit der meisten meiner Kolleginnen und Kollegen entfernt. Aber hält sich hartnäckig.


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • In England wird die Betreuung von Freiwilligen sehr professionell betrieben, das ist ein ziemlich ungewöhnliches System.

    Wir waren im Mai in einem Arbeitshaus in England, das Museum war wirklich gut (klick) - und der Freiwillige, der uns geführt hat, war eine Vollkatastrophe: Er fand das Workhouse-System offenbar total klasse. Die Fakten dahinter, die auch im Museum dargestellt wurden (Trennung der Familien, Sterblichkeit, Fremdbestimmung, Gewalt) hat er absolut negiert. Ich hab mein Englisch und meinen Mut zusammengenommen und nachgefragt, auch dann kamen nur die Vorteile. Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, wär ich neidisch geworden. Ich kann mir echt nicht vorstellen, dass das so gemeint war von den Macher:innen der Ausstellung.


    Ich habe schon häufiger als Guide in Ausstellungen gearbeitet (in einer Ausstellung zum Westfälischen Frieden im Landesmuseum in Münster, bei einer Wanderausstellung zum Untergrundarchiv Oneg Shabbat, irgendwie ja auch in Lejre zur Eisenzeit) und da war immer sehr genau geregelt und geschult, was wir wie vermitteln sollten - und wann wir unbedingt jemanden vom Team konsultieren sollten. Es kommt also wirklich auf den Einzelfall an, wie gut solche Systeme funktionieren.


    Corva
    mit Großtochter (5/2000),
    auch-schon-ganz-groß-Sohn (6/2004)

  • Ja, klar, im Einzelfall gibt es auf beide Seiten Ausreisser. In England (und auch den skandinavischen Ländern) ist die Freiwilligensarbeit im Schnitt institutionalisierter, auch in grossen Häusern - während im deutschsprachigen Raum eher die Teilung in "Profiinstitution" vs "Vereinsmuseum mit reiner Freiwilligen-Hobby-Tätigkeit" vorherrscht (inkl den naserümpfenden Akademikerinnen wie meinereiner... #schäm ).


    Liebe Grüsse


    Talpa

  • Ja, klar, im Einzelfall gibt es auf beide Seiten Ausreisser. In England (und auch den skandinavischen Ländern) ist die Freiwilligensarbeit im Schnitt institutionalisierter, auch in grossen Häusern - während im deutschsprachigen Raum eher die Teilung in "Profiinstitution" vs "Vereinsmuseum mit reiner Freiwilligen-Hobby-Tätigkeit" vorherrscht (inkl den naserümpfenden Akademikerinnen wie meinereiner... #schäm ).


    Liebe Grüsse


    Talpa

    Aber gerade in kleinen Lokalitäten sind es genau diese Hobbyleute, die unglaublich wichtig sind. Und auch Profis sind dankbar für Hobbyforscher früherer Zeiten, die Dinge dokumentiert haben, von denen man sonst nichts wüsste. Und manche "rüstigen Rentner" bringen auch viel Know-How mit. Ich war einmal in einer Kirchenführung. Die Ehrenamtlerin war ehemalige Gymnasialdirektorin und die Führung war wirklich Spitze.

    ( #angst Ich gebe zu, ich werde auch zur naserümpfenden Akademikerin, wenn Menschen die im Beruf nie Quellen analysieren und auswerten mussten (und nicht studiert haben) ihre "Forschungsergebnisse" aus einem völlig anderem Fachbereich vor Publikum vortragen wollen. Damit bin ich beruflich immer wieder konfrontiert. Ich versuche immer wieder mir das vorurteilsfrei anzuhören und ich merke, dass da oft viel Herzblut dahinter ist, aber es geht einfach nicht.)

  • Vielleicht muß man sich einfach frei machen von der Vorstellung dass alle Museen immer wissenschaftlich auf dem aktuellen Stand des Irrtums sind. Ich behaupte dass einiges was als Wahrheit präsentiert wird einfach aktuell gültige Interpretation ist.

    Ich kann sehr gut damit leben wenn manche Erklärungen eher anekdotisch sind und nicht die Allgemeingültigkeit besitzen die wir von Forschung erwarten. Das Prinzip findet sich hier öfters in Freilichtmuseen, in denen für Laien hinreichend gute Erklärungen gegeben werden, für Auskenner aber oft sehr oberflächlich wirkt.

    Schokojunkie mit Töchtern (5/07 und7/09)

  • Oberflächlich stört mich nicht, Museen sollen für Laien und nicht für ein Fachpublikum sein.

    Wissenschaftlich korrekt ist für mich persönlich aber schon der Anspruch an meine Arbeit, auch im Setting "locker wirkendes Freilichtmuseen". Da gibt es riesige Unterschiede zwischen zum Beispiel Lejre und anderen, hier namentlich nicht zu Nennenden.

    Gerade Freilichtmuseen haben oft keine kleinen museumsgeschichtlichen Rucksäcke zu tragen - und da lohnt eine wissenschaftliche Betreuumg sehr. Ein sehr, sehr positives Beispiel ist da Oerlinghausen - während sich Unteruhldingen (sorry Günther) eher in nobles Schweigen hüllt, was ich schade finde


    Liebe Grüsse


    Talpa